— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1504 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 6. Mai 2014 Suchtprävention für Menschen mit geistigen Behinderungen Im Zuge der Inklusion gelingt es immer häufiger, Menschen mit geistigen Behinderungen in den Lebensalltag der Gesellschaft zu integrieren. Durch diese Entwicklung wird die selbstbestimmte Teilhabe dieser Menschen in verschiedenen Lebensbereichen gefördert. Neben vielen neuen Möglichkeiten der Lebensgestaltung entstehen durch die größeren Freiräume für Menschen mit geistigen Behinderungen aber auch neue Risiken und Gefährdungen. Untersuchungen, wie z. B. der Diakonischen Stiftung Wittekindshof/Westfalen-Lippe zeigen, dass das Suchtrisiko mit dem Grad der Eigenständigkeit und Selbstbestimmung steigt. Es ist davon auszugehen, dass das Suchtverhalten mindestens dem der übrigen Bevölkerung entspricht. Laut Studie scheinen Menschen mit geistigen Behinderungen zudem aus verschiedenen Gründen besonders anfällig für ein Suchtverhalten zu sein. Dazu zählen u. a.: Schwierigkeiten, die Auswirkungen des Suchtkonsums zu erfassen, oftmals fehlende soziale Netzwerke, leichtere Beeinflussbarkeit durch andere, mangelnde Selbstkontrolle , fehlendes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und ein geringeres Selbstwertgefühl , unzureichende soziale Kompetenzen, aber auch fehlendes Wissen über einen Substanzgebrauch und eine nur schwache Verweigerungsfähigkeit. Gleichzeitig wird festgestellt, dass die Methoden der heute angebotenen Suchtprävention nur begrenzt auf Menschen mit geistigen Behinderungen übertragbar sind. Den Anbietern fehlt es oft an Wissen und an Erfahrung im Umgang mit dieser Zielgruppe . Auf der anderen Seite fehlt es auch in den Einrichtungen der Behindertenhilfe oft an suchtspezifischen Kenntnissen und geeigneten Interventionsstrategien. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie viele Menschen mit geistiger Behinderung wurden im Jahr 2009, 2011 und 2013 im Land Bremen jeweils mit einer Suchtproblematik auffällig (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtgemeinde, Geschlecht, Alter und Suchtform)? 2. Welche Präventionsmaßnahmen werden in den Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen angeboten, um sie vom (übermäßigen) Konsum abhängig machender Substanzen, wie z. B. Alkohol, abzuhalten? Besteht eine Vernetzung zum Suchthilfesystem? Wie unterstützt der Senat eine solche Vernetzung? 3. Welche Maßnahmen werden in den Einrichtungen in der Regel ergriffen, wenn eine Suchtproblematik auffällt? Werden diese Maßnahmen durch alle Mitarbeiter verbindlich umgesetzt? Welche Arten von Unterstützung, Beratung und Therapie werden angeboten? Wie werden gegebenenfalls Angehörige mit einbezogen ? Besteht eine Vernetzung zum Suchthilfesystem? Wie unterstützt der Senat eine solche Vernetzung? 4. Wie werden die Mitarbeiter in den Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen geschult, um präventiv und gegebenenfalls auch bei einer Therapie unterstützend tätig werden zu können? Finden regelmäßig für alle Mitarbeiter Schulungen zum Thema Sucht statt? Wie ist gewährleistet, dass in jeder Einrichtung eine kontinuierliche Suchtprävention stattfindet? 5. Wie arbeiten gegebenenfalls die verschiedenen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen (z. B. Wohn- und Arbeitseinrichtungen) beim Auftreten ei- — 2 — ner Suchtproblematik zusammen? Welche Möglichkeiten bestehen in ambulanten Wohnformen? 