Landtag Brandenburg Drucksache 6/9655 6. Wahlperiode Eingegangen: 28.09.2018 / Ausgegeben: 04.10.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3839 der Abgeordneten Barbara Hackenschmidt (SPD-Fraktion) und Uwe Schmidt (SPD- Fraktion) Drucksache 6/9440 Entwicklung des Tourismus im ländlichen Raum Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Die Nähe von Hauptstadtregion und ländlichem Raum ist für Brandenburg prägend. Für den Tourismus in unserem ländlichen Raum liegt darin ein enormes Potential. Zunehmend bedeutet eine gute touristische Entwicklung des ländlichen Raumes für die Menschen der Hauptstadtregion Lebensqualität, einen positiven Beitrag zu ihrer Gesundheit und sogar Daseinsvorsorge. Frage: Wie setzt die Landesregierung das Thema „Bedeutung des Tourismus für den ländlichen Raum“ um? zur Frage: Tourismus im Land Brandenburg findet - abgesehen vom klassischen Städtetourismus wie z.B. in Potsdam - überwiegend in ländlichen Räumen statt. In diesen Regionen übernimmt der Tourismus eine stabilisierende und belebende Funktion, indem er für Beschäftigung und Einkommen sorgt. Diese Arbeitsplätze entstehen nicht nur in tourismustypischen Bereichen (z.B. Beherbergungswesen), sondern auch in weiteren Wirtschaftszweigen (z.B. im Verkehrs- und Transportwesen, Einzelhandel oder Gesundheitswesen ). Insgesamt erzeugt der Tourismus im Land Brandenburg eine direkte und indirekte Bruttowertschöpfung von ca. 3,4 Mrd. EUR. Etwa 100.000 Erwerbstätige, d.h. ca. 7,6% aller Erwerbstätigen in Brandenburg sind im Tourismus beschäftigt (Quelle: IMT/DIW Econ/dwif 2018: Regionales Tourismus-Satellitenkonto Brandenburg 2015). Der Tourismus trägt wesentlich zur Sicherung der Aufgaben der allgemeinen Daseinsvorsorge in ländlichen/dörflichen Strukturen bei, indem er hilft, Verkehrs- und Handelsinfrastrukturen , aber auch kulturelle Einrichtungen zu sichern. Auf diesem Wege kann auch der Abwanderung aus ländlichen Regionen wirksam begegnet werden. Darüber hinaus besitzen die ländlichen Räume ein großes touristisches Potential. Das wachsende Interesse der städtischen Bevölkerung am Leben auf dem Land und die Suche nach authentischen Erlebnissen, verbunden mit der Sehnsucht nach Natur und regionalen Produkten in der Gastronomie sowie der erzeugernahen Vermarktung, bieten vielfältige Chancen für den Tourismus, landwirtschaftliche Erzeuger und Gastronomen. Von den jährlich über 90 Mio. Tagesreisen nach und innerhalb Brandenburgs wird etwa die Hälfte von Berlinerinnen und Berlinern durchgeführt (Quelle: dwif 2015). Wachsenden Zuspruch er- Landtag Brandenburg Drucksache 6/9655 - 2 - fahren auch so genannte „Coworking Spaces“, die kreativen und digital vernetzten Großstädtern kombinierte Arbeits- und Erholungsaufenthalte auf dem Lande ermöglichen. Die mit der Nähe zur Hauptstadtregion verbundenen Potenziale für die ländlichen Räume Brandenburgs spiegeln sich in der Tourismusmarke Brandenburg wider, deren Essenz „Brandenburg ist die aktive Naturbühne und kultivierte Landschaftsinszenierung Berlins am Wasser“ lautet. Mit dem Nationalpark Unteres Odertal, drei UNESCO-Biosphärenreservaten , elf Naturparken und anderen attraktiven Natur- und Kulturlandschaften, Städten und Dörfern mit historischen Kernen sowie Kur- und Erholungsorten bieten die ländlichen Regionen Brandenburgs vielfältige Erholungs- und Urlaubsmöglichkeiten. Insbesondere der Rad- und der Wassertourismus haben für den ländlichen Raum dabei eine besondere Bedeutung: Das Radwanderwegenetz in Brandenburg verfügt über 29 überregionale und 30 weitere regionale touristische Radrouten mit insgesamt 11.600 km. Brandenburg ist damit eine der beliebtesten Raddestinationen in Deutschland. Über die Knotenpunktwegweisung in vielen Landkreisen