— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1313 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 11. Februar 2014 Preiskontrollen bei Lebensmitteln Nachhaltige Landwirtschaft soll Lebensmittel in ausreichender Menge und hoher Qualität bereitstellen. Durch die in der Werbung vermittelte „Geiz ist geil“-Mentalität ist vielen Konsumenten jedoch teilweise das Bewusstsein für gute Lebensmittel abhanden gekommen. Nirgendwo sonst sind Lebensmittel im Verhältnis zur Kaufkraft so günstig wie in Deutschland. Und die Bürgerinnen und Bürger sind immer weniger bereit, für Qualität zu zahlen. Die Discounter bieten daher hochwertige Lebensmittel zu geringen Preisen an. Die Erzeuger bekommen in der Folge immer weniger für ihre Produkte. Daraus entsteht für die Landwirte ein enormer Preisdruck, dem viele nicht standhalten können und gezwungen werden, ihren Hof aufzugeben. Gleichzeitig drängen immer mehr „Schwarze Schafe“ aus dem vor- und nachgelagerten Lebensmittelbereich auf den Markt, um mit geringeren Qualitätsansprüchen die Preisvorgaben der Discounter erfüllen zu können. Mittelfristig wird dieser Preisverfall im Lebensmittelbereich zu einer Senkung der Qualität führen. Die Lebensmittelskandale der vergangenen Jahre, z. B. Dioxin in Eiern, falsche Lebensmitteldeklarierungen oder Gammelfleisch, sind hierfür Belege. Dumpingpreisen muss sowohl zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger als auch zum Schutz der Erzeuger effektiv entgegengewirkt werden. Auch muss vor dem Hintergrund , dass durchschnittlich jeder Bundesbürger im Jahr mehr als 80 kg Lebensmittel wegwirft, der Preisverfall bekämpft werden. Ziel muss es sein, dass wir wieder den Preis für Lebensmittel zahlen, den sie Wert sind. Der Abwärtsspirale im Preiskampf muss daher ein Riegel vorgeschoben werden, nur so kann die Qualität von Lebensmitteln hoch gehalten werden. Ein Instrument um Dumpingpreise zu verhindern , ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. In § 20 Absatz 3 wird der Verkauf von Lebensmitteln unter dem Einstandspreis verboten. Dieses Gesetz kann jedoch nur seine Wirkung entfalten, wenn umfassende Kontrollen stattfinden. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. § 20 Absatz 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen verbietet den Verkauf von Lebensmitteln unter dem Einstandspreis – wer kontrolliert im Land Bremen die Einhaltung dieses Gesetzes? 2. Wie viele Kontrollen wurden in den letzten fünf Jahren jeweils durchgeführt? 3. Wie viele Verstöße wurden in den letzten fünf Jahren jeweils aufgedeckt, und welcher Art waren diese? 4. Welche Vergleichsmaßstäbe werden für die Kontrollen herangezogen? 5. Wie können die Kontrollen effektiver gemacht werden? 6. Muss der Handel bei der Dokumentation des Einstandspreises alle dem Einkaufspreis zuzuordnenden Konditionen eines Produktes zugrunde legen? Dazu zählen z. B. • Skonto, • Mengenstaffel/-rabatt, • Jahresvergütungen/Boni, — 2 — • nachträgliche Zahlungen, z. B. für Abnahme von Mengenkontrakten, • Vermarktungsgelder, • Stückprämien, • Gutschriften. 7. Welche weiteren Möglichkeiten sieht der Senat, den Verkauf von Lebensmitteln unter dem Einstandspreis zu reduzieren bzw. Dumpingpreise zu verhindern? Frank Imhoff, Dr. Thomas vom Bruch, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 18. März 2014 1. § 20 Absatz 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen verbietet den Verkauf von Lebensmitteln unter dem Einstandspreis – wer kontrolliert im Land Bremen die Einhaltung dieses Gesetzes? Die Vorschrift des § 20 Abs. 3 GWB ist Bestandteil des Wettbewerbsrechts. Sie soll nach ihrem Wortlaut eine unbillige Wettbewerbsbehinderung von marktstarken Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen zulasten kleiner und mittlerer Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen verhindern bzw. sanktionieren. Das Verhältnis von Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen zu den Erzeugern sowie den Lieferanten und Abnehmern (Endverbrauchern) ist von der Vorschrift hingegen nicht erfasst. Der Vollzug der Vorschriften der §§ 19 bis 21 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) obliegt den Kartellbehörden des Bundes bzw. der Länder . Da die im Rahmen des § 20 Abs. 3 GWB relevanten Verhaltensweisen nach den Erfahrungen der Vergangenheit in der Regel eher bei überregional agierenden Lebensmittelketten auftreten, wäre in der Vielzahl der Fälle das Bundeskartellamt zuständig. 