— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1014 Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 11. Juni 2013 Konzept „Stopp der Jugendgewalt“ Seit dem Sommer 2008 besteht das ressortübergreifende Handlungskonzept „Stopp der Jugendgewalt“. Ziel dieses Konzepts ist eine strukturierte Zusammenarbeit der Behörden in den Bereichen Prävention, Intervention, Strafverfolgung und Resozialisierung . Dabei trägt nicht zuletzt der Bereich Justiz eine große Verantwortung bei der Umsetzung des Konzepts. Wir fragen den Senat: 1. Wie hat sich die Zahl der Intensiv- und Schwellentäterinnen und Schwellentäter in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? Wie entwickelten sich insbesondere die deliktspezifischen Zahlen der Ermittlungsverfahren bei den Jugendstaatsanwaltschaften und den Jugendgerichten in Bremen und Bremerhaven während der letzten fünf Jahre? Wie wurden und werden die Ermittlungsverfahren nach deliktspezifischer Aufstellung erledigt? Gibt es genderbezogene Veränderungen bei den Beschuldigten oder andere auffällige, dem Senat bekannte, Entwicklungen ? 2. Welche Maßnahmen des Senators für Justiz und Verfassung werden mit welcher Zielsetzung und in welcher Höhe mit Haushaltsmitteln finanziert? a) Hat bisher eine Evaluierung dieser Maßnahmen stattgefunden oder ist eine solche geplant? b) Falls bisher keine Evaluierung stattgefunden hat oder sich in Planung befindet , welche sind die Gründe hierfür? 3. Wie bewertet der Senat die Zusammenarbeit der Ressorts? Sind hierbei Probleme aufgetreten? a) Wenn ja, wie wurden diese Probleme gelöst? b) Falls die Probleme nicht gelöst wurden, bestehen bereits Konzepte zur Lösung dieser Probleme? Falls keine Konzepte bestehen, wie bewertet der Senat diesen Umstand? 4. Wie bewertet der Senat die Umsetzung der Kooperationsvereinbarung zwischen den senatorischen Behörden vom 20. April 2010? Ist die Erstellung einer externen speziell ausgewerteten und kommentierten Rückfallstatistik geplant? Wenn nein, warum nicht? 5. Wie viele Straftaten wurden in den letzten fünf Jahren von den Schulen an die Staatsanwaltschaft gemeldet? Wie ist die Staatsanwaltschaft mit diesen Meldungen umgegangen? 6. Wie schätzt der Senat die Wichtigkeit der Jugendgerichte und der Jugendstaatsanwaltschaft für die Umsetzung des senatorischen Handlungskonzepts „Stopp der Jugendgewalt“ ein, und welche weiteren Entwicklungsperspektiven sieht der Senat für dessen Umsetzung bei den Jugendgerichten und der Jugendstaatsanwaltschaft ? 7. Wie werden Referendarinnen und Referendare in Bremen im Umgang mit jugendtypischen Delikten ausgebildet, und wie wird bei der Stellenbesetzung der Ju- — 2 — gendgerichte und in der Jugendstaatsanwaltschaft berücksichtigt, dass die „Richter bei den Jugendgerichten und die Jugendstaatsanwälte“ . . . „erzieherisch befähigt“ „und in der Jugenderziehung erfahren sein“ sollen (§ 37 JGG)? 8. Wie lang war die mittlere, wie lang die durchschnittliche Verweildauer eines Verfahrens vom Eingang des vorläufigen Ermittlungsergebnisses der Polizei bis zur Entscheidung der Jugendstaatsanwaltschaft über die Anklageerhebung in den Jahren 2008 bis 2012? 9. Welche Kriterien spielen eine Rolle dafür, dass Richter und Richterinnen an den Jugendgerichten aus den Jugendgerichten bzw. Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte aus den Jugendabteilungen abgezogen werden, und wie viele Stellen waren davon in den vergangenen drei Jahren betroffen? Bei wie vielen Richtern und Richterinnen an den Jugendgerichten bzw. Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälten betrug die Verweildauer in diesem Zeitraum weniger als ein Jahr, und bei wie vielen weniger als drei Jahre? 10. Welche Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen stehen den Richterinnen und Richtern an den Jugendgerichten und den Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälten zur Verfügung, und wie werden diese in ihrer besonderen Aufgabe begleitet? Welche speziellen Fortbildungsangebote nutzen sie, und wie wird sichergestellt, dass die Betroffenen eventuellen Fortbildungsverpflichtungen nachkommen? 11. In wie vielen Fällen wurde in den letzten fünf Jahren die Jugendhilfe im Strafverfahren eingebunden (absolute Zahlen und prozentual)? 12. In wie vielen Fällen wurden in den letzten fünf Jahren die Erziehungsberechtigten in die Hauptverhandlungen bei den Jugendgerichten einbezogen, und wie oft erfolgte diese Einbeziehung durch Zwangsmaßnahme (jeweils absolut und prozentual)? Wie bewertet der Senat diese Entwicklung? 13. Bei wie vielen der erfassten Jugendlichen konnte mittels der in dem Konzept vorgesehenen Maßnahmen eine kriminelle Karriere vermieden werden? 