Landtag Brandenburg Drucksache 6/9776 6. Wahlperiode Eingegangen: 16.10.2018 / Ausgegeben: 22.10.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3891 des Abgeordneten Jan-Ulrich Weiß (AfD-Fraktion) Drucksache 6/9553 Nachfrage zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nummer 3623 „MACH MICH AN - Tagfahrlicht kann Leben retten“ Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Im März 2018 wurde die Verkehrsunfallstatistik 2017 veröffentlich und vorgestellt. Der Polizeipräsident, der Innenminister und die Infrastrukturstaatsekretärin haben jeder für sich mit getätigten Ausführungen die Verkehrssicherheit in den Focus gestellt. Innenminister Karl-Heinz Schröter: „Das ist insgesamt keine gute Entwicklung. Damit können wir alle nicht zufrieden sein.“. Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörike: „Alle an der Verkehrssicherheitsarbeit Beteiligten müssen ihre Anstrengungen weiter forcieren.“. Infrastrukturstaatsekretärin Ines Jesse: „Wir bedauern sehr, dass im Vergleich zu 2016 mehr Menschen im Straßenverkehr ums Leben gekommen sind. Das zeigt, dass die Verkehrssicherheitsarbeit im Land fortgeführt werden muss.“. In die Kategorie Baumunfälle gehörten im vergangenen Jahr 1,9 % aller Unfälle. Allerdings sind nahezu 8 % aller Verletzten und fast 35 % der Verkehrstoten durch so genannte Baumunfälle zu Schaden bzw. ums Leben gekommen. Der Anteil an den Verkehrstoten ist von rund 25 % 2016 auf 35 % 2017 gestiegen, ebenso wie die Anzahl der Verletzten (+ 4,9 %). In der Antwort zu den Fragen 1 und 2 heißt es §17 StVO schreibt allgemeine Verhaltensregeln bei eingeschränkten Sichtverhältnissen vor und stellt auf das eigenverantwortliche Handeln der Fahrzeugführer ab, das Abblendlicht einzuschalten, sofern das Fahrzeug nicht bereits mit Tagfahrlicht ausgestattet ist. Und das „nichtamtliche“ Hinweisschilder mit dem Wortlaut „Licht an!“…“werden im Land Brandenburg grundsätzlich nicht für zwingend erforderlich angesehen, da seit ca. 6 Jahren neue Kraftfahrzeuge bereits mit Tagfahrleuchten ausgerüstet werden. Gleichwohl wurde vor Jahren im Zuge des unverändert hohen Unfallgeschehens auf baumbestandenen Straßen empfohlen, tagsüber mit Abblendlicht zu fahren. Dazu wurden vereinzelt nichtamtliche Hinweisschilder aufgestellt.“. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat zum 01. Januar den Bestand an Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern unter anderem nach Bundesländern und ausgewählten Fahrzeugklassen das Durchschnittsalter, aufgelistet nach Bundesländern veröffentlicht: Landtag Brandenburg Drucksache 6/9776 - 2 - „Am 1. Januar 2018 waren von den 46,5 Millionen in Deutschland zugelassenen Personenkraftwagen 674.978 und somit fast jedes Siebzigste älter als 30 Jahre. 28,6 Prozent der zugelassenen Pkw (13,3 Millionen) waren zwischen fünf und neun Jahre alt, während am 1. Januar 2018 13,5 Prozent aller Pkw unter 2 Jahre alt waren. durchschnittliche Alter der zugelassenen Pkw lag bei 9,4 Jahren und ist demnach im Vergleich zum Vorjahr (9,3 Jahre) erneut gestiegen. Registrierte Pkw in den Bundesländern Hamburg und Thüringen wiesen mit 9,0 Jahren das niedrigste, in Brandenburg mit 9,9 Jahren das höchste Durchschnittsalter aus.