— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1009 Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 20. Juni 2013 Externe Faktoren bei der Beurteilung der Versorgungslasten Bremens Im Vergleich der Bundesländer hat der bremische Haushalt die höchsten Versorgungslasten zu tragen, wobei die Versorgungslasten Hamburgs pro Einwohner praktisch identisch sind (PWC-Studie zur Finanzsituation der Bundesländer, 2012, S. 147). Die Berliner Versorgungslasten sind aufgrund der besonderen Situation durch die Wiedervereinigung deutlich niedriger und nicht zu vergleichen. Ebenfalls erhöhte Versorgungslasten weist das Saarland auf. Die hohen Versorgungslasten sind ein wichtiger Faktor für die bremische Schuldenproblematik . Insofern ist es wichtig, interne und externe Faktoren beim Zustandekommen dieser Versorgungslasten zu unterscheiden. Ein interner Grund für die hohen Versorgungslasten soll eine erhöhte Anzahl von Einstellungen in den Siebzigerjahren sein, die damals getätigt wurden, um die steigende Zahl von Arbeitslosen in Bremen zu begrenzen. Diese Erhöhung sei dem Vernehmen nach für einen relevanten Teil der hohen Versorgungslasten verantwortlich – und damit eine Folge bremischer Politik. Es gibt aber zwei weitere Faktoren, die bei der Beurteilung der Versorgungslasten berücksichtigt werden müssen, um einen fairen Vergleich mit anderen Bundesländern zu gewährleisten. Zum einen ist Bremen, übrigens gemeinsam mit dem Saarland, eines der beiden alten Bundesländer, deren Einwohnerzahl seit Anfang der Siebzigerjahre deutlich abgenommen hat. Hamburg und Nordrhein-Westfalen haben ihre Einwohnerzahl etwa konstant gehalten, die anderen alten Bundesländer haben zum Teil erhebliche Zuwächse zu verzeichnen. Die Pensionärinnen und Pensionäre, die heute die Empfänger der bremischen Versorgungsleistungen sind, sind überwiegend in den Sechzigerjahren bis Achtzigerjahren eingestellt worden. Insofern sollte ein aussagekräftiger Vergleich mit anderen Bundesländern nicht auf die Pro-Kopf-Versorgungslast der heutigen Einwohnerzahl abstellen, sondern der Zahl zurzeit der Einstellung der Pensionärinnen /Pensionären. Zum anderen gibt es in einem Bundesland einen Teil der Beamtenschaft, die relativ unabhängig von der Einwohnerzahl (und der geografischen Größe) ist. Ein Bundesland benötigt zum Betrieb eine Reihe von Behörden, die eine minimale Ausstattung vorhalten, um die administrativen Aufgaben des Bundeslandes leisten können. Dies gilt auch für die Institutionen der repräsentativen Demokratie (Landtag, Fraktionen, Wahlen). Andere große Teile der Beamten und Angestellten sind dagegen proportional insbesondere zur Bevölkerungsgröße (z. B. Lehrpersonal, Polizistinnen/Polizisten , Feuerwehrleute, Steuerprüferinnen/Steuerprüfer usw.). Für kleine Bundesländer stellt die „Minimalausstattung“ aber pro Einwohnerin/Einwohner eine größere Belastung dar als für bevölkerungsreiche („Effekte der Kleinheit“). Vor diesem Hintergrund bitten wir den Senat um die Beantwortung der folgenden Fragen: 1. Welche Schätzungen liegen darüber vor, wie viele Beamte in den Siebzigerjahren überwiegend aus Gründen der Sozialpolitik eingestellt worden sind? 2. a) Wann sind die augenblicklichen Pensionärinnen/Pensionäre Bremens eingestellt worden? (Bitte als Tabelle mit Fallzahlen pro Jahreszahlen.) — 2 — b) Wie viele Bewohner hatte das Land Bremen in den jeweiligen Jahren? c) Wie groß war die Bevölkerung Bremens im Durchschnitt der Einstellungsjahre der momentanen Pensionärinnen/Pensionäre? 