— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1495 Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 3. Juni 2014 Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG – Umsetzung in die Praxis im Land Bremen Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 22. August 2013 (BStBl II 2014, 128) entschieden , dass Bauträger keine Bauleistungen erbringen, sondern typischerweise Grundstücke kaufen, bebauen und dann weiterverkaufen. Sie erbringen somit Grundstückslieferungen und sind daher nicht Steuerschuldner nach § 13b UStG. Konkret bedeutet dies, dass die von einem Bauträger beauftragten Handwerker künftig Bruttorechnungen erstellen und die Mehrwertsteuer selbst an das Finanzamt abführen müssen. Diese Frage war mit Rechtsnorm per 1. Januar 2011 von den Finanzbehörden genau umgekehrt entschieden worden – mit der Folge, dass die beauftragten Handwerker ab diesem Zeitpunkt nur Nettorechnungen an die Bauträger versandt und letztere die Mehrwertsteuer direkt an das Finanzamt abgeführt haben. Mit Schreiben vom 5. Februar 2014 hat sich das Bundesfinanzministerium der Entscheidung des Bundesfinanzhofs angeschlossen und verfügt, dass die geänderte Rechtsauffassung auf Umsätze anzuwenden ist, die nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 14. Februar 2014 ausgeführt werden. Diese Regelung für die künftigen Fälle ist unproblematisch, da sie praktisch eine Rückkehr zur Praxis bis zum 1. Januar 2011 bedeutet. Demgegenüber stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die geänderte Rechtsauffassung für Bauleistungen hat, die zwischen dem 1. Januar 2011 und dem 14. Februar 2014 erbracht worden sind und bei denen die Bauträger die Umsatzsteuer direkt an das Finanzamt entrichtet haben. Wir fragen deshalb den Senat: 1. Wenn der Bauträger auf die Anwendung des § 13b UStG für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 14. Februar 2014 verzichtet, seine Umsatzsteuererklärungen entsprechend berichtigt und die Erstattung der bereits gezahlten Umsatzsteuer beantragt : — Werden dann die beantragten Steuererstattungsansprüche durch das Finanzamt Bremen ausgezahlt? — Wenn ja, wann (wie schnell) erfolgt die Auszahlung? — Wenn nein, warum wird die Auszahlung verweigert? — Erhält der beauftragte Handwerker den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO, oder muss er die Umsatzsteuer an das Finanzamt nachentrichten? — Wie kann gegebenenfalls sichergestellt werden, dass keine Steuerausfälle entstehen, wenn der Bauträger die Erstattung entrichteter Umsatzsteuern verlangen und der Handwerker gleichzeitig den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO beanspruchen kann? 2. Wenn der Bauträger im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 14. Februar 2014 Nettoabschlagsrechnungen des Handwerkers erhalten hat, dafür von ihm bereits Umsatzsteueranteile an das Finanzamt entrichtet wurden und der Handwerker bei — 2 — seiner Schlussabrechnung die Umsatzsteuer für die gesamte Leistung in Rechnung stellt: — Werden dem Bauträger dann auf Antrag die bereits entrichteten Umsatzsteueranteile erstattet? — Wenn ja, wann (wie schnell) erfolgt die Erstattung? — Wenn nein, warum wird die Erstattung verweigert? — Welche Verfahren können gegenüber dem Finanzamt angewandt werden, damit es für den Bauträger nicht zu einer doppelten Liquiditätsbelastung kommt? — Welches dieser Verfahren würde – einschließlich möglicher Vereinfachungsregeln – den geringsten Verwaltungsaufwand für die betroffenen Bauträger und Handwerker sowie das Finanzamt verursachen? — Gibt es Überlegungen, durch Regelungen, wie die Schlussrechnung zu schreiben ist, eine Doppelbelastung mit Umsatzsteuern zu vermeiden? Arno Gottschalk, Max Liess, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD D a z u Antwort des Senats vom 15. Juli 2014 1. Wenn der Bauträger auf die Anwendung des § 13b UStG für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 14. Februar 2014 verzichtet, seine Umsatzsteuererklärungen entsprechend berichtigt und die Erstattung der bereits gezahlten Umsatzsteuer beantragt : — Werden dann die beantragten Steuererstattungsansprüche durch das Finanzamt Bremen ausgezahlt? Die gesamte deutsche Finanzverwaltung hat sich mit den Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 5. Februar 2014 und vom 8. Mai 2014 zur „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen“ der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) angeschlossen und wendet das BFH-Urteil vom 22. August 2013 an. Deshalb werden die beantragten Steuererstattungsansprüche durch die bremischen Finanzämter grundsätzlich ausgezahlt, sofern dem im Einzelfall keine Gründe entgegenstehen. Im Rahmen der jeweiligen Einzelfallprüfung bestehen bei der Sachverhaltsermittlung für den Antragsteller (Bauträger) für die an ihn