“. Da davon ausgegangen werden kann, dass diese Hinweisschilder durch die der Landesregierung unterstellten Behörden beantragt, beauftragt, aufgestellt und im Rahmen der Verkehrssicherheit regelmäßig überprüft werden und dies sowohl Material - als auch Personalkosten , Arbeitszeit und Arbeitsmitteln bedarf und als das üblicherweise dokumentiert wird, frage ich die Landesregierung erneut: 1. Wie viele nichtamtliche Hinweisschilder mit dem Inhalt „Licht“, „Licht an“ oder sinngemäßer Aufforderungen sind an den im Land Brandenburg befindlichen Straßen aufgestellt ? zu Frage 1: Der Landesregierung liegen dazu keine Statistiken vor. 2. Was will die Landesregierung dagegen unternehmen, dass das Tagfahrlicht nicht manuell ausgeschaltet werden kann und dadurch der eigentliche Effekt nicht eintritt? zu Frage 2: Der Landesregierung sind keine Untersuchungen bekannt, dass durch diese Lösung Sichtbarkeitsdefizite entstehen. 3. Was will die Landesregierung dagegen unternehmen, dass sich das automatische Licht bei neuen Fahrzeugen erst bei sehr schlechten Sichtverhältnissen einschaltet und somit tagsüber auch nicht gewährt wird, die Fahrzeuge auf den landesüblichen Alleen früher zu sehen? zu Frage 3: Fahrzeuge, die mit Tagfahrlicht ausgestattet sind, sind unabhängig vom Abblendlicht zu erkennen. In der Verantwortung der Kraftfahrer kann jederzeit manuell auch das Abblendlicht eingeschaltet werden. Insofern sieht die Landesregierung keinen Handlungsbedarf . 4. Warum verwehrt sich die Landesregierung wie in anderen europäischen Ländern an der Tagesordnung üblich eine Lichtpflicht einzuführen, die bei Verstoß mit einem Bußgeld geahndet wird? zu Frage 4: Die Umsetzung einer entsprechenden Rechtsnorm fällt in die Zuständigkeit der Bundesregierung. Zur Position der Landesregierung wird auf die Antwort zu den Fragen 2 bis 4 der Kleinen Anfrage 2118 der Abgeordneten Diana Bader, Fraktion DIE LINKE, Landtagsdrucksache 6/5268, verwiesen. Vorbemerkung des Fragestellers: In der Antwort der Landesregierung zu Frage 4 heißt es: „Das Thema Tagfahrlicht rangiert in der Priorität angesichts drängenderer Themen nicht an oberster Stelle“. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9776 - 3 - 5. Wonach wird die Priorität festgelegt? 6. Gibt es regionale Unterschiede der Prioritätenliste? zu Fragen 5 und 6: Die Umsetzung des Brandenburgischen Verkehrssicherheitsprogramms muss sich immer auch an der konkreten Unfallsituation orientieren. Es gilt, dort Abhilfe zu schaffen, wo Defizite erkannt werden. Bezogen auf die Brandenburger Unfallstatistik heißt dies, dass dringend Aktivität geboten ist bei den Unfallursachen „unangepasste Geschwindigkeit“, „ungenügender Sicherheitsabstand“ oder auch „eingeschränkte Fahrtüchtigkeit“. Auch für besondere Zielgruppen kann und muss noch weiter intensiv Präventionsarbeit geleistet werden. Hier ist an junge Fahrer/innen und zunehmend auch ältere Verkehrsteilnehmer/innen zu denken. Aus der Unfallstatistik ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die ungenügende Sichtbarkeit von Kraftfahrzeugen ein vorrangiges Problem ist. Andererseits ist auch im Zuge der Umsetzung europäischen Rechts mit einer steigenden Marktdurchdringung mit Tagfahrleuchten zu rechnen. 7. Im schweren Lkw-Bereich wird gefordert, dass die Abstandshalter nicht abgeschaltet werden können, weil es Leben kostet. Ist es für die Landesregierung nicht ähnlich mit dem Tagfahrlicht, dass nicht eingeschaltet auch Leben kosten kann und ist ein Leben nicht ein Leben? zu Frage 7: Derzeit gibt es keine belastbare Datenbasis, die belegt, dass Fahren mit Licht sich positiv auf die Verkehrssicherheit auswirkt. Im Übrigen wird ebenfalls auf die Antwort zu den Fragen 2 bis 4 der Kleinen Anfrage 2118 der Abgeordneten Diana Bader, Fraktion DIE LINKE, Landtagsdrucksache 6/5268, verwiesen. 