— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1100 Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 19. September 2013 Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse für Mädchen und Frauen mit Behinderungen Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse spielen auch für die Inklusion von Mädchen und Frauen mit Behinderungen eine wichtige Rolle. Zur Durchführung solcher Kurse müssen Multiplikatorinnen ausgebildet werden. Dabei können Sportverbände und -vereine wichtige Kooperationspartner sein. Die Notwendigkeit geschlechtergerechter Präventionsangebote für Mädchen zeigt sich nicht zuletzt mit Blick auf bekannt gewordene Übergriffe in Internaten, Einrichtungen und Vereinen. Frauen und Mädchen erleben in ihren Familien, in Einrichtungen oder von Menschen in ihrem Umfeld körperliche, sexuelle und psychische Gewalt. Dies betrifft in besonderer Weise Mädchen und Frauen mit Behinderungen. Gerade für sie ist es wichtig, frühzeitige Anzeichen von Gewalt erkennen und Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erlernen, um sich in bedrohlichen Situationen selbst schützen zu können. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Gibt es im Land Bremen Angebote und/oder Kurse zur Selbstbehauptung und Selbstverteidigung für Mädchen und Frauen mit Behinderungen? Wer sind gegebenenfalls die Anbieter, und welchen zeitlichen Umfang haben diese Angebote /Kurse? Welche Kosten entstehen den Teilnehmerinnen? 2. Über welche Qualifikation/Ausbildung sollten nach Meinung des Senats die Kursleitungen verfügen? 3. Sieht der Senat Möglichkeiten, Landessportbund (LSB) und Fachverbände zu unterstützen, damit sie geeignete Aus- und Fortbildungen für Übungsleiterinnen durchführen können? 4. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, Sportvereine bei entsprechenden Präventionsangeboten für Mädchen und Frauen mit Behinderungen über die bestehenden hinaus in welcher Form zu unterstützen bzw. zu initiieren? Welche Partner über den Sport hinaus können/sollten mit einbezogen werden? Sybille Böschen, Petra Krümpfer, Ingelore Rosenkötter, Margitta, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD D a z u Antwort des Senats vom 22. Oktober 2013 1. Gibt es im Land Bremen Angebote und/oder Kurse zur Selbstbehauptung und Selbstverteidigung für Mädchen und Frauen mit Behinderungen? Wer sind gegebenenfalls die Anbieter, und welchen zeitlichen Umfang haben diese Angebote /Kurse? Welche Kosten entstehen den Teilnehmerinnen? Zu dem der Frage zugrundeliegenden Thema Gewalt gegen Mädchen und Frauen mit Behinderung wurde von der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) und dem Bremischen Landesbehindertenbeauftragten im November 2012 die Fachveranstaltung „Gewalt — 2 — gegen Frauen und Männer mit Behinderung. Was können wir in Bremen dagegen tun?“ durchgeführt. Im Ergebnis sind hier Präventionsmaßnahmen erarbeitet worden, die im Hinblick auf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Rahmen der Erarbeitung des Bremischen Landesaktionsplans weiterverfolgt werden. Qualitativ und finanziell gesicherte gewaltpräventive Angebote in Form von Selbstbehauptung und Selbstverteidigung gehören dazu. Nach Kenntnis des Senats gibt es Selbstverteidigungskurse für Mädchen und Frauen im Land Bremen, vereinzelt auch für Mädchen und Frauen mit Behinderungen . Der Bremerhavener Karateverein „Nippon e. V.“ bietet Selbstverteidigungskurse für behinderte Menschen an. Diese richten sich an Mädchen und Jungen sowie Frauen und Männer. Sie werden also nicht geschlechtsspezifisch angeboten. Die Kurse finden regelmäßig statt. Der derzeitige monatliche Beitrag beträgt 16,50 ‡. Von einzelnen Wendo-Trainerinnen werden Kurse zur Selbstbestärkung, Selbstbehauptung und Selbstverteidigung für Mädchen und Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen angeboten. Wendo bedeutet „Weg der Frauen“. Es ist eine speziell für Frauen und Mädchen entwickelte Methode zur körperlichen und mentalen Selbstverteidigung. Die Kurse können an einem Wochenende mit zweimal fünf Stunden oder als fortlaufender Kurs mit ca. sechsmal zwei Stunden stattfinden. Die Kosten für Kursteilnehmerinnen sind nicht bekannt. Ob es weitere Anbieter im Bereich kommerzieller Kampfsportstudios in Bremen gibt, die entsprechende Kursangebote in ihrem Programm haben, ist dem Senat nicht bekannt. Vereinzelt bieten Träger (pro familia; Mädchenkulturhaus) Selbstbehauptungs -/Selbstverteidigungskurse für Mädchen und Frauen mit Behinderungen an. Eine Finanzierung ist gegebenenfalls sehr schwierig, da Teilnehmerinnen anfallende Kursgebühren oftmals nicht bezahlen können. 