Datum des Eingangs: 30.03.2015 / Ausgegeben: 07.04.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/985 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 338 des Abgeordneten Steeven Bretz der CDU-Fraktion Drucksache 6/736 Weltkulturerbe-Schlösser in der Landeshauptstadt Potsdam Wortlaut der Kleinen Anfrage 338 vom 27.02.2015 Die Potsdamer Weltkulturerbe-Schlösser haben im Jahr 2014 einen Besucherrück- gang von 6,6 % zu verzeichnen. Der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) benannte als einen Grund dafür, dass der Oberbür- germeister der Landeshauptstadt Potsdam den Weltkulturerbestatus Potsdams in öffentlichen Aussagen abwerte und den wirtschaftlichen Wert des Titels in Frage stellt. Ich frage daher die Landesregierung: 1. Wie bewertet das Land das derzeitige Verhältnis und die Zusammenarbeit zwischen der SPSG und der Landeshauptstadt Potsdam? 2. Inwiefern trägt nach Auffassung des Landes der Titel „Weltkulturerbe“ zur Attraktivität der Landeshauptstadt Potsdam bei und hat er auch wirtschaft- lich-touristische Bedeutung? 3. Wie beurteilt das Land die Aussagen des Oberbürgermeisters der Landes- hauptstadt Potsdam zum Stellenwert des Weltkulturerbes für die Stadt? 4. Inwieweit teilt das Land die Auffassung der Landeshauptstadt Potsdam, die Schlösser seien für Touristen lediglich ein „Bonus“ für die Attraktivität der Landeshauptstadt? 5. Welche Gründe sieht das Land für den Besucherrückgang in den Stif- tungsschlössern in Potsdam im Jahr 2014? 6. Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf seitens der SPSG, um die Be- sucherzahlen zu erhöhen? 7. Inwiefern stimmt das Land der Kritik des Generaldirektors der SPSG zu, dass der Landeshauptstadt Potsdam ein wirkungsvolles Tourismuskon- zept fehle? 8. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht das Land aus der öf- fentlichen Auseinandersetzung zwischen der SPSG und dem Oberbürger- meister der Landeshauptstadt Potsdam? 9. Welchen finanziellen Beitrag leistet das Land an die SPSG (in den Jahren 2014, 2015, 2016), und wird dieser Beitrag im Hinblick auf den Erhalt des Weltkulturerbes in der Landeshauptstadt Potsdam in absehbarer Zeit er- höht? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Wissenschaft, For- schung und Kultur die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie bewertet das Land das derzeitige Verhältnis und die Zusammenarbeit zwischen der SPSG und der Landeshauptstadt Potsdam? zu Frage 1: Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) und die Landeshauptstadt Potsdam arbeiten in vielen Bereichen auf Arbeits- wie auf Lei- tungsebene konstruktiv und gut zusammen. Aufgabenbedingt besteht an den Schnittstellen zwischen Stadtentwicklung und Denkmalschutz in der Pufferzone des UNESCO-Welterbes Konfliktpotential, das aus den teilweise widerstreitenden Inte- ressen zwischen den Bedürfnissen einer wachsenden Stadt an Infrastruktur, Wohn- raum etc. einerseits und andererseits dem Auftrag der SPSG und der Landeshaupt- stadt Potsdam resultiert, das UNESCO-Welterbe als einzigartiges kulturelles Ver- mächtnis der Menschheit für kommende Generationen zu bewahren. Frage 2: Inwiefern trägt nach Auffassung des Landes der Titel „Weltkulturerbe“ zur Attraktivität der Landes-hauptstadt Potsdam bei und hat er auch wirtschaftlich-touristische Be- deutung? zu Frage 2: Der Welterbe-Titel ist die höchste Kategorie kultureller Auszeichnung und insbeson- dere für den internationalen Tourismus eine unverzichtbare Wegmarke und mitent- scheidend dafür, dass Berlin-Touristen auch Potsdam besuchen. Der Welterbetitel ist damit