14. Wie schätzt der Senat die Rückfallzahlen im Bereich der jugendtypischen Delikte bei Anklage der Verfahren beim Jugendgericht und bei Einleitung von Diversionsmaßnahmen durch die Jugendstaatsanwaltschaft ein, und welches Datenmaterial liegt dem Senat dazu vor? Sülmez Dogan, Linda Neddermann, Dr. Maike Schaefer, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 13. August 2013 1. Wie hat sich die Zahl der Intensiv- und Schwellentäterinnen und Schwellentäter in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? Wie entwickelten sich insbesondere die deliktspezifischen Zahlen der Ermittlungsverfahren bei den Jugendstaatsanwaltschaften und den Jugendgerichten in Bremen und Bremerhaven während der letzten fünf Jahre? Wie wurden und werden die Ermittlungsverfahren nach deliktspezifischer Aufstellung erledigt? Gibt es genderbezogene Veränderungen bei den Beschuldigten oder andere auffällige, dem Senat bekannte, Entwicklungen ? Die Zahl der jugendlichen und heranwachsenden Intensivtäter hat sich in den Jahren 2008 bis 2012 wie folgt entwickelt: — 3 — Bremen Bremerhaven Gesamt 2008 1581) 25 183 2009 1392) 14 153 2010 106 9 115 2011 96 8 104 2012 86 20 106 Aktuell sind bei der Polizei 22 Schwellentäter registriert, darunter 15 Jugendliche und vier Heranwachsende. In Bremerhaven werden Schwellentäter nicht gesondert erfasst. Die Dezernate zur Bearbeitung der Ermittlungsverfahren gegen jugendliche und heranwachsende Intensivtäter sind in der Jugendabteilung der Staatsanwaltschaft Bremen nach regionalen Prinzipien (links der Weser, rechts der Weser, Bremen-Nord) zugeschnitten. Aufgeschlüsselt nach einzelnen Delikten hat sich in den Jahren 2008 bis 2012 die Zahl der Ermittlungsverfahren in den genannten Dezernaten wie folgt entwickelt: Delikt3) 2008 2009 2010 2011 2012 § 224 StGB (gefährliche Körperverletzung) 76 93 64 66 56 § 242 StGB (Diebstahl) 117 98 92 66 80 § 243 StGB (schwerer Diebstahl) 267 215 122 133 91 § 244 StGB (Wohnungseinbruch u. a.) 52 68 53 88 109 § 249 StGB (Raub) 53 24 18 21 32 § 250 StGB (schwerer Raub) 2 11 28 24 44 § 253 StGB (Erpressung) 2 8 4 10 10 § 255 StGB (räuberische Erpressung) 35 15 17 14 19 Gesamt 604 532 398 422 441 Weibliche Beschuldigte haben bei der Erfassung der Intensivtäter bisher keine Rolle gespielt. Die Ermittlungsverfahren wurden wie folgt erledigt: § 224 § 242 § 243 § 244 § 249 § 250 § 253 § 255 2008 StGB StGB StGB StGB StGB StGB StGB StGB § 170 II StPO 21 54 101 14 22 2 0 9 Abgabe an andere Staatsanwaltschaft 1 0 0 0 3 0 0 0 Anklage zum Jugendrichter 11 14 26 7 5 0 0 7 Beschleunigtes Verfahren 0 3 1 0 0 0 0 0 Anklage zum Jugendschöffengericht 9 0 30 11 16 0 0 9 § 45 JGG 3 3 4 1 0 0 0 1 § 154 I StPO 11 13 36 2 1 0 1 2 ––––––– 1) Zuzüglich elf der Task Force zugewiesene Intensivtäter. 2) Zuzüglich 25 der Task Force zugewiesene Intensivtäter. 3) Die Zahlen geben die Zahl der beschuldigten Personen an. Darin sind auch Beschuldigte enthal- ten, die nicht Intensivtäter sind, soweit Ermittlungsverfahren gegen Intensivtäter sich zugleich gegen Beschuldigte richteten, die nicht als Intensivtäter geführt wurden. — 4 — § 224 § 242 § 243 § 244 § 249 § 250 § 253 § 255 2008 StGB StGB StGB StGB StGB StGB StGB StGB § 153 StPO 0 2 0 1 0 0 0 0 Weitere Anklage 20 28 69 16 6 0 1 7 Sonstige Erledigungsart 0 0 0 0 0 0 0 0 Verfahren noch offen 0 0 0 0 0 0 0 0 § 224 § 242 § 243 § 244 § 249 § 250 § 253 § 255 2009 StGB StGB StGB StGB StGB StGB StGB StGB § 170 II StPO 34 36 94 40 5 6 0 5 Abgabe an andere Staatsanwaltschaft 1 1 4 0 0 0 0 0 Anklage zum Jugendrichter 7 11 16 1 3 0 0 2 Beschleunigtes Verfahren 0 1 1 0 0 0 0 0 Anklage zum Jugendschöffengericht 26 9 33 8 7 4 1 5 § 45 JGG 1 3 2 1 0 0 0 0 § 154 I StPO 3 8 31 11 0 0 4 3 § 153 StPO 0 0 0 0 0 0 0 0 Weitere Anklage 21 29 34 7 9 1 3 0 Sonstige Erledigungsart 0 0 0 0 0 0 0 0 Verfahren noch offen 0 0 0 0 0 0 0 0 § 224 § 242 § 243 § 244 § 249 § 250 § 253 § 255 2010 StGB StGB StGB StGB StGB StGB StGB StGB § 170 II StPO 21 29 55 27 11 11 4 2 Abgabe an andere Staatsanwaltschaft 4 6 1 0 1 0 0 0 Anklage zum Jugendrichter 1 9 11 3 3 0 0 4 Beschleunigtes Verfahren 1 1 0 0 0 0 0 0 Anklage zum Jugendschöffengericht 15 9 7 4 3 11 0 6 § 45 JGG 1 2 3 0 0 0 0 0 § 154 I StPO 9 18 23 9 0 0 0 1 § 153 StPO 0 0 0 0 0 0 0 0 Weitere Anklage 11 18 22 10 0 6 0 4 Sonstige Erledigungsart 1 0 0 0 0 0 0 0 Verfahren noch offen 0 0 0 0 0 0 0 0 — 5 — § 224 § 242 § 243 § 244 § 249 § 250 § 253 § 255 2011 StGB StGB StGB StGB StGB StGB StGB StGB § 170 II StPO 23 17 43 50 7 9 9 5 Abgabe an andere Staatsanwaltschaft 0 1 7 10 2 1 1 1 Anklage zum Jugendrichter 20 10 15 6 2 0 0 1 Beschleunigtes Verfahren 1 1 1 0 0 0 0 0 Anklage zum Jugendschöffengericht 