8. Was nutzt dem 15-Jährigen eine pädagogisch orientierte Fahrschulüberwachung, wenn er vergessen kann das Licht anzumachen und dadurch sich und andere gefährdet ? zu Frage 8: Brandenburg gestattet es seit Mai 2017, dass 15-Jährige eine Fahrerlaubnis der Klasse AM erwerben. Die hiermit zu führenden Fahrzeuge unterliegen bereits seit längerer Zeit einer Lichtpflicht. Eine entsprechende Sensibilisierung der zukünftigen Fahrzeugführer /innen erfolgt im Fahrschulunterricht. Es ist notwendig, eine insbesondere in pädagogischer Sicht qualitativ hochwertige Fahrschulausbildung zu garantieren. Mehrere Studien im Vorfeld der Einführung der pädagogisch qualifizierten Fahrschulüberwachung haben gezeigt, dass sowohl positive Effekte auf die Bestehensquoten als auch auf die spätere Verkehrsdelinquenz zu erzielen sind. Dies kommt sowohl den in der Frage zitierten 15-Jährigen als auch der Allgemeinheit zu Gute. Letztlich - und auch dies wird im Fahrschulunterricht vermittelt - hat sich jeder vor Abfahrt vom ordnungsgemäßen Zustand seines Fahrzeugs zu überzeugen. Vorbemerkung des Fragestellers: Aus der Antwort zu Frage 5 ergibt sich, dass 2016 innerhalb der Kontrollen zur Aktion „Licht-Test“ alleine im November 3792 der insgesamt 19295 kontrollierten Fahrzeuge Beleuchtungsmängel aufwiesen. Das entspricht jedem 5. kontrollierten Fahrzeug. Weiter wird gesagt, dass es keine Statistik der Polizei zu Verstößen nach § 17 StVO gibt. Für alle durch die Polizei Brandenburg festgestellten und geahndeten Verstöße werden durch die Zentrale Bußgeldstelle angeschrieben. Die von dort versandten und vorher elektronisch erstellten Bescheide beinhalten den Tatvorwurf und die Tatbe- Landtag Brandenburg Drucksache 6/9776 - 4 - standsnummer. Dies sollte der Landesregierung bekannt sein, daher die erneute Frage: 9. Wie viele Verstöße nach § 17 StVO wurden in den letzten 5 Jahren im Land Brandenburg geahndet? (Bitte auflisten nach Jahren, gesplittet nach den verschiedenen Tatbestandsnummern .) zu Frage 9: Das in der Zentralen Bußgeldstelle der Polizei eingesetzte Polizeifachverfahren SC-OWi/ BB ermöglicht ausschließlich die Erfassung und automatisierte Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten im Sinne eines Vorgangsbearbeitungsprogramms. Ein zusätzliches Statistikmodul ist nicht enthalten. Insofern ist es nicht möglich, eine Statistik zu Verstößen nach § 17 StVO zur Verfügung zu stellen. Vorbemerkung des Fragestellers: In der Antwort zu Frage 7 steht: „Die Anzahl an Verkehrsunfällen , bei denen die Missachtung des Abblendlichts ursächlich war, wird statistisch nicht erhoben, da sie im bundesweit geltenden Unfallursachenverzeichnis nicht definiert ist.“ Da es bei jedem Verkehrsunfall mit verletzten Personen auch zu einer Körperverletzung kommt, werden üblicherweise diese Verkehrsunfallanzeigen elektronisch gefertigt und alle Rechtsverstöße nach Tatbeständen sortiert in das System eingegeben. Dies ist zu Recherchezwecken auswertbar und unabhängig vom Unfallursachenverzeichnis. Daher die erneute Frage: 10. Wie viele Ereignisse im Straßenverkehr wurden in den letzten 5 Jahren im Land Brandenburg festgestellt, bei denen die Missachtung des Abblendlichtes festgestellt wurde ? (Bitte auflisten nach Jahren gesplittet