— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1105 (zu Drs. 18/1064) 29. 10. 13 Mitteilung des Senats vom 29. Oktober 2013 Schaffung und Förderung von barrierefreiem Wohnraum in Bremen Die Fraktion der CDU hat unter Drucksache 18/1064 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: 1. Wie viele barrierefreie (nach Landesbauordnung [LBO]) und wie viele rollstuhlgerechte Wohnungen (gemäß DIN 18040-2) gibt es derzeit nach Kenntnis des Senats im Land Bremen, in welchen Stadtteilen befinden sie sich, und wie viele sind davon derzeit als Sozialwohnungen ausgewiesen (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtgemeinden, Stadtteilen und Wohnungsgrößen)? Rollstuhlgerechte und barrierefreie Wohnungen sind nur erfasst worden, soweit sie im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus gefördert wurden. Die Erfassung hat in der Stadtgemeinde Bremen ab 1990 begonnen, in der Stadtgemeinde Bremerhaven ab 2008. In der Stadtgemeinde Bremen wurden für den Zeitraum 1990 bis 2007 insgesamt 2 268 barrierefreie und 41 rollstuhlgerechte Wohnungen erfasst. Die Zahl der gebundenen Wohnungen wurde nicht gesondert erhoben . Frei finanzierte barrierefreie und rollstuhlgerechte Wohnungen sind statistisch nicht erfasst. Seit dem Wohnraumförderungsprogramm 2008 besteht im Rahmen des geförderten Wohnungsbaus die Verpflichtung, dass alle geförderten Wohnungen barrierefrei erreichbar und in ihrer Nutzung behindertenfreundlich sind. Im Rahmen der Vertiefung der Planung der geförderten Wohnungen wird sichergestellt , dass alle Wohnungen und nicht nur die eines Geschosses barrierefrei im Sinne der LBO sind. Diese Wohnungen sind mit Rollatoren und in der Regel auch mit kleinen Rollstühlen nutzbar. Rollstuhlgerechtigkeit im engeren Sinne nach DIN 18040-2 ist nach den Förderrichtlinien nicht vorgeschrieben. Die Bauherren sind aber bereit, Wohnungen dementsprechend herzurichten, wenn es einen konkreten Mietinteressenten gibt, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Dies vorausgeschickt gibt es im Land Bremen folgende barrierefreie und rollstuhlgerechte Wohnungen, die im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus gefördert wurden: Dazu sind folgende Anmerkungen zu machen: • In der Stadtgemeinde Bremen sind die barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnungen etwa gleichmäßig auf die Stadtbezirke verteilt. In der Stadtgemeinde Bremerhaven befinden sich die Wohnungen in den StadtumbauWest -Gebieten Wulsdorf, Lehe und Geestemünde. Programm- jahr Stadtgemeinde Bremen Stadtgemeinde Bremerhaven Gesamt-Land barrie- refrei roll- stuhl- gerecht gebun- den barrie- refrei roll- stuhl- gerecht noch gebun- den barrie- refrei roll- stuhl- gerecht gebun- den 2008-2010 83 26 77 82 16 74 165 42 151 — 2 — • Bei der Planung der geförderten Sozialwohnungen wird die Nachfrage nach bestimmten Wohnungsgrößen und die Wohnbedürfnisse der jeweiligen im Projekt vorgesehenen Nutzergruppen beachtet und berücksichtigt. Der überwiegende Teil der Wohnungen hat eine Größe zwischen rd. 45 m² bis 60 m² und ist für Ein- und Zwei-Personenhaushalte bestimmt. Eine rollstuhlgerechte Ein-Personenwohnung, die der DIN 18040-2 entspricht, hat eine Wohnungsgröße von ca. 60 m². 2. Wie viele der barrierefreien (nach LBO) und rollstuhlgerechten Wohnungen (gemäß DIN 18040-2) sind derzeit an Rollstuhlfahrer bzw. Menschen mit schweren Gehbehinderungen (Merkmal aG) vermietet (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtgemeinden , Wohnungsgrößen und Sozialwohnungsstatus)? Dazu gibt es keine statistischen Erhebungen. 