3 5 16 11 3 12 0 5 § 45 JGG 1 2 7 0 1 0 0 0 § 154 I StPO 9 17 22 5 5 1 0 0 § 153 StPO 5 0 2 0 0 0 0 0 Weitere Anklage 4 13 17 5 1 1 0 1 Sonstige Erledigungsart 0 0 3 1 0 0 0 1 Verfahren noch offen 0 0 0 0 0 0 0 0 § 224 § 242 § 243 § 244 § 249 § 250 § 253 § 255 2012 StGB StGB StGB StGB StGB StGB StGB StGB § 170 II StPO 16 20 20 31 9 20 7 12 Abgabe an andere Staatsanwaltschaft 0 3 3 8 1 0 0 0 Anklage zum Jugendrichter 8 17 15 8 2 1 1 3 Beschleunigtes Verfahren 0 2 0 0 0 0 0 0 Anklage zum Jugendschöffengericht 7 6 11 29 6 11 0 2 § 45J GG 1 0 2 0 1 0 0 0 § 154 I StPO 10 12 16 9 1 0 2 0 § 153 StPO 0 0 0 0 0 0 0 0 Weitere Anklage 13 16 15 16 6 8 0 2 Sonstige Erledigungsart 0 1 0 0 0 0 0 0 Verfahren noch offen 1 3 9 8 6 4 0 0 Die jugendgerichtlichen Strafverfahren gegen Intensiv- und Schwellentäter und der Ausgang dieser Verfahren werden statistisch nicht gesondert erfasst. 2. Welche Maßnahmen des Senators für Justiz und Verfassung werden mit welcher Zielsetzung und in welcher Höhe mit Haushaltsmitteln finanziert? a) Hat bisher eine Evaluierung dieser Maßnahmen stattgefunden oder ist eine solche geplant? b) Falls bisher keine Evaluierung stattgefunden hat oder sich in Planung befindet , welche sind die Gründe hierfür? Mit dem Ziel, die Ermittlungs- und die Strafverfahren zu beschleunigen, sind aus den Mitteln für das Konzept „Stopp der Jugendgewalt“ 350 000 ‡ im Jahr 2009 und 192 500 ‡ im Jahr 2010 für Personal zur Verfügung gestellt worden. Ab dem Jahr 2011 sind diese zusätzlichen Mittel im Personalhaushalt verstetigt worden. — 6 — Die mit den genannten Mitteln zu erzielenden Effekte (Beschleunigung der Ermittlungs - und der Strafverfahren; vergleiche hierzu im Einzelnen die Antwort auf die Frage 8) werden seitens des Senators für Justiz und Verfassung fortlaufend evaluiert. Hierzu stehen zunächst die nach bundeseinheitlichen Kriterien generierten Geschäftsstatistiken der Staatsanwaltschaft und der Gerichte zur Verfügung, die regelmäßig ausgewertet werden. Darüber hinaus berichtet der Leitende Oberstaatsanwalt dem Senator für Justiz und Verfassung vierteljährlich detailliert über die Entwicklungen im Bereich der Jugendstrafverfahren, wobei die Verfahren gegen jugendliche und heranwachsende Intensiv- und Schwellentäter einen besonderen Schwerpunkt der Berichterstattung bilden. Der Leitende Oberstaatsanwalt berichtet neben der allgemeinen Geschäftsentwicklung in der Jugendabteilung (Eingänge, Erledigungen, Bestände) auch die Art der Erledigungen, die Dauer der Verfahren und über die Qualität der Zusammenarbeit der am Jugendstrafverfahren beteiligten Stellen. Im Rahmen des Projekts „erziehungswirksamer Strafvollzug“ hat eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Senators für Justiz und Verfassung (federführend), des Jugendvollzugs, der Jugendgerichte, der Jugendämter Bremen und Bremerhaven und der sozialen Dienste der Justiz das bestehende Behandlungs-, Beschäftigungs- und Freizeitangebot im Jugendvollzug evaluiert. Dabei wurde zum einen ein Bedarf für ein längeres arbeitstherapeutisches Angebot mit kurzen Unterrichtsintervallen ermittelt, zum anderen wurde ein weitergehender Bedarf an Antigewalt-Trainingskursen festgestellt. Diese Bedarfe werden seit 2010 durch die Projekte „Step by Step“ und „AAT“ (Anti-Aggressivitäts-Training) abgedeckt. Die von dem Verein Hoppenbank durchgeführte, arbeitstherapeutische Maßnahme „Step by Step“ hat zum Ziel, die zugewiesenen Insassen insbesondere im Bereich Basiskompetenzen durch niedrigschwellige, motivierende Lern- und Erfahrungsangebote individuell zu fördern. Durch das wiederholte Einüben von grundlegenden Arbeitsweisen wird den Gefangenen eine Arbeits- und Tagesstruktur vermittelt. Neben den grundlegenden Kulturtechniken werden auch soziale Kompetenzen und Teamfähigkeit erlernt bzw. gefördert. Dadurch wurden bisher über 80 Gefangene auf Anschlussmaßnahmen vorbereitet, an denen diese jungen Männer sonst nicht teilnehmen könnten. Mit dem Anti-Aggressivitäts-Training (AAT) wird Tätern, deren Gewalt auf ungenügende Impulskontrolle zurückgeht, ein bedarfsgerechtes Angebot zur Verfügung gestellt. Das Training folgt der Konzeption des von der Fachstelle für Gewaltprävention angebotenen Trainings „cool bleiben . . . nicht nur in Schule und Job“ und umfasst insgesamt 20 Einzelsitzungen. Einem Großteil der Gefangenen , bei denen eine behandlungsbedürftige Gewaltproblematik festgestellt wurde, konnte über diese Maßnahme ein bedarfgerechtes Angebot gemacht werden. Seit 2010 wurden mehr als 50 Insassen zur Aufarbeitung ihrer Gewaltproblematik dieser Behandlungsmaßnahme zugewiesen, wodurch die Resozialisierungschancen der Insassen sowie der Schutz der