— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1345 Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 27. Februar 2014 Kreatives Bremen im kreativen Europa Im November 2013 hat das Europäische Parlament dem neuen EU-Kulturförderprogramm „Kreatives Europa“ zugestimmt, dessen erste Vergaberunde derzeit läuft und das bis 2020 laufen soll. Das Programm soll transnationale Kooperation und Mobilität von Künstlerinnen und Künstlern und Kulturschaffenden in Europa unterstützen. Zudem sind die bisherigen Filmförderprogramme in das neue Programm integriert worden. Auch die Kulturhauptstädte Europas werden aus dem Programm gefördert. Darüber hinaus können auch literarische Übersetzungen unterstützt werden. Als neue Instrumente wurden ein Garantiefonds für kleine- und mittlere Unternehmen (KMU) und Organisationen sowie eine Förderung der transnationalen (kultur)politischen Zusammenarbeit geschaffen. Das Programm betont und fördert gemäß der UNESCO-Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt den Eigenwert von Kultur und Kunst, fördert explizit aber auch den internationalen Kulturaustausch, die Verbreitung von Kunst und Kultur, die Wettbewerbsfähigkeit von Kultur und die Bildung von Netzwerken. Das Programm bietet damit Anknüpfungspunkte und sowohl konzeptionelle als auch finanzielle Chancen für die Kulturszene und die Kreativwirtschaft Bremens, die international vernetzt ist und kooperiert. Wir fragen den Senat: 1. Welche Chancen und Perspektiven bietet die neue EU-Programmgeneration „Kreatives Europa“ für die Kultureinrichtungen und -projekte sowie für die Kreativwirtschaft im Land Bremen? 2. Mit welchen europäischen Ländern, Regionen, Städten und Einrichtungen sollten Bremen und Bremer Einrichtungen nach Ansicht des Senats im Rahmen des Programms kooperieren, um z. B. hinsichtlich der Kulturförderung, der künstlerischen oder kulturwirtschaftlichen Ausbildung, der kulturellen Bildung und Medienkompetenzvermittlung, der Arbeitsmarktpolitik im Kultur- und Kreativsektor von und mit Einrichtungen in anderen europäischen Ländern gemeinsam zu lernen und Erfahrungen auszutauschen? 3. Hat der Senat Pläne, die Fördermöglichkeiten für die transnationale kulturpolitische Zusammenarbeit zum Austausch und Vernetzung der Kulturakteure inklusive der Politikverantwortlichen zu nutzen? 4. Welche Möglichkeiten bietet der neu aufgelegte Garantiefonds für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus dem Bereich der Kultur und der Kulturwirtschaft , an Darlehen zu kommen? 5. Welche weiteren Potentiale bietet das Programm „Kreatives Europa“ darüber hinaus für Bremer Einrichtungen und Unternehmen insbesondere für den interkulturellen Austausch in Bezug auf die verschiedenen Kultursparten und die Teilbranchen der Kreativwirtschaft? — 2 — 6. Wie wäre das EU-Programm „Kreatives Europa“ mit bestehenden oder zu schaffenden Bremer Förderprogrammen und -maßnahmen sinnvoll zu verbinden? 7. Wie werden Bremer Kultur- und Kreativschaffende, Einrichtungen und Unternehmen über die Möglichkeiten und Verfahren zum Programm „Kreatives Europa“ informiert, beraten und weitergehend unterstützt? 8. Hält der Senat die Beratung potentieller Kooperationspartner und Antragsteller durch die EU für ausreichend? Welche Verbesserungen bei der Beratung regt der Senat gegebenenfalls an und wie setzt er sich dafür ein? Carsten Werner, Dr. Hermann Kuhn, Björn Fecker, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 1. April 2014 1. Welche Chancen und Perspektiven bietet die neue EU-Programmgeneration „Kreatives Europa“ für die Kultureinrichtungen und -projekte sowie für die Kreativwirtschaft im Land Bremen? Kreatives Europa ist das neue EU-Programm zur Förderung der Kultur- und Kreativbranchen Europas mit den beiden Teilprogrammen „Kultur“ und „MEDIA“. „Kultur“ ist dabei für die Förderung der darstellenden und bildenden Kunst, des Kulturerbes und anderer Bereiche der Kultur bestimmt, „MEDIA“ für die Finanzierung des audiovisuellen Sektors