— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1099 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 17. September 2013 Entwicklung der Häftlingsanzahl im Land Bremen Die Justizvollzugsanstalt Bremen (JVA) untersteht dem Justizressort und ist für den Strafvollzug des Landes Bremens verantwortlich. Der Strafvollzug wird im Land Bremen an drei Standorten, in Oslebshausen, Bremerhaven und Am Fuchsberg vollzogen . Die Häftlinge verbüßen dort beispielsweise ihre Freiheitsstrafe, Ersatzfreiheitsstrafe , Untersuchungshaft oder auch Ordnungshaft. Die JVA muss deshalb für die unterschiedlichen Häftlinge und Haftarten Gebäude und Personal vorhalten. Für eine zukunftssichere Planung einer JVA, der Anzahl der vorzuhaltenden Haftplätze und des Personals muss eine fundierte Analyse der zu erwartenden Häftlinge erfolgen. Dabei müssen sowohl die vergangene Entwicklung der Anzahl der Häftlinge und die Initiierung von Haftvermeidungsprogrammen berücksichtigt werden, wie die Entwicklung der Straftaten, die Schwere der Straftaten, die Aufklärungsquote und die Verurteilungen der Gerichte zu Freiheitsstrafen. Die Unterbringung eines Häftlings in einer JVA verursacht erhebliche Kosten, ein Hafttag in Bremen kostet ungefähr 110 ‡. Gerade in einem Haushaltsnotlageland wie der Freien Hansestadt Bremen liegt es daher auf den ersten flüchtigen Blick nahe, möglichst wenige Häftlinge in einer JVA unterzubringen. Dies kann beispielsweise durch Haftvermeidungsprogramme und vorzeitige Entlassungen gesteuert werden. Dem kann allerdings auch der Strafanspruch des Staates und der jeweiligen Opfer einer Straftat widersprechen. Wenn Straftäter nur aufgrund angestrebter Einsparungen nicht in einer JVA untergebracht werden, wird dieser Grundsatz verletzt. Um den Häftlingen eine straffreie Zukunft zu erleichtern, steht neben der Strafe vor allem die Resozialisierung im Strafvollzug im Vordergrund. Ist ein Straftäter nicht in einer JVA untergebracht und durchläuft nicht die Resozialisierungsmaßnahmen, wird ihm eine straffreie Zukunft wesentlich erschwert. Wir fragen den Senat: 1. Wie hat sich die durchschnittliche jährliche Anzahl der Häftlinge jeweils in den Standorten Oslebshausen, Bremerhaven und am Fuchsberg von 2008 bis heute entwickelt, und welche Gründe liegen für diese Entwicklung vor? Wie wird sich die Anzahl der Häftlinge voraussichtlich in den nächsten Jahren entwickeln? 2. Wie hat sich die Anzahl der Häftlinge in den anderen Ländern seit 2008 bis heute im Vergleich zu Bremen entwickelt? 3. Wer sind die Gefangenen (Herkunft, Alter), warum sind sie im Gefängnis (Schwere der Straftat, Dauer der Strafe bis zwei Jahre, zwei bis vier Jahre, fünf bis sieben Jahre, ab acht Jahren, Verbüßen einer Ersatzfreiheitsstrafe, Untersuchungshaft , Ordnungshaft), und in welchem Bereich sind sie untergebracht (geschlossener oder offener Vollzug)? 4. Wie hat sich die Anzahl der zur Verfügung stehenden Haftplätze in den drei Standorten jeweils seit 2008 bis heute entwickelt? Wie hoch war die durchschnittliche jährliche Auslastung der drei Standorte seit 2008 bis heute? 5. Wie viele Häftlinge, Sicherungsverwahrte und im Jugendarrest befindliche sind in welchen anderen Justizvollzugsanstalten außerhalb des Landes Bremen untergebracht ? — 2 — 6. Welchen konkreten Einfluss hat die Kündigung der Vollzugsgemeinschaft mit Niedersachsen zum Ende des Jahres 2012 auf die Anzahl der Häftlinge in den Justizvollzugsanstalten im Land Bremen, und welchen zukünftigen Einfluss wird diese voraussichtlich haben? 