Allgemeinheit vor Gewaltstraftaten verbessert wurden. Der jährliche Mittelbedarf für die Maßnahme „Step by Step“ liegt bei ca. 55 000 bis 60 000 ‡, der für das AAT bei ca. 20 000 bis 25 000 ‡. Im Übrigen evaluiert das Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung Bremen (IPOS) zurzeit umfassend die folgenden Kernbereiche des Handlungskonzepts „Stopp der Jugendgewalt“: — Strafunmündige – Kinderdevianz frühzeitig erkennen und Verfestigung abwenden , — Erst- und Episodentäter, — Schwellentäter, — Intensivtäter, — behördenübergreifende Fallkonferenzen. Das Funktionieren der ressort- und behördenübergreifenden Zusammenarbeit wird dabei besonders in den Blick genommen. Das IPOS soll den Evaluationsbericht bis Ende des Jahres 2014 vorlegen. — 7 — 3. Wie bewertet der Senat die Zusammenarbeit der Ressorts? Sind hierbei Probleme aufgetreten? a) Wenn ja, wie wurden diese Probleme gelöst? b) Falls die Probleme nicht gelöst wurden, bestehen bereits Konzepte zur Lösung dieser Probleme? Falls keine Konzepte bestehen, wie bewertet der Senat diesen Umstand? Die Zusammenarbeit der Ressorts auf Fachebene wird in Bremen von einer bereits langjährig bestehenden und bewährten Lenkungsgruppe Schule – Jugendhilfe – Inneres – Justiz koordiniert. Die Lenkungsgruppe berichtet fortlaufend einer Steuerungsgruppe, die die Staatsräte der beteiligten Ressorts bilden. Auftretende Fragestellungen und anstehende Probleme bei der Umsetzung des Konzepts werden mit Blick auf die erarbeiteten Zielstellungen in diesem Rahmen unter Berücksichtigung der jeweiligen gesetzlichen, organisatorischen, personellen und fiskalischen Rahmenbedingungen einvernehmlich gelöst. Daneben bestehen in den verschiedenen Arbeitszusammenhängen auf allen Ebenen und über den Einzelfall hinaus gegenseitige Kontakte, mit deren Hilfe auftretende Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit bearbeitet und gelöst werden . Die Zusammenarbeit der an der Umsetzung des Handlungskonzepts „Stopp der Jugendgewalt“ beteiligten Stellen wird zurzeit extern evaluiert (vergleiche Antwort auf die Frage 2, a. E.). Schon jetzt lässt sich sagen, dass sich die Arbeitskontakte auf der Grundlage des Handlungskonzepts deutlich intensiviert und positiv entwickelt haben. 4. Wie bewertet der Senat die Umsetzung der Kooperationsvereinbarung zwischen den senatorischen Behörden vom 20. April 2010? Ist die Erstellung einer externen speziell ausgewerteten und kommentierten Rückfallstatistik geplant? Wenn nein, warum nicht? Die an der Umsetzung des Schwellentäterkonzepts beteiligten Stellen setzen die vereinbarten bzw. die ihnen gesetzlich obliegenden Maßnahmen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten um. Mit dem Schwellentäterkonzept soll das Entstehen krimineller Karrieren verhindert werden. Es sieht sowohl sanktionierende als auch präventive Elemente vor. Besonders bei mehrfach auffälligen sowie bei jungen Menschen, denen besonders schwere Straftaten zur Last gelegt werden, sind die intensive Unterstützung und die verbindliche Dienstleistung durch die Jugendhilfe gefordert. Es handelt sich dabei nicht um eine „neue“ Zielgruppe, sondern um die originäre Klientel der Jugendhilfe. Mehrfach auffällige junge Menschen werden im Einzelfall nicht nur unter dem Aspekt der Straffälligkeit, sondern entsprechend dem Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe in ihrer gesamten Lebenslage betrachtet. Es ist insoweit unverändert zu berücksichtigen, dass erhebliches delinquentes Verhalten in umgekehrtem Sinne als Symptom auf dahinter liegende Schwierigkeiten und sozialstrukturelle Belastungsfaktoren hinweist.4) Eine gesonderte Rückfallstatistik wird in Bremen nicht geführt. Die Erstellung einer externen, speziell ausgewerteten und kommentierten Rückfallstatistik ist nicht geplant. Es wäre fraglich, ob eine solche Untersuchung zu Erkenntnissen führen würde, die über diejenigen hinausgehen, die aus einer im Jahre 2010 vorgelegten bundesweiten Untersuchung (vergleiche hierzu die Antwort auf Frage 14) hervorgehen. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die zurzeit laufende Evaluation des Handlungskonzepts durch das IPOS (vergleiche hierzu die Antwort auf Frage 2, a. E.) hinzuweisen. Der Senat verspricht sich durch den Ende 2014 vorzulegenden Evaluationsbericht des IPOS auch Rückschlüsse auf die Wirkung des Handlungskonzepts „Stopp der Jugendgewalt“. 