Landtag Brandenburg Drucksache 6/9832 6. Wahlperiode Eingegangen: 29.10.2018 / Ausgegeben: 05.11.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3918 der Abgeordneten Andreas Galau (AfD-Fraktion) und Thomas Jung (AfD-Fraktion) Drucksache 6/9630 Statistik zu Antisemitismusstraftaten Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Die Polizeibehörden des Bundes und der Länder erfassen politisch motivierte Straftaten seit 2001 länderübergreifend einheitlich auf der Grundlage der bundesweit abgestimmten „Richtlinien für den Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK)“. Diese werden regelmäßig überprüft und bei Bedarf fortentwickelt. Die Straftaten werden von den zuständigen Polizeibehörden dabei in jedem Einzelfall geprüft, bewertet und einem Phänomenbereich „Rechts“, „Links“, „ausländische Ideologie“ oder „religiöse Ideologie“ als Teilbereiche der Ausländerkriminalität zugeordnet. Grundsätzlich ist ein Sachverhalt nur einem Phänomenbereich zuzuordnen. Ist das konkrete Delikt anhand der ermittelten Tatumstände nicht eindeutig einem Phänomenbereich zuzuordnen, erfasst die Polizei es grundsätzlich unter dem Phänomenbereich „Nicht zuzuordnen“. Vorbemerkungen der Landesregierung: Der Politisch motivierten Kriminalität werden u. a. Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen eine Person wegen ihrer zugeschriebenen oder tatsächlichen Religionszugehörigkeit gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet. Antisemitisch ist Teil der Hasskriminalität, der aus einer antijüdischen Haltung heraus begangen wird. Fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten werden entsprechend der bundeseinheitlichen Regelungen dem Phänomenbereich PMK -rechts- zugeordnet, solange keine gegenteiligen Tatsachen zur Tätermotivation vorliegen. Grundsätzlich ist ein Sachverhalt nur einem Phänomenbereich zuzuordnen. Ist ein konkreter Sachverhalt unter keinen der vorstehend genannten Phänomenbereiche subsumierbar, so erfolgt eine Zuordnung zum Phänomenbereich „PMK-nicht zuzuordnen-“. Diese bundeseinheitlichen Regelungen werden im Land Brandenburg vollinhaltlich umgesetzt . 1. Entspricht es der Praxis im Land Brandenburg, dass antisemitische Straftaten, die nicht klar zugeordnet werden können, automatisch als „politisch rechts“ eingestuft werden? zu Frage 1: Es wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9832 - 2 - 2. Hält die Landesregierung diese Praxis angesichts eines nachweislich ansteigenden muslimischen Antisemitismus und Linksextremismus in der Gesellschaft für zweckmäßig ? zu Frage 2: An einer bundesweit einheitlichen Erfassung wird weiterhin festgehalten. Die notwendigen bundeseinheitlichen Erfassungsregeln orientieren sich am jeweiligen Stand kriminalistischer Empirie im Sinne einer Wahrscheinlichkeitsaussage und werden stetig auch auf Basis aktueller Lageerkenntnisse angepasst. Beispielsweise wurde der Phänomenbereich Politisch motivierte Kriminalität -religiöse Ideologie- mit Wirkung vom 01.01.2017 bundesweit neu in das „Definitionssystem für Politisch motivierte Kriminalität“ aufgenommen, sodass antisemitische Fälle nun statistisch weiter differenziert werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 6 verwiesen. 3. Bei wie vielen der im Land Brandenburg geführten Ermittlungsverfahren konnte kein Täter ermittelt werden? 4. Wie viele antisemitische Straftaten sind der Landesregierung im Land Brandenburg in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018 bekannt und wie viele sind davon nicht eindeutig zuzuordnen (bitte einzeln aufschlüsseln)? 5. Wie viele antisemitische Straftaten, die eindeutig im Rahmen der „Ausländerkriminalität “ begangen wurden, weisen die Statistiken 2015, 2016, 2017 und 2018 aus (bitte einzeln aufführen)? zu den Fragen 3 bis 5: Im Rahmen des „Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK) wurden im Auswertezeitraum insgesamt 299 Straftaten mit antisemitischen Bezügen registriert. In 91 Fällen konnte kein Täter ermittelt werden. In der nachfolgenden Tabelle sind die Anzahl der Straftaten phänomenspezifisch dargestellt . Die Zahlen für das Jahr 2018 sind als vorläufig zu betrachten. Phänomenbereich 2015 2016 2017 2018 (Stand: 28.09.2018) PMK -rechts- 81 87 64 53 PMK -religiöse Ideologie- 3 0 PMK -ausländische Ideologie- 0 1 Politisch motivierte Ausländerkriminalität 0 2 PMK -nicht zuzuordnen- 2 3 2 1 Gesamt 83 92 69 55 Seit dem 01.01.2017 wurde der Phänomenbereich Politisch motivierte Ausländerkriminalität durch die Phänomenbereiche PMK -religiöse Ideologie- und PMK -ausländische Ideologie - ersetzt. 6. Wie bewertet die Landesregierung vor dem Hintergrund der vorliegenden Statistiken den Anstieg antisemitischer Straftaten durch Migranten bzw. der Zuordnung der „ausländische Ideologien“ sowie „religiöse Ideologie“? Landtag Brandenburg Drucksache 6/9832 - 3 - zu Frage 6: Im Land Brandenburg ist ein Anstieg antisemitischer Straftaten, begangen durch Migranten, an Hand vorliegender Statistiken nicht belegbar. 7. Welche Programme gegen Rechtsextremismus einerseits und gegen Antisemitismus unter Migranten und Flüchtlingen andererseits werden von der Landesregierung direkt oder indirekt finanziert (bitte einzeln mit den jeweiligen Beträgen/Fördersummen angeben )? zu Frage 7: Die Landesregierung verfügt für den Phänomenbereich Rechtsextremismus über das "Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg- für eine starke und lebendige Demokratie ". Für die Umsetzung dieses Handlungskonzeptes stehen der Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg Landesmittel in Höhe von 1.940.300,00 EUR zur Verfügung (inkl. Mittel aus den „Konzessionsabgaben Lotto“). Zudem werden Bundesmittel aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Höhe von 1.009.894,31 EUR verwaltet. Im Rahmen des Bundesprogrammes „Demokratie leben!“ stellt die für Brandenburg zuständige Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“ das Landes-Demokratiezentrum dar. Im Phänomenbereich Antisemitismus gibt es kein eigenes Landesprogramm. Projekte in diesem Phänomenbereich werden durch verschiedene Ministerien des Landes Brandenburg gefördert. Hierzu wird auf die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage Nr. 3414 (Drucksache 6/8685) verwiesen.