7. Wie viele Häftlinge wurden aufgrund der Kündigung der Vollzugsgemeinschaft aus Niedersachsen nach Bremen zurückgeholt? 8. Welchen Anteil an der Entwicklung der Anzahl der Häftlinge haben Haftvermeidungsprogramme , und welche Zielrichtungen und -vorgaben haben diese konkret? Inwiefern sind die Ziele der Haftvermeidungsprogramme schriftlich festgelegt worden? 9. Welche parlamentarische Beteiligung erfolgt bei der Initiierung der Haftvermeidungsprogramme ? 10. Wie haben sich im Vergleich zur Anzahl der Häftlinge die Anzahl der erfassten Straftaten, die Schwere der Straftaten und die Anzahl der aufgeklärten Taten im Rahmen der Polizeilichen Kriminalstatistik seit 2008 entwickelt? Welche Gründe sieht der Senat für diese Entwicklung? Inwiefern ist die Anzahl der Straftäter gesunken? Wilhelm Hinners, Silvia Neumeyer, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 22. Oktober 2013 Der Senator für Justiz und Verfassung beobachtet die bisherige Belegungsentwicklung und berücksichtigt prognostische Erwägungen im Rahmen der strategischen Planung eines inhaltlich und wirtschaftlich effektiven Strafvollzugs. Durch genaue Kenntnis der Entwicklung der Häftlingszahlen lassen sich vorausschauend Überoder Unterkapazitäten vermeiden. Weiterhin erfordern Veränderungen der Gefangenenstruktur , wie z. B. ein verändertes Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen , jungen und alten Gefangenen oder ein Anstieg der Drogen- und Gewaltkriminalität eine zeitige Anpassung von Maßnahmen bei der Vollzugsgestaltung und der Personalplanung. Insofern ist eine möglichst zuverlässige Belegungsprognose wünschenswert. Der Senator für Justiz und Verfassung vertraut insofern – basierend auf der bisherigen Entwicklung und unter Beachtung wichtiger Einflussfaktoren, wie etwa dem demografischen Wandel – weitgehend auf seine bisherigen positiven Erfahrungen mit einer fortlaufenden Trendfortschreibung. So ist z. B. der seit einigen Jahren auch in Bremen zu verzeichnende leichte Rückgang der Belegung noch in die laufende Sanierungsplanung der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bremen eingeflossen und die Planung entsprechend angepasst worden. Auch wenn er bestrebt ist, die Inhaftierung besonders im Bereich der drohenden Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden (siehe Frage 8), so geschieht das selbstverständlich nicht zur Steuerung der Belegungssituation der JVA, sondern aus rechtspolitischen Gründen. Eine Steuerung der Belegungssituation kann entgegen der Annahme in der Fragestellung auch nicht durch vorzeitige Entlassungen erfolgen, denn über die Frage einer vorzeitigen Entlassung haben einzig die Gerichte im konkreten Einzelfall im Rahmen ihrer richterlichen Unabhängigkeit zu entscheiden. Dies vorausgeschickt beantwortet der Senat die Anfrage wie folgt: 1. Wie hat sich die durchschnittliche jährliche Anzahl der Häftlinge jeweils in den Standorten Oslebshausen, Bremerhaven und Am Fuchsberg von 2008 bis heute entwickelt, und welche Gründe liegen für diese Entwicklung vor? Wie wird sich die Anzahl der Häftlinge voraussichtlich in den nächsten Jahren entwickeln? Die Jahresdurchschnittsbelegung für die oben genannten Bereiche ist der folgenden Tabelle zu entnehmen. Insgesamt ist die Anzahl der Häftlinge in Bremen in den letzten fünf Jahren leicht rückläufig (- 4,3 %) und hat sich gegenüber den Jahren 2002 bis 2007 (Durchschnittsbelegung zwischen 782 und 664 Gefangenen ) auf einem deutlich niedrigeren Niveau stabilisiert. Die Gründe für die Entwicklung in den vergangenen fünf Jahren sind – gerade auch in