— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1156 Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 1. Oktober 2013 Energetische Sanierung öffentlicher Gebäude Das Land Bremen strebt mit dem „Klimaschutz- und Energieprogramm 2020“ eine Senkung der CO 2 -Emissionen in Bremen bis zum Jahr 2020 um 40 % gegenüber dem Jahr 1990 an. Nach dem „Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050“ der Europäischen Union wird bis zum Jahr 2050 eine Emissionssenkung um bis zu 80 % angestrebt. Die Emissionen von Gebäuden sollen in diesem Zeitraum um 90 % gesenkt werden. Zum Erreichen dieser Ziele ist die konsequente Senkung des Energieverbrauchs, insbesondere öffentlicher Gebäude, eine notwendige Maßnahme. Ein wichtiges Element der Effizienzsteigerung öffentlicher Gebäude ist dabei die energetische Sanierung . Um die Kosten der auf Bremen zukommenden energetischen Sanierung von öffentlichen Gebäuden abschätzen und eine Priorisierung nach Dringlichkeitsgrad und Wirtschaftlichkeit vornehmen zu können, bedarf es allerdings einer Analyse des aktuellen Bestands. Wir fragen den Senat: 1. Wie viele öffentliche Gebäude mit welcher Gesamt-Bruttogeschossfläche (BGF) befinden sich jeweils im Bestand von a) Sondervermögen Infrastruktur und Technik (SVIT), in Verwaltung von Immobilien Bremen AöR, b) bremenports GmbH & Co. KG, c) Bremer Bäder GmbH, d) Wirtschaftsförderung Bremen GmbH – WFB, e) Bremer Theater Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG, f) BREPARK Bremer Parkraumbewirtschaftungs- und Management GmbH, g) Fischereihafen-Betriebsgesellschaft mbH, h) Gesundheit Nord Grundstücks GmbH & Co. KG, i) Universität und Hochschulen des Landes Bremen? 2. Wie viele öffentliche Gebäude mit welcher BGF befinden sich außerdem im Bestand des Landes oder der Stadt Bremen (bitte jeweils nach Trägern aufschlüsseln )? 3. Wie viele öffentliche Gebäude mit welcher Gesamt-BGF von jeweils welchem Träger entsprechen nicht aktuellen energetischen Standards (Energieeinsparverordnung [EnEV] in ihrer aktuellen Fassung? 4. Wie hoch sind die Kosten je m2 BGF für eine umfassende energetische Sanierung einzuschätzen? Welche Erfahrungen liegen hier aus den letzten Jahren vor? — 2 — 5. Welche durchschnittlichen Einsparungen könnten in den Bereichen Wärme und Strom durch eine energetische Sanierung bei den genannten Gebäuden erzielt werden, wenn der Standard EnEV - 30 % (gemäß Gebäuderichtlinie) bei einer Sanierung erreicht würde? 6. Unter welchen Bedingungen ist das Instrument „Contracting“ für die Durchführung von umfangreichen Sanierungsmaßnahmen in öffentlichen Gebäuden nutzbar? Dr. Anne Schierenbeck, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 19. November 2013 1. Wie viele öffentliche Gebäude mit welcher Gesamt-Bruttogeschossfläche (BGF) befinden sich jeweils im Bestand von a) Sondervermögen Infrastruktur und Technik (SVIT), in Verwaltung von Immobilien Bremen AöR, b) bremenports GmbH & Co. KG, c) Bremer Bäder GmbH, d) Wirtschaftsförderung Bremen GmbH – WFB, e) Bremer Theater Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG, f) BREPARK Bremer Parkraumbewirtschaftungs- und Management GmbH, g) Fischereihafen-Betriebsgesellschaft mbH, h) Gesundheit Nord Grundstücks GmbH & Co. KG, i) Universität und Hochschulen des Landes Bremen? Öffentliche Gebäude im Sinne der Fragestellung sind nach Auffassung des Senats Gebäude im Eigentum Bremens, die der breiten Öffentlichkeit zugänglich sind. Hierzu zählen nicht Betriebsgebäude und Gebäude, die für gewerbliche Zwecke vermietet sind. Die Antwort enthält daher die Gebäude, die von bremischen Verwaltungen, auch in der Rechtsform von Eigenbetrieben und Gesellschaften , genutzt werden. a) Das Sondervermögen Immobilien und Technik (SVIT) des Landes umfasst 110 Gebäude mit 209 672 m2 Bruttogeschossfläche (BGF); das SVIT der Stadtgemeinde Bremen umfasst 1 522 Gebäude mit einer BGF von 1 755 386 m2. Es handelt sich primär um die Schulen, Kindertagesstätten, Polizeireviere und Verwaltungsgebäude Bremens. b) Die bremenports GmbH & Co. KG verfügt über keinen eigenen Bestand an öffentlichen Gebäuden. c) Die Bremer Bäder GmbH hat in ihrem Bestand das Vitalbad mit rd. 6 000 m2 BGF; die