6. Welche Beratungsangebote der Suchthilfe außerhalb von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen richten sich ausdrücklich auch an Menschen mit geistigen Behinderungen? Wie sind die Mitarbeiter dort auf den Umgang und die speziellen Bedürfnisse von Menschen mit geistigen Behinderungen vorbereitet ? Wie viele Menschen mit geistigen Behinderungen nahmen diese Angebote jeweils 2009, 2011 und 2013 wahr? 7. Welchen Zugang haben Menschen mit geistigen Behinderungen zu Ärzten mit suchtmedizinischer Ausrichtung? Kooperieren die Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen in diesem Bereich mit bestimmten niedergelassenen Ärzten , und wenn ja, wie? 8. Welche weiteren Angebote zur Prävention und zur Unterstützung von suchtkranken Menschen mit geistigen Behinderungen sind nach Auffassung des Senats in den nächsten Jahren, besonders hinsichtlich der Ambulantisierung von Wohnangeboten und der Verselbstständigung der Lebensführung, notwendig? Sigrid Grönert, Silvia Neumeyer, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 22. Juli 2014 Vorbemerkung Durch verschiedene Studien in der Bundesrepublik Deutschland in den vergangenen Jahren wurde und wird der Blick auf das Thema „Menschen mit geistiger Behinderung und Suchtproblematik“ in der Behindertenhilfe deutlicher als zuvor fachlich wahrgenommen und diskutiert. Die fachlichen Leitlinien – Normalisierung, Integration und auch durch die Zielorientierung der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) hin zu einer inklusiven Gesellschaft durch selbstbestimmte Teilhabe in allen Lebensbereichen – führen dazu, dass im Rahmen der gesundheitlichen Vorsorge auch zielgruppenspezifische Präventionskonzepte für einen gesundheitsfördernden Lebensstil umzusetzen sind. „Normalität“ heißt für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen auch, sich an den Konsumangeboten und Lebensstilen zu orientieren, die für viele Menschen gelten und allen offen zur Verfügung stehen sollen. Dies betrifft sowohl den Medienkonsum, das Ernährungsverhalten, das Rauchen oder auch den Konsum von Alkohol sowie gegebenenfalls anderer Suchtmittel. Konzepte für die Vorbereitung auf ein selbstständiges Wohnen haben daher dieses gesellschaftliche Umfeld zu berücksichtigen und dazu individuelle Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Vorfeld anzubieten. 1. Wie viele Menschen mit geistiger Behinderung wurden im Jahr 2009, 2011 und 2013 im Land Bremen jeweils mit einer Suchtproblematik auffällig (bitte aufgeschlüsselt nach Stadtgemeinde, Geschlecht, Alter und Suchtform)? Hierzu liegen keine Daten vor. Eine statistische Erfassung der Menschen mit geistiger Behinderung, die mit einer Suchtproblematik auffällig wurden, ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Bei sogenannten Doppel- und Mehrfachdiagnosen der Personen mit wesentlicher Beeinträchtigung wird die im Vordergrund stehende Beeinträchtigung statistisch erfasst. Ergebnisse zum Thema Suchtprävention für Menschen mit geistiger Behinderung können daher nur durch Studien im Sinne einer Vollerhebung ermittelt werden, wie sie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen durchgeführt worden ist. Nach Aussagen dieser Studien wird eingeschätzt, dass das Suchtverhalten etwa dem Verhalten der gesamten Gesellschaft entspricht, d. h. Menschen mit geistiger Behinderung in Wohneinrichtungen könnten zu 4,2 % als „alkoholabhängig “ und zu 6,7 % als „alkoholgefährdet“ eingestuft werden. Auf die Zahl der Menschen mit geistiger Behinderung bezogen, die im Land Bremen in 2013 davon betroffen sein könnten, müssten danach von 1 841 Personen ca. 77 Personen als „alkoholabhängig“ und ca. 123 Personen als „alkoholgefährdet“ eingeschätzt werden. — 3 — 2. Welche Präventionsmaßnahmen werden in den Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen angeboten, um sie vom (übermäßigen) Konsum abhängig machende Substanzen, wie z. B. Alkohol, abzuhalten. Besteht eine Vernetzung zum Suchthilfesystem? Wie unterstützt der Senat eine solche Vernetzung? 