Landtag Brandenburg Drucksache 6/9882 6. Wahlperiode Eingegangen: 07.11.2018 / Ausgegeben: 12.11.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3941 des Abgeordneten Sven Schröder (AfD-Fraktion) Drucksache 6/9705 Raumpioniere und ihre Arbeit in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Chef der Staatskanzlei die Kleine Anfrage wie folgt: Sogenannte „Raumpioniere“ sollen in Brandenburg die Attraktivität des ländlichen Raumes steigern und so bei der ländlichen Entwicklung hilfreich sein. Leider ist wenig bekannt über die konkrete Arbeit oder die Erfolge der Raumpioniere. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie definieren sich die Raumpioniere in Brandenburg, und wie sind diese organisiert bzw. gibt es eine Trägerorganisation? 2. Wie viele Raumpioniere gibt es in Brandenburg? Bitte nach Landkreisen, Alter und Geschlecht aufschlüsseln. 3. Wie finanzieren sich die Raumpioniere, und werden diese auch durch Landesmittel unterstützt ? Wenn ja, wie viel Geld wurde in dieser Legislaturperiode für die Raumpioniere in Brandenburg ausgegeben (Bitte nach Landkreisen und Jahren aufschlüsseln) und was tut die Landesregierung, um eine eventuelle Zweckentfremdung von Mitteln zu vermeiden? 4. Falls 3. positiv beantwortet wurde, gibt es im Vorfeld Vorgaben oder von den Raumpionieren zu unterzeichnende Bekenntnisse zur politischen Neutralität? 1. Wenn ja, wie sehen diese konkret aus? 2. Wenn nein, warum nicht? 5. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über die Arbeit der Raumpioniere vor? Überprüft und evaluiert die Landesregierung überhaupt regelmäßig die Arbeit der Raumpioniere in Brandenburg? 1. Wenn ja, wie? 2. Wenn nein, warum nicht? 6. Wie sehen etwaige Evaluationsverfahren im Hinblick auf die Raumpioniere aus? 1. Sind diese standardisiert? 2. Gibt es entsprechende Formulare? 3. Gibt es persönliche Gespräche mit den Raumpionieren? aa) Wenn ja, gibt es hierfür einen Fragekatalog? Wenn vorhanden, bitte vorlegen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9882 - 2 - 7. Wie werden die Angaben der Raumpioniere zu ihrer Arbeit überprüft? 8. Was tut die Landesregierung, um auftretende Probleme bei der Arbeit der Raumpioniere mit der einheimischen Bevölkerung zu identifizieren und abzustellen? 9. Was waren häufiger auftretende Probleme der Raumpioniere in ihrem Verhältnis zur brandenburgischen Bevölkerung? 10. Gibt es Interviews mit der brandenburgischen Bevölkerung im Hinblick auf die Wahrnehmung der Arbeit der Raumpioniere? 1. Wenn ja, gibt es hierfür einen standardisierten Fragenkatalog? aa) Wenn ja, wie sieht dieser aus? bb) Wenn nein, warum nicht? 2. Wenn nein, warum nicht? 11. Was waren konkrete Projekte der Raumpioniere in dieser Legislaturperiode? Bitte nach Landkreisen, Jahren und wenn möglich beteiligten Akteuren aufschlüsseln, angeben, ob das Projekt schon beendet ist und eventuell die Kosten benennen. 12. Wie autonom sind die Raumpioniere im Hinblick auf die Verwendung ihrer Gelder? 13. Wie bewertet die Landesregierung die Arbeit der Raumpioniere, und inwiefern hat diese zu einer positiven Entwicklung der ländlichen Räume in Brandenburg beigetragen? Ergebnisse bitte aufschlüsseln nach Landkreis, Projekt und Beteiligten. 14. Unternimmt die Landesregierung Hintergrundchecks bei Raumpionieren im Hinblick auf etwaige (frühere) Mitgliedschaften in extremistischen und/oder unter Verfassungsschutzbeobachtung stehenden Organisationen oder Parteien? 1. Wenn ja, was waren die Ergebnisse dieser Hintergrundchecks? Gab es aufgrund der Ergebnisse etwaiger Hintergrundchecks seitens der Landesregierung Forderungen, Raumpioniere auszuschließen? aa) Wenn ja, wie viele und warum? Bitte nach (früheren) Mitgliedschaften in Organisationen , die in Verfassungsschutzberichten auftauchen, Landkreisen und Jahren aufschlüsseln . bb) Wenn nein, warum nicht? 2. Wenn nein, warum nicht? zu den Fragen 1 bis 14: Der Begriff des „Raumpioniers“ wurde nach Kenntnis der Landesregierung vor mehr als einem Jahrzehnt durch das in Erkner ansässige Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung in die regionalwissenschaftliche Debatte eingeführt. Ziel war, auf die Bedeutung bestimmter Akteure für regionale Innovationsprozesse hinzuweisen . Eine breit getragene Definition des Begriffs Raumpionier hat sich in der Wissenschaft nach Einschätzung der Landesregierung jedoch nicht herausgebildet. Die verschiedenen Definitionsansätze unterscheiden sich u.a. ob es „nur“ um zugewanderte Menschen geht oder ob alle in einer Region ansässigen Menschen Raumpioniere sein können ob es nur um regionale Innovationsprozesse in ländlichen Räumen geht oder ob auch entsprechende Prozesse in städtischen Räumen erfasst sind hinsichtlich der erfassten Akteure und der Art der Innovationsprozesse Landtag Brandenburg Drucksache 6/9882 - 3 - Damit fehlt es dem Raumpionier-Begriff an der hinreichenden Bestimmtheit, um Gegenstand von Verwaltungshandeln sein zu können (§ 37 Verwaltungsverfahrensgesetz). Die Landesregierung hat zur Kenntnis genommen, dass die Enquete-Kommission 6/1 „Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“ in ihrem Thesenpapier „Kreativität auf dem Land“ vom 12. Januar 2018 für sich eine Definition des Raumpionier-Begriffs vorgenommen hat („Personen und Initiativen, die eigenständig nach zukunftsfähigen, praktischen Lösungen in ländlichen Räumen suchen. … Raumpioniere haben in der Regel einen ‚Migrationshintergrund‘, d.h. für eine gewisse Zeit an einem anderen Ort gelebt oder gearbeitet.“). Sie begrüßt, dass sich die Kommission mit der Bedeutung von Akteuren für regionale Innovationsprozesse auseinandergesetzt hat. Auch diese Beschreibung erfüllt allerdings in letzter Konsequenz den o.g. Bestimmtheitsgrundsatz des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht in hinreichenden Maß. Ergänzend würden sich bei einer hypothetischen Umsetzung des Ansatzes in Verwaltungshandeln Fragen nach der diskriminierungsfreien Behandlung von Menschen, die eine gewisse Zeit an einem anderen Ort gelebt oder gearbeitet und Menschen, die das nicht gemacht haben, stellen. Unabhängig von der Tatsache, dass der Raumpionier-Begriff kein Ansatz von Verwaltungshandeln sein kann und dass damit auch die Fragen 1 bis 14 nicht im Rahmen der Organkompetenz der Landesregierung beantwortet werden können, ist sich die Landesregierung der hohen Bedeutung regionaler Innovationsprozesse bewusst. Die Förderung regionaler Innovationsprozesse ist wesentliches Element der Strukturpolitik der Landesregierung, wie sie u.a. in der Wachstumskernstrategie und dem LEADER-Ansatz zum Ausdruck kommt. Auch die Förderung einzelner Initiativen und Akteure ist fester Bestandteil der Unterstützung von kleinräumigen Innovationsprozessen.