Landtag Brandenburg Drucksache 6/9859 6. Wahlperiode Eingegangen: 02.11.2018 / Ausgegeben: 07.11.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3925 des Abgeordneten Péter Vida (fraktionslos) Drucksache 6/9660 Situation in den Entbindungsstationen Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Neben dem Personalmangel in den pädagogischen Bereichen zeichnet sich auch immer mehr ein Hebammenmangel in den Kliniken und im niedergelassenen Bereich ab. Leider hat dieser Hebammenmangel in der öffentlichen Wahrnehmung nicht die Aufmerksamkeit, die ihm gebührt. Es liegt nun in der Natur der Sache, dass Dienstleistungen in diesem Bereich weniger oft in Anspruch genommen werden . Aber gerade im Flächenland Brandenburg können weite Wege zum nächstgelegenen und einsatzbereiten Kreißsaal doch für sich in den Wehen befindliche Frauen sehr unangenehm werden. Das jüngste Beispiel ist die hoffentlich nur vorübergehende Schließung des Kreißsaales der Havelland Kliniken in Nauen, jetzt muss die ca. 50 km von Nauen entfernte Einrichtung der Havelland Kliniken in Premnitz in Anspruch genommen werden. Und leider zeichnet sich nach bisheriger Kenntnis keine Entspannung der Situation ab. Frage 1: Wie viele z.Zt. nutzungsmögliche Kreißsäle gibt es im Land Brandenburg? Frage 2: Wie viel Kreißsäle sind im Land Brandenburg vorübergehend z.Zt. wegen Hebammenmangel nicht nutzbar? zu Frage1 und 2: Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet. Nach der Fortschreibung des Dritten Krankenhausplanes werden an 25 Standorten im Land Brandenburg Fachabteilungen für Gynäkologie und Geburtshilfe vorgehalten. Nach den Kenntnissen der Landesregierung sind gegenwärtig 24 von 25 Brandenburger Kreißsäle für die geburtshilfliche Versorgung nutzbar. Lediglich der Kreißsaal der Havelland Kliniken in Nauen ist derzeit vorübergehend aufgrund fehlender Hebammen nicht nutzbar. Frage 3: Wie viel Kreißsäle sind im Land Brandenburg seit 2000 dauerhaft geschlossen worden? Bitte zusätzlich die Gründe angeben. zu Frage 3: Seit dem Jahr 2000 wurden an 10 Krankenhausstandorten im Land Brandenburg Geburtsstationen geschlossen. Dies betraf vornehmlich kleinere Geburtsstationen von Krankenhäusern niedriger Versorgungsstufen in berlinfernen Regionen mit einer geringen Geburtenzahl (<300 Geburten/Jahr). Die seit dem Jahr 2000 geschlossenen Geburtsstationen wiesen - mit einer Ausnahme - Geburtenzahlen auf, die zum damaligen Landtag Brandenburg Drucksache 6/9859 - 2 - Zeitpunkt auch perspektivisch deutlich unter dem Durchschnittswert von einer Geburt pro Tag lagen. Bei einer derart niedrigen Geburtenzahl ist die Vorhaltung der notwendigen Krankenhausstruktur für ein geburtshilfliches Angebot unter wirtschaftlichen und medizinischen Gesichts-punkten nur dann bedarfsgerecht, wenn die Geburtsstation für die Versorgung der Schwangeren in der jeweiligen Region unverzichtbar ist. Dies war bei den betroffenen Geburtsstationen nicht der Fall. Die geburtshilfliche Versorgung konnte jeweils von benachbarten Krankenhäusern übernommen werden. Der aktuelle Krankenhausplan für das Land Brandenburg hebt ausdrücklich die hohe Bedeutung der geburtshilflichen Abteilungen niedrigerer Versorgungsstufen hervor, die diesen für die flächendeckende medizinische Versorgung werdender Mütter zukommt. In der Krankenhausplanung für Brandenburg gilt eine Geburtenzahl von jährlich mindestens 300 Geburten als Orientierungswert , bei dessen Unter-schreiten ein Prüfauftrag ausgelöst wird, was bedeutet, dass der Leistungsstand und die Leistungsentwicklung der Fachabteilung geprüft werden. Die