Anbetracht der nur geringen Veränderungen – nicht eindeutig zu benennen. Gesichert ist — 3 — die Erkenntnis, dass die Eingänge in Jugendsachen bei der Staatsanwaltschaft und den Amtsgerichten rückläufig sind. Daneben scheinen die unterschiedlichen Maßnahmen des Senators für Justiz zur Vermeidung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen, insbesondere die Intensivierung der Zusammenarbeit aller Beteiligten, zu wirken. Dies könnte den kontinuierlichen Rückgang der vollzogenen Ersatzfreiheitsstrafen von monatlich 66,92 Gefangenen im Jahr 2008 auf 58,3 Gefangene im Jahr 2012, jeweils im Jahresdurchschnitt, erklären. Wie sich die Anzahl der Häftlinge in den nächsten Jahren entwickeln wird, lässt sich nicht zuverlässig prognostizieren (siehe Vorbemerkung). Einen Anhaltspunkt gibt die bisherige, leicht rückläufige Entwicklung der letzten Jahre. Da Niedersachsen aufgrund der Kündigung der alten Vollzugsgemeinschaft im Jahr 2012 zukünftig grundsätzlich keine Gefangenen mehr in der JVA Bremen unterbringen wird, ist insgesamt auch in den kommenden Jahren eher mit einem leichten Rückgang der Gefangenenzahlen zu rechnen. Entwicklung des Gefangenenbestands (Jahresdurchschnittsbelegung) 2008 2009 2010 2011 2012 Geschlossener Vollzug 389 378 402 386 382 Offener Vollzug 58 60 66 69 71 Jugendvollzug 59 49 50 49 50 Frauenvollzug 30 33 29 32 28 Bremerhaven 89 87 74 74 67 Gesamt 625 607 621 610 598 2. Wie hat sich die Anzahl der Häftlinge in den anderen Ländern seit 2008 bis heute im Vergleich zu Bremen entwickelt? Die Belegungsentwicklung in den anderen Ländern ergibt sich aus folgender Übersicht. Zu beachten ist, dass es sich bei den aufgeführten Zahlen nicht um die jeweilige Jahresdurchschnittsbelegung, sondern um eine Stichtagserhebung handelt. Dabei werden die am Erhebungsstichtag (Monatsletzter, 24.00 Uhr) physisch anwesenden Häftlinge gezählt. Vorübergehend abwesende Personen, z. B. Hafturlauber, werden nicht zum aktuellen Bestand gerechnet: Bestand der Gefangenen und Verwahrten zum Stichtag 31. März 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Baden-Württemberg 8 013 7 726 7 599 7 363 7 082 6 805 Bayern 12 368 12 165 12 143 12 297 12 157 11 577 Berlin 5 079 5 197 4 942 4 650 4 125 3 779 Brandenburg 1 906 1 808 1 625 1 560 1 394 1 424 Bremen 652 592 651 593 508 544 Hamburg 2 066 1 923 1 806 1 720 1 553 1 562 Hessen 5 264 5 185 5 263 5 309 5 140 4 944 Mecklenburg-Vorpommern 1 449 1 426 1 451 1 407 1 337 1 246 Niedersachsen 6 392 6 222 5 853 5 731 5 298 4 823 Nordrhein-Westfalen 17 838 17 732 17 415 17 411 16 220 15 332 Rheinland-Pfalz 3 692 3 513 3 566 3 563 3 356 3 098 Saarland 795 823 845 840 860 797 Sachsen 3 710 3 632 3 489 3 555 3 534 3 511 Sachsen-Anhalt 2 312 2 249 2 152 2 026 1 958 1 898 Schleswig-Holstein 1 504 1 478 1 419 1 354 1 375 1 257 Thüringen 2 016 1 921 1 833 1 821 1 774 1 782 Deutschland gesamt 75 056 73 592 72 052 71 200 67 671 64 379 Quelle: Statistisches Bundesamt, Bestand der Gefangenen und Verwahrten in den deutschen Justizvollzugsanstalten jeweils zum Stichtag. — 4 — Alle Bundesländer bis auf eines verzeichnen demnach rückläufige Gefangenenzahlen in unterschiedlich starker Ausprägung. Die Entwicklung in Bremen entspricht somit dem bundesweiten Trend. 