inklusive der Kinobranche. Neben den Teilprogrammen gibt es einen neuen branchenübergreifenden Aktionsbereich zur Förderung der politischen Zusammenarbeit sowie eine Finanzgarantiefazilität (siehe Antwort zu Frage 4). Das Programm ist mit 1,46 Mrd. € (2014 bis 2020) ausgestattet. Dabei sind 56 % des Budgets für das Teilprogramm „MEDIA“ und 31 % für das Teilprogramm „Kultur“ bestimmt. Maximal 13 % sind für den sektorenübergreifenden Aktionsbereich vorgesehen. Dieser Mittelrahmen steht für alle EU-Staaten, alle Beitritts- und potentiellen Kandidatenländer, Länder der EFTA, die Schweiz und Länder die von der Europäischen Nachbarschaftspolitik abgedeckt werden, verteilt über einen Zeitraum von sieben Jahren zur Verfügung. Abhängig von den einzelnen Förderbereichen ist die Höhe der förderfähigen Kosten auf teilweise 50 % begrenzt. Die Fördermittel sollen den Akteuren der Kultur- und Kreativbranche ermöglichen , europaweit tätig zu werden und Kompetenzen und Fertigkeiten zu erwerben, die sie im digitalen Zeitalter und Wettbewerb benötigen. Ursprünglich war das Programm Kreatives Europa (2014 bis 2020) vorrangig auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Kultursektors im Rahmen der Wachstumsstrategie Europa 2020 ausgerichtet, deren vorrangiges Ziel ein „intelligentes , nachhaltiges und integratives Wachstum“ ist. Einer Initiative des Bundesrates, der auch Bremen beigetreten war, ist es ab 2012 gelungen, diese eher einseitige Ausrichtung des Programms, die eine vornehmlich wettbewerbsorientierte Zielsetzung verfolgte, im Hinblick auf die Wahrung, Entwicklung und Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt Europas und Förderung des kulturellen Erbes Europas zu erweitern. Vor diesem Hintergrund kann das Programm „Kreatives Europa“ potentiell für die Kreativwirtschaft in Bremen genutzt werden, um den Zugang zu Unternehmensfinanzierungen zu verbessern und die Aufmerksamkeit für die Kultur- und Kreativwirtschaft zu erhöhen und ist insofern geeignet, die bremischen Maßnahmen und Ziele zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft zu ergänzen. Für Kultureinrichtungen und -projekte kann das Programm ebenfalls potentiell genutzt werden. Hierfür stehen der Senator für Kultur und der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen im regelmäßigen Austausch, wie es z. B. in der ressortübergreifenden AG Kultur- und Kreativwirtschaft als Bestandteil des Bremer Weges erarbeitet worden ist. — 3 — 2. Mit welchen europäischen Ländern, Regionen, Städten und Einrichtungen sollten Bremen und Bremer Einrichtungen nach Ansicht des Senats im Rahmen des Programms kooperieren, um z. B. hinsichtlich der Kulturförderung, der künstlerischen oder kulturwirtschaftlichen Ausbildung, der kulturellen Bildung und Medienkompetenzvermittlung, der Arbeitsmarktpolitik im Kultur- und Kreativsektor von und mit Einrichtungen in anderen europäischen Ländern gemeinsam zu lernen und Erfahrungen auszutauschen? Vor dem Hintergrund der im Programm festgelegten Ziele ist davon auszugehen, dass vor allem Einrichtungen, Projekte, Initiativen und Unternehmen von diesem Programm profitieren könnten, die länderübergreifend und international arbeiten . Die Ziele gehen darüber hinaus von einer ausgewogenen Verteilung aus. Dies betrifft die geografische Erfassung als auch die Vertretung der einzelnen Kultursparten. Eine Ausrichtung auf den europäischen Nordwesten ist vor dem Hintergrund der Aktivitäten der Metropolregion Bremen-Oldenburg Nordwest ein sinnvoller Orientierungsrahmen. Unter diesem Gesichtspunkt rücken Städte wie Groningen sowie deren öffentlichen Kultureinrichtungen in den Mittelpunkt. Ferner sind bereits existierende internationale Partnerschaften geeignete Anknüpfungspunkte. Auch heute und in der Vergangenheit wird und wurde bereits ein intensiver Austausch zwischen bremischen und anderen europäischen Kultureinrichtungen und Künstlerinnen und Künstler praktiziert. Gleichwohl ist für öffentlich geförderte Kultureinrichtungen als auch für erwerbswirtschaftlich ausgerichtete Projekte eine Präferenz oder Priorisierung bestimmter europäischer Regionen im Sinne einer Vorfestlegung grundsätzlich nicht sinnvoll. 