in: a) Verstöße gegen § 17 StVO im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen mit leicht verletzten Personen b) Verstöße gegen § 17 StVO im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen mit schwer verletzten Personen c) Verstöße gegen § 17 StVO im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen mit verstorbenen Personen.) zu Frage 10: Das in der Polizei eingesetzte Polizeifachverfahren ComVor ermöglicht die Erfassung und Bearbeitung von Verkehrsunfällen im Sinne eines Vorgangsbearbeitungsprogramms . Eine statistische Auswertung erfolgt durch die Übertragung der für die Verkehrssicherheitsarbeit erforderlichen bundesweit einheitlichen statistischen Verkehrsunfalldaten in das Verkehrsunfallanalysesystem EUSka. In Bezug auf die Unfallursachen werden deshalb nur Daten entsprechend des bundesweit geltenden Unfallursachenverzeichnisses übertragen. Dieses sieht im Zusammenhang mit der Ursache Beleuchtung die Unfallursachen Nr. 46 „Nichtbeachtung von Beleuchtungsvorschriften“ und unter der Kategorie Technische Mängel/Wartungsmängel die Nr. 50 „Beleuchtung“ vor. Eine Unterscheidung bezüglich der Missachtung des Abblendlichts wird nicht vorgenommen. Vorbemerkung des Fragestellers: In den Antworten zu Frage 5 und 6 bezieht sich die Landesregierung bei ihren Ausführungen auf die festgestellten Mängel im Rahmen der Aktion „Licht-Test“. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9776 - 5 - 11. Ist der Landesregierung bekannt, dass es hierbei hauptsächlich um die Überprüfung der Fahrzeuge im ruhenden Verkehr bzw. eine in ausgewählten KZF-Meisterbetrieben durchgeführte Aktion der Deutsche Verkehrswacht e. V. ((DVW) ist ein als gemeinnützig anerkannter Verein auf dem Gebiet der Verkehrserziehung und -aufklärung) und der Kfz-Innung als berufspolitische und wirtschaftliche Interessenvertretung des Kraftfahrzeuggewerbes handelt, welche diese in 2018 mit den privaten Unternehmen: a) Peugeot b) Max Schmidt-Römhild GmbH & Co. KG (Deutschlands ältestes Verlags- und Druckhaus seit 1579 vertreten durch Hansisches Verlagskontor GmbH) c) Auto Bild d) ADAC e) Fuchs Schmierstoffe GmbH f) Osram und g) ZVA (Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen) ausschließlich vom 01.10.-31.10 jeden Jahres als Partner durchführt? zu Frage 11: Der Landesregierung ist bekannt, dass die Deutsche Verkehrswacht e.V. und der Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes seit mehreren Jahren jeweils im Oktober die Beleuchtungsaktion „Licht-Test“ unter Schirmherrschaft des Bundesverkehrsministers durchführen. Meisterbetriebe der Kfz-Innung in ganz Deutschland überprüfen dabei kostenlos die Beleuchtungseinrichtung an PKW und Nutzfahrzeugen. Die Landesregierung wird jedes Jahr durch die Deutsche Verkehrswacht e.V. gebeten, diese Aktion durch Beleuchtungskontrollen der Polizei im fließenden Verkehr im Oktober zu unterstützen . Dieses wird durch das Polizeipräsidium Land Brandenburg regelmäßig umgesetzt . Die in der Kleinen Anfrage 3623 enthalten Zahlen zur Aktion „Licht-Test“ sind ausschließlich Ergebnisse dieser polizeilichen Kontrollen. Weit umfangreicher werden die Beleuchtungsanlagen im Rahmen der nach § 29 Straßenverkehrs -Zulassungs-Ordnung für jeden Fahrzeughalter regelmäßig durchzuführenden Hauptuntersuchung geprüft. Im Übrigen hat sich jeder Fahrzeugführer vor Fahrtantritt von der Vorschriftmäßigkeit seines Kraftfahrzeuges zu überzeugen (§ 23 StVO).