— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 130 Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 12. Oktober 2011 Einsatz von Spionagesoftware in Bremen Am 8. Oktober 2011 veröffentlichte der Chaos Computer Club den Quellcode und den Funktionsumfang eines Schadprogramms, das exekutive Stellen zur Ausspähung und Kontrolle von privaten oder betrieblichen Rechnern einsetzen können. Das Programm ermöglicht nicht nur die Überwachung von Kommunikation, sondern erlaubt einen Vollzugriff auf den Rechner des von der Überwachungsmaßnahme Betroffenen. Dies würde gegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes aus seinem Urteil zur Vertraulichkeit telekommunikativer Systeme und zur Gewährleistung der persönlichen Integrität verstoßen und den Rahmen der eng gefassten sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung massiv überschreiten. Das Bundesinnenministerium erklärte, dass es sich bei der bekannt gewordenen Software nicht um den sogenannten Bundestrojaner nach § 20 BKAG handelte, ließ allerdings offen, ob und inwieweit andere deutsche Ermittlungsbehörden die Überwachungssoftware eingesetzt haben könnten und verwies darüber hinaus auf die Zuständigkeit der Justiz- und Sicherheitsbehörden der Länder, die jeweils selbst für die Einhaltung technischer und rechtlicher Vorgaben verantwortlich seien. Eine ganze Reihe von Landesregierungen gibt mittlerweile den Einsatz der verfassungswidrigen Spionagesoftware zu. Wir fragen den Senat: 1. Verfügen bremische Behörden, insbesondere Staatsanwaltschaften, Landeskriminalamt oder das Landesamt für den Verfassungsschutz über eine Überwachungssoftware , die es ermöglicht, einmal auf einen privaten Rechner installiert , über den infiltrierten Rechner laufende Kommunikation zu überwachen? 2. Falls es eine solche Software gibt, wer hat diese entwickelt, erstellt und/oder angeschafft? In wessen Auftrag? 3. Falls es eine solche Software gibt, verfügt diese über weitere softwarespezifische Funktionen, z. B. Nachladen weiterer Programme, Zugriff auf Festplatten und den darauf gespeicherten Datenbestand, Kontrolle über den Rechner, Möglichkeiten zur Nutzung der Hardware zur akustischen Raumüberwachung usw.? 4. Falls es eine solche Software gibt, wurde sie auf die Einhaltung der Vorgabe aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur sogenannten Onlinedurchsuchung geprüft, und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, aus welchem Grund wurde eine derartige verfassungsrechtliche Prüfung unterlassen ? 5. Falls es eine solche Software gibt, warum wurde bei einem gegebenenfalls vorliegenden Verstoß gegen verfassungsrechtliche Vorgaben die Software dennoch erstellt bzw. angeschafft? 6. Falls es eine solche Software gibt, in wie vielen Fälle kam sie zum Einsatz (bitte einzeln aufschlüsseln nach jeweiliger Behörde, Anlass für den Einsatz, konkreter Straftatverdacht, Anzahl der betroffenen Personen, Zeitpunkt und Dauer der Überwachungsmaßnahme, konkrete Einsatzfunktion, Kommunikationsüberwachung , Ausspähung und/oder Kopieren privater Daten [Speicherzugriff], Nachladen von Programmen, Kontrolle über den Rechner, Raumüberwachung usw.)? — 2 — 7. Falls eine solche Software eingesetzt wurde, auf welcher Rechtsgrundlage geschah dies jeweils? 8. Falls eine solche Software eingesetzt wurde, in wie vielen Fällen wurde der Einsatz der Überwachungssoftware mit jeweils welchem Funktionsumfang richterlich angeordnet bzw. genehmigt? 9. Welche Schlüsse zieht der Senat aus dem bekannt gewordenen Einsatz potenziell illegaler Überwachungssoftware, und welche Maßnahmen wird der Senat auf Landes- und Bundesebene ergreifen? Kristina Vogt und Fraktion DIE LINKE D a z u Antwort des Senats vom 15. November 2011 1. Verfügen bremische Behörden, insbesondere Staatsanwaltschaften, Landeskriminalamt oder das Landesamt für Verfassungsschutz über eine Überwachungssoftware , die es ermöglicht, einmal auf einem privaten Rechner installiert, über den infiltrierten Rechner laufende Kommunikation zu überwachen? Weder Staatsanwaltschaft noch der Senator für Inneres und Sport oder die Polizei Bremen verfügen über eine Software, die es ermöglicht, nach Installation auf einem privaten Rechner über den infiltrierten Rechner laufende Kommunikation zu überwachen. Über den Teil der Fragen, die das Landesamt für Verfassungsschutz betreffen, wird der Senator für Inneres und Sport