— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1090 (zu Drs. 18/1035) 15. 10. 13 Mitteilung des Senats vom 15. Oktober 2013 Besoldung von Richtern und Staatsanwälten im Land Bremen Die Fraktion der CDU hat unter Drucksache 18/1035 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet Der Senat beantwortet die vorgenante Große Anfrage wie folgt: 1. Wie hat sich die Anzahl der Richter bei den Gerichten im Land Bremen und der Staatsanwälte bei der Staatsanwaltschaft seit 2000 entwickelt, gegliedert nach Gerichtsbarkeit und Instanz? Die Entwicklung der Zahl der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte seit 2000 ergibt sich aus der nachfolgenden Übersicht . Die Zahlen sind aus den bundeseinheitlichen Erhebungen zur sogenannten Personalübersicht („PÜ“, hier: Personalverwendung) entnommen. 2000 2004 2008 2012 Oberlandesgericht 17,54 14,11 15,02 14,75 Landgericht 44,2 39,75 46,28 43,53 Amtsgerichte 83,08 78,33 75,33 70 Oberverwaltungsgericht*) 6,05 6 6,47 5,4 Verwaltungsgericht*) 22,3 18,38 18,28 14,76 Finanzgericht 6,31 5,75 4,88 4,32 Landessozialgericht**) 5 **) **) **) Sozialgericht*) 8,69 7,42 6,76 12,48 Landesarbeitsgericht**) k. A. k. A. 3,03 3,26 Arbeitsgericht**) k. A. k. A. 8,05 6,68 Generalstaatsanwaltschaft 4 3 3 3 Staatsanwaltschaft 38,61 41,69 44,56 40,26 Gesamt**) 235,78 214,43 231,66 218,44 *) Die Zuständigkeit für die sogenannten Hartz-IV-Verfahren ist zu Beginn des Jahres 2009 von der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf die Sozialgerichtsbarkeit übergegangen. **) Aus der Personalübersicht liegen für die folgenden Bereiche keine Zahlen vor: Arbeitsgerichtsbarkeit bis 2004, Landessozialgericht ab 2004 (Zweigstelle des LSG NiedersachsenBremen ). Die Gesamtzahlen der einzelnen Jahre sind daher nicht vergleichbar. 2. Wie hat sich die Anzahl der Richter und Staatsanwälte je 100 000 Einwohner im Land Bremen und im Vergleich dazu in den anderen Ländern nach Kenntnis des Senats seit 2000 entwickelt? Die folgende Übersicht stellt die Entwicklung der Zahl der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Relation zur Einwohner- — 2 — zahl im Land Bremen im Vergleich mit den anderen Bundesländern dar (Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 1): Richterinnen und Richter pro 100 000 Einwohner 2000 2004 2008 2012 Land Bremen*) 31,8 27,5 27,0 28,6 Durchschnitt der Bundesländer 24,8 24,2 23,9 24,4 Rang Bremen im Länderranking 14 13 13 13 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte pro 100.000 Einwohner 2000**) 2004 2008 2012 Land Bremen 5,9 6,7 7,6 7,0 Durchschnitt der Bundesländer 6,1 6,1 6,2 Rang Bremen im Länderranking 9 12 9 *) Die Zahlen der einzelnen Jahre sind aus den in der zweiten Fußnote zur Übersicht zu Frage 1 genannten Gründen nicht vergleichbar. **) Zahlen zum Ländervergleich der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte liegen erst ab 2004 vor. 3. Wie hat sich die Besoldung der Richter und Staatsanwälte seit 2000 im Land Bremen entwickelt? Das Grundgehalt der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte hat sich seit dem 31. Dezember 1999 im Land Bremen wie folgt entwickelt (Angaben in Monatsbeträgen): 31. Dezember 31. August 1999 2013 Differenz in % R 1 Anfangsgrundgehalt 2 846,89 ‡ 3 470,86 ‡ + 623,97 ‡ + 21,9 R 1 Endgrundgehalt 4 640,33 ‡ 5 633,11 ‡ + 992,78 ‡ + 21,4 R 2 Anfangsgrundgehalt 3 470,06 ‡ 4 222,18 ‡ + 752,12 ‡ + 21,7 R 2 Endgrundgehalt 5 064,37 ‡ 6 144,30 ‡ + 1 079,93 ‡ + 21,3 R 3 5 573,14 ‡ 6 757,72 ‡ + 1 184,58 ‡ + 21,3 R 4 5 900,60 ‡ 7 152,52 ‡ + 1 251,92 ‡ + 21,2 R 5 6 276,29 ‡ 7 605,46 ‡ + 1 329,17 ‡ + 21,2 R 6 6 631,07 ‡ 8 033,20 ‡ + 1 402,13 ‡ + 21,1 R 7 6 976,17 ‡ 8 449,27 ‡ + 1 473,10 ‡ + 21,1 R 8 7 335,88 ‡ 8 882,92 ‡ + 1 547,04 ‡ + 21,1 Zur Sonderzuwendung bzw. Sonderzahlung gilt Folgendes: Zum Stand 31. Dezember 1999 wurde ein Grundbetrag in Höhe von 89,79 % der nach dem Besoldungsrecht für den Monat Dezember maßgebenden Dienstbezüge gewährt (§§ 6 und 13 des Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung vom 15. Dezember 1998 BGBl. I S. 3642 – in Verbindung mit den Durchführungshinweisen des Bundesministeriums des Innern vom 29. September 1999 – Az.: D II – 221 670 – 13/1). Ab dem Jahr 2004 berechnete sich die Sonderzahlung nach den Vorschriften des Bremischen Sonderzahlungsgesetzes vom 11. Mai 2004 (Brem.GBl. S. 207). Nach § 2 des Bremischen Sonderzahlungsgesetzes erhielten Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte eine Sonderzahlung in Höhe von 40 % der für den Monat Dezember maßgebenden Dienstbezüge. Durch Artikel 3 des 11. Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2006 (Brem.GBl. S. 353) wurde das Bremische Sonderzahlungs- — 3 — gesetz mit Wirkung vom 1. Januar 2006 aufgehoben und die Gewährung einer Sonderzahlung nunmehr in § 10 des Bremischen Besoldungsgesetzes geregelt. Danach erhalten Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte neben ihren Dienstbezügen für den Monat Dezember für jedes Kind, für das ihnen in Bezug auf den Monat Dezember ein Familienzuschlag gewährt wird, eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 25,56 ‡. Eine darüber hinausgehende Sonderzahlung wird seit dem 1. Januar 2006 im Bereich der Besoldungsordnung R nicht mehr gewährt. 4. Auf wie viele Stunden bemisst sich die durchschnittliche zu leistende wöchentliche Arbeitszeit von Richtern und Staatsanwälten nach dem bundeseinheitlichen Personalbedarfssystem PEBB§Y, und wie hat sich der umgerechnete Stundenlohn für Richter und Staatsanwälte in der Besoldungsstufe R 1 (Eingangsstufe und Endstufe) seit 2000 entwickelt? Das Personalbedarfsberechnungssystem PEBB§Y dient nicht zur Ermittlung der Arbeitszeitverpflichtung der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Die Arbeitszeit der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte richtet sich nach der Bremischen Arbeitszeitverordnung (zurzeit 40 Stunden wöchentlich). Richterinnen und Richter können ihre Arbeitszeit aufgrund ihrer richterlichen Unabhängigkeit nach Artikel 97 Grundgesetz (GG) selbst gestalten . Die Frage kann aus diesen Gründen nicht beantwortet werden. 5. Inwiefern ist dem Senat bekannt, wie sich im Vergleich dazu die Einkommen von vergleichbar qualifizierten Juristen in der Rechtsanwaltschaft und in der Privatwirtschaft seit 2000 entwickelt haben? Dem Senat liegen keine konkreten Erkenntnisse darüber vor, welche Positionen in der Rechtsanwaltschaft und in der Privatwirtschaft mit Tätigkeiten von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten im Landesdienst vergleichbar sind. In dem von dem Deutschen Richterbund in Auftrag gegebenen Kienbaum-Gutachten vom 3. Juli 2008 ist die Gehaltsentwicklung bei Juristinnen und Juristen in der Privatwirtschaft und in Anwaltskanzleien untersucht worden. Dabei ist der Zeitraum von 1992 bis 2007 in Fünf-Jahres-Schritten untersucht worden. Danach lag die Bruttovergütung einer oder eines in einer Kanzlei angestellten Anwältin oder Anwalts im Jahr 2002 zwischen 51 000 ‡ Grundgehalt/54 000 ‡ Gesamtvergütung und 86 000 ‡ Grundgehalt/94 000 ‡ Gesamtvergütung und im Jahr 2007 zwischen 55 000 ‡ Grundgehalt/59 000 ‡ Gesamtvergütung und 93 000 ‡ Grundgehalt/101 000 ‡ Gesamtvergütung. Die Bruttovergütung juristischer Fachkräfte ohne Führungsverantwortung in Unternehmen der Privatwirtschaft lag im Jahr 2002 zwischen 40 000 ‡ Grundgehalt/42 000 ‡ Gesamtvergütung und 68 000 ‡ Grundgehalt/73 000 ‡ Gesamtvergütung und im Jahr 2007 zwischen 43 000 ‡ Grundgehalt/46 000 ‡ Gesamtvergütung und 70 000 ‡ Grundgehalt/79 000 ‡ Gesamtvergütung. Aus diesen Zahlen ergeben sich für den genannten Zeitraum Steigerungsraten zwischen 2,9 % und 9,5 %. Die Ergebnisse dieses Guachtens lassen sich für die Frage der amtsangemessenen Alimentation der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten (siehe dazu auch Antworten zu den Fragen 6 und 7) schon deshalb nicht unmittelbar heranziehen, weil in den angegebenen Bruttovergütungen von Juristinnen und Juristen in der Rechtsanwaltschaft und in der Privatwirtschaft insbesondere die auf die Alterssicherung entfallenden Abgaben nicht berücksichtigt werden konnten. Maßstab für die amtsangemessene Alimentation der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sind demgegenüber deren Nettoeinkommen. 