Landtag Brandenburg Drucksache 6/9833 6. Wahlperiode Eingegangen: 29.10.2018 / Ausgegeben: 05.11.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3929 der Abgeordneten Sylvia Lehmann (SPD-Fraktion) und Björn Lüttmann (SPD-Fraktion) Drucksache 6/9664 Pflege im Land Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Beim Thema Pflege ist in den nächsten Jahren mit großen Herausforderungen zu rechnen. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird der Anteil pflegebedürftiger Menschen in den kommenden Jahren deutlich steigen. Die pflegerische Versorgung im Land Brandenburg wird in hohem Maß durch ambulante Pflegedienste oder durch Einrichtungen der vollstationären Pflege sichergestellt. Wir fragen die Landesregierung: Frage 1: Wie bewertet die Landesregierung ganz allgemein die Entwicklung ambulanter Pflegedienste und stationärer Einrichtungen im Land Brandenburg? zu Frage 1: Die Anzahl der ambulanten Dienste und der stationären Einrichtungen im Land Brandenburg ist in den letzten Jahren stetig gestiegen: Bei den ambulanten Pflegediensten von 509 im Jahr 2005 auf 697 im Jahr 2015. Die Anzahl von voll- und teilstationären Einrichtungen stieg von 320 im Jahr 2005 auf 488 im Jahr 2015. Die Entwicklung im Land Brandenburg zeigt, dass es angebotsseitig bisher gelungen ist, der steigenden Nachfrage nachzukommen. Allerdings liegt der Auslastungsgrad in der stationären Dauerpflege im Land Brandenburg auf einem stabil hohen Niveau. Damit einher ging ein Anstieg der Beschäftigten in der ambulanten und stationären Pflege um 71 %. Im gleichen Zeitraum stieg die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen im Land Brandenburg um 52 %. Damit stehen rechnerisch heute mehr Beschäftigte pro pflegebedürftiger Person zur Verfügung als noch im Jahr 2005. Das spricht für Qualitäts- und Leistungsverbesserungen in der Pflege. Zu berücksichtigen ist jedoch auch die Zunahme von Teilzeitbeschäftigung in der Pflege. Eine umfassende Darstellung der Entwicklung im Land Brandenburg lässt sich dem im Jahr 2017 veröffentlichten Pflegedossier für das Land Brandenburg entnehmen. Es ist auf der Internetseite des MASGF unter https://masgf.brandenburg.de/media_fast/4055/Daten-und- Fakten-zur-Pflege-im-Land-Brandenburg_2017.pdf abrufbar. Frage 2: Wie erfolgt die Finanzierung ambulanter Pflegedienste und stationärer Einrichtungen ? zu Frage 2: Die Dienste und Einrichtungen stellen ihren Kundinnen und Kunden die erbrachten Leistungen in Rechnung. Für die Pflege nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch Landtag Brandenburg Drucksache 6/9833 - 2 - (SGB XI) handelt es sich dabei um die pflegebedingten Kosten einschließlich etwaiger Kosten für die Zahlung von Ausbildungsvergütungen, die Investitionskosten sowie - im Fall von stationärer Pflege - die Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Stationäre Pflegeeinrichtungen können unter den Voraussetzungen des § 88 SGB XI auch gesondert vereinbarte Zusatzleistungen in Rechnung stellen. Die Pflegekassen leisten zur Finanzierung der pflegebedingten Kosten einen im SGB XI festgelegten Zuschuss je nach Pflegegrad und rechnen diesen direkt mit der Einrichtung bzw. dem Dienst ab. Der übersteigende Anteil sowie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung und die Investitionskosten sind von der pflegebedürftigen Person bzw. - falls die eigenen Mittel hierfür nicht ausreichen - vom Träger der Sozialhilfe aufzubringen. Zusätzlich finanziert die Pflegeversicherung nach § 43b SGB XI das zusätzliche Betreuungspersonal in stationären Pflegeeinrichtungen. Ambulante Pflegedienste erbringen neben den Leistungen nach dem SGB XI in der Regel auch Leistungen der häuslichen Krankenpflege. Diese Leistungen werden gemäß § 132a i.V.m. § 37 SGB V von der Krankenversicherung getragen. Frage 3: Welche Kosten bzw. Kostenarten erkennen die Kostenträger (insbesondere Sozialhilfeträger ) im Rahmen der Verhandlungen mit den Leistungserbringern an? zu Frage 3: Gemäß § 5 Absatz 4 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB XII) in Verbindung mit der Zuständigkeitsübertragungsverordnung AG-SGB XII vom 15. April 2011 (GVBl. II Nr. 21 vom 20. April 2011) ist u.a. die Zuständigkeit für den Abschluss von Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarungen nach § 75 Absätze 3 und 5 SGB XII, soweit sie sich auf teilstationäre oder stationäre Einrichtungen beziehen, auf die örtlichen Träger der Sozialhilfe und damit auf die Landkreise und kreisfreien Städte übertragen worden. Entsprechend der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung nach § 5 Absatz 4 AG-SGB XII in Verbindung mit § 23 Absatz 2 Satz 2 Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg (GKGBbg) zur gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben nach dem SGB XII und dem SGB XI (ABl. Nr. 15 