6. Welche Beratungsangebote der Suchthilfe außerhalb von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen richten sich ausdrücklich auch an Menschen mit geistigen Behinderungen? Wie sind diese Mitarbeiter dort auf den Umgang und die speziellen Bedürfnisse von Menschen mit geistigen Behinderungen vorbereitet? Wie viele Menschen mit geistigen Behinderungen nahmen diese Angebote jeweils 2009, 2011 und 2013 wahr? Eine zentrale Rolle für die Prävention und Beratung von Menschen mit geistiger Behinderung, wenn gleichzeitig eine psychiatrische Krankheit oder Suchtproblematik vorliegt, spielen die sozialpsychiatrischen Dienste bzw. Beratungsstellen in Bremen und Bremerhaven. Diese Dienste und Beratungsstellen erfüllen öffentliche Aufgaben in den Bereichen • Beratung, Betreuung und Krisenintervention (PsychKG), • Begutachtung u. a. für Eingliederungsmaßnahmen nach dem SGB XII (z. B. betreutes Wohnen, Heimwohnen, Tagesstruktur), • Koordination und Vernetzung. Diese Aufgaben werden wahrgenommen für • psychisch Kranke, • Suchtkranke sowie für • geistig und mehrfach behinderte Menschen (ausschließlich in Bremerhaven) und deren Angehörige. Die Dienste und Beratungsstellen verfügen über ärztliche und sozialarbeiterische Kompetenzen in den Bereichen der gesundheitlichen Versorgung für die oben genannten Personenkreise. In Bremerhaven werden die Aufgaben in einer Dienststelle in besonderer Weise auch für den Personenkreis der Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung und Suchtverhalten bzw. zusätzlichen psychischen Störungen wahrgenommen . Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Gesundheitamtes in Bremerhaven agieren in allen drei Versorgungsbereichen für psychisch Kranke, Suchtkranke und geistig und mehrfach behinderte Menschen und stellen die erforderlichen Hilfen sowie die zweckmäßige Vernetzung sicher. Im Bereich der Eingliederungshilfe erfolgen durch den Sozialpsychiatrischen Dienst Bremerhaven für die oben genannten Personenkreise und damit auch für Menschen mit geistiger Behinderung und Suchtproblematik Erst- und Folgebegutachtungen im Rahmen der Stellungnahme zum Gesamtplan gemäß § 58 SGB XII. Für Personen mit besonderen Problematiken, wie z. B. geistige Behinderung und Suchtproblematik, werden entsprechende Maßnahmen im Rahmen dieser Hilfeplangespräche vereinbart. Dabei werden auch Angebote aus dem Suchthilfesystem (Suchtberatungszentrum) bzw. der psychiatrischen Versorgung berücksichtigt. In Bremen werden die oben genannten Aufgaben für psychisch kranke und suchtkranke Personen durch die sozialpsychiatrischen Beratungsstellen in den regionalen Behandlungszentren der Kliniken Ost und Nord wahrgenommen. Für den Personenkreis der geistig und mehrfach behinderten Personen ist der Sozialdienst Erwachsene des Amtes für Soziale Dienste für Erst- und Folgebegutachtungen im Rahmen der Hilfeplanung für den Lebensbereich Wohnen für den Gesamtplan gemäß § 58 SGB XII zuständig. Im Rahmen der Begutachtungsgespräche bzw. durch Fallkonferenzen werden die gesundheitlichen Fragestellungen , auch zu Suchterkrankungen, individuell beraten und Ziele für den weiteren Entwicklungsverlauf vereinbart. Die Behandlungszentren werden im Einzelfall vom Sozialdienst Erwachsene zur Unterstützung eingeschaltet, wenn — 4 — es sich um einen Kriseneinsatz oder um entsprechende Suchtproblematiken handelt . Dies erfordert einen entsprechenden Abstimmungsbedarf zwischen den verschiedenen Diensten im Gesundheits- und Sozialbereich. Die Träger von ambulanten und stationären Wohnformen sind konzeptionell auf alle gesundheitlichen Belange und auch auf Fragen der Suchterkrankung eingestellt . Entweder verfügen sie selbst über fachkompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Wohneinrichtungen oder sie stellen durch Schulungskonzepte und Kontakte zu Suchtberatungsstellen eine qualifizierte Unterstützung im Einzelfall sicher. Da die Tagesstruktur in Form von Arbeit und Beschäftigung in der Regel außerhalb der Wohnangebote organisiert ist, besteht auch eine umfassende Verantwortung in den Werkstätten für behinderte Menschen. Bei den Trägern von Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) erfolgt ein regelmäßiger Austausch zwischen Fachkräften des psychologischen Dienstes, im Bereich der Suchtkrankenhilfe mit berufserfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Sozialdienst und den Gruppenleitungen zu potenziell Suchtgefährdeten im Rahmen regelmäßiger Teamsitzungen. Präventionsarbeit erfolgt daher im konkreten Einzelfall. Die Thematisierung der Konsequenzen übermäßigen Konsums bzw. Missbrauchs