Fachgesellschaften empfehlen eine Geburtenzahl von mindestens 700 Geburten/Jahr, um die Abläufe sicher und routiniert zu beherrschen. Brandenburg ist hiervon abgewichen, um die flächendeckende Versorgung sicherzustellen. Frage 4: Gibt es im Land Brandenburg eine Hebammenausbildungsmöglichkeit? Wenn ja, bitte mit Träger aufzählen. zu Frage 4: Derzeit gibt es in Brandenburg 2 staatlich anerkannte Ausbildungsstätten für Hebammen und Entbindungspfleger in Cottbus (Medizinische Schule an der Carl-Thiem- Klinikum Cottbus gGmbH) und in Eberswalde (Akademie der Gesundheit Berlin /Brandenburg e.V.; Campus Eberswalde). Frage 5: Falls Frage 4. mit Ja beantwortet wird, wie viele Hebammen befinden sich derzeit in der Ausbildung? Bitte mit möglichem Abschlussdatum benennen. zu Frage 5: Im Ausbildungsjahr 2017/2018 (Erhebungsstichtag 30.11.2017) befanden sich insgesamt 33 Schülerinnen in der Ausbildung zur Hebamme. Da die Ausbildungsstätte in Eberswalde erst 2017 anerkannt wurde und somit erst seit Herbst 2017 ausbildet, werden die Ausbildungszahlen sukzessive ansteigen. Die nächsten Absolventen werden im Herbst diesen Jahres ihre Ausbildung abschließen. Frage 6: Worin sieht die Landesregierung den jetzigen akuten Hebammenmangel begründet ? zu Frage 6: Der aktuelle Fall betrifft die vorübergehende Schließung eines der 25 Kreißsäle in Brandenburg und ist im nicht vorhersehbaren Ausfall von Hebammen begründet. Insofern kann aus diesem aktuellen Fall nicht ohne weiteres auf einen generellen akuten Hebammenmangel geschlossen werden. In den Brandenburger Krankenhäusern mit Geburtshilflichen Abteilungen waren zum Stichtag 31.12.2016 insgesamt 211 festangestellte Hebammen und 52 Beleghebammen tätig (Statistischer Bericht A IV 2 - j / 16 Krankenhäuser im Land Brandenburg 2016). Diese Zahlen stiegen in den Jahren davor unter leichten Schwankungen langsam aber stetig an. Laut der aktuellen Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit vom Juni 2018 ist in der Geburtshilfe ein Fachkräftemangel erkennbar . Das Ergebnis der Analyse und die aktuelle Situation an der Havelland-Klinik in Nauen sind deutliche Zeichen dafür, dass eine angespannte Fachkräftesituation vorliegt. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9859 - 3 - Frage 7: Die Hebammenausbildung ist im Gegensatz zu anderen Ausbildungszielen sehr kostenintensiv. Ist seitens der Landesregierung hier eine finanzielle Unterstützung möglich bzw. angedacht? zu Frage 7: Die Kosten der staatlich anerkannten Ausbildungsstätten für Hebammen und Entbindungspfleger und die Ausbildungsvergütung werden gemäß § 17a in Verbindung mit § 2 Nr. 1a Buchstabe c) Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) durch Zuschläge der Krankenkassen finanziert, wenn Krankenhäuser Träger oder Mitträger der Ausbildungsstätten sind. Die beiden staatlich anerkannten Ausbildungsstätten für Hebammen und Entbindungspfleger im Land Brandenburg erfüllen die Voraussetzungen des § 17a KHG. Insofern ist die Finanzierung der Hebammenausbildung im Land Brandenburg sichergestellt. Darüber hinaus erhalten staatlich anerkannte Ausbildungsstätten (Schulen für Gesundheitsberufe ), deren Aufnahme im Krankenhausplan festgestellt ist, auf der Grundlage des Brandenburgischen Krankenhausentwicklungsgesetzes Investitionspauschalen vom Land. Die beiden staatlich anerkannten Ausbildungsstätten für Hebammen und Entbindungspfleger im Land Brandenburg erfüllen auch diese Voraussetzungen und haben somit einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung in Form der Investitionskostenpauschale durch das Land. Frage 8: In