vom 20. April 2011, Seite 657 ff.) wird dabei die Vorbereitung des Abschlusses von Leistungs-, Vergütungs - und Prüfungsvereinbarungen durch die Serviceeinheit Entgeltwesen beim Landkreis Spree-Neiße vorgenommen, Vertragspartner auf Seiten der Kostenträger sind die jeweils zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe. Dem Land liegen keine näheren Kenntnisse vor, welche Kosten bzw. Kostenarten die örtlichen Träger der Sozialhilfe als Kostenträger im Rahmen der Verhandlungen mit den Leistungserbringern anerkennen. Frage 4: Falls erbrachte und nachgewiesene Kosten der Leistungserbringer nicht anerkannt werden - welche Kostenarten werden auf welcher rechtlichen Grundlage zurückgewiesen ? zu Frage 4: Dem Land liegen keine näheren Kenntnisse vor, welche Kostenarten auf welcher rechtlichen Grundlage zurückgewiesen werden. Frage 5: Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass im Bereich der Pflege ein stetiger Anstieg von freiberuflich tätigen Pflege- und Pflegefachkräften zu verzeichnen ist? zu Frage 5: Der Anstieg von Leiharbeitskräften oder freiberuflich tätigen Kräften in der Pflege wird als Symptom des zunehmenden Wettbewerbs unter den Einrichtungen und Diensten um das geringer werdende Pflegefachpersonal eingeschätzt. Fachlich ist ein andauernder und hoher Anteil von Leiharbeits- oder Honorarkräften kritisch zu beurteilen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9833 - 3 - Aufgrund des zeitlich befristeten Einsatzes besteht hierbei die Gefahr, dass diese die für Fachkräfte vorbehaltenen Aufgaben hinsichtlich der Planung, Steuerung und Evaluation des individuellen Pflege- und Betreuungsprozesses nicht vollumfänglich wahrnehmen können. Aus Sicht der Landesregierung ist daher ein über die kurzfristige Überbrückung von Personalengpässen (z.B. aufgrund von Krankheit) hinausgehender Einsatz von Leiharbeits - oder Honorarkräften möglichst zu vermeiden. Hierfür bedarf es attraktiver Beschäftigungsbedingungen in der ambulanten und stationären Pflege und entsprechender Anreize in den bundesrechtlichen Rahmenbedingungen. Frage 6: Wie wird der rechtliche Status, insbesondere hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht von freiberuflich tätigen Pflege- und Pflegefachkräften beurteilt? zu Frage 6: Die gesetzliche Sozialversicherung ist als Teil der das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes umsetzenden Einrichtungen der sozialen Sicherung ganz überwiegend als Arbeitnehmendenversicherung ausgestaltet. Sie wird grundsätzlich paritätisch, also zu gleichen Teilen durch Beiträge der Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden finanziert. Angehörige der freien Berufe hingegen sind in der Sozialversicherung ganz überwiegend nicht versichert. Für sie gibt es entweder eine gesetzlich vorgeschriebene Absicherung in einem berufsständischen Versorgungswerk oder die Möglichkeit, sich freiwillig bei den Trägern der gesetzlichen Sozialversicherungen zu versichern. Für bestimmte Berufsgruppen von selbständig Tätigen hat der Gesetzgeber aber schon früh ein Sicherungsbedürfnis erkannt und daher eine Absicherung durch eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehen. Dazu gehören die in der Kranken-, Wochen-, Säuglingsoder Kinderpflege tätigen Pflegepersonen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmenden beschäftigen. In der Altenpflege tätige Pflegepersonen sind von dieser Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. von der maßgeblichen Regelung in § 6 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch allerdings nicht erfasst. Sie müssen sich daher - wie grundsätzlich jede freiberuflich selbständig tätige Person - eigeninitiativ um eine Alterssicherung bemühen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch eine Pflichtversicherung auf Antrag oder eine freiwillige Versicherung in der Rentenversicherung möglich. In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung können sich freiberuflich tätige Pflege- und Pflegefachkräfte freiwillig versichern. Alternativ steht die private Absicherung des Krankheits- und Pflegerisikos offen . Auch in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung. Die gesetzliche Arbeitslosenversicherung sieht für freiberuflich tätige Pflegeund Pflegefachkräfte keine Möglichkeit der Versicherung vor. Frage 7: Wie bewertet die Landesregierung die Einführung der generalistischen Pflegeausbildung ? zu Frage 7: Um künftig noch mehr Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen, muss er insgesamt attraktiver werden. Die grundlegende Reform der Ausbildung und Zusammenführung der Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie Altenpflege zu einer generalistischen Ausbildung kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9833 6. Wahlperiode Eingegangen: 29.10.2018 / Ausgegeben: 05.11.2018