Landtag Brandenburg Drucksache 6/9971 6. Wahlperiode Eingegangen: 16.11.2018 / Ausgegeben: 21.11.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3955 der Abgeordneten Thomas Jung (AfD-Fraktion) und Sven Schröder (AfD-Fraktion) Drucksache 6/9740 Beteiligung an Protesten gegen Räumung des Hambacher Forstes Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Der Hambacher Forst ist ein jahrtausendealtes Waldgebiet in der Nähe von Köln (Nordrhein-Westfalen). Nun soll der Wald zum Zweck der Braunkohlegewinnung durch den Energiekonzern RWE gerodet werden. Seit etwa fünf Jahren ist der Forst jedoch von Aktivisten besetzt. Nach Angaben der Aktivisten auf der Internetseite https://hambacherforst.org gibt es im Hambacher Forst 30 Baumhäuser, die Schlafmöglichkeiten für insgesamt 70 Personen bieten und zum Teil auch winterfest sind. Am 13. September 2018 wurde die Räumung des Forstes begonnen. Wenige Tage später kam ein Journalist aus bislang noch ungeklärten Gründen im Hambacher Forst ums Leben . Auf einer Wiese am Waldrand befindet sich zudem ein illegal errichtetes sogenanntes Protestcamp, das aus Wohnwagen und Hütten besteht und wohl über eine gefestigte technische und soziale Infrastruktur verfügt. Am Sonntag, dem 23. September 2018, haben nach Veranstalterangaben rund 8 000 Personen gegen den Braunkohleabbau im Hambacher Forst protestiert. Nach dem Rheinland wird in der Lausitz am meisten Braunkohle gefördert. Dagegen wurde in der Vergangenheit bereits verschiedentlich protestiert. Wie die Ereignisse im Rahmen der Veranstaltung „Ende Gelände“ vom 13. bis 15. Mai 2016 zeigten, gibt es auch in Brandenburg tätige militante Umweltaktivisten. 1. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob sich unter den Bewohnern der Baumhäuser Personen befinden, die behördlich in Brandenburg gemeldet sind oder waren? Wenn ja, wie viele? zu Frage 1: Der Brandenburger Verfassungsschutz hat gemäß §3 BbgVerfSchG die Aufgabe , Informationen über extremistische Bestrebungen zu sammeln. Die Protestaktionen gegen die Räumung des Hambacher Forstes werden als solche nicht vom Brandenburger Verfassungsschutz beobachtet. Der Landesregierung insgesamt liegen hierzu keine entsprechenden Informationen vor. 2. Sind seit der begonnenen Räumung des Forstes am 13. September 2018 bis heute von Personen mit Wohnsitz in Brandenburg Straftaten verübt worden? (Bitte auflisten nach Datum, vorgeworfener Straftat und Wohnsitz des Beschuldigten.) zu Frage 2. Der Landesregierung liegen hierzu keine entsprechenden Informationen vor. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9971 - 2 - 3. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob sich unter den Beteiligten am „Protestcamp“ auf der vorgenannten Wiese Personen befinden, die ihren Wohnsitz in Brandenburg haben oder hatten? Wenn ja, wie viele? zu Frage 3: Der Brandenburger Verfassungsschutz hat gemäß §3 BbgVerfSchG die Aufgabe , Informationen über extremistische Bestrebungen zu sammeln. Die Protestaktionen gegen die Räumung des Hambacher Forstes werden als solche nicht vom Brandenburger Verfassungsschutz beobachtet. Der Landesregierung insgesamt liegen hierzu keine entsprechenden Informationen vor. 4. Waren oder sind Polizeikräfte des Landes Brandenburg seit dem 13. September 2018 im Hambacher Forst im Einsatz? Wenn ja, wie viele genau? zu Frage 4: Nein. 5. Besteht unabhängig von der Frage 4 eine Zusammenarbeit zwischen brandenburgischen und nordrhein-westfälischen Behörden hinsichtlich der Tätigkeiten von militanten Umweltaktivisten in beiden Bundesländern? zu Frage 5: Im Rahmen eines ständigen Erkenntnisaustausches mit den Staatsschutzdienststellen aller Bundesländer ist auch die Polizei Nordrhein-Westfalens einbezogen. 6. Glaubt die Landesregierung, dass die Proteste anlässlich der Räumung des Hambacher Forstes Initialwirkung für Protestaktionen von Umweltaktivisten und Braunkohlegegnern in Brandenburg haben könnten? Dies insbesondere vor dem Hintergrund der zahlreichen massiven Rechtsbrüche im Rahmen der Veranstaltung „Ende Gelände“ in der Lausitz im Jahr 2016 (vgl. die Antwort auf die Kleine Anfrage 2851 (LT-Drucksache 6/7206)). zu Frage 6: Die Thematik der Räumung des Waldes bei Hambach in Nordrhein- Westfahlen führte 2018 im Land Brandenburg bislang zu folgenden Protestveranstaltungen : - Am 14.09.2018 demonstrierten in Cottbus 10 Personen unter dem Motto: „Wir trauern