übrigen Bäder mit rd. 52 000 m2 befinden sich im Teilbereich Bäder des SVIT der Stadtgemeinde Bremen. d) Die öffentlichen Gebäude der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) umfassen rd. 60 000 m2 BGF; der größte Gebäudekomplex im Bestand der WFB ist das Polizeipräsidium in der Vahr. e) Im Bestand der Bremer Theater Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG befinden sich die Theatergebäude mit rd. 33 000 m2 BGF. f) Der Gebäudebestand der BREPARK umfasst hauptsächlich die Parkhäuser, an die keine energetischen Anforderungen gestellt werden. Das von der BREPARK genutzte Bürogebäude mit Nebenflächen umfasst rd. 1 500 m2 BGF. g) Die Fischereihafen-Betriebsgesellschaft mbH (FBG) verfügt über keinen eigenen Bestand an öffentlichen Gebäuden; das Verwaltungsgebäude der FBG befindet sich im Sondervermögen Fischereihafen und hat eine BGF von rd. 1 350 m2. — 3 — h) Im Bestand der Gesundheit Nord Grundstücks GmbH & Co. KG befinden sich die 87 Gebäude der vier Kliniken mit einer BGF von rd. 406 000 m2. i) Die Universität und die Hochschulen in Bremen und Bremerhaven haben einen Bestand von 105 Gebäuden mit einer BGF von rd. 370 000 m2. 2. Wie viele öffentliche Gebäude mit welcher BGF befinden sich außerdem im Bestand des Landes oder der Stadt Bremen (bitte jeweils nach Trägern aufschlüsseln )? Neben den bereits genannten Gebäudeflächen gibt es bei einzelnen Eigenbetrieben Bremens (z. B. Performa Nord, Werkstatt Bremen, Umweltbetrieb Bremen ) weitere eigene Gebäude mit einer BGF von etwa 40 000 m2. Vielfach sind die bremischen Behörden, Eigenbetriebe und Gesellschaften in angemieteten Gebäuden untergebracht. 3. Wie viele öffentliche Gebäude mit welcher Gesamt-BGF von jeweils welchem Träger entsprechen nicht aktuellen energetischen Standards (Energieeinsparverordnung [EnEV] in ihrer aktuellen Fassung? Bei den seit 2010 geplanten und durchgeführten Gebäudesanierungen und Neubauten der SVIT wurden die von der aktuellen EnEV 2009 vorgegebenen Standards eingehalten. Nicht dem EnEV-Standard unterworfen sind aber alle relativ kleinen Gebäude, wie beispielsweise Garagen und Schuppen. Unter Abzug dieser nicht anzupassenden Gebäude wären im SVIT, das die Mehrzahl der öffentlichen Gebäude umfasst, etwa 1 500 Gebäude für den Standard von Relevanz . Die aktuellen Baumaßnahmen seit Inkrafttreten der EnEV 2009 fanden und finden an geschätzt etwa 10 vom Hundert des Bestands statt, sodass im Umkehrschluss rd. 90 vom Hundert des Bestands nicht den aktuellen Standards entsprechen . Außerdem ist zu berücksichtigen, dass nur die wegen eines Reparaturbedarfs zu erneuernden Bauteile und nicht die kompletten Gebäude an den Standard angepasst werden. Bei den oben genannten Beständen der Hochschulen , Krankenhäuser, Gesellschaften und Betriebe wird unterstellt, dass der dort gegebene Standard ähnlich wie in den SVIT einzuschätzen ist, sie also ganz überwiegend nicht dem aktuellen Standard entsprechen. Dies entspricht den Verhältnissen, wie sie auch in anderen Städten vorzufinden sind. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Nichteinhaltung der neueren Standards nicht gleichbedeutend mit einem Sanierungsbedarf ist; die Standards sind nur in den Fällen maßgebend, in denen eine Sanierung von reparaturbedürftigen Gebäuden oder Gebäudeteilen vorgenommen wird. Nachrüstungsverpflichtungen ergeben sich aus der EnEV nur in seltenen Ausnahmefällen. Eine flächendeckende Verwirklichung neuer Standards ist somit weder gesetzlich gefordert noch wäre sie darstellbar. Da die Verhältnisse in den einzelnen Gebäuden sehr unterschiedlich sind und der jeweilige energetische Standard nicht flächendeckend erfasst worden ist, kann eine konkrete Benennung zu einzelnen Gebäuden und Trägern mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden. 4. Wie hoch sind die Kosten je m2 BGF für eine umfassende energetische Sanierung einzuschätzen? Welche Erfahrungen liegen hier aus den letzten Jahren vor? Über die Kosten einer umfassenden energetischen Sanierung stehen dem Senat keine Informationen zur Verfügung, weil deren Kosten nicht separat erfasst werden . Für die Gebäudesanierung einschließlich der energetischen Sanierung sind nach den Erfahrungen der letzten Jahre je nach Bautyp zwischen 1 225 und 1 900 ‡ je m2 BGF anzusetzen. Im Durchschnitt ist mit rd. 1 500 ‡ je m2 BGF zu rechnen. 