— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1443 (zu Drs. 18/1385) 17. 06. 14 Mitteilung des Senats vom 17. Juni 2014 Forensische Psychiatrie und Psychotherapie – Klinikum Bremen-Ost Die Fraktion der CDU hat unter Drucksache 18/1385 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Plätze sind in der forensischen Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum Bremen-Ost für Patienten und Untergebrachte vorhanden? In der Klinik für forensische Psychiatrie und Psychotherapie stehen aktuell 136 stationäre Behandlungsplätze zur Verfügung. 2. Wie viele Untergebrachte befinden sich in der forensischen Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum Bremen-Ost aufgrund einer Maßregel der Besserung und Sicherung? In der Klinik für forensische Psychiatrie und Psychotherapie sind mit Stand 30. April 2014 133 Patienten, davon 124 Patienten gemäß einer Maßregel der Besserung und Sicherung, untergebracht. 3. Wie viele verschiedene und welche Stationen gibt es in der forensischen Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum Bremen-Ost, und wie viele Untergebrachte gibt es auf den jeweiligen Stationen? Insgesamt verfügt die Klinik für forensische Psychiatrie und Psychotherapie über acht Behandlungsstationen. Belegungsstand ist der 30. April 2014 über alle zu behandelnden Patientengruppen der Klinik. Station 15a Aufnahme, Krisenintervention, Diagnostik, Therapievorbereitung , Sicherung vor Erledigung der Maßregel 19 Patienten Station 15b Suchtkrankenbehandlung gemäß § 64 StGB 19 Patienten Station 15c Suchtkrankenbehandlung gemäß § 64 StGB 18 Patienten Station 15d Behandlung gemäß § 63 StGB von Persönlichkeitsstörungen 18 Patienten Station 18a Behandlung gemäß § 63 StGB von Patienten mit langfristigen Lockerungs- und/oder Entlassungshindernissen 16 Patienten Station 18b Behandlung gemäß § 63 StGB von Patienten mit psychotischen Störungen 15 Patienten Station 18c Behandlung gemäß § 63 StGB von kognitiv beeinträchtigten Männern und Behandlung von Frauen über alle Rechtstitel und Diagnosen 12 Patienten Station 9 Behandlung von Patienten gemäß §§ 63/64 StGB zur Klärung der Entlassungsperspektive und des Nachbetreuungsbedarfs 16 Patienten Insgesamt 133 Patienten — 2 — 4. Was passiert, wenn auf einer Station zu wenig Plätze für die Untergebrachten vorhanden sind, und welchen Einfluss hat dies auf den Erfolg einer Therapie? Bei dieser Konstellation erfolgt die Behandlung solange auf einer anderen Station , bis ein entsprechender Platz zur Verfügung steht. Da große Teile des Behandlungsprogramms in der Klinik stationsübergreifend angeboten werden, wird nicht mit relevanten Auswirkungen auf den Erfolg der Therapie gerechnet. 5. Wie lange sind die Untergebrachten bereits in der forensischen Psychiatrie und Psychotherapie (bis zwei, zwei bis fünf, fünf bis neun, zehn bis 15, ab 15 Jahre)? In wie vielen Fällen haben die Untergebrachten aufgrund ihrer Dauer in der forensischen Psychiatrie und Psychotherapie Erscheinungen von Hospitalismus? Welche Maßnahmen werden bei Hospitalismus durchgeführt? Am Stichtag 31. Dezember 2013 befanden sich in der Maßregel gemäß § 63 StGB (einschließlich extern untergebrachten Patienten) § 63 StGB Anzahl < 2 Jahre 16 Patienten 2 bis < 4 Jahre 12 Patienten 4 bis < 6 Jahre 12 Patienten 6 bis < 8 Jahre 13 Patienten 8 bis < 10 Jahre 9 Patienten > = 10 Jahre 32 Patienten Insgesamt 94 Patienten Am Stichtag 31. Dezember 2013 befanden sich in der Maßregel gemäß § 64 StGB (einschließlich extern untergebrachten Patienten) § 64 StGB Anzahl < 1 Jahr 25 Patienten 1 bis < 2 Jahre 14 Patienten > 2 Jahre 11 Patienten Insgesamt 50 Patienten