5. Wie viele Straftaten wurden in den letzten fünf Jahren von den Schulen an die Staatsanwaltschaft gemeldet? Wie ist die Staatsanwaltschaft mit diesen Meldungen umgegangen? ––––––– 4) Wetzeis P., Brettfeld K. (2009 und 2012), „Gewalt und Delinquenzjunger Menschen in Bremen 2008 bis 2010“; „Normative Orientierungen Jugendlicher“; Dunkelfelduntersuchung in den 7. und 9. Jahrgangsklassen in Bremen und Bremerhaven im Rahmen des Handlungskonzeptes „Stopp der Jugendgewalt“. — 8 — Die zur Beantwortung dieser Frage erforderlichen Daten werden weder im Bildungsressort noch bei der Staatsanwaltschaft statistisch erfasst. Eine Beantwortung dieser Frage würde daher eine Einzelfallauswertung sämtlicher im abgefragten Zeitraum eingegangenen Vorgänge in den Bereichen der Staatsanwaltschaft Bremen erfordern, in denen Strafsachen gegen Jugendliche und Heranwachsende bearbeitet werden. Dies ist mit einem vertretbaren personellen Verwaltungsaufwand nicht zu leisten. Dokumentiert werden dagegen die Fälle, in denen es zur Einberufung des Ausschusses für schwere Ordnungsmaßnahmen bei der Senatorin für Bildung und Wissenschaft gekommen ist. Differenziert nach dem Anlass der Einberufung ergibt sich folgendes Bild: Schuljahr 2012/2013 Schuljahr Schuljahr Schuljahr Schuljahr (bis 5. Juni Anlass der Einberufung 2008/2009 2009/2010 2010/2011 2011/2012 2013) Sexuelle Belästigung 0 3 6 2 4 Waffenbesitz 1 6 2 4 0 Körperverletzung 9 17 11 8 7 Bedrohung von Lehrkräften 8 8 11 6 2 Diebstahl, Raub 4 5 3 2 1 Drogenmissbrauch 1 1 1 1 0 Ankündigung Amoklauf 1 1 1 0 2 Vandalismus 3 0 0 1 0 Verschiedenes 4 4 4 1 0 Ohne Nennung eines Grundes 4 3 1 3 2 Gesamt 35 48 40 28 18 In aller Regel wird eine Strafanzeige erstattet. 6. Wie schätzt der Senat die Wichtigkeit der Jugendgerichte und der Jugendstaatsanwaltschaft für die Umsetzung des senatorischen Handlungskonzepts „Stopp der Jugendgewalt“ ein, und welche weiteren Entwicklungsperspektiven sieht der Senat für dessen Umsetzung bei den Jugendgerichten und der Jugendstaatsanwaltschaft ? Eine effektive und zügige Strafverfolgung gehört zu den wichtigen Punkten des Handlungskonzepts „Stopp der Jugendgewalt“. Dementsprechend sind die Jugendstaatsanwaltschaft und die Jugendgerichte von großer Bedeutung für die Umsetzung des Konzepts. Die Strafverfolgungsorgane müssen deshalb ausreichend mit qualifiziertem Personal ausgestattet sein. Mit der Verstetigung der Personalverstärkungsmittel im Haushalt des Senators für Justiz und Verfassung ist hierfür eine wichtige Grundlage geschaffen. Der Senat strebt an, die vorhandene Personalausstattung in diesem wichtigen Bereich wie schon bisher zu halten . 7. Wie werden Referendarinnen und Referendare in Bremen im Umgang mit jugendtypischen Delikten ausgebildet, und wie wird bei der Stellenbesetzung der Jugendgerichte und in der Jugendstaatsanwaltschaft berücksichtigt, dass die „Richter bei den Jugendgerichten und die Jugendstaatsanwälte“ . . . „erzieherisch befähigt“ „und in der Jugenderziehung erfahren sein“ sollen (§ 37 JGG)? Bremischen Referendarinnen und Referendaren werden im strafrechtlichen Ausbildungslehrgang die praktischen Tätigkeiten bei Gericht und bei der Staatsanwaltschaft , vor allem in den Bereichen Anklage, Ablauf einer Hauptverhandlung , Ablauf des Sitzungsdienstes in der Staatsanwaltschaft, vermittelt. Im Rahmen dieser Ausbildung fließen die Besonderheiten des Jugendstrafrechts ein. — 9 — Referendarinnen und Referendare mit Neigung zum Jugendstrafrecht können als Zuweisungswunsch für ihre Station das Jugendgericht oder ein Jugenddezernat bei der Staatsanwaltschaft angeben. In den Ausbildungsrichtlinien für die Station beim Jugendgericht ist u. a. geregelt, dass die Referendarinnen und Referendare „unter Aufsicht ihres Ausbilders Ermahnungen in Jugendsachen und Vernehmungen durchführen, soweit dies bei der Ausbildungsstelle möglich ist“. Referendarinnen und Referendare werden während ihrer Ausbildung bei der Staatsanwaltschaft Bremen mit den Grundlagen staatsanwaltschaftlicher Tätigkeit vertraut gemacht. Hierbei werden auch Aspekte des Jugendstrafrechts berücksichtigt , soweit die Referendarinnen und Referendare in einfach gelagerten Sitzungen der Jugendgerichte beim Amtsgericht zur Sitzungsvertretung eingeteilt werden. Darüber hinaus werden die den Jugenddezernentinnen und Jugenddezernenten zugewiesenen Referendarinnen und Referendare vertieft in diesem Bereich ausgebildet. Nach § 37 JGG sollen die Richterinnen und Richter bei den Jugendgerichten und die Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein. Dazu trägt die Aus- und Fortbildung wesentlich bei (vergleiche dazu die Antwort auf die Frage 10). Wegen der personellen Fluktuation müssen in der Jugendabteilung der Staatsanwaltschaft neben langjährig erfahrenen auch jüngere Dezernentinnen und Dezernenten eingesetzt werden, die sich selbstverständlich während ihrer Tätigkeit für ihre Aufgaben weiter qualifizieren. Daneben erwerben sie im Rahmen ihrer Arbeit in der Jugendabteilung und im Kontakt mit erfahrenen Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälten, Jugendrichterinnen und Jugendrichtern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jugendhilfe weitere für ihre Arbeit erforderliche Kenntnisse auch in den Nebengebieten des Jugendstrafrechts . Die Eignung der Jugenddezernentinnen und Jugenddezernenten für ihre Tätigkeit unterliegt fortlaufender Überprüfung. 