3. Hat der Senat Pläne, die Fördermöglichkeiten für die transnationale kulturpolitische Zusammenarbeit zum Austausch und Vernetzung der Kulturakteure inklusive der Politikverantwortlichen zu nutzen? Für die laufende Legislaturperiode sind dem Senat noch keine Maßnahmen im Rahmen des Programms „Kreatives Europa“ bekannt bzw. in Planung. Der Senat wird entsprechende Initiativen von Kulturaktereuren mit Interesse verfolgen und im Rahmen seiner Möglichkeiten fördern und unterstützen. 4. Welche Möglichkeiten bietet der neu aufgelegte Garantiefonds für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus dem Bereich der Kultur und der Kulturwirtschaft , an Darlehen zu kommen? Mit ca. 1 Million Unternehmen (ca. 8 Millionen Beschäftigte) erwirtschaftet die europäische Kultur- und Kreativbranche ca. 4,5 % des BIP der EU. Es handelt sich dabei hauptsächlich um sehr kleine Firmen, die vielen Selbstständigen Arbeit bieten. Die Weiterentwicklung des Sektors ist derzeit generell durch einen sehr eingeschränkten Zugang zu Krediten behindert. Probleme hierbei sind zum Beispiel der Mangel an materiellen Vermögenswerten, die Abhängigkeit von immateriellen Vermögenswerten, die hohe Unsicherheit hinsichtlich der Marktnachfrage, der vermeintliche Mangel an unternehmerischen Fähigkeiten, die Abhängigkeit von öffentlichen Investitionsprogrammen, der Mangel an guten Marktinformationen etc. Gleichzeitig zeigen Studien, dass der Sektor keinesfalls ein HochRisikomarkt für Kredite ist, sondern diese meist zurückgezahlt werden. Deshalb gibt es im Rahmen des Programms „Kreatives Europa“ nun einen branchenspezifischen Bürgschaftsfonds für den Zeitraum 2014 bis 2020, der Bankdarlehen in Höhe von 750 Mio. € absichern und der von dem Europäischen Investitionsfonds (EIF) verwaltet werden soll. Unter dem Dach des EIF soll die Vergabe von Darlehen an Akteure der Kultur- und Kreativbranchen durch ein Netzwerk besonders (durch eine Ausschreibung) ausgewählter und geschulter Finanzinstitute in ganz Europa stimuliert werden. Die Kredite können von allen KMUs des Sektors beantragt werden, egal ob profitorientiert oder nicht, wobei die besonderen Bewertungskriterien für den Sektor zugrunde gelegt werden. Der Garantiefonds für KMU der Kultur- und Kreativbranche wird derzeit implementiert und soll ab 2016 zur Verfügung stehen. Er soll komplementär zu anderen Finanzierungsmöglichkeiten (z. B. Grants) genutzt werden können. — 4 — Der Mechanismus wird vielen Akteuren der Kultur- und Kreativbranche die Möglichkeit zur Modernisierung, Weiterentwicklung und Projektumsetzung geben. Es ist davon auszugehen, dass hierfür vor allem Kleinkredite interessant sind. 5. Welche weiteren Potenziale bietet das Programm „Kreatives Europa“ darüber hinaus für Bremer Einrichtungen und Unternehmen insbesondere für den interkulturellen Austausch in Bezug auf die verschiedenen Kultursparten und die Teilbranchen der Kreativwirtschaft? Durch die Förderung der Fortbildung für Kultur- und Kreativschaffende und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und Vernetzung bietet sich die Möglichkeit, den bremischen Kultursektor mit seinen Sparten verstärkt europäisch sichtbar zu machen und zur Entwicklung einer europäischen Identität beizutragen. Ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit illustriert, für welche Potenziale das Progamm „Kreatives Europa“ zukünftig sinnvoll eingebunden werden könnte: Die in der Städtischen Galerie durchgeführte Ausstellung „Who makes Europe“ zeigte Positionen junger Künstler und Künstlerinnen aus verschiedenen europäischen Ländern zur titelgebenden Frage. Die Idee zur Ausstellung entstand im Rahmen des 50-jährigen Jubiläums des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages und wurde maßgeblich unterstützt durch die Außenministerien beider Länder sowie durch die Europäische Kommission. Entsprechend der gemachten Erfahrungen sind ähnliche Potenziale in anderen Sparten denkbar. 