3. Wer sind die Gefangenen (Herkunft, Alter), warum sind sie im Gefängnis (Schwere der Straftat, Dauer der Strafe bis zwei Jahre, zwei bis vier Jahre, fünf bis sieben Jahre, ab acht Jahren, Verbüßen einer Ersatzfreiheitsstrafe, Untersuchungshaft , Ordnungshaft), und in welchem Bereich sind sie untergebracht (geschlossener oder offener Vollzug)? Zur Beantwortung der Frage wird auf die folgenden Tabellen verwiesen. Die Schwere der Straftat kann anhand des vorhandenen statistischen Zahlenmaterials nicht im Zusammenhang mit der Dauer der Strafe angegeben werden. Strafgefangene nach Altersgruppe sowie nach Art und Dauer des Vollzugs zum 31. März (Stichtag) Nach Nach Nach Alter Vollzugsart Vollzugsform Nach Dauer der Freiheitsstrafe GeFrei - schlos- Bis 25 25-40 Ab 40 heits- Jugend- Offener sener Bis 2 2 bis 5 5 bis 15 LebensJahre Jahre Jahre strafe strafe Vollzug Vollzug Jahre Jahre Jahre lang 2008 77 295 162 490 44 52 482 352 117 20 1 2009 78 285 165 493 35 84 444 356 108 29 0 2010 76 322 159 520 37 61 496 392 94 33 1 2011 83 301 144 484 44 77 451 357 101 26 0 2012 77 271 138 463 23 66 420 321 117 24 1 Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 4.1. Ausländische Gefangene einschließlich Staatenlose zum 31. März (Stichtag) 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Ausländer insgesamt 203 182 168 159 164 165 Davon in U-Haft 63 29 37 40 25 38 Zahl der Nationalitäten 46 37 36 33 41 38 Belegung nach Haftarten zum 31. März (Stichtag) 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Untersuchungshaftgefangene 122 73 102 81 67 81 Erwachsene Strafgefangene 490 486 504 464 400 417 Jugendstrafgefangene 38 31 43 45 40 44 Sonstige 2 2 2 3 1 2 Insgesamt 652 592 651 593 508 544 Ersatzfreiheitsstrafe zum 31. März (Stichtag) 2008 2009 2010 2011 2012 2013 78 77 83 61 47 53 Quelle: Statistisches Bundesamt, Bestand der Gefangenen und Verwahrten in den deutschen Justizvollzugsanstalten jeweils zum Stichtag. 4. Wie hat sich die Anzahl der zur Verfügung stehenden Haftplätze in den drei Standorten jeweils seit 2008 bis heute entwickelt? Wie hoch war die durchschnittliche jährliche Auslastung der drei Standorte seit 2008 bis heute? — 5 — Für den Standort Bremerhaven liegen keine gesonderten statistischen Daten vor. Es erfolgt aber eine statistische Erhebung für die Vollzugsformen geschlossener und offener Vollzug, die die Haftplätze aller drei Standorte umfasst. Die Kapazität des offenen Vollzugs wurde erweitert, während die Kapazitäten im geschlossenen Vollzug aufgrund der Sanierungsarbeiten an den Standorten Oslebshausen und Bremerhaven ab dem Jahr 2012 reduziert werden mussten. Die genaue Entwicklung der Anzahl der zur Verfügung stehenden Haftplätze und die durchschnittliche jährliche Auslastung sind den folgenden Tabellen zu entnehmen: Anzahl der zur Verfügung stehenden Haftplätze 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Geschlossener Vollzug 670 670 670 670 631 631 Offener Vollzug 78 78 78 78 93 93 Zusammen 748 748 748 748 724 724 Durchschnittliche jährliche Auslastung 2008 2009 2010 2011 2012 Geschlossener Vollzug 84,64 % 81,72 % 82,88 % 80,67 % 83,63 % Offener Vollzug 74,78 % 76,54% 84,40 % 88,46 % 75,81 % Zusammen 83,61 % 81,18 % 83,04 % 81,48 % 82,62 % 5. Wie viele Häftlinge, Sicherungsverwahrte und im Jugendarrest befindliche sind in welchen anderen Justizvollzugsanstalten außerhalb des Landes Bremen untergebracht ? Zum Stichtag 30. Juni 2013 waren 29 bremische Gefangene und sieben Jugendarrestanten in Niedersachsen untergebracht. Die in Niedersachsen untergebrachten Gefangenen sind entsprechend ihrer Haftart und dem niedersächsischen Vollstreckungsplan derzeit auf die Standorte Hameln, Celle, Hannover, Lingen, Oldenburg, Sehnde, Uelzen und Wolfenbüttel verteilt. Jugendarrest wird in der Jugendarrestanstalt Nienburg vollzogen, der Vollzug der Sicherungsverwahrung erfolgt in der JVA Rosdorf. 