von Suchtmitteln erfolgt in den Gesprächen der jeweiligen Beschäftigten mit den Gruppenleitungen sowie durch die Information der internen und externen Ansprechpartner. Es werden Einzelgespräche mit Beschäftigten geführt, die als potenziell gefährdet eingeschätzt werden. Sie werden dazu eingeladen, an der Suchtgruppe teilzunehmen. Im Rahmen der Suchtgruppe kommt jährlich ein Suchtberater in die Werkstatt. Für die Tagesförderstätten gelten die gleichen Grundsätze im Rahmen der Einzelarbeit . Es wird aber eingeschätzt, dass das Thema Suchtprävention und -beratung für diesen Personenkreis eine untergeordnete Rolle spielt. Das System der Suchtkrankenhilfe und die Träger von Wohn- und Beschäftigungsangeboten müssen in Bremen und Bremerhaven im Einzelfall zusammenarbeiten , um die jeweils spezifischen Fachkenntnisse zur Prävention, Beratung und auch zur Intervention für den Personenkreis der geistig behinderten Menschen einsetzen zu können. Die Beratungsangebote der Suchtkrankenhilfe richten sich an alle Personen. Für die speziellen Bedürfnisse der Menschen mit geistigen Behinderungen bedarf es über die Einzelfallkooperation hinaus der Entwicklung gemeinsamer fachlicher Leitlinien. Zu den statistischen Auswertungen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Welche Maßnahmen werden in den Einrichtungen in der Regel ergriffen, wenn eine Suchtproblematik auffällt? Werden diese Maßnahmen durch alle Mitarbeiter verbindlich umgesetzt? Welche Arten von Unterstützung, Beratung und Therapie werden angeboten? Wie werden gegebenenfalls Angehörige mit einbezogen ? Besteht eine Vernetzung mit dem Suchthilfesystem? Wie unterstützt der Senat eine solche Vernetzung? Bei bekanntem aktivem Suchtmittelgebrauch erfolgt zunächst keine Aufnahme in die Werkstatt. Wenn eine Suchtproblematik nach erfolgter Aufnahme in die Werkstatt auffällt, wird eine Zielvereinbarung über den regelmäßigen Besuch der Suchtgruppe geschlossen. Die Suchtgruppe ist ein Begleitangebot, das während der Arbeitszeit stattfindet und nach dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe angelegt ist. Bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Eingangsverfahren/im Berufsbildungsbereich wird eine Vereinbarung über regelmäßige Arztbesuche geschlossen, verbunden mit der Überprüfung, ob eventuell Rauschgifte konsumiert werden. Dies ist durch Vorlage einer Bescheinigung nachzuweisen. Im Bedarfsfall wird eine Therapie vermittelt. Die Wohnbetreuung, die rechtliche Betreuung und gegebenenfalls die Angehörigen werden informiert. Dabei wird geklärt, wer den Beschäftigten dabei unterstützt, Kontakt zu Fachärzten und zur Suchtberatung herzustellen. Im Einzelfall kann, wenn keine weitere Betreuung durch Dritte geleistet wird, auch eine Begleitung sowie Hilfe beim Ausfüllen der Anträge durch den Sozialdienst der Werkstatt angeboten werden. Der Begleitdienst in den Werkstätten bietet generell eine Beratung zu den Möglichkeiten und zum Ablauf von Entgiftung und Therapie, deren Anbahnung an — 5 — sowie zu externen Selbsthilfegruppen außerhalb der Werkstätten (Hinweis auf Wegweiser Psychiatrie) an. Angehörige bringen in der Regel viele spezifische Fragestellungen mit, die bestmöglich beantwortet werden. Die Werkstätten als Teil des Versorgungssystems psychisch Kranker und suchtkranker Menschen sind mit den spezifischen Diensten vernetzt. Therapeutische Angebote werden in den Werkstätten nicht vorgehalten, da dies keine Aufgabe der WfbM darstellt. Es wird umfassend beraten und gegebenenfalls auch die Vermittlung von Angeboten organisiert. Personen mit akuter Problematik erhalten in Absprache mit der Lebenspartnerin/dem Lebenspartner/gegebenenfalls den Angehörigen oder der gesetzlichen Betreuung einen Termin in der Suchtberatungsstelle, gegebenenfalls erfolgt die weitere Veranlassung zum Entzug und anschließende Therapie in Fachkliniken. Die Fachklinik Oldenburger Land (To Hus/Dötlingen) ist konzeptionell auf Frauen und Männer mit einer Intelligenzminderung, mit Störungen im Kontakt- und Kommunikationsbereich fachlich eingestellt. Im Einzelfall kann auch der Kontakt zu den Selbsthilfegruppen, wie den Anonymen Alkoholikern hergestellt werden, auf Wunsch kann auch die Begleitung zu den Treffen erfolgen. Dies ist immer dann möglich, wenn die Gruppen auch für die jeweilige Person mit einer geistigen Beeinträchtigung geeignet sind. Dieses Vorgehen wird in enger Kooperation mit den ambulanten und stationären Wohnanbietern abgestimmt. 