— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1246 Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 10. Dezember 2013 Pentagon-Projekt – Aufklärung ist nötig Von Forschungsaufträgen des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums profitieren in Deutschland 22 Hochschulen und weitere Forschungseinrichtungen, so die Rechercheergebnisse des Norddeutschen Rundfunks und der Süddeutschen Zeitung. Auch die Universität Bremen ist offenbar unter den Hochschulen, die Forschungsmittel erhalten haben. Entsprechend der Zivilklausel „. . . lehnt (sie) jede Beteiligung von Wissenschaft und Forschung mit militärischer Nutzung bzw. Zielsetzung ab und fordert die Mitglieder der Universität auf Forschungsthemen und -mittel abzulehnen , die Rüstungszwecken dienen können . . .“. Deshalb stellt sich bei diesem Projekt die Frage, ob es mit der Zivilklausel vereinbar ist. Gleichzeitig beinhaltet die Zivilklausel ein Transparenzgebot, in dem es heißt: „Forschungsthemen und -mittel, die Rüstungsforschung dienen könnten, sind öffentlich zu diskutieren und gegebenenfalls zurückzuweisen“. Wir fragen den Senat: 1. Welche Kenntnisse hat der Senat über Inhalt und Zielsetzung des aktuellen Forschungsprojekts und gegebenenfalls dessen Vorläuferprojekte? Welche Laufzeiten hatten diese Projekte? In welcher Höhe wurden bzw. werden sie vom amerikanischen Verteidigungsministerium finanziert? Welche anderen Geldgeber beteiligen sich in welcher Höhe an der Finanzierung? 2. Welche Kenntnisse hat der Senat darüber, ob und wann dieses Forschungsprojekt und gegebenenfalls seine Vorläuferprojekte den Universitätsgremien bekannt waren? Wenn ja, welchen? Wie wurden sie dort bewertet? 3. Hält der Senat dieses Projekt und gegebenenfalls seine Vorläuferprojekte vereinbar mit der Zivilklausel der Universität? Falls ja, wie begründet er das? 4. Welche Kenntnisse hat der Senat über das Ergebnis der im Jahr 2012 stattgefundenen universitätsinternen Überprüfung aller Drittmittelprojekte aus den letzten zehn Jahren im Bezug auf ihre Relevanz auf die Zivilklausel? Wie viele Projekte waren in Bezug auf die Zivilklausel bedenklich, wie lautete jeweils das Forschungsthema, wer waren die Geldgeber, und in welcher Höhe wurden sie finanziert (bitte Projekte entsprechend auflisten)? Silvia Schön, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 28. Januar 2014 1. Welche Kenntnisse hat der Senat über Inhalt und Zielsetzung des aktuellen Forschungsprojekts und gegebenenfalls dessen Vorläuferprojekte? Welche Laufzeiten hatten diese Projekte? In welcher Höhe wurden bzw. werden sie vom amerikanischen Verteidigungsministerium finanziert? Welche anderen Geldgeber beteiligen sich in welcher Höhe an der Finanzierung? — 2 — Das sogenannte Pentagon-Projekt ist Teil eines Forschungsprojekts, das von 2009 bis 2013 realisiert wurde. Die wissenschaftliche Bewertung des Projekts ist Sache der Universität. Nach deren Angaben handelt es sich bei dem Projekt um reine Grundlagenforschung. Inhaltlich geht es dabei um die grundsätzliche Bestimmung von Metallemissionen in der oberen Atmosphäre in 70 bis 140 km Höhe und die Inversion der Menge des Meteoritenstaubes, der in die obere Atmosphäre eindringt. Ziel des Projektes ist es, die Wechselwirkung zwischen Meteoritenstaub, der Sonne und der oberen Atmosphäre besser zu verstehen . Dies ist Grundlage des Verständnisses des globalen Klimageschehens. Die im Rahmen des Forschungsprojekts erforderlichen Messungen erfolgten mittels des europäischen Umweltsatelliten Envisat, konkret mit einem Instrument des Satelliten namens Sciamachy. Vertragspartner für dieses Teilprojekt mit dem Namen „Investigation of Mesopheric Emission Signals from Sciamachy Limb Mesasurements“ war für das Jahr 2012 das amerikanische Department of Defense und für das Jahr 2011 das Department of the Air Force. In den Jahren 2011 und 2012 wurden jeweils 40 000 US$ (rund 29 420 ‡) zur Verfügung gestellt, die für die Finanzierung einer Doktorandenstelle genutzt wurden. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit sind im Internet (http://d-nb.info/986506168/ about/html) öffentlich zugänglich und in den Fachzeitschriften „Atmospheric Chemistry and Physics“ (Volume 8, Page 1963), „Journal of Geophysical research: Atmospheres“ (Volume 113, D13303) und „Atmospheric Measurement Techniques “ (Volume 7, Page 29) veröffentlicht. 2. Welche Kenntnisse hat der Senat darüber, ob und wann dieses Forschungsprojekt und gegebenenfalls seine Vorläuferprojekte den Universitätsgremien bekannt waren? Wenn ja, welchen? Wie wurden sie dort bewertet? Das Projekt ist den Universitätsgremien nicht bekannt gemacht worden. Da es sich um Grundlagenforschung handelte, ergab sich nach Auffassung der Universität keine Notwendigkeit für ein Prüfverfahren nach der Zivilklausel. Das neue Verfahren zum Umgang mit Projekten, die Zweifel an der Vereinbarkeit mit der Zivilklausel der Universität aufkommen lassen können, wurde erst am 21. August 2012 und mithin nach der Projektbewilligung in Kraft gesetzt. 3. Hält der Senat dieses Projekt und gegebenenfalls seine Vorläuferprojekte vereinbar mit der Zivilklausel der Universität? Falls ja, wie begründet er das? Nach geltendem Recht ist es Sache der Universität, die Vereinbarkeit mit der Zivilklausel der Universität zu prüfen. Es liegen keine Erkenntnisse vor, die einen Verstoß gegen die Zivilklausel durch die Durchführung dieses Projektes nahe legen würden. 4. Welche Kenntnisse hat der Senat über das Ergebnis der im Jahr 2012 stattgefundenen universitätsinternen Überprüfung aller Drittmittelprojekte aus den letzten zehn Jahren in Bezug auf ihre Relevanz auf die Zivilklausel? Wie viele Projekte waren in Bezug auf die Zivilklausel bedenklich, wie lautete jeweils das Forschungsthema, wer waren die Geldgeber, und in welcher Höhe wurden sie finanziert (bitte Projekte entsprechend auflisten)? Im Zeitraum von 2003 bis 2011 wurden 4 370 Projekte an der Universität durchgeführt . Eine vollständige Überprüfung war der Universität aufgrund der Projektmenge und einer bislang nicht vorhandenen vollständigen Drittmitteldatenbank nicht möglich. Es wurde eine Recherche der FuE-Verträge mit einem Volumen von mehr als 20 000 ‡ für den genannten Zeitraum durchgeführt. Dabei wurden insgesamt elf Projekte mit einem Volumen zwischen 20 400 ‡ und 742 846,27 ‡ mit Relevanz für die Zivilklausel ausgemacht. Das Gesamtvolumen dieser Projekte beträgt für die neun Jahre rund 1,858 Mio. ‡. Es handelt sich dabei um die nachfolgend aufgelisteten Projekte. — 3 — Titel/Projektname Firma Finanzvolumen Förderzeitraum Validierung von Systemanfor- AIRBUS 250 903,00 ‡ 2003 bis 2007 derungen und automatische Diagnose für Systemtests IGS-Migration-Technik – Un- ASTRIUM 75 000,00 ‡ 2008 terstützung bei der Migration des IGS von ATM- auf MPLSTechnologie Development test on thermal EADS Space Transp 71 000,00 ‡ 2005 bis 2008 sindeterin und Implementation of optical diagnostics Untersuchung zur Systemleis- ASTRIUM 54 000,00 ‡ 2007 bis 2011 tung alternativer Nutzlastkonzepte für LISA Vorbereitung Mission Gas- ASTRIUM 293 199,44 ‡ 2010 bis 2012 sensorensystem zur Detektion mikrobieller Belastung (Russisches Segment der Internationalen Raumstation) Ariane 5 Slice 10 step 2 – Ctech EADS Space Transp 742 846,27 ‡ 2003 bis 2012 – Technologien für kryogene widerstandsfähige Oberstufen GMES Office Bremen Global ASTRIUM 87 598,50 ‡ 2006 bis 2008 Monitoring for Environment and Security GMES Office Bremen Global OHB 87 398,50 ‡ 2006 bis 2008 Monitoring for Environment and Security Studie zum Thema „Schützen- Rheinmetall 20.400,00 ‡ 2009 detektion“/Bewertung der Komponenten Technologieentwicklungen für ASTRIUM 37.337,00 ‡ 2008 UV_VIS_NIR Atmosphären Chemie Sensoren auf geostationären Missionen KABTEC INKA „K21 Modu- AIRBUS 138 000,00 ‡ 2007 bis 2009 lares Frachtladesystem Drahtlose Funkfernsteuerung für elektrische Frachtladesysteme Druck: Anker-Druck Bremen