— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1230 Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 6. November 2013 Anzahl an Duldungen im Land Bremen In den vergangenen Jahren ist die Anzahl der Menschen, die mit dem unsicheren Aufenthaltsstatus einer Duldung in Bremen leben mussten, kontinuierlich zurückgegangen und hat sich von Ende 2006 bis Ende 2012 um über 50 % auf 1 481 Personen reduziert. Gegenwärtig steigen in Deutschland die Flüchtlingszahlen, so auch in Bremen . Es ist zu befürchten, dass bei unveränderter Flüchtlingspolitik der Bundesregierung daher auch die Zahl der Duldungen wieder zunehmen wird. Der Überführung sogenannter Kettenduldungen in Aufenthaltserlaubnisse kommt vor diesem Hintergrund weiterhin hohe Bedeutung zu. Wir fragen den Senat: 1. In welchem Maße wurde das erklärte Ziel der bremischen Integrationspolitik, die sogenannten Kettenduldungen in Aufenthaltserlaubnisse zu überführen, bisher umgesetzt, und wie ist der gegenwärtige Stand? 2. Wie hat sich die Zahl der Duldungen seit Januar 2013 monatlich entwickelt, und aus welchen Herkunftsländern kommen die geduldeten Flüchtlinge (bitte nach Geschlecht differenzieren)? 3. Wie viele Aufenthaltsgestattungen wurden an Personen in laufenden Asylverfahren seit Januar 2013 monatlich erteilt, und aus welchen Herkunftsländern kommen diese Asylsuchenden (bitte nach Geschlecht differenzieren)? 4. Von welcher Prognose ist für das Jahr 2014 hinsichtlich der zahlenmäßigen Entwicklung derjenigen Menschen auszugehen, die mit unsicherem Aufenthaltsstatus im Bundesland Bremen leben? 5. Wie hat sich seit April 2012 die Zahl der passlosen Migrantinnen und Migranten im Land Bremen entwickelt, und welche Perspektive haben diese Menschen für eine Verbesserung ihrer Integrationschancen, z. B. durch Erteilen von Ausweisersatzpapieren ? 6. Welche Bedeutung für die Integrationschancen misst der Senat einem sicheren Aufenthaltsstatus generell zu, und welche Maßnahmen sind in Planung bzw. beabsichtigt, um Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus eine Perspektive der Integration zu eröffnen? Dr. Zahra Mohammadzadeh, Björn Fecker, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 14. Januar 2014 Vorbemerkung Sofern bei der Beantwortung einzelner Fragen darauf verwiesen wird, dass eine bestimmte statistische Erfassung nicht erfolgt, ist festzustellen, dass eine Ermittlung der abgefragten Daten nur durch eine Einzelfallprüfung mit einem nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand erfolgen könnte. — 2 — 1. In welchem Maße wurde das erklärte Ziel der bremischen Integrationspolitik, die sogenannten Kettenduldungen in Aufenthaltserlaubnisse zu überführen, bisher umgesetzt, und wie ist der gegenwärtige Stand? Ausgehend von einer hohen Anzahl von Duldungen in der Freien Hansestadt Bremen (per 31. Dezember 2007: 3 013, davon 1 778 männlich, 1 235 weiblich) ist es gelungen, die Anzahl bis zum 31. Dezember 2012 um 50,8 % (1 481, davon 939 männlich, 542 weiblich) zu reduzieren.1) Aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen ist die Anzahl der Duldungen seit Beginn des Jahres bis zum Stichtag 30. September 2013 auf 1 656 Duldungen (davon 1 081 männlich, 575 weiblich) im Land Bremen gestiegen. Die Duldungszahlen konnten erheblich durch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen – überwiegend aus humanitären Gründen – reduziert werden. Im Jahr 2013 wurden bis zum 30. September 2013 insgesamt 268 Aufenthaltserlaubnisse an Personen erteilt, die bisher im Besitz einer Duldung waren. Per 31. Oktober 2013 sind insgesamt folgende Personen