4. Wie werden die Mitarbeiter in den Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen geschult, um präventiv und gegebenenfalls auch bei einer Therapie unterstützend tätig werden zu können? Finden regelmäßig für alle Mitarbeiter Schulungen zum Thema Sucht statt? Wie ist gewährleistet, dass in jeder Einrichtung eine kontinuierliche Suchtprävention stattfindet? Bereich Werkstätten In den Werkstätten für behinderte Menschen sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, die eine Suchtkrankenhelferfortbildung absolviert haben. Diese sind in die Angebote (Gesprächskreise, Beratung, auch kollegiale Beratung) einbezogen . Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden von den im Bereich Suchthilfe und Psychiatrie erfahrenen Kolleginnen und Kollegen beraten und zeigen potenzielle Unterstützungsbedarfe an. Die unterstützende sowie die präventive Beratung erfolgt dann federführend durch die erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit dem Werkstattrat erfolgt ein regelmäßiger Austausch in den Sitzungen zum Thema Sucht, insbesondere bei Konsum am Arbeitsplatz, angetrunken am Arbeitsplatz , Verkauf von Drogen etc. Die Zusammenarbeit erfolgt mit dem betrieblichen Suchtbeauftragten. Es werden jährliche Schulungen, Vorträge zum Thema Sucht, auch inhaltliche Fortbildungen im Bereich psychischer Erkrankungen , Suchtverhalten und Abhängigkeiten organisiert. Bereich Wohnangebote Zukünftig sollen Fachveranstaltungen organisiert und möglichst für alle Träger von ambulanten und stationären Wohnformen im Land Bremen zur Suchtprävention angeboten werden. Im Rahmen interner Fortbildungen der sozialpsychiatrischen Beratungsstellen und psychiatrischen Institutsambulanzen in Bremen werden auch Veranstaltungen über die Behandlung von Menschen mit kognitiven Einschränkungen angeboten , z. B. im Juni 2014 für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des psychiatrischen Krisendienstes. Am 20. November 2014 dieses Jahres wird von verschiedenen Trägern ein Fachtag im Haus im Park durchgeführt, bei dem Aspekte geistiger Behinderung und psychiatrischer Erkrankung mit dem Ziel diskutiert werden, Verbesserungen in der Versorgung abzuleiten. 5. Wie arbeiten gegebenenfalls die verschiedenen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen (z. B. Wohn- und Arbeitseinrichtungen) beim Auftreten einer Suchtproblematik zusammen? Welche Möglichkeiten bestehen in ambulanten Wohnformen? Beim Auftreten einer Suchtproblematik erfolgt auch eine Mitteilung an den begleitenden Dienst der Werkstatt, wenn Lösungen durch die Gruppenleitung nicht — 6 — ausreichen. Dieser Dienst übernimmt dann die Koordination zwischen allen Beteiligten (Betroffene, Wohnbetreuung und gesetzlicher Betreuung). Dies gilt sowohl für Personen, die in stationären Einrichtungen wie auch in ambulanten Wohnformen leben. Die Wohnbetreuung der ambulanten Angebote oder stationären Einrichtungen und der begleitende Dienst der Werkstätten stimmen sich hinsichtlich der Zielsetzung sowie der konkret zu ergreifenden Maßnahmen (Verbote , tagegeldweise Auszahlung von Taschengeld, Begleitung bei Einkäufen . . .) einzelfallbezogen ab. In den ambulanten Wohnformen werden diese Personen sowie gefährdete Personen im Rahmen der individuellen Hilfeplanung beraten, unterstützt und begleitet . 