erbrachten Bauleistungen stets Mitwirkungspflichten; insbesondere haben die Bauträger ihre Vertragspartner zu benennen. — Wenn ja, wann (wie schnell) erfolgt die Auszahlung? Die konkrete Art und Weise der Durchführung des Erstattungsverfahrens befindet sich zurzeit noch in der Abstimmung zwischen dem Bundesfinanzministerium und den Landesfinanzverwaltungen, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung im gesamten Bundesgebiet sicherzustellen. Eine pauschale Aussage zum Zeitpunkt der Auszahlung ist schon deshalb nicht möglich, weil diese von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig ist. — Wenn nein, warum wird die Auszahlung verweigert? Entfällt. — Erhält der beauftragte Handwerker den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO, oder muss er die Umsatzsteuer an das Finanzamt nachentrichten? Ursprünglich sollte eine gesonderte bundeseinheitliche Verwaltungsanweisung ergehen, der u. a. die aufgeworfene Fragestellung regelt. Im Zuge des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften – dass am 11. Juli 2014 im Bundesrat beschlossen wurden – hat der Gesetzgeber durch die Neuregelung in § 27 Abs. 19 UStG-E aufgenommen , dass der Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO nicht gilt und der — 3 — beauftragte Handwerker die Umsatzsteuer an das Finanzamt damit nachentrichten muss. Die gesetzliche Neufassung soll am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten. — Wie kann gegebenenfalls sichergestellt werden, dass keine Steuerausfälle entstehen, wenn der Bauträger die Erstattung entrichteter Umsatzsteuern verlangen und der Handwerker gleichzeitig den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO beanspruchen kann? Durch die gesetzliche Neuregelung in § 27 Abs. 19 UStG-E kann der Handwerker nicht den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO beanspruchen; es kommt damit faktisch zu keinen Steuerausfällen. Der beauftragte Handwerker wird durch die Neuregelung zum Schuldner der Umsatzsteuer. 2. Wenn der Bauträger im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 14. Februar 2014 Nettoabschlagsrechnungen des Handwerkers erhalten hat, dafür von ihm bereits Umsatzsteueranteile an das Finanzamt entrichtet wurden und der Handwerker bei seiner Schlussabrechnung die Umsatzsteuer für die gesamte Leistung in Rechnung stellt: Die grundsätzlichen Antworten zur Frage der Behandlung von Abschlagsrechnungen sind im BMF-Schreiben vom 8. Mai 2014 zur „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen – Auswirkungen der oben genannten BFH-Rechtsprechung“ geregelt worden. — Werden dem Bauträger dann auf Antrag die bereits entrichteten Umsatzsteueranteile erstattet? Soweit der Bauträger die von ihm bisher als Steuerschuldner angemeldete und entrichtete Umsatzsteuer auf Anzahlungen für bezogene Bauleistungen in der Umsatzsteuervoranmeldung berichtigt, erfolgt die Erstattung nach Maßgabe des Einzelfalls nach Abschluss der Sachverhaltsermittlung. — Wenn ja, wann (wie schnell) erfolgt die Erstattung? Da sich die Prüfung durch das Finanzamt und die sich daraus ergebenen Folgerungen von Fall zu Fall unterscheiden können, kann eine verlässliche Aussage zum Zeitpunkt der jeweiligen Erstattung nicht getroffen werden. — Wenn nein, warum wird die Erstattung verweigert? Entfällt. — Welche Verfahren können gegenüber dem Finanzamt angewandt werden, damit es für den Bauträger nicht zu einer doppelten Liquiditätsbelastung kommt? Für den Fall, dass es in bestimmten Fallkonstellationen tatsächlich zu einer temporären „doppelten Liquiditätsbelastung“ der Bauträger kommt, sieht das steuerliche Verfahrensrecht der Abgabenordnung Billigkeitsmaßnahmen wie insbesondere die Stundung vor, welche im Einzelfall auf Antrag des Bauträgers zu prüfen wären. — Welches dieser Verfahren würde – einschließlich möglicher Vereinfachungsregeln – den geringsten Verwaltungsaufwand für die betroffenen Bauträger und Handwerker sowie das Finanzamt verursachen? Für die in Rede stehenden Fälle müssen jeweils Einzelfallbetrachtungen vorgenommen werden. Da sich die Maßnahmen und die daraus ergebenen Folgerungen von Fall zu Fall unterscheiden können, kann eine Maßnahme mit dem geringsten Verwaltungsaufwand für die Unternehmer und Finanzbehörden nicht generell benannt werden. — Gibt es Überlegungen, durch Regelungen, wie die Schlussrechnung zu schreiben ist, eine Doppelbelastung mit Umsatzsteuern zu vermeiden? Überlegungen, wie Schlussrechnungen zu schreiben sind, damit eine Doppelbelastung mit Umsatzsteuern vermieden werden kann, gibt es nicht. Denn die leistenden Unternehmer sind für nach dem 14. Februar 2014 erbrachte Bauleistungen – auch wenn vorher Anzahlungsrechnungen erteilt worden sind – wegen der Anwendung der BFH-Rechtsprechung insgesamt die Steuerschuldner . Druck: Anker-Druck Bremen