Landtag Brandenburg Drucksache 6/9880 6. Wahlperiode Eingegangen: 07.11.2018 / Ausgegeben: 12.11.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3931 der Abgeordneten Iris Schülzke (fraktionslos) Drucksache 6/9666 Waldwege oder Müllkippe? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Plastemüll, Bitumen, Folien, Glas, Stahlbänder, Fliesen, Alttextilien: dass derartiges Material in den Gemarkungen Oelsig-Jagsal-Malitschkendorf für den Waldwegebau verwendet worden ist, beschwerten sich seit dem 26. und 27.09.2018 zahlreiche Bürger, zum Teil sehr ungehalten. Ein oberflächliches Ablesen ist hier nicht ausreichend, da durch Anfahren schwerer Technik auf den Wegen immer wieder Plaste-, Glas-, Metallteile freigelegt werden. Die Metall-, Glas- und anderen scharfkantigen Teile geben Anlass zu bedenken, dass sie durch Wettereinflüsse und Befahren durch landwirtschaftliche Technik und Holzfahrzeugen ihre Reifen zerstören. Die großen und vielen kleinen Plasteteile insbesondere die Folien werden vom Wild aufgenommen. Die Rehe und Hirsche verenden in der Folge elendig. Im Übrigen werden so immer wieder Einzelne motiviert, auch ihren Müll einfach im Wald zu entsorgen. Vorbemerkung der Landesregierung: Mineralische Abfälle enthalten wie alle Abfälle neben den Schadstoffen sogenannte Störstoffe, wie u.a. die in der Anfrage genannten. Im Gegensatz zu den rechtlich geregelten Höchstgehalten an Schadstoffen, an Hand deren über die Differenzierung nicht gefährlicher/gefährlicher Abfall oder über die Zulässigkeit einzelner Entsorgungswege, wie hier der Einbau mineralischer Abfälle in Waldwege, entschieden wird, gibt es zu den Störstoffen wenig verbindliche Regelungen. Mitte der 90-er Jahre wurde z. B. bei der Erarbeitung der Mitteilung der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Abfall 20 „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen - Technische Regeln - (LAGA M 20)“ versucht, die nach der Verkehrsanschauung tolerierbaren Gehalte solcher Störstoffe mit 5 Volumen-% zu objektivieren. 1. Nach welchen Richtlinien werden die Materialien für den Wegebau im Wald zugelassen und wer überwacht die 5% Belastungsklausel? zu Frage 1: Mit mehreren Erlassen, zuletzt Erlass 5/1/06 vom 1. Februar 2007 zur Regelung der Verwertung mineralischer Abfälle, wurde die o.g. LAGA M 20 im Land Brandenburg eingeführt. Für spezielle Anwendungen, wie hier den Waldwegebau, wurden ergänzende Regelungen wie die Betriebsanweisung 16/2012 „Waldwegebaumaßnahmen im Landeswald“ Stand 07.02.2012 des Landesbetriebs Forst Brandenburg erstellt. Hinsichtlich der 5% Belastungsklausel enthält die LAGA M 20 für Bauschutt folgende Erläuterung: „Mineralische Stoffe aus Bautätigkeiten, auch mit geringen Fremdbestandteilen; dies ist in Landtag Brandenburg Drucksache 6/9880 - 2 - der Regel gegeben, wenn der Anteil der nichtmineralischen Stoffe 5 Vol.-% nicht überschreitet und eine weitergehende Eliminierung dieser Stoffe aufgrund ihrer geringen Größe unzumutbar ist.“ Die Überwachung der Einhaltung dieser Regelung obliegt den unteren Abfallwirtschaftsbehörden. 2. Liegen für die Materialien, welche auf den Wegen in den Gemarkungen Oelsig, Jagsal, Malitschkendorf eingebaut worden sind, Zertifikate vor? Wenn ja, wer hat diese Materialien geprüft? zu Frage 2: Zertifikate für das verwandte Wegebaumaterial hinsichtlich der Einhaltung der zulässigen Zuordnungswerte liegen grundsätzlich beim Auftragnehmer des Wegebauvorhabens vor. Erst im Fall der Abrechnung eventuell eingesetzter öffentlicher Mittel im Zuge einer Förderung sind diese Zertifikate bei der zuständigen Bewilligungsbehörde vorzulegen . Die Prüfung des verwendeten Wegebaumaterials dahingehend, ob Material des beauftragten Zuschlagswertes verbaut wird, obliegt dem bauausführenden Unternehmen selbst. Darüber hinaus kann - insbesondere im Falle einer Förderung der Maßnahme durch Einsatz öffentlicher Mittel - die zuständige Bewilligungsbehörde die einzelfallweise Überprüfung des Wegebaumaterials anordnen. 3. Was fällt unter den Begriff Ersatzbaustoffe und wer begutachtet diese? zu Frage 3: Der Begriff Ersatzbaustoff umfasst eine Vielzahl von Recycling-Baustoffen, die einerseits aus bei Bautätigkeiten anfallenden mineralischen Abfällen, wie z. B. Bodenaushub , Bauschutt, und andererseits aus künstlichen Gesteinen, die in industriellen Anlagen anfallen, wie z.B. Schlacken aus Hochöfen oder Stahlwerken oder Aschen aus Kraftwerken , hergestellt werden. Die Begutachtung erfolgt durch Gutachter und Labore, die von den Unternehmen, bei denen die mineralischen Abfälle anfallen und den Recyclingunternehmen bzw. der Bauwirtschaft, die die Recycling-Baustoffe einsetzen, beauftragt werden. Eine Zertifizierung der Labore o. ä. ist rechtlich nicht vorgeschrieben. 