auch ein wichtiger Werbe- und Imagefaktor. Die SPSG nutzt den Welterbe-Titel sehr intensiv in ihrer touristischen Marketing- und Vertriebsarbeit. Wie sehr die Auszeichnung als hochwertige Marke auch in der Rei- seindustrie genutzt wird, zeigen die Aktivitäten des UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V., der international mit der Welterbeauszeichnung wirbt und bei dem die Landeshauptstadt durch den Potsdam Tourismus Service im Marketingaus- schuss und die Stiftung im Vorstand vertreten ist. Dass die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) weltweit mit dem Label wirbt, hat sie 2014 deutlich gemacht und alle Auslandsaktivitäten unter das zentrale Oberthema „UNESCO-Welterbe in Deutschland“ gestellt. Die Website der DZT verzeichnet die deutschen Welterbestät- ten prominent auf ihrer Startseite. Der Welterbetitel gilt in der Reiseindustrie als hochwertiges Qualitätssiegel und sorgt insbesondere im touristischen Auslandsmar- keting für wirtschaftliche Effekte. Die Landeshauptstadt Potsdam hat 2014 ihre Jahreskampagne erfolgreich unter das Thema „Leben im UNESCO-Weltkulturerbe gestellt“. Neben diesen wirtschaftsrelevanten touristischen Effekten resultieren aus dem Erhal- tungsauftrag der SPSG in Potsdam und dem Land Brandenburg auch Impulse bei- spielsweise für die Bauwirtschaft. Daran hat das Sonderinvestitionsprogramm der Länder Brandenburg und Berlin sowie des Bundes bis 2017 zugunsten der Bewah- rung der Schlösser und Gärten der SPSG einen wesentlichen Anteil. Frage 3: Wie beurteilt das Land die Aussagen des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Potsdam zum Stellenwert des Weltkulturerbes für die Stadt? zu Frage 3: Siehe Antwort zu Frage 2. Die Landesregierung kommentiert Meinungsäußerungen kommunaler Wahlbeamter im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit nicht. Frage 4: Inwieweit teilt das Land die Auffassung der Landeshauptstadt Potsdam, die Schlös- ser seien für Touristen lediglich ein „Bonus“ für die Attraktivität der Landeshaupt- stadt? zu Frage 4: In den von der DZT in jährlichen Auslandbefragungen ermittelten „TOP 100 Sehens- würdigkeiten in Deutschland“ finden sich die Potsdamer Schlösser und Gärten re- gelmäßig auf den Rängen im oberen Viertel. 2013 waren sie unter den ersten 10 Se- henswürdigkeiten, aktuell befinden sie sich auf Rang 22. Die Stadt Potsdam er- scheint nicht gesondert auf der Liste. Die von der Stadtverwaltung in diesem Zu- sammenhang zitierte Gästebefragung ist methodisch nur bedingt geeignet, den Moti- vationsanteil der Schlösser für Reisen nach Potsdam festzustellen, da die Befragung mehrheitlich in der Stadt Potsdam erfolgt und Gäste, die ausschließlich die Schlösser und Park besuchen - wie das in der Gruppentouristik oftmals der Fall ist – bei dieser Art der Erhebung gar nicht erst erfasst werden. Frage 5: Welche Gründe sieht das Land für den Besucherrückgang in den Stiftungsschlössern in Potsdam im Jahr 2014? zu Frage 5: Die Stiftung verzeichnet in ihren Einrichtungen immer wieder unterschiedliche Besu- cherzahlen. Andere Großereignisse, Witterung, Baumaßnahmen oder eigene große Ausstellungsvorhaben sind hierfür unter anderem ausschlaggebend. Die Rückgänge im Potsdamer Raum 2014 sind uneinheitlich, Schloss Sanssouci verzeichnete einen leichten Zuwachs, größere Rückgänge waren im Neuen Palais (- 10,40%), in der Bildergalerie (-24,32%) und in den Neuen Kammern (-11,47%) sowie im Schloss Cecilienhof (-6,60%) zu verzeichnen. Im Falle des Neuen Palais wirken sich Baumaßnahmen, die das Erscheinungsbild des Hauses mit Baugerüsten