im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen: Aufenthaltserlaubnis Freie Hansestadt Davon Davon nach Bremen männlich weiblich § 25 Abs. 5 AufenthG 1 632 830 802 § 25a AufenthG 93 44 49 2. Wie hat sich die Zahl der Duldungen seit Januar 2013 monatlich entwickelt, und aus welchen Herkunftsländern kommen die geduldeten Flüchtlinge (bitte nach Geschlecht differenzieren)? Die Anzahl der erteilten Duldungen betrug zum jeweiligen Quartalsende des Jahres 2013: Davon Davon Anzahl Duldungen Land Bremen männlich2) weiblich Per 31. März 2013 1 490 946 544 Per 30. Juni 2013 1 616 1 034 582 Per 30. September 2013 1 656 1 081 575 Die zehn Hauptherkunftsländer der in der Freien Hansestadt Bremen geduldeten Personen per 30. September 2013 laut Ausländerzentralregister (AZR) sind: Land Gesamt Männlich Weiblich Unbekannt Türkei 301 208 92 1 Serbien (sowie ehemaliges Serbien und Serbien und Montenegro) 268 129 138 1 Kosovo*) 91 49 42 Mazedonien 76 39 37 Guinea 72 70 2 Ghana 51 25 25 1 Montenegro 47 29 18 Russ. Föderation 46 26 20 Libanon 45 38 7 Syrien 41 23 18 Summe 1 038 636 399 3 Insgesamt sind 83 Herkunftsstaaten vertreten. ––––––– 1) Auf Basis AZR-Daten errechnet. 2) Auf Basis AZR-Daten errechnet. *) Mit kosovarischer Staatsangehörigkeit werden nur diejenigen Personen erfasst, die diese Staatsangehörigkeit mit einem kosovarischen Pass (ab 2008) nachgewiesen haben. — 3 — 3. Wie viele Aufenthaltsgestattungen wurden an Personen in laufenden Asylverfahren seit Januar 2013 monatlich erteilt, und aus welchen Herkunftsländern kommen diese Asylsuchenden (bitte nach Geschlecht differenzieren)? Aus der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für das Berichtsjahr 2013 (per 31. Oktober 2013) ergeben sich folgende Hauptherkunftsländer der Asylsuchenden in der Freien Hansestadt Bremen. Dies entspricht der Anzahl der 2013 erstmals erteilten Gestattungen. Eine geschlechtsspezifische Differenzierung erfolgt durch das BAMF nicht. 2013 erstmals erteilte Herkunftsland Aufenthaltsgestattungen Syrien, Arabische Republik 239 Russische Föderation 174 Mazedonien 98 Iranische Islamische Republik 89 Serbien 89 Afghanistan 80 Irak 67 Türkei 34 Kosovo 30 Ägypten 23 Summe der zehn stärksten Herkunftsländer 923 Summe der Anträge gesamt 992 4. Von welcher Prognose ist für das Jahr 2014 hinsichtlich der zahlenmäßigen Entwicklung derjenigen Menschen auszugehen, die mit unsicherem Aufenthaltsstatus im Bundesland Bremen leben? Der Senat der Freien Hansestadt Bremen geht davon aus, dass im Jahr 2014 ca. 1 500 Personen sowie 180 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Bremen und Bremerhaven einreisen werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat von Januar bis Oktober 2013 bundesweit über 65 184 Anträge entschieden. Die Gesamtschutzquote lag bei 26,6 %, 38,5 % der Anträge wurden abgelehnt, 34,9 % der Verfahren erledigten sich auf sonstige Weise, z. B. wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß Dublin-Verordnung. Das BAMF entscheidet damit derzeit aufgrund geringer Personalkapazitäten über erheblich weniger Anträge als gestellt werden. Wie sich diese Kapazitäten im nächsten Jahr entwickeln werden, ist nicht bekannt. Die Bundesländer haben den Bund bereits mehrfach aufgefordert, die Kapazitäten zu erhöhen. Eine verlässliche Prognose über die Anzahl derjenigen, die das Asylverfahren erfolglos durchlaufen werden und nach Abschluss dessen zur Ausreise verpflichtet sind, können deshalb nicht gemacht werden. Ebenso wenig können Angaben dazu gemacht werden, wie viele dieser Personen freiwillig ausreisen, da diese nicht erfasst werden können. Die Personen, die keinen Schutz erhalten haben und nicht freiwillig ausreisen, können häufig aus verschiedenen Gründen (z. B. Passlosigkeit, Duldung entsprechend IMK-Regelung oder Erlass, Krankheit) nicht zurückgeführt werden können. Der Anstieg der Asylantragstellerinnen und Asylantragsteller führt folglich zum Anstieg der Duldungszahlen. 