6. Ist dem Senat die Studie der Europäischen Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) zur Lage der Justiz in den Mitgliedsstaaten des Europarats bekannt , und welche Schlüsse leitet der Senat aus dem Ergebnis der Studie, dass Deutschland bei der Besoldung der Richter und Staatsanwälte unter allen Mitgliedsstaaten des Europarats den letzten Platz belegt, wenn das Einkommen der Richter und Staatsanwälte am jeweiligen Durchschnittseinkommen gemessen wird, für das Besoldungssystem im Land Bremen ab? — 4 — Druck: Anker-Druck Bremen 7. Ist dem Senat die Resolution 1685/09 der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vom 30. September 2009 bekannt, in der Deutschland u. a. aufgefordert wird, die Besoldung der Richter und Staatsanwälte schrittweise zu erhöhen, und welche Schlüsse zieht der Senat aus dieser Resolution für das Besoldungssystem im Land Bremen? Welche Rolle spielte diese Resolution beim Gesetz zur Anpassung der Besoldungs- und Beamtenversorgungsbezüge 2013/2014 in der Freien Hansestadt Bremen? Die Besoldung der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte , für die die Gesetzgebungskompetenz im Rahmen der Föderalismusreform ab September 2006 auf die Länder übertragen worden ist, ist nach dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu bestimmen. Bei der amtsangemessenen Alimentation handelt es sich um einen anerkannten hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums gemäß Artikel 33 Abs. 5 GG. Dieser Grundsatz verlangt, dass ein angemessener Lebensunterhalt entsprechend der mit dem Amt verbundenen Verantwortung und der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse und des Lebensstandards zu gewähren ist. Maßgeblich hierfür ist grundsätzlich die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Für die Gehälter der Richter und Staatsanwälte im europäischen Ausland sind andere Kriterien von Bedeutung . Beispielsweise unterscheidet sich bereits die Art der Rekrutierung der Richter und Staatsanwälte im europäischen Ausland von derjenigen in Deutschland zum Teil grundlegend. Vor diesem Hintergrund sind aus der Studie der Europäischen Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) und der Resolution 1685/09 der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, die dem Senat bekannt sind, keine unmittelbaren Schlussfolgerungen abzuleiten. Die Resolution spielte daher auch im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Anpassung der Besoldungs- und Beamtenversorgungsbezüge 2013/2014 in der Freien Hansestadt Bremen keine Rolle. 8. Wie stellt sich der Senat die Gewinnung von qualifiziertem Personal vor, und was unternimmt er für die Motivation der Richter und Staatsanwälte, damit diese nicht in die Privatwirtschaft abwandern? Die Besetzung vakanter Stellen für Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten mit hoch qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern gelingt der bremischen Justiz bisher ohne Schwierigkeiten. Eine Abwanderung von Richterinnen, Richtern oder Staatsanwältinnen und Staatsanwälten in die Privatwirtschaft hat es in der Vergangenheit so gut wie nie gegeben . Der Senat ist überzeugt, dass es gelingt, die notwendige Attraktivität der bremischen Justiz auch weiterhin zu erhalten. Zur Motivation der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten dienen eine Reihe von Maßnahmen der Personalentwicklung. Hierzu gehört u. a. die systematische Begleitung und Unterstützung der neu eingestellten Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in der Probezeit einschließlich Informationen über die Möglichkeiten der beruflichen Entwicklung in der Justiz, aber auch die zielgerichtete Förderung lebens- und dienstälterer Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten (Möglichkeiten der Erprobungen, Transparenz bei der Besetzung von Beförderungsdienstposten, bei Interesse Einbindung in Führungsaufgaben usw.). Wie auch für alle anderen Bedienstetengruppen der bremischen Justiz legt der Senator für Justiz und Verfassung darüber hinaus besonderen Wert auf ein breites und attraktives Fortbildungsangebot für die Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Wie der in diesem Bereich erfreulicherweise besonders hohe Frauenanteil zeigt, waren die bisherigen Bemühungen um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie (flexible Teilzeit- und Arbeitszeitregelungen, Beurlaubungen usw.) erfolgreich. Diese Bemühungen werden auch weiterhin fortgesetzt.