Langjährige Unterbringungen, die aufgrund der Sicherheitslage ausschließlich im gesicherten Bereich der Klinik stattfinden müssen, können mit einer Verarmung an Reizen einhergehen, zu einem Verlust der alltags- und lebenspraktischen Fertigkeiten führen, Ängste vor der Außenwelt erzeugen und ein Nachlassen der Selbstachtsamkeit vor allem dann induzieren, wenn im stationären Alltag wenig Stimulation und Zuwendung erfolgt. Ein solches Bild kann für zwei bis drei Patienten der Klinik konstatiert werden. Dabei handelt es sich bei einem Patienten um jemanden, der aus der Sicherungsverwahrung zur weiteren Rehabilitation in die Klinik verlegt wurde. Um dem entgegenzuwirken werden den Patienten der Klinik für forensische Psychiatrie und Psychotherapie neben den spezifischen Therapien spezielle Angebote im bildungs-, arbeits- und beschäftigungstherapeutischen Bereich, auf der Station sowie in der Sport- und Bewegungstherapie gemacht, die dem entgegenwirken . Hierzu gehören z. B. Lesegruppen, internationale Koch- und Backgruppen, Gesellschaftsspielgruppen, Maltherapie, gestalterische Kunstprojekte , eine Trommelgruppe, eine Theatergruppe sowie Sportangebote wie Tischtennis, Basketball und Fußball. Sobald Lockerungen, die ein wesentliches Element einer entsprechenden Prophylaxe sind, dies ermöglichen, werden solche Aktivitäten auch nach außen verlagert, z. B. Schwimmgruppe, aktive Teilnahme an Fußballturnieren, Nordic-Walking-Gruppe, Angelgruppe oder erlebnispädagogischen Maßnahmen, wie Klettertraining, Wanderungen etc. Beachtet werden sollte bei der Gesamtbetrachtung, dass gerade chronisch schizophrene Patienten erkrankungsbedingt nur schwer beeinflussbare Verläu- — 3 — fe zeigen, die zu einem Abbau von Affektivität, Antriebsstörungen etc. führen, die den oben genannten zwar ähnlich sind, mit diesen aber nicht verwechselt werden dürfen. 6. Welche Lockerungsstufen gibt es für die Untergebrachten, und welche Lockerungen bzw. Einschränkungen finden in den einzelnen Lockerungsstufen statt? Wie viele Untergebrachte befinden sich in welchen Lockerungsstufen? Lockerungsstufen und Anzahl der Patienten in den Lockerungsstufen Anzahl der stationären Patienten in der Stufe Umfang Begleitung*) Lockerungsstufe 0 Notwendige Ausführungen Klinikmitarbeiter 48 und gegebenenfalls Polizei (in der Regel 2 : 1) 1 Ausführung bis zu einer Stunde im 2 : 1 / 1 : 1 9 Stück auf dem Klinikgelände 2 Ausführung auch außerhalb des Klinik- 2 : 1 / 1 : 1 6 geländes 3 Ausführung in der Gruppe 1 : 3 oder 2 : 5 20 4 Zeitlich begrenzter Ausgang im Klinikgelände 11 5 Zeitlich begrenzter Ausgang im Stadtgebiet von Bremen (Stadtausgang) 17 6 Tagesausgang bis zu zehn Stunden 1 7 Ausgang auch über Nacht, Urlaub 12 8 Externe Wohngemeinschaft u. ä, Tages- 4**) klinikstatus *) Begleitung: Die erste Ziffer entspricht Anzahl der Begleitpersonen, die zweite Ziffer der Patienten (Beispiel Stufe 0 zwei Begleitpersonen/ein Patient). **) Patienten, die in der Erprobungsphase zur möglichen weiteren Betreuung in einer forensischen Wohnbetreuung sind. Der Begriff der Lockerungsstufe beschreibt den höchsten Freiheitsgrad, den ein Patient wahrnehmen kann. Es bedeutet nicht, dass er dies an jedem Tag oder in jeder Situation tun kann. 7. Wie viele Untergebrachte erhalten die vorgenannte Lockerungsstufe nur deshalb , weil durch eine Medikation sichergestellt wird, dass sie nicht ihren „Trieben “ nachgehen und rückfällig werden beziehungsweise andere rechtswidrige Taten begehen? Aus den genannten Gründen erhält kein Patient eine Lockerungsstufe. 