beein- trächtigen, und die Schließung von Teilbereichen zu Sanierungszwecken aus. Glei- ches gilt für Schloss Cecilienhof. Bei den Neuen Kammern hat im Vorjahr die ersatz- weise Winteröffnung für das geschlossene Neue Palais eine Rolle gespielt. Die dar- aus resultierenden Zuwächse sind wieder verloren gegangen. Im Falle der Bilderga- lerie hatte die Sonderpräsentation „Die Schönste der Welt“ im Jahr 2013 für Zuwäch- se gesorgt. Frage 6: Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf seitens der SPSG, um die Besucher- zahlen zu erhöhen? zu Frage 6: Die SPSG hat, gerade angesichts des zuvor Genannten, ihrerseits bereits Maßnah- men ergriffen, die inzwischen auch schon erste Effekte zeigen: So wurden an den aufkommensstarken Standorten mit Bautätigkeit großflächige Banner mit Hinweisen auf die Öffnung und auf prachtvolle Innenräume angebracht (Cecilienhof, Neues Pa- lais). Im Schloss Sanssouci wird seit Oktober am Ende des Rundgangs großflächig für die Bildergalerie und das Neue Palais geworben. Die intensive Bewerbung des Standorttickets „sanssouci+“, das auch online über den Ticketshop der Stiftung buchbar ist, hat auch zu einer Stimulierung der Besucherauf- kommens und der Eintrittseinnahmen geführt. 2015 werden am Standort Potsdam die Jubiläen 25 UNESCO-Welterbe und 70 Jahre Potsdamer Konferenz in Koopera- tion mit der Stadt intensiv für die Standortwerbung genutzt. Frage 7: Inwiefern stimmt das Land der Kritik des Generaldirektors der SPSG zu, dass der Landeshauptstadt Potsdam ein wirkungsvolles Tourismuskonzept fehle? zu Frage 7: In der touristischen Vertriebsarbeit arbeiten die Stiftung und die Tourismusorganisa- tionen des Landes und der Stadt eng und sehr gut zusammen. Eine effiziente und leistungsfähige touristische Infrastruktur vor Ort und die Stärkung der Tourismusor- ganisation ist eine wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltige touristische Ent- wicklung. Frage 8: Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht das Land aus der öffentlichen Auseinandersetzung zwischen der SPSG und dem Oberbürgermeister der Landes- hauptstadt Potsdam? zu Frage 8: Wie in der Antwort auf Frage 1 dargelegt, arbeiten Landeshauptstadt Potsdam und SPSG konstruktiv und gut zusammen. In absehbaren Konfliktfällen sind die Stadt und die SPSG aufgefordert, frühzeitig Abstimmungsgespräche durchzuführen und die Kommunikation weiter zu verbessern. Das Land wird dazu einen Beitrag leisten. Frage 9: Welchen finanziellen Beitrag leistet das Land an die SPSG (in den Jahren 2014, 2015, 2016), und wird dieser Beitrag im Hinblick auf den Erhalt des Weltkulturerbes in der Landeshauptstadt Potsdam in absehbarer Zeit erhöht? zu Frage 9: Das Land leistet in den Jahren 2014-2016 folgende finanzielle Beiträge an die Stif- tung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, wobei eine Separierung nach Schlossanlagen und/oder Parks nicht möglich ist: 2014 2015 2016 Institutionelle Förderung – kon- sumtiver Zuschuss 10.950.882 € 11.054.700 € 11.054.700 € Institutionelle Förderung – investiver Zuschuss 1.862.500 € 1.862.500 € 1.862.500 € Sonderinvestitionsprogramm 6.200.000 € 6.200.000 € 6.200.000 € Summe 19.013.382 € 19.117.200 € 19.117.200 € Die Finanzierung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg richtet sich nach dem mit dem Bund und dem Land Berlin geschlossenen Finanzie- rungsabkommen über die institutionelle und die Sonderinvestitionsförderung der Stif- tung. Ab dem kommenden Jahr starten die Verhandlungen zu einem neuen Finanzie- rungsabkommen ab 2018. Derzeit finden erste vorbereitende Gespräche statt.