3. Wie erfahren Rollstuhlfahrer bzw. Menschen mit schweren Gehbehinderungen bisher davon, dass barrierefreier bzw. rollstuhlgerechter Wohnraum frei wird, und wie stellt der Senat sicher, dass dieser vorrangig an diese Personengruppe vermietet wird? Die Vermittlung von sozialgebundenen, barrierefreien Wohnungen erfolgt über die Zentrale Fachstelle Wohnen (ZFW). Dazu können sich Menschen mit Behinderungen auf eine Warteliste setzen lassen. Wenn eine gebundene Wohnung frei wird, wird die ZFW vom Wohnungseigentümer informiert. Die ZFW informiert dann die Wohnungssuchenden, die auf der Warteliste für eine barrierefreie Wohnung stehen, und bietet ihnen die Wohnung an. Wenn die Wohnung den Anforderungen entspricht und von einem Wohnungssuchenden akzeptiert wird, macht die ZFW dem Vermieter einen Vorschlag zur Vermietung an einen bestimmten Wohnungssuchenden. Darüber hinaus hat die agWohnen in Zusammenarbeit mit dem Senator für Umwelt , Bau und Verkehr und der Senatorin für Soziales, Kinder und Frauen den Internetauftritt „http://www.barrierefrei-wohnen-bremen.de“ erarbeitet. Bei der agWohnen handelt es sich um einen Zusammenschluss von insgesamt 13 Wohnungsunternehmen im Land Bremen, darunter die GEWOBA, die BREBAU, die ESPABAU, die STÄWOG. Es gibt dabei eine enge Kooperation mit Haus & Grund, kom.fort e. V. sowie der Bremer Heimstiftung. Ziel des Portals ist es, insbesondere älteren und behinderten Menschen bei der Wohnungssuche in Bremen und Bremerhaven bis dato häufig fehlende Informationen zu geben. In dem Portal werden alten- und behindertengerechte Wohnungen angeboten und hinsichtlich ihres Barrierestandards konkret beschrieben , damit die Wohnungssuchenden bereits in den Wohnungsangeboten erkennen können, ob die Wohnungen ihren Anforderungen genügen. Außerdem sind in dem Internetportal weitere Informationen abrufbar, die bei der Wohnungssuche hilfreich sind. Das sind z. B. weitere Kontaktadressen, Merkblätter und Checklisten. 4. Plant der Senat für Rollstuhlfahrer bzw. Menschen mit schweren Gehbehinderungen ein Interessenbekundungsverfahren für entsprechende Wohnungen zu organisieren, damit diese langfristig planen können? In dem am 24. September 2013 vom Senat beschlossenen Zwischenergebnis des Bündnisses für Wohnen ist die Bereitstellung von barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnungen als wichtiges Handlungsfeld beschrieben worden. Im Rahmen der in der Antwort zu Frage 6 genannten weiteren Verabredungen wird auch untersucht werden, ob ein Interessenbekundungsverfahren für Rollstuhlfahrer bzw. Menschen mit schweren Gehbehinderungen eine geeignete Maßnahme ist, um den Bau bzw. die Modernisierung von geeigneten Wohnungen langfristig planen zu können. 5. Wie viele barrierefreie (nach Landesbauordnung [LBO]) und wie viele rollstuhlgerechte Wohnungen (gemäß DIN 18040-2) werden im Rahmen des schon vorgelegten Wohnungsbauprogramms des Senats entstehen, ab wann und wo stehen diese zur Verfügung, und wie stellt der Senat sicher, dass diese Wohnungen dann auch tatsächlich von der Zielgruppe angemietet werden können? Alle aus dem Wohnraumförderungsprogramm geförderten Wohnungen werden barrierefrei nach LBO sein. — 3 — Bisher (Stand 6. September 2013) wurden Förderanträge für 261 Wohnungen in 13 Gebäuden in der Stadtgemeinde Bremen und drei Wohngebäuden in der Stadtgemeinde Bremerhaven gestellt. Die ersten dieser Wohnungen werden im Jahr 2015 bezugsfertig sein. Die rollstuhlgerechten Wohnungen werden nach dem in der Antwort zu Frage 3 beschriebenen Verfahren vergeben. Die ordnungsgemäße Belegung dieser Wohnungen wird in der Stadtgemeinde Bremen durch den Senator für Umwelt, Bau und Verkehr (Referat Wohnungswesen ) überwacht. In der Stadtgemeinde Bremerhaven ist der Magistrat (Sozialamt ) zuständig. Die ordnungsgemäße Belegung wird dadurch sichergestellt, dass die Vermieter an die zuständige Stelle das Datum der Bezugsfertigkeit und jedes folgende Freiwerden von geförderten Wohnungen mitteilen müssen. Anschließend muss dort auch der neue Mieter benannt und für diesen der Wohnberechtigungsschein vorgelegt werden. Parallel wird stichprobenartig geprüft, ob der Vermieter seinen Meldepflichten nachgekommen ist. Sofern der Vermieter die Sozialwohnungen nicht ordnungsgemäß vermietet, stellt dies einen Verstoß gegen die Förderbedingungen dar, der durch die Festsetzung von Geldleistungen oder Bußgeldern geahndet wird (§§ 33, 52 des Wohnraumförderungsgesetzes ). Daneben kann die zuständige Stelle die Kündigung des nicht zweckentsprechenden Mietverhältnisses oder die Zahlung von laufenden Ausgleichszahlungen verlangen. Nach den Erfahrungen aus der Vergangenheit sind solche Verstöße eher selten zu beobachten. 