5. Wie hat sich seit April 2012 die Zahl der passlosen Migrantinnen und Migranten im Land Bremen entwickelt, und welche Perspektive haben diese Menschen für eine Verbesserung ihrer Integrationschancen, z. B. durch Erteilen von Ausweisersatzpapieren ? — 4 — Am Ende des jeweiligen Quartals war folgende Anzahl geduldeter Personen nicht im Besitz eines Nationalpasses: IV/2011 I/2012 II/2012 III/2012 IV/2012 I/2013 II/2013 III/2013 918 906 867 752 685 689 761 744 Eine geschlechtsspezifische Erfassung erfolgt nicht. Die Integrationsmöglichkeiten für Migrantinnen und Migranten verbessern sich maßgeblich mit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Der Besitz eines Passes ist dabei eine Regelvoraussetzung für die Erteilung einer solchen Erlaubnis. Das Absehen von dieser Passpflicht ist bei der Entscheidung über die Erteilung nur eine von mehreren Prüfungen. Das Aufenthaltsgesetz und die Aufenthaltsverordnung bestimmen im Grundsatz, dass das Absehen von der Passpflicht und die Ausstellung eines Ausweisersatzpapiers nur in Betracht kommen, wenn ein Pass nicht auf zumutbare Weise erlangt werden kann. Für Migrantinnen und Migranten, die ein humanitäres Aufenthaltsrecht erhalten sollen, gelten abweichende Regelungen. So wird z. B. bei Asylberechtigten, anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten generell von der Passpflicht abgesehen. Für geduldete Personen, denen wegen eines langfristigen Ausreisehindernisses eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, kann von der Passpflicht abgesehen werden. Der Senator für Inneres und Sport hat mit Erlass vom 27. Juni 2012 Regelungen herausgegeben, die zum einen die zumutbaren Anforderungen für die Betroffenen definieren und zum anderen die Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörden stärkt. In der Praxis hat sich gezeigt, dass das Prüfverfahren transparenter geworden ist, dadurch die gegenseitige Verlässlichkeit zugenommen hat und Entscheidungen schneller getroffen werden. Diese positiven Effekte beschleunigen insbesondere die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Sinn einer nachhaltigen Integration. 6. Welche Bedeutung für die Integrationschancen misst der Senat einem sicheren Aufenthaltsstatus generell zu, und welche Maßnahmen sind in Planung bzw. beabsichtigt, um Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus eine Perspektive der Integration zu eröffnen? Ein Aufenthaltstitel vermittelt einen rechtmäßigen Aufenthaltsstatus, der den Betroffenen eine langfristige Aufenthaltsperspektive bietet und damit konkrete Integrationsmöglichkeiten eröffnet. Geduldete Migrantinnen und Migranten sollten nach Auffassung des Senats in ihren Integrationsbemühungen möglichst früh unterstützt werden. Auch wenn nicht alle Betroffenen langfristig in Deutschland werden bleiben können, kommen dem Abbau nicht mehr zeitgemäßer bürokratischer Hürden und der Erweiterung von Zugangsmöglichkeiten zu Integrationsmaßnahmen wichtige Rollen zu. Der Senat setzt sich daher dafür ein, dass auch Geduldeten und Asylbegehrenden Zugang zu den Sprachkursmodulen des Integrationskurses erhalten , die räumliche Beschränkung für diesen Personenkreis entfällt und das Arbeitsverbot von neun bzw. zwölf Monaten aufgehoben wird. Druck: Anker-Druck Bremen