2. Über welche Qualifikation/Ausbildung sollten nach Meinung des Senats die Kursleitungen verfügen? Selbstbehauptung und Selbstverteidigung für Mädchen und Frauen ist mehr und anders als Sport. Über die Qualifikationen für präventive Angebote für Frauen und Mädchen allgemein hinaus müssen Trainerinnen, die Kurse für Mädchen und Frauen mit Behinderung anbieten, umfassend qualifiziert sein. Dazu gehört , sich mit der Lebenssituation von Mädchen und Frauen mit Behinderung auseinanderzusetzen, fachliche Grundkenntnisse zum Leben mit Behinderung zu haben, aber auch angemessene Rahmenbedingungen (barrierefreie Zugänglichkeit /Bereitstellung von Assistentinnen/Gebärdendolmetscherinnen) für die Angebote sicherzustellen. Speziell ausgearbeitete Qualitätsstandards für die Arbeit mit Mädchen und Frauen mit Behinderung gibt es noch nicht. Die Entwicklung entsprechender Qualitätsstandards ist anzustreben. Orientierungshilfe kann dabei das Bundesmodellprojekt „Projekt:SELBST. Stärkung des Selbstbewusstseins für behinderte Mädchen und Frauen“ sein. Dort werden Rahmenbedingungen und Curricula für die Ausbildung von Übungsleiterinnen beschrieben. Lernziel ist der Erwerb von fünf Kompetenzen: Handlungskompetenz, Fachkompetenz, Methodenkompetenz , Personalkompetenz und Sozialkompetenz. Das vom Senatsamt für die Gleichstellung der Freien und Hansestadt Hamburg geförderte Konzept der AG WenDo des Hamburger Netzwerks Mädchen und Frauen mit Behinderung kann darüber hinaus beispielgebend sein. 3. Sieht der Senat Möglichkeiten, Landessportbund (LSB) und Fachverbände zu unterstützen, damit sie geeignete Aus- und Fortbildungen für Übungsleiterinnen durchführen können? Der Landessportbund mit seinen Fachverbänden ist im Rahmen der Autonomie des Sports dem Grunde nach kompetent aufgestellt, um geeignete Aus- und Fortbildungen für Übungsleiterinnen anbieten zu können. Auch andere Anbieter (z. B. Wendo-Trainerinnen/Polizei) verfügen über eine Qualitätsentwicklung, die auch für dieses Aufgabenfeld je nach Interesse eingesetzt werden kann. Bei dem oben genannten Handlungsbedarf der Entwicklung von Konzepten und Curricula zu Qualitätsstandards für die Arbeit mit Mädchen und Frauen mit Behinderung , ist eine Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure aus den Bereichen Sport und Behinderung unterstützend. Es steht dem LSB und auch den — 3 — Druck: Anker-Druck Bremen Fachverbänden frei, die entsprechenden Sportförderanträge zu stellen. Im Rahmen der finanziellen Ressourcen unterstützt der Senat die Förderung geeigneter Aus- und Fortbildungen für Übungsleiterinnen. 4. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, Sportvereine bei entsprechenden Präventionsangeboten für Mädchen und Frauen mit Behinderungen über die bestehenden hinaus in welcher Form zu unterstützen bzw. zu initiieren? Welche Partner über den Sport hinaus können/sollten mit einbezogen werden? Über den Sport hinaus sollte bei der Entwicklung und Umsetzung von Präventionsmaßnahmen und Qualitätsstandards die Fachkompetenz der einschlägigen Beratungsstellen sowie des Landesbehindertenbeauftragten der Freien Hansestadt Bremen (LBB), der Interessenvertretungen behinderter Menschen und der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) einbezogen werden. Eine mögliche finanzielle Förderung der Angebote kann nur, wie in Bezug auf die erforderliche Unterstützung von Aus- und Fortbildungen unter Frage 3 dargestellt , im Rahmen der im Haushalt zur Verfügung stehenden Sportfördermittel erfolgen. Darüber hinaus kann über eine Klärung von Kostenübernahmen für teilnehmende Frauen und Mädchen die Angebotssituation der unterschiedlichen Träger deutlich verbessert werden.