2. Wie viele Kontrollen wurden in den letzten fünf Jahren jeweils durchgeführt? Hier ist zunächst klarzustellen, dass die Vorschriften der §§ 19 bis 21 GWB keine allgemeinen anlassunabhängigen Kontrollen vorsehen. Anlassbezogen hat die Kartellbehörde zu prüfen, ob die Eröffnung eines Kartellverfahrens geboten ist. Bei der Landeskartellbehörde Bremen hat es bisher allerdings keinen Anlass für die Prüfung der Einleitung eines entsprechenden Kartellverfahrens gegeben; auch in den anderen Bundesländern sind den Landeskartellbehörden nach hiesiger Kenntnis in den vergangenen Jahren keine oder nur sehr vereinzelt Fälle zur Prüfung überhaupt angezeigt worden. 3. Wie viele Verstöße wurden in den letzten fünf Jahren jeweils aufgedeckt, und welcher Art waren diese? Da, wie in der Antwort zu Ziffer 2 dargelegt, im Bundesland Bremen in den letzten fünf Jahren kein entsprechendes Kartellverfahren eröffnet wurde, konnten Verstöße auch nicht festgestellt werden. 4. Welche Vergleichsmaßstäbe werden für die Kontrollen herangezogen? Die Prüfung, ob ein kartellrechtswidriges Verhalten vorliegt, kann nach den Vorgaben der §§ 19 bis 21 GWB jeweils nur einzelfallbezogen unter Ermittlung des für den konkreten Fall relevanten sachlichen und räumlichen Marktes sowie der Feststellung der relativen Marktmacht des betroffenen Lebensmitteleinzelhandelsunternehmens erfolgen. Wesentlich ist hierbei auch die Frage, ob im konkreten Fall gemäß § 20 Abs. 3 Satz 2 bis 4 GWB ein sachlicher Rechtfertigungsgrund vorliegt. 5. Wie können die Kontrollen effektiver gemacht werden? Da die Prüfungen im Rahmen der §§ 19 bis 21 GWB anlassbezogen erfolgen, ist eine Prüfung ihrer Effektivität nicht möglich. — 3 — Für die anlassbezogenen kartellbehördlichen Prüfungen sind im GWB allgemeine Regelungen zur Behördenzusammenarbeit sowie zu den kartellrechtsbezogenen Ermittlungs- und Auskunftsbefugnissen vorhanden. 6. Muss der Handel bei der Dokumentation des Einstandspreises alle dem Einkaufspreis zuzuordnenden Konditionen eines Produktes zugrunde legen? Dazu zählen z. B. • Skonto, • Mengenstaffel/-rabatt, • Jahresvergütungen/Boni, • nachträgliche Zahlungen, z. B. für Abnahme von Mengenkontrakten, • Vermarktungsgelder, • Stückprämien, • Gutschriften. Das Bundeskartellamt hatte zu der Vorgängerregelung des § 20 Abs. 4 GWB eine Bekanntmachung herausgegeben (diese befindet sich laut einem entsprechenden Vermerk auf der Internetseite des Bundeskartellamts derzeit in der Überarbeitung), in der beschrieben wurde, dass zur Feststellung des Einstandspreises der Listenpreis des Lieferanten (ohne Mehrwertsteuer) herangezogen wird, von dem alle preiswirksamen Konditionen abgezogen werden, die ihren rechtlichen Grund in den Verträgen zwischen dem Lieferanten und dem Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen haben, also neben Skonti und Rabatten auch (gegebenenfalls anteilig) z. B. Jahresboni, Werbekostenzuschüsse, Verkaufsförderungsentgelte , Umsatzvergütungen etc. sowie durch das Unternehmen zu übernehmende Kosten für Verpackung, Transport, Fracht, Versicherung u. ä. Auch hier ist jedoch jeweils im Einzelfall auf die konkreten vertraglichen Konditionen abzustellen. 7. Welche weiteren Möglichkeiten sieht der Senat, den Verkauf von Lebensmitteln unter dem Einstandspreis zu reduzieren bzw. Dumpingpreise zu verhindern? In dem Beschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz vom 7. September 2006, mit dem u. a. auch die Einfügung der derzeitigen Fassung des § 20 Abs. 3 GWB angeregt wurde, wurden bereits Maßnahmen benannt, die aus Verbraucherschutzsicht dem Ziel der Erlangung einer höheren Lebensmittelqualität dienen sollten. Druck: Anker-Druck Bremen