8. Wie lang war die mittlere, wie lang die durchschnittliche Verweildauer eines Verfahrens vom Eingang des vorläufigen Ermittlungsergebnisses der Polizei bis zur Entscheidung der Jugendstaatsanwaltschaft über die Anklageerhebung in den Jahren 2008 bis 2012? Die durchschnittliche Dauer der sämtlichen Ermittlungsverfahren vom Tag des Eingangs der Sache bis zur Erledigung bei der Jugendstaatsanwaltschaft konnte im Zeitraum von 2008 (1,8 Monate) bis 2012 (1,5 Monate) deutlich verkürzt werden. Das gilt auch für Verfahren, die mit Anklageerhebung abgeschlossen wurden (Verkürzung von 2,4 Monaten in 2008 auf 2,0 Monate in 2012). Das Ziel, mit zusätzlichem Personaleinsatz die Verfahren zu beschleunigen (vergleiche Antwort zu Frage 2), wird damit erreicht. Im Einzelnen hat sich die durchschnittliche Verfahrensdauer (in Monaten) wie folgt entwickelt: Jahr Sämtliche Verfahren Angeklagte Verfahren 2008 1,8 2,4 2009 1,5 2,1 2010 1,3 2,0 2011 1,5 2,1 2012 1,5 2,0 Im Gegensatz zum arithmetischen Mittel kann der statistische Zentralwert (Mediän ) nicht ohne Weiteres aus dem vorhandenen Datenmaterial abgeleitet werden . Erforderlich wäre eine Einzelaktenauswertung, die mit vertretbarem Aufwand nicht zu leisten ist. 9. Welche Kriterien spielen eine Rolle dafür, dass Richter und Richterinnen an den Jugendgerichten aus den Jugendgerichten bzw. Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte aus den Jugendabteilungen abgezogen werden, und wie viele Stellen waren davon in den vergangenen drei Jahren betroffen? Bei wie — 10 — vielen Richtern und Richterinnen an den Jugendgerichten bzw. Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälten betrug die Verweildauer in diesem Zeitraum weniger als ein Jahr, und bei wie vielen weniger als drei Jahre? Soweit in den letzten drei Jahren Richterinnen und Richter aus dem Amtsgericht Bremen – Jugendgericht – in andere Abteilungen gewechselt sind, kann in keinem Fall davon gesprochen werden, dass diese „abgezogen“ worden seien. Es lagen vielmehr eigene Wechselinteressen zugrunde. Lediglich in einem Fall hat ein Jugendrichter für einen Zeitraum von drei Monaten die Vertretung in einer anderen Abteilung des Amtsgerichts Bremen übernommen. Proberichter sind in den letzten drei Jahren im Jugendgericht des Amtsgerichts Bremen nicht tätig gewesen. Die Verweildauer bei dem Amtsgericht Bremen – Jugendgericht – lag in keinem Fall unter drei Jahren. Das Amtsgericht Bremerhaven ist bemüht, einen häufigen Wechsel der Richterinnen und Richter der Jugendabteilung möglichst zu vermeiden. Durch die Versetzung und Abordnung von Richterinnen und Richtern zu anderen Gerichten lassen sich personelle Änderungen aber nicht immer verhindern. Seit 2011 ist der Richtereinsatz konstant, 2010 war eine Vollzeitstelle konstant mit einem Richter besetzt, die Teilzeitstelle (0,5 Arbeitskraftanteile) war nacheinander mit drei verschiedenen Richtern besetzt, die jeweils weniger als ein Jahr als Jugendrichter tätig waren. Bei dem Amtsgericht Bremen-Blumenthal waren in den Jahren 2008 und 2009 insgesamt vier Proberichter jeweils weniger als drei Jahre mit Jugendsachen betraut. Die Jugendsachen werden seit 2010 von demselben Planrichter betreut. Bei den Jugendschöffensachen kam es zu einem Wechsel im Oktober 2010 mit dem Wechsel der Direktorin und der Übernahme auch des Jugendschöffendezernats durch den neu bestellten Direktor. Das Präsidium des Amtsgerichts Bremen-Blumenthal strebt personelle Kontinuität an. Dementsprechend sind seit 2010 dieselben zwei Dezernenten mit den Aufgaben des Jugend- und des Jugendschöffengerichts betraut und werden dies auch in den nächsten Jahren voraussichtlich sein. In den Jahren 2010 bis 2012 haben neun Dezernentinnen und Dezernenten die Jugendabteilung der Staatsanwaltschaft Bremen verlassen. Hiervon waren zwei länger als drei Jahre in der Jugendabteilung tätig und sieben weniger als drei Jahre, hiervon wiederum ein Dezernent nur wenig länger als ein Jahr. In zwei Fällen nahmen Dezernentinnen nach der Geburt ihres Kindes Elternzeit in Anspruch , ein Dezernent hatte ein Sabbatjahr und eine Dezernentin wurde an die Justizvollzugsanstalt Bremen als Leiterin der Teilanstalt Jugendvollzug abgeordnet . Im Übrigen beruhten die Wechsel auf der Personalfluktuation und der aktuellen Altersstruktur der Dezernentinnen und Dezernenten bei der Staatsanwaltschaft Bremen. Die Altersstruktur war geprägt von einem sehr hohen Anteil junger Dezernentinnen und Dezernenten, die sich zu einem großen Teil noch in der Probezeit befanden. Insoweit ist es erforderlich, dass Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in der Probezeit ihre Abteilung wenigstens einmal wechseln, damit sie ein breiteres Spektrum der staatsanwaltlichen Tätigkeit kennenlernen. 