Landtag Brandenburg Drucksache 6/9771 6. Wahlperiode Eingegangen: 16.10.2018 / Ausgegeben: 22.10.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3855 des Abgeordneten Sören Kosanke (SPD-Fraktion) Drucksache 6/9457 Beratungsstellen gegen sexualisierte Gewalt Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Im Fall von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche stellt der schnelle, niedrigschwellige und unbürokratische Zugang zu Beratungsangeboten eine große Hilfe und Unterstützung für Betroffene dar. Dieser wird in freier Trägerschaft von spezialisierten Fachberatungsstellen, die sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend als erkennbaren Schwerpunkt aufweisen, geleistet. Vorbemerkung der Landesregierung: Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte sollen bei der Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme beraten und unterstützt werden. Diese Aufgabe übernehmen u. a. Erziehungsberatungsstellen und Beratungsdienste. Die Zuständigkeit für Erziehungsberatungsstellen und andere Beratungsdienste liegt bei dem örtlichen Träger der Jugendhilfe der Landkreise und kreisfreien Städte. Hier können trägerseitig Angebote gemacht werden, die der Landesregierung nicht verpflichtend zur Kenntnis gegeben werden, sodass hierzu keine ergänzenden Angaben erfolgen können. Das Land Brandenburg fördert bedarfsorientiert und projektbezogen spezialisierte Angebote und Modellvorhaben, die zeitlich begrenzt sind und u. a. zur Prävention vor sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt, der Unterstützung und Beratung nach erlebter Gewalt und dem Opferschutz dienen. Daraus ergibt sich eine Vielfalt von Projekten und Förderungen , in die die einzelnen Ressorts der Landesregierung mit ihren entsprechenden Zuständigkeiten eingebunden sind. In der Beantwortung der Fragen 3, 4 und 5 wird auf die entsprechenden Zuständigkeiten verwiesen. Frage 1: Wie viele spezialisierten Fachberatungsstellen, die sichtbar als Expertinnen und Experten mit einem Schwerpunkt zu sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend arbeiten , gibt es in Brandenburg? Zu Frage 1: Hierzu wird auf die Antwort der Landesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage Nr. 3736 (Drucksache 6/9189) verwiesen, in der die auf sexualisierte Gewalt spezialisierten Fachstellen für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe aufgeführt und benannt sind. Die Opferhilfe e.V. mit sechs Beratungsstellen und der Weiße Ring e.V. mit 18 Beratungsstellen sind ebenfalls spezialisierte Fachberatungsstellen im Land Brandenburg und bieten altersunabhängige Beratung für Kinder und Jugendliche sowie für Erwachsene an. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9771 - 2 - Frage 2: Wie groß ist jeweils die Bevölkerungszahl, für die eine einzelne spezialisierte Fachberatungsstelle zuständig ist? Wie groß ist das Gebiet in flächenmäßiger Hinsicht, für die eine einzelne spezialisierte Fachberatungsstelle jeweils zuständig ist? Für wie viele Landkreise mit welcher Bevölkerungszahl sind die einzelnen spezialisierten Fachberatungsstellen jeweils zuständig? Zu Frage 2: Die Zuständigkeit für die Beratungsstellen liegt bei den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. Eine flächenmäßige Begrenzung der einzelnen Beratungsstellen richtet sich nach den Zuständigkeiten der einzelnen Landkreise und den kreisfreien Städten . Die vom Land Brandenburg geförderte Fachstelle STIBB e.V. ist überregional tätig. Entsprechend ihrem Zuwendungszweck hat sie den Auftrag zur Beratung und Qualifizierung von Fachkräften, Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe im Land Brandenburg sowie ihrer Kooperationspartner im Bereich sexueller Gewalt gegen Jungen und Mädchen. Das Land Brandenburg erhebt keine Daten zu den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten und der Inanspruchnahme der Fachberatungsstellen. Frage 3: In wie vielen Fachberatungsstellen gibt es spezifische Angebote für verschiedene Betroffenengruppen (Menschen mit Behinderungen Beeinträchtigung, Menschen mit Migrationshintergrund , Menschen mit Fluchterfahrung, männliche erwachsene Betroffene, weibliche erwachsene Betroffene, Jungs, Mädchen, LGBT, etc.)