um den Hambacher Forst“. - Am 28.09.2018 wurde in Potsdam eine Raddemo unter der Bezeichnung “Critical Mass - Hambi bleibt“ durchgeführt. Auf dem Luisenplatz versammelten sich insgesamt 33 Radfahrer zu einer gemeinsamen, störungsfrei verlaufenen, Fahrt durch die Stadt. - Am 30.09.2018 fanden in Cottbus und Eberswalde Proteste mit 20 bzw. 150 Teilnehmern statt, bei denen gegen die geplanten Rodungsarbeiten im Hambacher Forst protestiert wurde. Insgesamt ist das Interesse sowohl des linksextremistischen als auch des bürgerlichen Spektrums im Land Brandenburg für die Geschehnisse im Hambacher Forst 2018 relativ gering ausgeprägt. Es kommt vereinzelt zur Thematisierung des Hambacher Forsts auf lokalen Websites oder Twitteraccounts, bislang ohne jedoch hierbei zu (gewalttätigen) Aktionen aufzurufen. Wenngleich die Thematisierung bzw. Resonanz gering ausgeprägt ist, wird eine Impulswirkung der Ereignisse im Hambacher Forst auf zukünftige Klimaprotestaktionen in Brandenburg nicht auszuschließen sein, zumal die massiven Proteste im Hambacher Forst im Eilverfahren zu einem Rodungsstopp durch das Oberverwaltungsgericht Münster führten, was in der Folge eine Art Vorbildwirkung entfalten könnte. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9971 - 3 - 7. Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, ob noch für 2018 oder sodann für 2019 in Brandenburg von Umweltaktivisten Protestaktionen gegen den Braunkohleabbau in der Lausitz geplant sind? (Bitte auflisten nach erwartetem Datum der Veranstaltung, Veranstalter und erwarteter Teilnehmerzahl.) zu Frage 7: Hinweise auf noch in 2018 und sodann in 2019 geplante Aktionen liegen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor. 8. Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, ob es in brandenburgischen Wäldern ähnliche, von Umweltaktivisten illegal errichtete Baumhäuser und/oder Baumhaussiedlungen gibt? (Bitte aufschlüsseln nach Ort, Anzahl der Häuser und Zahl der vermuteten Bewohner .) zu Frage 8: Nein. 9. Wäre die Brandenburger Polizei in der Lage, eine Veranstaltung von der Größenordnung wie die in den Vorbemerkungen genannte am 23. September 2018 in Nordrhein- Westfalen im Land Brandenburg in gebotener Weise zu überwachen und im Falle von massiven Ausschreitungen wie 2016 bei „Ende Gelände“ ohne Weiteres unter Kontrolle zu bringen? zur Frage 9: Die Polizei des Landes Brandenburg ist grundsätzlich in der Lage mit eigenen und ggf. unterstellten Kräften die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Land Brandenburg zu gewährleisten. 10. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele Personen aus Brandenburg an der in Frage 9 genannten Veranstaltung teilgenommen haben? 11. Traten bei der Protestveranstaltung am 23. September 2018 in Gewahrsam genommene oder straffällig gewordene Personen auch schon in Brandenburg, insbesondere bei der „Ende Gelände“-Veranstaltung im Mai 2016, in Erscheinung? 12. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob sich seit dem 13. September 2018 Mitglieder des brandenburgischen Landtags an Protestveranstaltungen und Protestaktionen gegen die Räumung des Hambacher Forstes beteiligt haben und/oder ob es parlamentarische Beobachter des brandenburgischen Landtags vor Ort gab? zu den Fragen 10 bis 12: Der Landesregierung liegen hierzu keine entsprechenden Informationen vor. Ferner wird auf die Beantwortung der Fragen 1 und 3 verwiesen. 13. Unabhängig von der Beantwortung der Frage 12 schließt sich die Frage an, wie die Landesregierung grundsätzlich die Teilnahme von Mitgliedern des Landtags an Protesten, bei denen es durch andere Teilnehmer zur Begehung von Straftaten kommt, bewertet. zu Frage 13: Die Ausübung des Grundrechts nach Artikel 8 GG in Form der Teilnahme an Demonstrationen steht nicht zur Disposition einer Landesregierung. Die Ausübung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit ist bedeutsam für eine gelebte Demokratie und daher grundsätzlich zu begrüßen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9971 - 4 - 14. Hat die Landesregierung die Anreise von Teilnehmern an den Protesten gegen die Räumung des Hambacher Forstes aus Brandenburg unmittelbar oder mittelbar über Dritte finanziell unterstützt oder in anderer Form gefördert? Wenn ja, in welcher Höhe bzw. in welcher Form? zu Frage 14: Der Landesregierung liegen hierzu keine entsprechenden Informationen vor.