6. Wie und durch wen werden die Belange von Menschen mit Behinderungen im Zuge der Verhandlungen des Bremer Bündnisses für Wohnen berücksichtigt, und hält der Senat diese Beteiligung für ausreichend? Es ist dem Senat ein wichtiges Anliegen, die Belange von Menschen mit Behinderungen in Zukunft bei der Wohnraumversorgung noch besser zu berücksichtigen . Aus diesem Grund ist der Landesbehindertenbeauftragte an dem Bündnis für Wohnen beteiligt worden. Die baulichen Anforderungen von Menschen mit Behinderungen wurden im Rahmen des Bündnisses für Wohnen in der Arbeitsgruppe „Kosten und Standards“ behandelt. Der Landesbehindertenbeauftragte war Mitglied dieser Arbeitsgruppe. Aufgrund der Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe herrscht im Bündnis für Wohnen Einigkeit darüber, dass Barrierefreiheit aufgrund der demografischen Entwicklung ein wichtiges Kriterium für die Vermarktung von Wohnungen sein wird. Aufgrund des am 24. September 2013 vom Senat beschlossenen Zwischenergebnisses des Bündnisses für Wohnen ist vorgesehen, noch weitere Verabredungen zu treffen, um den Bedarf an rollstuhlgerechten Wohnungen zu befriedigen . 7. Wurde im Rahmen des Bündnisses für Wohnen ein an den tatsächlichen und zukünftigen Bedarfen orientiertes Konzept zur Förderung und Planung des Baus von barrierefreien (gemäß LBO) und rollstuhlgerechten Wohnungen (gemäß DIN 18040-2) entwickelt, und wenn ja, wann wird dies den zuständigen Deputationen vorgelegt? In dem am 24. September 2013 vom Senat beschlossenen Zwischenergebnis des Bündnisses für Wohnen ist die Bereitstellung von barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnungen als wichtiges Handlungsfeld anerkannt worden. Im Rahmen der in der Antwort zu Frage 6 genannten weiteren Verabredungen wird auch untersucht werden, welche Konzepte unter Berücksichtigung der tatsächlichen Bedarfe entwickelt werden sollen. Programm- jahr Stadtgemeinde Bremen Stadtgemeinde Bremer- haven Gesamt-Land barrie- refrei roll- stuhl- gerecht ge- bun- den barrie- refrei roll- stuhl- gerecht ge- bun- den barrie- refrei roll- stuhl- gerecht ge- bun- den 2012-2013 177 45 222 37 2 39 214 47 261 — 4 — 8. Wie stellt der Senat bisher sicher, dass geplante und gebaute Wohnungen in Bremen flexibel nutzbar sind, und falls nötig, durch einfache Umbaumaßnahmen in rollstuhlgerechte Wohnungen (gemäß DIN 18040-2) umgewandelt werden können, und welche Maßnahmen plant er, um die derzeitige Situation zu verbessern ? Nach der Landesbauordnung (LBO, §§ 47 bis 50) gibt es für Mehrfamilienhäuser (Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen) zwingende Vorgaben zur Barrierefreiheit . Hier müssen mindestens die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. Bei diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad und die Küche oder Kochnische mit einem Rollstuhl zugänglich und nutzbar sein. Weitergehende Verpflichtungen enthält die LBO nicht. Insbesondere besteht keine Verpflichtung, Wohnungen so zu planen, dass sie in rollstuhlgerechte Wohnungen (gemäß DIN 18040-2) umgerüstet werden können. Im sozialen Wohnungsbau werden strengere Anforderungen gestellt. Hier müssen alle Wohnungen und nicht nur die eines Geschosses barrierefrei erreichbar und in ihrer Nutzung behindertenfreundlich in der Regel auch mit kleinen Rollstühlen nutzbar sein (siehe Antwort zu Frage 1). In dem am 24. September 2013 vom Senat beschlossenen Zwischenergebnis des Bündnisses für Wohnen ist die Bereitstellung von barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnungen als wichtiges Handlungsfeld anerkannt worden. Im Rahmen der in der Antwort zu Frage 6 genannten weiteren Verabredungen wird auch untersucht werden, ob weitere Maßnahmen oder Regelungen erforderlich sind, um geplante und gebaute Wohnungen in Bremen flexibel nutzbar zu machen bzw. die jetzige Situation zu verbessern. 