8. Wie wird die dauerhafte Einnahme der Medikation sichergestellt? Welche Kontrollmechanismen gibt es? Wie viele Fälle gab es seit dem Jahr 2009, in denen ein Untergebrachter seine Medikation vom Personal unbemerkt nicht genommen hat? Welche Maßnahmen wurden daraufhin eingeleitet? Die Medikamenteneinnahme wird zum Teil durch die Vergabe von Depotpräparaten sichergestellt und in den Fällen, wo dies nicht möglich ist, durch Spiegelkontrollen der Medikamente überprüft. Wenn bemerkt wird, dass ein Patient seine Medikamente nicht regelmäßig nimmt, wird dies mit ihm besprochen und entsprechend den Hintergründen der mangelnden Compliance und dem von dem Patienten konkret ausgehenden Risiken individuell reagiert. Eine Statistik zu dieser Frage wird nicht geführt. 9. Auf welcher rechtlichen Grundlage basiert die zwangsweise Vergabe der Medikation ? Wer ordnet die Zwangsmedikation an, und wie wird sie in der Praxis umgesetzt? — 4 — Die zwangsweise Verabreichung von Medikamenten erfolgt aktuell auf der Grundlage des rechtfertigenden Notstands, da eine andere Rechtsgrundlage nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerfG) nicht mehr besteht . Zur Umsetzung der Entscheidung des BVerfG in Landesrecht hat der Senat eine Änderung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten beschlossen. Diese ist in erster Lesung im Mai diesen Jahres von der Bürgerschaft (Landtag) (Drs. 18/1379) beschlossen worden. 10. Inwieweit werden die Untergebrachten bei ihren alleinigen Ausgängen auf und außerhalb des Klinikgeländes überwacht? Wie viele Rückfälle von Untergebrachten gab es seit dem Jahr 2009, in denen sie auf einem Ausgang oder gegenüber dem Personal rechtswidrige Taten begangen haben? Bei Ausgängen auf dem Klinikgelände werden zum Teil sogenannte Laufbücher eingesetzt, in denen der Patient bei zielgerichteten Ausgängen seine Abgangszeit und Ankunftszeit bestätigen lassen muss. Im Einzelfall finden unbeobachtete Begleitungen statt, d. h. ein Mitarbeiter beobachtet den Gang des Patienten unbemerkt. Ausgänge außerhalb des Klinikgeländes werden nicht überwacht. Zu Straftaten im Verlauf von Lockerungen ist es seit 2010 wie folgt gekommen: 2009 Keine Straftaten 2010 Ein Fall von Exhibitionismus, sowie ein Fall von Drogenhandel innerhalb der Klinik 2011 Diebstahl einer Flasche Bier 2012 Ein Fall von Einbruchdiebstahl 2013 Zwei Fälle von Gefährdung einer Entziehungsbehandlung (Drogen in die Klinik eingeschleust) 2014 Ein Fall von Diebstahl Im Rahmen von psychotischen Krisen ist es darüber hinaus im Zustand der Schuldunfähigkeit zu Brandlegungen innerhalb der Klinik gekommen: 2009 Keine 2010 Drei Brandlegungen 2011 Drei Brandlegungen 2012 Eine Brandlegung 2013 Zwei Brandlegungen 2014 Keine 11. In wie vielen Fällen musste das Personal seit dem Jahr 2009 durch welche Zwangsmaßnahmen eingreifen? Im Rahmen von aggressiven oder psychotischen Impulsdurchbrüchen ist es aufgrund von Gewaltandrohung oder Gewaltausübung gegen Mitarbeiter oder Mitpatienten zu Absonderungen, Fixierungen und Zwangsmedikationen gekommen : — 5 — Absonderung Gewalt Gewalt im Beobgegen gegen Zwangs- achtungs- Mitpatienten Mitarbeiter Fixierung medikation zimmer 2009 7 2 10 4 18 2010 4 3 5 3 13 2011 3 2 7 7 10 2012 8 3 11 1 15 2013 8 13 23 3 24 12. Wie viele Untergebrachte befinden sich zurzeit in einer Wohngemeinschaft? Zu welchen Uhrzeiten findet eine Betreuung bzw. Beaufsichtigung dieser Untergebrachten statt? Aktuell befinden sich 15 Patienten unter laufender Maßregel in einer Wohngemeinschaft (mit Zustimmung der Gerichte). Die Betreuung in der jeweiligen Einrichtung ist einrichtungsspezifisch und variiert von 7.00 bis 21.00 Uhr plus nächtliche Rufbereitschaft bis hin zu 24 Stunden. Druck: Anker-Druck Bremen