Landtag Brandenburg Drucksache 6/9996 6. Wahlperiode Eingegangen: 20.11.2018 / Ausgegeben: 26.11.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3968 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/9753 Kampfsport in der rechtsextremistischen Szene: Wie sah die Brandenburger Beteiligung am 6. „Kampf der Nibelungen“ aus? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Die rechtsextremistische Kampfsport-Veranstaltung „Kampf der Nibelungen“ ging am 13. Oktober 2018 im sächsischen Ostritz über die Bühne. Auf einem der Veranstaltungsplakate waren die Logos der Brandenburger Szene- Kleidermarken „Black Legion“ (Cottbus) und „Greifvogel Wear“ (Lindenau) abgebildet. Frage 1: Waren Rechtsextremisten aus Brandenburg oder mit Brandenburg-Bezug an der Organisation, Finanzierung und/oder Durchführung des 6. „Kampfs der Nibelungen“ beteiligt - und gab es ggf. weitere Formen der Unterstützung (z. B. Werbung) seitens Rechtsextremisten aus Brandenburg? a. Welche Rolle spielten die Brandenburger Szene-Kleidermarken „Black Legion“ (Cottbus) und „Greifvogel Wear“ (Lindenau)? zu Frage 1: Nach bisherigem Kenntnisstand waren Rechtsextremisten aus Brandenburg nicht an der Organisation und Durchführung des 6. Kampf der Nibelungen beteiligt. Die verantwortlichen Veranstalter sind ein Rechtsextremist aus Dortmund (NW) sowie ein Rechtsextremist aus Russland. Die Bekleidungslabel „Black Legion“ sowie „Greifvogel Wear“ waren mit eigenen Verkaufs- und Werbeständen vertreten. Zugleich fungierten sie auch als offizielle Sponsoren der Veranstaltung. Die „Black Legion-Kampfgemeinschaft“ stellte laut einer Facebook-Ankündigung mehrere Kämpfer. Frage 2: Wie viele Kämpfer*innen haben am „Kampf der Nibelungen“ teilgenommen - wie viele von ihnen kamen aus Brandenburg und wie viele von ihnen gingen ggf. für welche Brandenburger Kampf-Teams an den Start? a. Welchen rechtsextremistischen Gruppierungen, Hooligan-Gruppen, rockerartigen Vereinigungen , Sportvereinen und/oder „Security“-Firmen lassen sich die Kämpfer*innen zuordnen ? b. Wie setzen sich die Brandenburger Kampf-Teams zusammen - steigen auch Rechtsextremist*innen aus dem Ausland für rechtsextremistische Firmen oder Gruppierungen aus Brandenburg in den Ring? Landtag Brandenburg Drucksache 6/9996 - 2 - zu Frage 2: Nach bisherigem Kenntnisstand nahmen zwei Personen aus Brandenburg als Kämpfer an der Veranstaltung teil, diese sollen für das Label „Black Legion“ angetreten sein. Weitere Erkenntnisse im Sinne der Fragestellungen liegen der Landesregierung derzeit nicht vor. Frage 3: Wie viele Besucher*innen waren beim „Kampf der Nibelungen“ in Ostritz - wie viele von ihnen kamen ungefähr aus Brandenburg? a. Welchen rechtsextremistischen Gruppierungen, Hooligan-Gruppen, rockerartigen Vereinigungen und/oder „Security“-Firmen lassen sich die Besucher*innen zuordnen? zu Frage 3: Am 6. Kampf der Nibelungen nahmen nach Schätzungen ca. 850 Besucher teil. Teilnehmer in hoher mittlerer zweistelliger Anzahl stammten nach bisherigen Erkenntnissen aus Brandenburg. Einige der Besucher aus Brandenburg konnten folgenden rechtsextremistischen Organisationen zugeordnet werden: - Widerstandsbewegung in Südbrandenburg (verboten), - Inferno Cottbus, - Unbequeme Jugend Cottbus, - North Side Crew, - Black Legion, - Label 23, - Greifvogel Wear/OPOS-Records, - Barnimer Freundschaft, - Identitärer Aufbruch. Frage 4: In welcher Größenordnung hat sich - überschlägig oder geschätzt - der finanzielle Umsatz des „Kampf der Nibelungen“ bewegt? Und haben davon Rechtsextremisten aus Brandenburg profitiert? zu Frage 4: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 5: Kam es beim „Kampf der Nibelungen“, im Umfeld der Veranstaltung oder mit Bezug zu der Veranstaltung zu politisch motivierten Straftaten und/oder Körperverletzungsdelikten? zu Frage 5: Die Veranstaltung fand im Freistaat Sachsen statt. Sie lag daher nicht in der polizeilichen Zuständigkeit der Landesregierung. Somit liegen der Landesregierung diesbezüglich keine Erkenntnisse vor. Frage 6: Welche Straftaten sind in diesem Jahr von Personen aus dem rechtsextremistischen Kampfsport-Milieu in Brandenburg begangen worden? zu Frage 6: Hinsichtlich des konkreten Personenpotentials, welches in der rechtsextremistischen Kampfsportszene in Brandenburg aktiv ist, liegen der Landesregierung keine Statistiken bzw. Daten vor. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9996 - 3 - Frage 7: Haben sich Personen aus dem rechtsextremistischen Kampfsport-Milieu in diesem Jahr an Kundgebungen oder anderen Veranstaltungen des Vereins „Zukunft Heimat“ und/oder der AfD beteiligt und ggf. in welcher ungefähren Personenzahl an welchen Veranstaltungen? zu Frage 7: Es ist davon auszugehen, dass Personen aus dem Umfeld des Kampfsportmilieus im Raum Cottbus an Kundgebungen oder Veranstaltungen des Vereins „Zukunft Heimat e.V.