5. Welche durchschnittlichen Einsparungen könnten in den Bereichen Wärme und Strom durch eine energetische Sanierung bei den genannten Gebäuden erzielt werden, wenn der Standard EnEV - 30 % (gemäß Gebäuderichtlinie) bei einer Sanierung erreicht würde? Zu den Sanierungen nach dem aktuellen Standard der bremischen Energierichtlinie aus dem Jahre 2009 liegen noch keine belastbaren Erfahrungswerte — 4 — über die Verbräuche vor, aus denen der Umfang der Verbrauchsreduzierung ableitbar wäre. Nach umfassenden Sanierungen, die in den letzten zehn Jahren durchgeführt wurden, sind Heizenergieeinsparungen für die jeweiligen Objekte zwischen 30 vom Hundert und 55 vom Hundert nachweisbar. Die damaligen Sanierungen entsprachen noch nicht den heutigen Standards. Daraus lässt sich folgern, dass bei Durchführung von Sanierungen zum heutigen Standard Heizenergieeinsparungen im Bereich zwischen 40 vom Hundert und 60 vom Hundert, im Mittel ca. 50 vom Hundert, erreichbar sind. Zu den Einsparpotenzialen im Stromverbrauch sind keine allgemeingültigen Aussagen möglich. Die Gebäudesanierungen der letzten Jahre waren häufig verbunden mit Nutzungsänderungen an den Gebäuden (Ganztagsschulen, Kücheneinbauten ), die oft zu einer Erhöhung des Stromverbrauchs führen und durch Effizienzsteigerungen nicht kompensiert werden können. Dies entspricht auch den Erfahrungen, die in anderen Bundesländern gemacht wurden. 6. Unter welchen Bedingungen ist das Instrument „Contracting“ für die Durchführung von umfangreichen Sanierungsmaßnahmen in öffentlichen Gebäuden nutzbar? Beim Energiesparcontracting werden die Investitionen des Contractors aus den Energieeinsparungen refinanziert. Im Rahmen von Contracting können deshalb grundsätzlich nur Maßnahmen realisiert werden, die innerhalb der Vertragslaufzeit von zehn bis zwölf Jahren rentabel sind. Dies ist erreichbar bei Erneuerungen von Teilen der Anlagentechnik wie Heizung, Lüftung und Beleuchtung sowie der Mess-, Steuerungs- und Regeltechnik. Bei den bislang von Bremen beauftragten Contractingprojekten wurden von den Contractoren Investitionen von rd. 12 ‡ bis 25 ‡ je m2 getätigt. Maßnahmen an der Gebäudehülle zur Verbesserung des Wärmeschutzes haben deutlich längere Amortisationszeiten und lassen sich in der Regel nicht im Rahmen von Contracting realisieren. Die parallele Umsetzung eigener baulicher energetischer Maßnahmen bzw. die Umsetzung von eigenen Sanierungsmaßnahmen bei Projekten, die gleichzeitig für ein Contracting mit einem Dritten vorgesehen sind, führt unter Umständen zu Problemen bei der korrekten Zuordnung der energiesparenden Effekte zu den einzelnen Bausteinen. Hier bedarf es einer vertieften Planung und Abstimmung mit dem Investor. Hierzu liegen dem Senat zurzeit noch keine Erfahrungswerte vor. Im Zuge der Umsetzung der nach den aktuellen Haushaltsentwürfen des Senats in den Jahren 2014 und 2015 zusätzlich zur Verfügung stehenden Mittel für energetische Maßnahmen ist deren Einsatz u. a. auch als Ergänzung von Contractingprojekten vorgesehen, sodass daraus erstmalig und modellhaft Maßnahmen der baulichen Sanierung mit Energiesparcontracting kombiniert werden. Außerdem sollen diese Mittel auch für Projekte eingesetzt werden, die für ein Contracting aufgrund ihrer geringen Dimension nicht infrage kommen. Zu berücksichtigen ist, dass es nicht sinnvoll ist, bei energetischen Gesamtsanierungen die anlagentechnischer Teile mit ihrem vergleichsweise geringen Investitionsanteil als Contracting abzutrennen, weil dann der dem Contracting zuzurechnende Teil der Energiekostenersparnis zu gering wäre, um noch attraktiv für Investoren zu sein. Erfolgreicher ist ein Contractingverfahren für die Anlagentechnik dagegen z. B. bei Gebäuden, die aufgrund ihres Denkmalschutzes (z. B. Haus des Reichs) keine Komplettsanierung einschließlich der Gebäudehülle erlauben. Welcher Weg geeigneter ist, muss im konkreten Einzelfall entschieden werden. Zu diesem Thema wird in Baden-Württemberg zurzeit ein erstes Pilotprojekt durchgeführt. Druck: Anker-Druck Bremen