? Zu Frage 3: Nachfolgend aufgeführt sind Angaben zu Beratungsstellen und Projekten zur Prävention und Hilfe bei Gewalt. Diese inkludieren auch Hilfestellungen bei sexueller Gewalt und sind für Kinder und Jugendliche zugänglich. Die Aufgliederung erfolgt in Zielgruppen . Die Beratungsstellen und Projekte erhalten eine Landesförderung durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. a) Menschen mit Behinderung Der pro familia Landesverband Brandenburg e.V. hat auf Initiative des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ein Projekt „Prävention sexueller Gewalt im Lebens-, Lern- und Arbeitsumfeld von Kindern, Jugendlichen und Erwachsene mit geistigen Behinderungen“ entwickelt und setzt dieses als Modellprojekt von Potsdam aus landesweit seit 2015 in Einrichtungen der Eingliederungshilfe um. b) Frauen Im Flächenland Brandenburg fungieren die 21 Frauenhäuser als Schutzeinrichtungen für Frauen und ihre Kinder und als Kompetenzzentren für Gewaltschutz. Sie übernehmen auch Aufgaben der Fachberatung, für die es in anderen Bundesländern spezielle Fachberatungs - und Interventionsstellen gibt. Daneben gibt es für von Gewalt betroffenen Frauen zwei Fachberatungsstellen in Potsdam und Prenzlau sowie eine landesweite Koordinierungsstelle des Netzwerks der Brandenburgischen Frauenhäuser. c) geflüchtete Frauen Die Landesregierung hat im Jahr 2016 eine übergreifende Stelle zunächst beim Netzwerk der Brandenburgischen Frauenhäuser eingerichtet und weiterentwickelt. Im März 2017 hat die landesweite Koordinierungsstelle „Gewaltschutz für geflüchtete Frauen in Brandenburg “ in Trägerschaft des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg ihre Arbeit aufgenommen . Hier erhalten geflüchtete Frauen, Schutzeinrichtungen, Träger und Behörden konkrete Hilfen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9771 - 3 - d) LGBT Die Landeskoordinierungsstelle für LesBiSchwule&Trans*Belange in Trägerschaft des Landesverband AndersArtig e.V. ist Beratungsstelle für die Belange von LGBT1 im Land Brandenburg. Frage 4: Wie viele Personalstellen werden in den einzelnen spezialisierten Fachberatungsstellen durch öffentliche Gelder finanziert? Handelt es sich dabei um Landesmittel oder kommunale Mittel (bitte aufschlüsseln nach Landesmitteln und kommunalen Mitteln mit einer Angabe der Höhe der Förderung)? Frage 5: In welcher Höhe erhalten die spezialisierten Fachberatungsstellen Zuschüsse zu Sachkosten aus öffentlichen Mitteln (bitte aufschlüsseln nach Landesmitteln und kommunalen Mitteln) Zu den Fragen 4 und 5: Für die vom Land Brandenburg geförderten überregionalen Beratungsstellen stellt sich die Förderung wie folgt dar: Dem Land Brandenburg liegen keine Informationen zu den finanziellen Aufwendungen (Personal- und Sachkostenmittel) aus kommunalen Mitteln vor. a) STIBB e.V. STIBB e.V. erhält projektbezogen durch das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport im Jahr 2018 eine Förderung für eine Vollzeitstelle in Höhe von 45.692,57 Euro. Sachkosten werden in Höhe von 15.292,35 Euro gefördert. Der Träger ist mit einem Eigenanteil von 6.252,78 Euro beteiligt. STIBB e.V. erhält zudem eine Finanzierung von zwei Personalstellen und Zuschüssen zu Sachkosten aus