“ im Jahr 2018 teilgenommen haben. Hierfür sprechen visuelle Wahrnehmungen der zum Schutz der Veranstaltungen eingesetzten szenekundigen Polizeikräfte. Sie konnten aufgrund ihrer Erfahrungen maximal 15 Personen feststellen, wobei eine Speicherung dieses Personenkreises in den polizeilichen Datensystemen aus Rechtsgründen nicht erfolgte. Weitergehende Angaben sind daher diesbezüglich nicht möglich sind. Über Teilnahmen an Veranstaltungen der AfD liegen keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 6 verwiesen. Frage 8: Welche Rolle spielten Personen aus dem rechtsextremistischen Kampfsport- Milieu in diesem Jahr bei den Aufmärschen in Chemnitz, an denen auch Brandenburger *innen beteiligt waren? zu Frage 8: Nach bisherigen Erkenntnissen nahmen vereinzelt Rechtsextremisten aus Brandenburg, die dem Kampfsportmilieu zugerechnet werden können, an den Demonstrationen in Chemnitz teil. Erkenntnisse über eine Einbindung in die Organisation der Veranstaltungen bzw. über verübte Straftaten liegen der Landesregierung nicht vor. Frage 9: Wie hat sich die rechtsextremistische Kampfsport-Szene in Brandenburg in diesem Jahr entwickelt, beispielsweise was die Personenzahl und die Aktivitäten betrifft? a. Bei welchen Kampfsport-Veranstaltungen sind in diesem Jahr Kämpfer*innen aus der rechtsextremistischen Szene Brandenburgs angetreten? zu Frage 9: Die Landesregierung beobachtet das wachsende Interesse an Kampfsport (- events) in der rechtsextremistischen Szene mit großer Besorgnis. Der Verfassungsschutz Brandenburg wies bereits im Jahr 2011 in einem eigenen Kapitel des Verfassungsschutzberichts auf die steigende Bedeutung hin (S. 44 ff). In der rechtsextremistischen Gedankenwelt hat die Vorbereitung auf einen „Endkampf“ und den „Tag X“ schon immer eine besondere Bedeutung. Die Ausübung von Kampfsport entspricht der Überzeugung, sich für den angestrebten Zusammenbruch der staatlichen Ordnung zu wappnen und ist somit Ausdruck einer aggressiv-kämpferischen Haltung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Durch die Flüchtlingskrise hat dieses Thema aus Sicht der Szene noch einmal besondere Brisanz erfahren. Rechtsextremisten beschwören dabei vermeintliche soldatische Tugenden wie „Härte“, „Unerbittlichkeit“ und „Selbstüberwindung“. In ihrem Selbstverständnis muss sich die rassische Überlegenheit auch in körperlicher Fitness widerspiegeln. Auch ein vermeintlicher „Volksgesundungsgedanke“ spielt in der Gedankenwelt der Rechtsextremisten eine Rolle. Aktuell vollzieht sich in der rechtsextremistische Kampfsport-Szene immer mehr ein Wandel in Richtung von „modernen Kampfsportarten“. Die Vermischung verschiedener Kampfsportrichtungen /-arten nimmt zu. Waren es früher die klassischen, stilsicheren Kampfsportarten, wie Judo, Ringen, Boxen, sind heute Kampfsportarten, die unterschiedliche Stile in sich vereinen, zunehmend präsenter. Dazu zählen u. a. das sogenannte Mixed Martial Art bzw. das Kickboxen. Konkrete Aussagen zum Landtag Brandenburg Drucksache 6/9996 - 4 - Personenpotential sind nicht möglich (vgl. Antwort zur Frage 6). Kämpfer aus Brandenburg nahmen in diesem Jahr zumindest an folgenden rechtsextremistischen Kampfsportveranstaltungen teil: - 09.06.2018, TIWAZ – Kampf der freien Männer, Grünhain (SN), - 13.10.2018, Kampf der Nibelungen in Ostritz (SN). Eine Teilnahme von rechtsextremistischen Kämpfern aus Brandenburg an folgenden Veranstaltungen kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bestätigt werden: - 21.04.2018, Schild&Schwert Festival in Ostritz (SN), - 07.07.2018, Jugend im Sturm, Kirchheim (TH). Frage 10: Wie hat sich die so genannte „NS-Straight-Edge“-Bewegung in Brandenburg in diesem Jahr entwickelt, beispielsweise was die Personenzahl und die Aktivitäten betrifft? zu Frage 10: Zur sogenannten „Straight-Edge“-Bewegung wird auf die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage 3123 (LT-Drucksache 6/7864) verwiesen. Weitere Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor. Frage 11: Wie schätzt die Landesregierung aktuell das Gefahrenpotenzial ein, das von Personen aus dem rechtsextremistischen Kampfsport-Milieu ausgeht? zu Frage 11: Aus Sicht der Landesregierung besteht die Gefahr, dass das Aggressionspotential bei Rechtsextremisten, die in körperlicher Auseinandersetzung geschult sind, erhöht ist. „Kämpfe ohne Regeln“ können zu einer Enthemmung der Gewalt führen. Zudem nutzen Rechtsextremisten den Kampfsport sowohl als Rekrutierungsfeld für Jugendliche als auch als Finanzierungsquelle.