6. Welchen konkreten Einfluss hat die Kündigung der Vollzugsgemeinschaft mit Niedersachsen zum Ende des Jahres 2012 auf die Anzahl der Häftlinge in den Justizvollzugsanstalten im Land Bremen, und welchen zukünftigen Einfluss wird diese voraussichtlich haben? Auf Basis der zum 31. Dezember 2012 gekündigten Verwaltungsvereinbarung zur Bildung einer Vollzugsgemeinschaft waren in den vergangenen Jahren durchschnittlich zwischen 45 und 50 bremische Häftlinge in niedersächsischen Vollzugseinrichtungen untergebracht. Im Gegenzug wurden in den vergangenen Jahren durchschnittlich zwischen 40 und 50 niedersächsische Gefangene aus dem Bremer Umland im Hinblick auf eine heimatnahe Unterbringung in der JVA Bremen aufgenommen. Nach dem Auslaufen einer Übergangsphase mit dem Vollstreckungsende der derzeit noch in der JVA Bremen untergebrachten niedersächsischen Gefangenen wird Niedersachsen bis auf wenige Ausnahmen keine Gefangenen mehr in die JVA Bremen verlegen. Bremen verlegt bereits seit Mitte 2012 nur noch in den in der neuen Verwaltungsvereinbarung vorgesehenen Ausnahmefällen Gefangene nach Niedersachsen und wird durch die Rückholung von weiteren Gefangenen die Zahl der in Niedersachsen befindlichen bremischen Gefangenen weiter reduzieren. Daneben wird insbesondere die Errichtung der sozialtherapeutischen Abteilung in Bremen (20 Plätze) die Anzahl der in Niedersachsen untergebrachten Häftlinge dauerhaft verringern. Mittel- und langfristig ist durch die Kündigung der Vollzugsgemeinschaft voraussichtlich ein leichter Rückgang der Gefangenenzahlen zu erwarten. 7. Wie viele Häftlinge wurden aufgrund der Kündigung der Vollzugsgemeinschaft aus Niedersachsen nach Bremen zurückgeholt? — 6 — Bis zum 25. September 2013 wurden acht Gefangene, bei denen eine Verlegung aus vollzuglichen Gründen in Betracht kam, aus Niedersachsen zurückgeholt. Von einer Verlegung von Gefangenen, die von der neuen Verwaltungsvereinbarung nicht mehr umfasst sind, sich aber schon längere Zeit in Behandlungsmaßnahmen befinden, wurde abgesehen, um die Resozialisierung nicht zu gefährden . 8. Welchen Anteil an der Entwicklung der Anzahl der Häftlinge haben Haftvermeidungsprogramme , und welche Zielrichtungen und Vorgaben haben diese konkret? Inwiefern sind die Ziele der Haftvermeidungsprogramme schriftlich festgelegt worden? Der Anteil von Haftvermeidungsprogrammen an der Entwicklung der Anzahl der Häftlinge lässt sich nicht konkret beziffern. Der Senator für Justiz und Verfassung ist bestrebt, die Inhaftierung von straffälligen Menschen in geeignet erscheinenden Fällen zu vermeiden. Dies gilt z. B. in Fällen der Kleinkriminalität , in denen eine Verurteilung zu einer Geldstrafe erfolgt ist, die sich indes als uneinbringlich erweist, sodass die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe droht oder in Fällen, in denen ein Täter-Opfer-Ausgleich durchführbar erscheint. Soweit diese Tätigkeiten durch freie Träger wahrgenommen werden, sind die Zuwendungsbescheide des Senators für Justiz und Verfassung in der Regel mit Leistungsbeschreibungen versehen. In diesen wird auf Basis der Erfahrungswerte und Kennzahlen der vergangenen Jahre und in Abhängigkeit des finanzierten Personaleinsatzes, z. B. die Anzahl der zu bearbeitenden Fälle, die Anzahl der Gesprächskontakte und der Vermittlung in gemeinnützige Arbeit oder Ratenzahlung und der dadurch einzusparenden Hafttage vereinbart. Die freien Träger berichten dem Senator für Justiz und Verfassung quartalsweise, um die Zielvorgaben überprüfen und einen effizienten Mitteleinsatz gewährleisten zu können. Über die im Bereich der Vermeidung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen eingesparten Hafttage hat der Senat zuletzt anlässlich zweier Kleiner Anfragen, Drs. 17/1590 und Drs. 18/189, umfassend berichtet. 