4. Warum wird die Bodenschutzbehörde nicht in das Genehmigungs- und Überwachungsverfahren eingebunden? zu Frage 4: Aus mineralischen Abfällen hergestellte Ersatzbaustoffe sind weiterhin Abfall. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit der unteren Abfallwirtschaftsbehörde. 5. Warum achtet die Naturschutzbehörde nicht darauf, dass kein Plastemüll, Glasscherben , Bitumenabfälle und andere Fremdstoffe in den Wäldern eingebaut werden und welche Materialien dürfen dem Recyclingmaterial beim Waldwegebau nicht beigemischt werden ? (Bitte diese Materialien auflisten) zu Frage 5: Das Wegebaumaterial hat den Anforderungen der technischen Regel Boden LAGA M 20 vom 05.11.2004 für den uneingeschränkten offenen Einbau zu entsprechen. Für die Einhaltung dieser technischen Regel ist die untere Abfallwirtschaftsbehörde zuständig . Landtag Brandenburg Drucksache 6/9880 - 3 - 6. Zwischenzeitlich wurde angeordnet, dass oberflächlich die Wege von den Verunreinigungen abgesammelt werden. Was passiert mit den Materialien, die bereits eingebaut wurden, da die Decke 15-30 cm stark ist und mit schwerer Technik schon verdichtet wurde ? zu Frage 6: Nach aktuellem Erkenntnisstand sammelt das wegebauausführende Unternehmen selbst die vorhandenen oberflächennahen Verunreinigungen ab. Das in die Tragschicht eingebaute Recyclingmaterial wird i.d.R. nicht mehr bewegt, da ansonsten der gesamte Wegebau wieder „aufgelöst“ würde. 7. Warum kann das Umweltamt den Vorgang nicht stoppen und muss ein Gutachten vorausgehen , wenn eine Belastung mit Unrat beim Waldwegebau festgestellt wird? zu Frage 7: Die Bewertung des Einzelfalls und die Entscheidung, welche verwaltungsrechtlichen Maßnahmen angemessen sind, obliegt der unteren Abfallwirtschaftsbehörde des Landkreises Elbe-Elster. 8. Augenscheinlich ist auch eine erhebliche Menge Glas in dem Recycling- Material enthalten . Es wird befürchtet, dass Reifen zerschnitten werden könnten und die Brandgefahr durch das freiliegende Glas im Wald ansteigt. Wie schätzt die Landesregierung das ein, dass Glasabfälle in Waldwege eingebaut werden? 9. Stahlbänder, Drähte, scharfkantige Metallteile bis zu 30 cm lang und andere Dinge, ragen aus dem planierten und verdichteten Recyclingmaterial. Durch das Befahren der Wege mit schwerer Rücke- und Holztransporttechnik, auch bei schlechtem Wetter, ist davon auszugehen, dass sich Löcher bilden und die Metallteile freigelegt werden und z.B. die Reifen zerstören. Wie schätzt die Landesregierung das ein? 10. Plastesäcke, Folien, Plastikflugteile, Teile von Dachrinnen, Plasteschläuche, Kabel usw. ragen aus der befestigten und angewalzten Decke des Weges heraus. Die Bauarbeiter haben berichtet, dass noch eine Recyclingschicht zum Überdecken aufgebracht wird und dann die Plasteteile nicht mehr zu sehen seien. Allein durch das Befahren des Weges werden sich diese Folienteile an die Oberfläche arbeiten. Wildtiere(Rehe und Hirsche), die diese Folienteile aufnehmen sind zusätzlichen Gefahren ausgesetzt. Wer ist dann für die Beseitigung des Plastikmülls, insbesondere für den Plastikflugmüll zuständig? zu Fragen 8, 9 und 10: Glas, Stahlbänder, Drähte, scharfkantige Metallteile und Plastesäcke , Folien, Plastikflugteile, Teile von Dachrinnen, Plasteschläuche, Kabel usw. dürfen in Recyclingbaustoffen, die in Waldwegen eingebaut werden, nach Maßgabe der in der Antwort zu Frage 1 genannten Regelungen nicht enthalten sein. Für die Wiederherstellung ordnungsgemäßer Zustände ist der Unterhaltungspflichtige verantwortlich. 11. Wenn es möglich ist, 5% Recyclingmaterial den Baustoffen für den Waldwegebau zuzufügen , sind das 50 kg Müll je Tonne Mischmaterial. Da Plastik ein sehr geringes Gewicht hat, erscheint es möglich, erhebliche Volumen an Plastik beizumischen, das scheint auch geschehen zu sein. Da bisher mehrere Hundert Tonnen Mischmaterial mit Müllanteilen eingebaut worden sind, ist davon auszugehen, dass je hundert Tonnen auch 5 t Müll auf den Waldwegen eingebaut wurden. Ist es geplant diese Richtlinie, welche die Zufügung dieser Müllanteile für Waldwege erlaubt, zu ändern, wenn ja, wann? Landtag Brandenburg Drucksache 6/9880 - 4 - zu Frage 11: Je nach Vorgehensweise beim Abriss von Gebäuden enthält Bauschutt u. a. solche nichtmineralischen Störstoffe. Ein hochwertiges Recycling erfordert deren weitestgehende Abtrennung. In der Frage wird von 5 Masse-% Störstoffe ausgegangen. Gerade bei Kunststoffen mit ihrer geringen Dichte stellt das einen erheblichen Unterschied zu den in der LAGA M 20 benannten 5 Volumen-% dar. Die Bundesregierung beabsichtigt, die Verwertung mineralischer Abfälle mit der Ersatzbaustoffverordnung als Teil der sogenannten Mantelverordnung zu regeln.