10. Welche Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen stehen den Richterinnen und Richtern an den Jugendgerichten und den Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälten zur Verfügung, und wie werden diese in ihrer besonderen Aufgabe begleitet? Welche speziellen Fortbildungsangebote nutzen sie, und wie wird sichergestellt, dass die Betroffenen eventuellen Fortbildungsverpflichtungen nachkommen? Die Richterinnen und Richter, Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte bilden sich regelmäßig fort. Sie haben u. a. die Möglichkeit, an Fortbildungsveranstaltungen der Deutschen Richterakademie in Trier und Wustrau teilzunehmen . Beispielhaft seien aus dem Programm der Deutschen Richterakademie die folgenden Tagungen genannt: — „Fachübergreifende Qualifizierung im Jugendstrafrecht, — „Jugendstrafrecht – Wirksame Konzepte zur Bekämpfung der Jugenddelinquenz , — „Recht, Gewalt, Aggression“, — „Jugendstrafrechtliche Entwicklungspsychologie“. — 11 — Der Senator für Justiz und Verfassung, die Behördenleiterinnen und Behördenleiter und die Gerichtspräsidentinnen und Gerichtspräsidenten unterstützen die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen nachhaltig. Die Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte nehmen darüber hinaus an Fortbildungsveranstaltungen teil, die in Niedersachsen angeboten werden. Den Richterinnen und Richtern des Jugendgerichts stehen neben den Angeboten der Deutschen Richterakademie zahlreiche andere, vor allem auch fachübergreifende , Weiter- und Fortbildungsangebote zur Verfügung, die sehr rege genutzt werden. Darüber hinaus ist zur Frage der Orientierung an den Anforderungen , die jugendrichterliche Tätigkeit mit sich bringt, zu ergänzen, dass in Bremen die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Jugendrichterinnen und Jugendrichter mit allen relevanten Trägern der Jugendkriminalrechtspflege schon von jeher hervorragend funktioniert. 11. In wie vielen Fällen wurde in den letzten fünf Jahren die Jugendhilfe im Strafverfahren eingebunden (absolute Zahlen und prozentual)? Die Jugendämter haben nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften (§ 52 SGB VIII, §§ 38 und 50 Absatz 3 Satz 2 JGG) im Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz mitzuwirken. Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe bringen die erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte im Verfahren vor den Jugendgerichten zur Geltung. Sie haben frühzeitig zu prüfen, ob für den Jugendlichen oder den jungen Volljährigen Leistungen der Jugendhilfe in Betracht kommen. Ist dies der Fall oder ist eine geeignete Leistung bereits eingeleitet oder gewährt worden, so hat das Jugendamt die Staatsanwaltschaft oder das Jugendgericht umgehend davon zu unterrichten, damit geprüft werden kann, ob diese Leistung ein Absehen von der Verfolgung (§ 45 JGG) oder eine Einstellung des Verfahrens (§ 47 JGG) ermöglicht. Im Jahr 2011 wurde die Jugendhilfe der Stadtgemeinde Bremen bei 1 887 angeklagten Jugendlichen bzw. Heranwachsenden, in 2012 in 1 790 Einzelfällen beteiligt . Statistische Erhebungen für die Vorjahre 2008 bis 2010 liegen dem Senat nicht vor. Ein Gesamttätigkeitsbericht über die Jugendhilfemitwirkung im Strafverfahren ist dem im Jugendhilfeausschuss am 4. Juni 2012 vorgelegten ausführlichen achten Controllingbericht der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen für das Jahr 2012 zu entnehmen. Die Fallzahlen für die Stadtgemeinde Bremerhaven werden detailliert aufgeschlüsselt in den Berichten des Amtes für Jugend, Familie und Frauen des Magistrats Bremerhaven dargestellt. 