die zuständigen besonderen parlamentarischen Kontrollgremien informieren. Im Jahre 2007 wurde im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens aufgrund einer Anordnung des Amtsgerichts Bremen gemäß § 100 a StPO die technische Möglichkeit geschaffen, dass die Polizei auf einem privaten Rechner die verschlüsselte Kommunikation dekodieren konnte (sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung /Quellen-TKÜ). Die Software war ausschließlich für die Entschlüsselung der verschlüsselten Kommunikation zur Umsetzung der gerichtlichen Anordnung im Auftrag der Polizeiführung durch das kriminalpolizeiliche Fachkommissariat (K11 TKÜ) beschafft worden. Der konkrete Funktionsumfang der Software sowie die einmalige Nutzung für das besagte Ermittlungsverfahren wurden mit der Softwarefirma DigiTask verbindlich geregelt. Die Polizei Bremen ist nicht mehr im Besitz der Software. 2. Falls es eine Software gibt, wer hat diese entwickelt, erstellt und/oder angeschafft ? Die Bremer Ermittlungsbehörden sind nicht im Besitz einer solchen Software. Siehe auch Antwort auf Frage 1. 3. Falls es eine solche Software gibt, verfügt diese über weitere softwarespezifische Funktionen, z. B. Nachladen weiterer Programme, Zugriff auf Festplatten und den darauf gespeicherten Datenbestand, Kontrolle über den Rechner, Möglichkeiten zur Nutzung der Hardware zur akustischen Raumüberwachung usw.? Die Bremer Ermittlungsbehörden sind nicht im Besitz einer solchen Software. Siehe auch Antwort auf Frage 1. 4. Falls es eine solche Software gibt, wurde sie auf die Einhaltung der Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur sogenannten Onlinedurchsuchung geprüft, und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, aus welchem Grund wurde eine derartige verfassungsrechtliche Prüfung unterlassen ? Die Bremer Ermittlungsbehörden sind nicht im Besitz einer solchen Software. Siehe auch Antwort auf Frage 1. — 3 — 5. Falls es eine solche Software gibt, warum wurde bei einem gegebenenfalls vorliegenden Verstoß gegen verfassungsrechtliche Vorgaben die Software dennoch erstellt bzw. angeschafft? Die Bremer Ermittlungsbehörden sind nicht im Besitz einer solchen Software. Siehe auch Antwort auf Frage 1. 6. Falls es eine solche Software gibt, in wie vielen Fällen kam sie zum Einsatz (bitte einzeln aufschlüsseln nach jeweiliger Behörde, Anlass für den Einsatz, konkreter Straftatverdacht, Anzahl der betroffenen Personen, Zeitpunkt und Dauer der Überwachungsmaßnahme, konkrete Einsatzfunktion, Kommunikationsüberwachung , Ausspähung und/oder Kopieren privater Daten [Speicherzugriff], Nachladen von Programmen, Kontrolle über den Rechner, Raumüberwachung usw.)? Die Bremer Ermittlungsbehörden sind nicht im Besitz einer solchen Software. Siehe auch Antwort auf Frage 1. 7. Falls eine solche Software eingesetzt wurde, auf welcher Rechtsgrundlage geschah dies jeweils? Die Bremer Ermittlungsbehörden sind nicht im Besitz einer solchen Software. Siehe auch Antwort auf Frage 1. 8. Falls eine solche Software eingesetzt wurde, in wie vielen Fällen wurde der Einsatz der Überwachungssoftware mit jeweils welchem Funktionsumfang richterlich angeordnet bzw. genehmigt? Die Bremer Ermittlungsbehörden sind nicht im Besitz einer solchen Software. Siehe auch Antwort auf Frage 1. 9. Welche Schlüsse zieht der Senat aus dem bekannt gewordenen Einsatz potenziell illegaler Überwachungssoftware, und welche Maßnahmen wird der Senat auf Landes- und Bundesebene ergreifen? In Bremen kam es zu keinem Einsatz illegaler Überwachungssoftware. Auch zukünftig werden die Ermittlungsbehörden nur im Rahmen der bestehenden rechtlichen Befugnisse tätig werden und mögliche durchzuführende QuellenTKÜ wie bisher nur auf richterliche Anordnung veranlassen. Der Senat hält die Quellen-TKÜ als Ermittlungsinstrument zur Bekämpfung der Schwerkriminalität für fachlich notwendig. Sie wird nur nach auf Antrag der Staatsanwaltschaft ergangener richterlicher Anordnung aufgrund § 100 a StPO durchgeführt, was den verfassungskonformen Einsatz der Maßnahme sicherstellt . Aktuell wird auf Bundesebene die Machbarkeit einer Eigenentwicklung geprüft. Das Bundesministerium des Innern hat das Bundeskriminalamt beauftragt, ein diesbezügliches Kompetenzzentrum einzurichten. Der Senator für Inneres und Sport wird zu gegebener Zeit eine Beteiligung an diesem Kompetenzzentrum prüfen. Druck: Anker-Druck Bremen