3. Wie viele der bremischen Angestellten und Beamten können überschlagsmäßig als Teil der bevölkerungsunabhängigen „Minimalausstattung“ des Bundeslandes eingeordnet werden? Wir bitten um eine grobe Einschätzung pro Ressort, wie viele der dortigen Stellenbesetzungen unabhängig von Einwohnerzahl oder geografischer Größe Bremens sind. Man könnte jeweils fragen, welche Stellen aufgestockt werden müssten, wenn Bremen auf einmal doppelt so viele Einwohner hätte oder die doppelte geografische Fläche. Die Dienststellen, die davon unberührt blieben, sind die hier interessierenden. (Bitte als Tabelle mit Gesamtanzahl Angestellte/davon einwohner- und größenunabhängig besetzt/Gesamtanzahl verbeamtete Bedienstete/davon einwohner- und größenunabhängig besetzt ). Klaus-Rainer Rupp, Kristina Vogt und Fraktion DIE LINKE D a z u Antwort des Senats vom 30. Juli 2013 1. Welche Schätzungen liegen darüber vor, wie viele Beamte in den Siebzigerjahren überwiegend aus Gründen der Sozialpolitik eingestellt worden sind? Die Anfrage bezieht sich auf die Effekte politischer Entscheidungen, die vor ca. 40 Jahren getroffen worden sind. Dem Senat liegen keine Informationen darüber vor, ob und wie viele Beamte in den Siebzigerjahren aus sozialpolitischen Gründen eingestellt worden sind. Der Senat hält es in Bezug auf die aktuelle Problemlage der steigenden Versorgungsausgaben für unerheblich, aus welchem Grund Beamte in früheren Jahren eingestellt worden sind. 2. a) Wann sind die augenblicklichen Pensionärinnen/Pensionäre Bremens eingestellt worden? (Bitte als Tabelle mit Fallzahlen pro Jahreszahlen.) b) Wie viele Bewohner hatte das Land Bremen in den jeweiligen Jahren? c) Wie groß war die Bevölkerung Bremens im Durchschnitt der Einstellungsjahre der momentanen Pensionärinnen/Pensionäre? Erst mit einem Einstellungszeitraum ab Mitte der Neunzigerjahre liegen Informationen zum Personal in elektronischer Form vor, die auch heute noch auswertbar sind. Ende der Siebzigerjahre wurde ASteV (Automatisiertes Stellenverfahren ) als erste elektronische Grundlage eingeführt. Auch nach Durchsicht des ASteV-Datenabzugs ist eine plausible Aufbereitung der Einstellungsdaten ab den Siebzigerjahren nicht möglich. Im Rahmen der Umstellung sind die vorhandenen Datenbestände teilweise maschinell mit vereinheitlichten Einstellungsdaten eingepflegt worden (beispielsweise jeweils eine maschinelle Übernahme der Datensätze zum 1. Januar 1976 sowie zum 1. Januar 1992). Belastbare Auswertungen über Personal – hier insbesondere über Einstellungen – in den Jahren vor 1993 können mit den Instrumenten, die dem Senat zur Verfügung stehen, daher nicht erstellt werden. Insbesondere existieren keine Längsschnittdaten , die bei aktuellen Versorgungsempfängern eine Analyse der jeweiligen Eintrittszeitpunkte ermöglichen könnten. Damit erübrigt sich auch die Gegenüberstellung zu den Einwohnerzahlen der entsprechenden Jahre (Frage 2 b und 2 c). 3. Wie viele der bremischen Angestellten und Beamten können überschlagsmäßig als Teil der bevölkerungsunabhängigen „Minimalausstattung“ des Bundeslandes eingeordnet werden? Wir bitten um eine grobe Einschätzung pro Ressort, wie viele der dortigen Stellenbesetzungen unabhängig von Einwohnerzahl oder geografischer Größe Bremens sind. Man könnte jeweils fragen, welche Stellen aufgestockt werden müssten, wenn Bremen auf einmal doppelt so viele Einwohner hätte oder die doppelte geografische Fläche. Die Dienststellen, die davon unberührt blieben, sind die hier interessierenden. (Bitte als Tabelle mit Gesamt- — 3 — anzahl Angestellte/davon einwohner- und größenunabhängig besetzt/Gesamtanzahl verbeamtete Bedienstete/davon einwohner- und größenunabhängig besetzt ). Für die in der Anfrage vorgeschlagene Analyse von Personalausstattungen mit oder ohne Bezug auf die Bevölkerungsmenge gibt es nach Ansicht des Senats keine methodisch ableitbaren Kriterien. Eine Zuordnung dieses Merkmals für einzelne Aufgabenbereiche würde daher spekulativen Charakter haben. Der Senat kann die erbetene Zuordnung daher nicht vornehmen. Druck: Anker-Druck Bremen