werden weitere ländliche Räume, die bisher eher abseits der bekannten Radwege lagen, zusätzlich erschlossen. Die Umsätze aus dem Radtourismus belaufen sich auf 850 Mio. EUR/Jahr und kommen aufgrund der naturgemäßen überwiegenden Lage der Radwege dem ländlichen Raum zugute. Beherbergungsbetriebe und Gastronomie in den touristischen Regionen sowie die Campingwirtschaft profitieren hiervon, ebenso aber auch die häufig kleineren Familienbetriebe in den Dörfern, deren Bestand teilweise wesentlich von der touristischen Nachfrage abhängig ist. Für den ländlichen Tourismus besonders hervorzuheben ist das größte zusammenhängende Wassertourismusrevier Europas in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg . Dieses Alleinstellungsmerkmal wurde bereits in diesem Jahr von den Landestourismusorganisationen beider Länder in einer überregional bedeutsamen Kampagne über eine eigene Plattform (vgl. www.deutschlands-seenland.de) vermarktet. Der Urlaub am Wasser geht häufig mit wassertouristischen Aktivitäten einher. Die gut vernetzten Wasserreviere - häufig in ländlichen Regionen - sorgen für eine längere Aufenthaltsdauer und sind auch entscheidend dafür, dass Gäste aus anderen Bundesländern und dem Ausland kommen und zu Dauerliegern werden. Der Wassertourismus befördert auch die touristischen Aktivitäten an Land. Wassernähe oder Wasserzugang sind starke Erfolgsfaktoren. Deutschlands Seenland verzeichnet ein starkes Wachstum bei den Übernachtungen. Mit rund 4,2 Milliarden Euro Bruttoumsatz ist der Wassertourismus in Deutschland sowohl direkt als auch über volkswirtschaftliche Effekte von erheblicher ökonomischer Bedeutung. Deshalb wird die erfolgreiche Kampagne im Jahre 2019 von beiden Ländern fortgesetzt. Insgesamt hat die Landesregierung die touristische Entwicklung in ländlichen Räumen durch eine Vielzahl von Programmen und Maßnahmen maßgeblich unterstützt: Hierzu zählen u.a. die Fördermöglichkeiten im Rahmen von LEADER mit direkter Einbindung der ländlichen Regionen und ihrer Akteure in die Entscheidungen, der Stadt-Umland- Wettbewerb mit EU- und Landesmitteln zur Verbesserung der Stadt-Umland-Kooperationen , die Unterstützung bei der Vermarktung ländlicher Produkte, z.B. durch pro agro, die diversen Fördermöglichkeiten im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Agrarstruktur und Küstenschutz", die auch Landwirtschaftsbetrieben mit touristischen Angeboten offenste- Landtag Brandenburg Drucksache 6/9655 - 3 - hen. Daneben sind die Fördermaßnahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" für die Förderung von touristischen Basisinfrastrukturen und zur Stärkung und direkten Förderung der gewerblichen Wirtschaft in den Regionen zu nennen. Beispielhaft ist hier auf die Modernisierung der Radfernwege hinzuweisen, bei der die Landesregierung den Landkreisen und indirekt den Gemeinden als Baulastträgern hilft, ein den gewachsenen Ansprüchen der Radtouristen entsprechendes, attraktives Radwegenetz herzustellen. Diese Maßnahmen und die im Jahr 2016 in einem umfangreichen Beteiligungs- und Dialogverfahren von den touristischen Akteuren gemeinsam entwickelte Landestourismuskonzeption , die heute eine wichtige Leitlinie für die Landesregierung ist, bilden die Grundlage für die Weiterentwicklung des Tourismus in den überwiegend ländlich geprägten Regionen des Landes Brandenburg. Die Landestourismuskonzeption ist zudem so angelegt, dass sie einen anpassungsfähigen Rahmen bietet, der auf die Bedürfnisse der Anbieter und Gäste des Landes eingehen und auch der künftigen Entwicklung des ländlichen Raums entsprechen kann. Vor diesem Hintergrund wird sich die Landregierung mit großem Engagement auch weiterhin für die Entwicklung des Tourismus im ländlichen Raum einsetzen.