6. Wie wäre das EU-Programm „Kreatives Europa“ mit bestehenden oder zu schaffenden Bremer Förderprogrammen und -maßnahmen sinnvoll zu verbinden? Hier ist auf die Möglichkeiten zur Vernetzung und Einwerbung von Mitteln über andere EU-Programme zu verweisen. So eröffnet das EU-Forschungsprogramm Horizont 2020 Fördermöglichkeiten im Bereich der Kulturerbe-Forschung. Allerdings geht es in diesen Ausschreibungen neben Fragen der kulturellen Identität und der Modernisierung vor allem um die Durchführung gemeinsamer Forschungsprojekte zur Entwicklung neuer Restaurierungs- und Konservierungstechniken für das Kulturerbe. Zum Auftakt von Horizont 2020 gibt es für 2014 zum Beispiel drei Ausschreibungen für Projekte zu „Energy strategies and solutions for deep renovation of historic buildings“ (Einsendeschluss war der 20. März 2014), „Materials-based solutions for the protection or preservation of European cultural heritage” (Einsendeschluss 6. Mai 2014), und “Advanced 3 D modelling for accessing and understanding European cultural assets” (Einsendeschluss 30. September 2014). Bezüglich der auf die Kultur- und Kreativwirtschaftsunternehmen ausgerichteten bremischen Förderprogramme kann insbesondere der mit dem Programm „Kreatives Europa“ beabsichtigte verbesserte Zugang zu Unternehmensfinanzierungen für Synergien genutzt werden. 7. Wie werden Bremer Kultur- und Kreativschaffende, Einrichtungen und Unternehmen über die Möglichkeiten und Verfahren zum Programm „Kreatives Europa“ informiert, beraten und weitergehend unterstützt? Unterstützung (Information, Beratung etc.) für bremische Kultur- und Kreativschaffende (Einzelpersonen, Einrichtung und Unternehmen) erfolgt auf Anfrage durch das Kulturressort, den Europapunkt Bremen sowie die Mitarbeiterinnen/ Mitarbeiter der Europaabteilung bei der Bevollmächtigten Bremens beim Bund und für Europa. Die Wirtschaftsförderung Bremen WFB und die BIS Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH informieren und beraten Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft im Kontext der bestehenden Kommunikationsinstrumente individuell und zielgruppengerecht über die Fördermöglichkeiten des Programms „Kreatives Europa“ (u. a. Enterprise Europe Network Bremen). — 5 — Darüber hinaus kann man sich an die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter des Nationalen Creative Europe Desk Deutschland/Kulturpolitische Gesellschaft in Bonn (Teilbereich Kultur) bzw. den Creative Europe Office Hamburg (Teilbereich MEDIA) wenden. 8. Hält der Senat die Beratung potentieller Kooperationspartner und Antragsteller durch die EU für ausreichend? Welche Verbesserungen bei der Beratung regt der Senat gegebenenfalls an und wie setzt er sich dafür ein? Die schon unter Frage 7 aufgeführten Nationalen Creative Europe Desks sind als Hauptanlaufstelle für Kooperationspartner und Antragsteller vorgesehen. Träger dieser Anlaufpunkte ist der jeweilige Mitgliedstaat; gleichzeitig werden diese aber durch die Kommission unterstützt. Die Creative Europe Desks sind als Anlaufpunkte für alle Anliegen im Bereich „Kreatives Europa“ konzipiert. Sie bieten Antragstellern konkrete Beratung bei Anfragen für ihre Anträge und organisieren zudem Informationsveranstaltungen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, mit dem Creative Europe Anlaufpunkt Bonn Workshops zur Antragsstellung in den interessierten Städten selbst zu organisieren. Zusätzlich können auf der Internetseite der Generaldirektion Kultur weitere allgemeine Informationen abgerufen werden. Der Senat ist der Auffassung, dass die nationalen Kontaktstellen mit ihrem bedarfsorientierten Beratungsangebot in der Lage sind, potentielle Kooperationspartner und Antragsteller umfassend sowohl über die Inhalte als auch über Verfahrensabläufe des Programms „Kreatives Europa“ zu informieren. Druck: Anker-Druck Bremen