Landtag Brandenburg Drucksache 6/9803 6. Wahlperiode Eingegangen: 23.10.2018 / Ausgegeben: 29.10.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3895 des Abgeordneten Christoph Schulze (fraktionslos) Drucksache 6/9570 Berechnung von Beiträgen in der Tagespflege und in Kitas II Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Derzeit werden in vielen Gemeinden im Land Brandenburg die Elternbeiträge für Tagesmütter, Kitas und Horte neu berechnet. Es gibt immer wieder viele Fragen von Eltern zu diesem Thema. Frage 1: Was unternimmt das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, wenn Informationen vorliegen, dass die Elternbeiträge für die Betreuung in der Kindertagespflege in einzelnen Kindertageseinrichtungen in Kommunen die Elternbeiträge der selben Kommune übersteigen, obwohl keine besonderen oder herausragenden Akzente (z.B. Sauna, Bio-Essen, besonderes Bewegungskonzept) in Bezug auf Kindertagespflegebetreuung vorliegen? Zu Frage 1: Dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) liegen keine Informationen vor, aus denen sich ergibt, dass der Elternbeitrag in einer Kommune für die Betreuung eines Kindes in Kindertagespflege den Elternbeitrag der gleichen Kommune für eine entsprechende Betreuung in einer Kindertagesstätte übersteigt. Da die Betriebskosten von Kindertageseinrichtungen, nach denen sich der Elternbeitrag gemäß § 17 KitaG richtet, bezogen auf einen Betreuungsplatz in der Regel höher sind als die Kosten eines Platzes in der Kindertagespflege, müssten in der Regel auch die Elternbeiträge für die Kindertagespflege niedriger sein. Es ist jedoch insbesondere im Hinblick auf die gesetzliche Gleichrangigkeit beider Betreuungsformen für Kinder unter drei Jahren rechtlich nicht ausgeschlossen, dass sich die Elternbeiträge beider Betreuungsformen entsprechen . Insoweit hat der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe einen Gestaltungsspielraum , in den das Land nicht eingreifen kann. Frage 2: Sind dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg Anfragen zu Kindertagespflegesatzungen von Kommunen bekannt? Wenn ja, von welchen Kommunen? Zu Frage 2: Der örtliche Elternbeirat des Landkreises Barnim wandte sich im vergangenen Jahr an das MBJS mit Fragen zur Beitragskalkulation der Satzung im Landkreis. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9803 - 2 - Frage 3: Wurden Hilfestellungen in Bezug auf die Erarbeitungen der Elternbeiträge in Bezug auf Kindertagespflege vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg gegeben? Wenn ja, welchen Kommunen? Zu Frage 3: Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat das Jugendamt des Landkreises Barnim zu Fachfragen bei der Erarbeitung einer Beitragssatzung für die Kindertagespflege beraten. Frage 4: Kann die kalkulatorische Miete auf fiktiven Maßgaben beruhen und deren Berechnung erfolgen, selbst wenn Kitas im desolaten Zustand sind (nicht saniert, nicht renoviert oder sonstiges)? Wenn nicht, wo ist das geregelt? Zu Frage 4: Wie die kalkulatorische Miete berechnet wird, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben . Nach § 2 Abs. 1 Buchstabe b der Kindertagesstätten-Betriebskosten- und Nachweisverordnung (KitaBKNV) gehört bei eigenem Grundstück und Gebäude die kalkulatorische Miete zu den Sachkosten im Sinne des § 15 Abs. 1 KitaG. Die Vorschrift gestattet also eine kalkulatorische (fiktive) Miete bei den Betriebskosten anzusetzen, wenn aufgrund des Eigentums des Einrichtungsträgers tatsächlich keine Miet- und Pachtkosten für Grundstück und Gebäude anfallen. § 2 Abs. 2 Satz 1 KitaBKNV regelt insoweit eine Obergrenze der anrechenbaren Betriebskosten in Höhe der ortsüblichen Kaltmiete. Solange dieser Betrag nicht überstiegen wird, bestehen hinsichtlich der Zugrundelegung fiktiver Maßgaben keine Bedenken. Frage 5: Können bei den Elternbeiträgen Kosten für Büroarbeitsplätze nach KGSt angesetzt werden, wenn ja, in welcher Prozentzahl bzw. Höhe? Zu Frage 5: Nach § 2 Abs. 1 Buchstabe o KitaBKNV zählen die zur Führung der Kindertagesstätte sonstigen notwendigen Verwaltungskosten des Trägers auch zu den Sachkosten nach § 15 Abs. 1 KitaG. Somit spricht nichts dagegen, auch Büroarbeitsplätze in die Beitragskalkulation des Trägers oder des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe einfließen zu lassen. Eine Prozentzahl oder Höhe ist dabei nicht gesetzlich vorgeschrieben. Frage 6: Dürfen Satzungen rückwirkend geändert werden, wenn bereits bestandskräftige Bescheide bestehen? Zu Frage 6: Bei der Frage der Rückwirkung einer Satzung ist zwischen der grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung und der regelmäßig unzulässigen echten Rückwirkung zu unterscheiden. Bei der unechten Rückwirkung wird ein in der Vergangenheit begonnener , aber nicht abgeschlossener Lebenssachverhalt zum Nachteil des Betroffenen künftig neu geregelt. Demgegenüber hat der Satzungsgeber bei bereits in der Vergangenheit abgeschlossenen Lebenssachverhalten das auf dem Vertrauensschutzprinzip gründende Rückwirkungsverbot zu beachten. Die Rückwirkung einer neuen Beitragssatzung hat zunächst keinen Einfluss auf einen bereits bestandskräftigen Bescheid, der das individuelle Rechtsverhältnis zwischen Kommune und Beitragsschuldner regelt. Frage 7: Können neue Bescheide zu den rückwirkenden Satzungen erstellt werden? Landtag Brandenburg Drucksache 6/9803 - 3 - Zu Frage 7: Soweit ein bereits in der Vergangenheit abgeschlossener Lebenssachverhalt vorliegt und ein schutzwürdiges Vertrauen in die bisherige Regelung besteht, kann ein Änderungsbescheid auf Grundlage dieser Satzung nur mit Wirkung nach Bekanntmachung der neuen Beitragssatzung ergehen. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann bei Rechtswidrigkeit der bisherigen Beitragssatzung fehlen. Eltern können insbesondere nicht darauf vertrauen, dass keine Elternbeiträge gezahlt werden mussten.