diesem Zusammenhang muss auch die Situation der niedergelassenen Hebammen betrachtet werden. Wie viele gibt es z.Zt. im Land Brandenburg? zu Frage 8: Im Bereich der freiberuflich tätigen Hebammen gibt es keine zentrale Statistik, vergleichbar des Statistischen Berichtes über die Krankenhäuser im Land Brandenburg. Freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger sind aber grundsätzlich verpflichtet , ihre selbstständige Berufsausübung dem örtlich zuständigen Gesundheitsamt anzuzeigen . Eine Abfrage bei den Gesundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte im Jahr 2017 hat ergeben, dass rund 400 freiberuflich tätige Hebammen/Entbindungspfleger in den Landkreise und kreisfreien Städte gemeldet sind. Frage 9: Die niedergelassenen Hebammen leiden sehr unter den hohen Versicherungsbeiträgen im Haftpflichtbereich. Das ist nicht gerade motivierend für Neuniederlassungen bzw. oft sicher auch ein Grund für die Aufgabe einer privaten Hebammenpraxis. Bestände hier seitens der Landesregierung auch analog zu Frage 7 eine Unterstützungsmöglichkeit? zu Frage 9: Die steigenden Haftpflichtversicherungspolicen für Hebammen betreffen in erster Linie freiberuflich tätige Hebammen, die Hausgeburten, Geburtshausgeburten und/oder Beleggeburten durchführen (freiberuflich geburtshilflich tätige Hebammen). Hebammen , die nicht geburtshilflich tätig sind, also ausschließlich Schwangerenvorsorge, Geburtsvorbereitung , Wochenbettbetreuung und Rückbildungskurse durchführen, sind von den steigenden Haftpflichtversicherungspolicen nicht in dem Maße betroffen. Die Vergütung der freiberuflich erbrachten Hebammenhilfe erfolgt auf der Grundlage des Hebammenhilfevertrages nach § 134a SGB V. Im Rahmen des GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts -Weiterentwicklungsgesetzes vom 21. Juli 2014 hat der Gesetzgeber im SGB V eine Regelung zum Ausgleich der gestiegenen Berufshaftpflichtversicherungspolicen für freiberuflich geburtshilflich tätige Hebammen geschaffen. Dieser Ausgleich (Sicherstellungszuschlag ) ist ebenfalls im Hebammenhilfevertrag enthalten. Insofern erfolgt grundsätzlich bereits ein Ausgleich der steigenden Haftpflichtversicherungspolicen für freiberuflich geburtshilflich tätige Hebammen auf der Grundlage des SGB V über den oben genannten Landtag Brandenburg Drucksache 6/9859 - 4 - Vertrag. Dieser wird auf Bundesebene zwischen den Hebammenverbänden und dem GKV-Spitzenverband verhandelt und geschlossenen. Somit sind auch in erster Linie die genannten Verhandlungspartner auf Bundesebene gefragt, wenn es um die angemessene Höhe der Vergütung und des Sicherstellungszuschlages geht. Allerdings weichen die Meinungen des GKV Spitzenverbands und der Hebammenverbände zur Frage, ob der Sicherstellungszuschlag die Kosten für die Haftpflichtversicherungspolicen angemessen ausgleicht oder nicht, voneinander ab. Aus diesem Grund hat Brandenburg über eine Arbeitsgruppe der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) einen entsprechenden Beschlussvorschlag eingebracht, der von der 91. GMK beschlossen wurde. Mit dem Beschluss wird das Bundesministerium für Gesundheit aufgefordert, eine Evaluation zur Wirksamkeit des Sicherstellungszuschlags in Auftrag zu geben, um der Frage nachzugehen, ob das derzeitige Verfahren geeignet ist, über das Niveau des Sicherstellungszuschlags die steigenden Haftpflichtprämien aufzufangen. Eine Unterstützungsleistung der Landesregierung zum Ausgleich der steigenden Haftpflichtversicherungspolicen ist nicht vorgesehen. Hier wird auf die o. a. Ausführungen zur Regelung im SGB V verwiesen.