9. Welche parlamentarische Beteiligung erfolgt bei der Initiierung der Haftvermeidungsprogramme ? Die unterschiedlichen Maßnahmen zur Haftvermeidung sind regelmäßig Gegenstand der Berichterstattung des Senators für Justiz und Verfassung im Rechtsausschuss der Bremischen Bürgerschaft. So wurde allein in den Jahren 2012 und 2013 mehrfach und umfangreich über diverse Maßnahmen berichtet. In der achten Sitzung des Rechtsausschusses vom 14. März 2012 erfolgte eine Berichterstattung zum Konzept „Stopp der Jugendgewalt“, welches umfangreiche präventive Maßnahmen vorsieht. In der zehnten Sitzung vom 30. Mai 2012 wurde über den Fachtag zu Ersatzfreiheitsstrafen berichtet. In der elften Sitzung vom 4. Juli 2012 erfolgte ein umfassender Bericht zur Resozialisierung und zum Übergangsmanagement in der Freien Hansestadt Bremen. Wenn auch das Übergangsmanagement in seiner Gesamtheit kein Haftvermeidungsprogramm im engeren Sinne darstellt, so zielt es doch letztendlich ebenfalls auf die Vermeidung erneuter Inhaftierung ab. In der 21. Sitzung vom 12. Juni 2013 berichtete der Senator für Justiz und Verfassung über die Organisationen und Vereine, die sich in Bremen um Straffällige oder Strafentlassene kümmern und in der 22. Sitzung vom 21. August 2013 wurde erneut zum Thema Ersatzfreiheitsstrafe beraten. 10. Wie haben sich im Vergleich zur Anzahl der Häftlinge die Anzahl der erfassten Straftaten, die Schwere der Straftaten und die Anzahl der aufgeklärten Taten im Rahmen der Polizeilichen Kriminalstatistik seit 2008 entwickelt? Welche Gründe sieht der Senat für diese Entwicklung? Inwiefern ist die Anzahl der Straftäter gesunken? Vorab ist zu bemerken, dass es den Begriff „Schwere der Straftaten“ in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nicht gibt. Es wird davon ausgegangen, dass damit Straftaten gegen das Leben, die sexuelle Selbstbestimmung und Rohheitsdelikte (Raub, Körperverletzung, Nötigung etc., ohne einfache vorsätzliche Körperverletzung ) gemeint sind. Dies vorausgesetzt, ergibt sich folgende Entwicklung für: — 7 — a) Straftaten gesamt Die Fallzahlen der hier erfassten Straftaten sanken im Vergleichszeitraum von 94 703 auf 86 814 Fälle. Die aufgeklärten Fälle stiegen von 41 407 auf 43 477, hier ergibt sich eine Zunahme um 5,0 %. Damit stieg die Aufklärungsquote von 43,7 % auf 50,1 %. Die Anzahl der Tatverdächtigen sank von 28 617 auf 27 764. Der Rückgang der erfassten Straftaten um 8,3 % ist in den Rückgängen bei der Massenkriminalität, insbesondere bei Diebstahl an oder aus Kraftfahrzeugen und Fahrraddiebstahl, begründet. Der Rückgang der Tatverdächtigenzahlen um 3,0 % erklärt sich demgegenüber aus dem Rückgang der Fallzahlen bei erhöhter Aufklärungsquote. b) „schwere Straftaten“ nach oben genannter Definition Die Fallzahlen für „schwere Straftaten“ stiegen im Vergleichszeitraum von 5 800 auf 6 059 Fälle. Die aufgeklärten Fälle stiegen von 4 217 auf 4 493. Die Aufklärungsquote erhöhte sich von 72,7 % auf 74,2 %. Die Anzahl der Tatverdächtigen sank von 4 142 auf 4 064. Der Anstieg der Fallzahlen bei „schweren Straftaten“ ist insbesondere den steigenden Fallzahlen in den Deliktsbereichen der gefährlichen Körperverletzung geschuldet. Hier bewegt sich Bremen im Rahmen des Bundestrends. Druck: Anker-Druck Bremen