12. In wie vielen Fällen wurden in den letzten fünf Jahren die Erziehungsberechtigten in die Hauptverhandlungen bei den Jugendgerichten einbezogen, und wie oft erfolgte diese Einbeziehung durch Zwangsmaßnahme (jeweils absolut und prozentual)? Wie bewertet der Senat diese Entwicklung? Die Erziehungsberechtigten sind nach § 67 JGG grundsätzlich in allen Verfahren gegen Jugendliche einzubeziehen. Die Jugendgerichte des Landes Bremen halten sich an die gesetzlichen Vorgaben. Beispielsweise erhalten die Erziehungsberechtigten durch Übersendung der Anklageschrift rechtliches Gehör, sie werden zu den Hauptverhandlungs- oder Anhörungsterminen geladen, und sie werden selbstverständlich über die Durchsetzung von Zwangsmaßnahmen nach Vollzugsbeginn in Kenntnis gesetzt. Die Einbeziehung der Erziehungsberechtigten wird nicht generell mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt, sondern nur dann, wenn dies von den zuständigen Richterinnen und Richtern für erforderlich gehalten und angeordnet wird. Hierauf bezogene statistische Daten existieren nicht. 13. Bei wie vielen der erfassten Jugendlichen konnte mittels der in dem Konzept vorgesehenen Maßnahmen eine kriminelle Karriere vermieden werden? In wie vielen Fällen mittels der in dem Konzept vorgesehenen Maßnahmen eine kriminelle Karriere vermieden werden konnte, lässt sich nicht beziffern. Aus der Sicht des Senats ist entscheidend, dass eine Person nicht mehr straffällig wird und demzufolge aus der Schwellen- bzw. der Intensivtäterliste zu streichen ist. — 12 — Die Gründe hierfür können vielfältiger Natur sein. Maßnahmen der Jugendhilfe (z. B. Hilfen zur Erziehung) kommen hierfür ebenso in Betracht wie positive Einflüsse durch neue soziale Beziehungen, Wegfall problematischer Familienkonstellationen , Wiedereingliederung durch Tagesstrukturen (Schule, Ausbildung , Arbeitsplatz), Beendigung von Drogenabhängigkeit und Suchtmittelmissbrauch oder auch ein Ortswechsel. Die Controllingberichte zur Jugendhilfe im Strafverfahren erlauben qualifizierte Aussagen zum erfolgreichen Durchlaufen von Diversionsmaßnahmen der Jugendhilfeträger . Schließlich lassen sich manche delinquente junge Menschen durch den Vollzug eines Jugendarrestes oder einer Jugendstrafe so beeindrucken , dass sie strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung treten (vergleiche hierzu die Antwort auf Frage 14). 14. Wie schätzt der Senat die Rückfallzahlen im Bereich der jugendtypischen Delikte bei Anklage der Verfahren beim Jugendgericht und bei Einleitung von Diversionsmaßnahmen durch die Jugendstaatsanwaltschaft ein, und welches Datenmaterial liegt dem Senat dazu vor? Eine auf Bremen bezogene Untersuchung der Rückfallraten existiert nicht. Hinweise liefert aber die 2010 erschienene, auf einer Auswertung des Bundeszentralregisters beruhende bundesweite Rückfalluntersuchung von Jehle u. a., die die Jahrgänge 2004 bis 2007 umfasst.5) Danach bewähren sich knapp 60 % der nach dem Jugendgerichtsgesetz Sanktionierten innerhalb von drei Jahren, während im gleichen Zeitraum etwa 3 % zu einer unbedingten Jugend- oder Freiheitsstrafe verurteilt werden. Allerdings offenbaren sich extreme Unterschiede in den Rückfallraten, wenn man auf die Sanktion der Bezugsentscheidung abstellt : Am höchsten ist die Rückfallbelastung der nach einer verbüßten Jugendstrafe Entlassenen: 69 % werden erneut straffällig und 37 % zu einer Strafe ohne Bewährung verurteilt. Nach Verbüßung eines Jugendarrests werden 64 % erneut straffällig und 10 % zu einer unbedingten Strafe verurteilt. Nach einer ambulanten Diversionsmaßnahme machen sich 36 % erneut strafbar, und nur gut 1 % wird innerhalb von drei Jahren zu einer unbedingten Jugend- oder Freiheitsstrafe verurteilt. Anhaltspunkte dafür, dass die Rückfallraten in Bremen signifikant von den bundesweiten Werten abweichen, sind nicht ersichtlich. Der allgemeine Befund, dass die Rückfallrate nach ambulanten Maßnahmen der Jugendhilfe niedriger liegt als im Anschluss an einen stationären Freiheitsentzug , lässt sich in der Stadtgemeinde Bremen in Bezug auf das betreute Jugendwohnen als ambulante Maßnahme der Jugendhilfe explizit nachweisen.6) Dieser Erkenntnis folgend fließen die Schwerpunktmittel für die Kinder- und Jugendhilfe aus dem Handlungskonzept „Stopp der Jugendgewalt“ in ihrer Gesamtheit in die ambulanten und präventiven Hilfen. Die in den letzten Jahren erfolgte Intensivierung sowohl ambulanter als auch stationärer Hilfen zur Erziehung und der Ansatz der präventiven Hilfen hat aus Sicht des Senats maßgeblich zu dem in der Kriminalstatistik dokumentierten erheblichen Rückgang der erfassten Delinquenz junger Menschen beigetragen. Die vorliegenden Erkenntnisse sprechen für eine Fortschreibung der gezielten Ausrichtung der Hilfen und Unterstützungen an den konkreten und sich verändernden Erfordernissen junger Menschen. ––––––– 5) Jehle u. a.: Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen. Eine bundesweite Rückfall- untersuchung 2004 bis 2007. Berlin, 2010. Zurzeit wird eine aktuelle bundesweite Studie zur Legalbewährung erarbeitet, die aber noch nicht vorliegt. 6) 7. Controllingbericht der Jugendhilfe im Strafverfahren 2011. Druck: Anker-Druck Bremen