9. Plant der Senat die nachträgliche rollstuhlgerechte Anpassung (gemäß DIN 18040-2) von bereits vorhandenen Wohnungen in das Förderprogramm zum sozialen Wohnungsbau mit aufzunehmen oder ein Modell zu entwickeln, wie diese oft umfangreichen Umbauten alternativ zu fördern sind, und wenn nein, warum nicht? Die nachträgliche rollstuhlgerechte Anpassung (gemäß DIN 18040-2) von bereits vorhandenen Wohnungen führt dazu, dass sich der Gebrauchswert der betreffenden Wohnung nachhaltig erhöht. Eine solche Maßnahme stellt daher eine Modernisierung dar und kann somit im Rahmen der laufenden Förderprogramme gefördert werden. Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr prüft bei jedem Antrag auf Gewährung einer Modernisierungsförderung, welche Maßnahmen zugunsten von Rollstuhlfahrern unter Berücksichtigung der baulichen Rahmenbedingungen möglich sind. Eine Förderung wird nur dann gewährt, wenn alle realisierbaren Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit getroffen werden . Zur Erleichterung der häuslichen Pflege und Aufrechterhaltung einer eigenständigen Lebensführung erbringen bei Pflegebedürftigkeit die Pflegekassen Zuschüsse von bis zu 2 557 ‡ zur Finanzierung von individuellen, das Wohnumfeld verbessernden Maßnahmen. Darüber hinaus können durch den Sozialhilfeträger ergänzende Leistungen für notwendige Wohnungsanpassungen im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) erbracht werden. Für behinderte Menschen mit einem Anspruch auf Rehabilitationsleistungen nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) können die zuständigen Rehabilitationsträger (z. B. Renten- oder Unfallversicherungsträger, Integrationsämter, Sozialhilfeträger) Leistungen zur Wohnungsanpassung erbringen . Diese Fördermaßnahmen können mit der Wohnraumförderung kombiniert werden. Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr empfiehlt den Bauherren und auch in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen, im Falle von Wohnungsanpassungen außerdem die Inanspruchnahme der Beratungsleistungen von „kom.fort e.v.“. Dadurch wird erreicht, dass eine auf den konkreten Nutzer ausgerichtete Wohnungsanpassung vorgenommen werden kann. 10. Bis wann plant der Senat die durch Beschluss der Bundesbauministerkonferenz geänderte Musterbauordnung und die konkreten technischen Anforderungen von DIN 18040-2 in die Bremer Landesbauordnung (BremLBO) aufzunehmen? — 5 — Die durch die Bauministerkonferenz beschlossenen Änderungen der Musterbauordnung (MBO) beziehen sich auch auf Vorschriften zum barrierefreien Bauen . Im Rahmen der Erarbeitung des Bremischen Aktionsplanes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention wird erörtert, ob abweichend von der MBO weitergehende Vorschriften zum barrierefreien Bauen in die Bremische Landesbauordnung aufgenommen werden sollen. Dies hätte gegebenenfalls auch Auswirkungen auf die Einführung der DIN-Vorschriften 18040 Teil 1 und 2 als technische Baubestimmungen, weil die DIN-Vorschriften der Konkretisierung der gesetzlichen Anforderungen dienen. Sie können deshalb – gegebenenfalls abweichend von der Muster-Liste der Technischen Baubestimmungen der Bauministerkonferenz – erst bauaufsichtlich eingeführt werden, nachdem die Bremische Landesbauordnung hinsichtlich der Anforderungen zum barrierefreien Bauen geändert worden ist. Dies kann unter Berücksichtigung der weiteren Erarbeitung zum Bremischen Aktionsplan zur UN-Behindertenrechtskonvention frühestens mit einer für das Jahr 2014 geplanten Novellierung der Bremischen Landesbauordnung erfolgen. Druck: Anker-Druck Bremen