öffentlichen Mitteln aus dem Zuständigkeitsbereich des Ministeriums der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz in Höhe von 63.059,42 Euro. b) pro familia Landesverband Brandenburg e.V. Durch das Projekt „Ziggy zeigt Zähne“ des pro familia Landesverband Brandenburg e.V. wird in den Jahren 2016 bis 2018 projektbezogen eine Stelle zu 56 % durch den Landespräventionsrat Brandenburg in Zuständigkeit des Ministeriums des Innern und für Kommunales bezuschusst und zusätzlich mit rund 5.000 Euro jährlich für Sachkosten unterstützt. Eine weitere Projektförderung aus öffentlichen Mitteln in Höhe von 39.273 Euro erhält der pro familia Landesverband Brandenburg e.V. durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (29.273 Euro) und das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (10.000 Euro), die sich stellenanteilig auf vier Projektmitarbeiterinnen und - mitarbeiter verteilen. Bei dem Projekt fällt keine Eigenbeteiligung des Projektträgers an, sodass Personal- und Sachkosten zu 100 % durch das Land getragen werden. c) Opferhilfe e.V. Der Verein Opferhilfe e.V. erhält eine Förderung für zehn Personalstellen und Sachkosten aus dem Zuständigkeitsbereich des Ministeriums der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz in Höhe von 350.417 Euro. 1 LGBT (auch GLBT, LGBTI, LSBTTIQ und andere Formen) ist eine aus dem englischen Sprachraum kommende Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender, also Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9771 - 4 - d) Landeskoordinierungsstelle für LesBiSchwule&Trans*Belange (LKS Brandenburg) Aus Landesmitteln, in Zuständigkeit des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, wird eine Vollzeitstelle bei der LKS Brandenburg finanziert. Die Kosten der Stelle belaufen sich auf 49.500 Euro pro Jahr. Sachkosten für die Beratungsstelle standen im Jahr 2018 in Höhe von 14.250 Euro zur Verfügung. e) Förderung von Frauenschutzeinrichtungen Jährlich erhalten die Landkreise und kreisfreien Städte je 62.500 Euro Landesmittel in Zuständigkeit des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie für Frauenschutzeinrichtungen. Das Land gewährt den Landkreisen und kreisfreien Städten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen der Daseinsfürsorge nach § 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg Zuwendungen zur Förderung von Zufluchts- und Beratungsangeboten für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder. Die Zuwendung des Landes ist bestimmt für notwendige und angemessene Personal- und Sachausgaben von Zufluchts- und Beratungsangeboten. Die Förderung erfolgt unter der Voraussetzung, dass die Erstempfänger im Sinne der kommunalen Daseinsfürsorge die erforderliche Gesamtfinanzierung der Zufluchts- und Beratungsangebote sicherstellen, wobei der Eigenanteil der Erstempfänger an den zuwendungsfähigen Gesamtausgaben mindestens 40 Prozent betragen soll. Der Erstempfänger soll mindestens zwei Vollzeitstellen beschäftigen. Die Koordinierungsstelle des Netzwerks der brandenburgischen Frauenhäuser e.V. erhält 108.080 Euro in 2018. Davon entfallen 83.500 Euro auf Personalkosten, die sich stellenanteilig auf zwei Mitarbeiterinnen verteilen und 24.580 Euro auf Sachkosten. f) Landesweite Koordinierungsstelle „Gewaltschutz für geflüchtete Frauen in Brandenburg“ in Trägerschaft des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg 2018 beträgt die Landesförderung durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 50.000 Euro, davon 40.000 Euro für die Kosten einer Personalstelle in Teilzeit und 10.000 Euro für Sachkosten. Es fällt keine Eigenbeteiligung des Projektträgers an, sodass Personal- und Sachkosten zu 100 % durch das Land getragen werden.