7. Welchen Zugang haben Menschen mit geistigen Behinderungen zu Ärzten mit suchtmedizinischer Ausrichtung? Kooperieren die Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen in diesem Bereich mit bestimmten niedergelassenen Ärzten , und wenn ja, wie? Die Leistungsanbieter im Bereich Wohnen für erwachsene Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen monieren seit Jahren die mangelnde Zeit oder Bereitschaft der niedergelassenen Ärzte, sich auf die besonderen Bedarfe der Patienten mit geistigen Beeinträchtigungen einzustellen. In Bremen beschäftigt sich seit Jahren ein Arbeitskreis mit dem Aufbau einer Zentrumsversorgung im multiprofessionellen Team auch für erwachsene Menschen mit geistigen und mehrfachen Beeinträchtigungen. Im engen Verbund soll eine Kooperation mit niedergelassenen Ärzten erfolgen. Auf der Gesundheitsministerkonferenz der Länder im Juni 2014 wurden auf Antrag des Landes Bremen die gesetzlichen Grundlagen zur Einrichtung von sozialmedizinischen Zentren bzw. Ambulanzen zur Versorgung der oben genannten Zielgruppe einstimmig beschlossen. Somit könnte in naher Zukunft eine Grundlage zum Aufbau und zur Finanzierung eines Medizinischen Zentrums für geistig behinderte Erwachsene (MZEB) in Bremen vorliegen. 8. Welche weiteren Angebote zur Prävention und zur Unterstützung von suchtkranken Menschen mit geistigen Behinderungen sind nach Auffassung des Senats in den nächsten Jahren besonders hinsichtlich der Ambulantisierung von Wohnangeboten und der Verselbstständigung der Lebensführung notwendig? Auftrag der Schulen Mit der Umsetzung und Entwicklung der inklusiven Schule hat das Landesinstitut für Schule in den suchtpräventiven Maßnahmen, sowohl in den Informationsveranstaltungen für Schülerinnen/Schüler und Lehrkräfte, als auch in den präventiven Projekten mit Schulklassen, den Fokus Suchtprävention und Behinderung aufgegriffen. Im Team der Lehrkräfte in der Suchtprävention arbeiten inklusionserfahrene Lehrkräfte. Eine erste interne Fortbildung „Inklusionsklassen und Suchtprävention“ sensibilisierte Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der Suchtprävention und thematisierte die Entwicklung und den Einsatz geeigneter Methoden. Im Rahmen des Projekts „Ganz schön stark“ für Grundschulklassen und Kitas, sind Sucht- und Gewaltprävention selbstverständliche und integrierte Aspekte einer inklusiven Arbeit. Das Projekt „Kribbeln im Bauch“ ist so konzipiert, dass es mit der suchtpräventiven Arbeit, insbesondere auch geistig behinderte Jugendliche , erreichen und stärken kann. Hier wurden in den letzten Jahren wertvolle Erfahrungen gemacht, die in die suchtpräventive Arbeit integriert werden können. Ziel solcher lebenskompetenzorientierte Projekte ist die Vorbereitung darauf, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Fortbildungen für Lehrkräfte zur motivierenden Gesprächsführung und zum FASD (Fetales Alkohol Syndrom) sensibilisieren für besondere Zielgruppen und deren Unterstützung. Auftrag im Bereich Wohnen, Arbeit und Beschäftigung Das Thema Suchtprävention und -beratung für Menschen mit geistigen oder auch anderen Beeinträchtigungen steht im engen Zusammenhang mit den Unterstützungsbedarfen im Bereich Wohnen und im Bereich Arbeit und Be- — 7 — schäftigung. Für die in Bremen vorhandene zielgruppenspezifische Aufgabenteilung zwischen dem Gesundheitsressort, dem Sozialressort und Bildungsressort bedarf es für die Personen mit Mehrfachdiagnosen der Weiterentwicklung einer konzeptionellen Zusammenarbeit wie der gemeinsamen Entwicklung von fachlichen Leitlinien. Die im Rahmen der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention diskutierten und für das Bremer Aktionsprogramm vorgeschlagenen Maßnahmen sind dabei wichtige Zwischenschritte, die multiprofessionelle Qualifikation und Kompetenz der beteiligten Fachdienste zu entwickeln und zu stärken. Dazu gehören insbesondere: • Schaffung von angemessenen therapeutischen (beratenden) Angeboten für Menschen mit einer geistigen Behinderung und einer psychischen Erkrankung (Doppel- bzw. Mehrfachdiagnosen), • Schaffung eines medizinischen Zentrums für Erwachsene mit Behinderung, • Ausbau der Aus-, Fort- und Weiterbildung für Gesundheitsberufe zur Sensibilisierung für die Belange behinderter Männer und Frauen, • Verbesserung des Informations- und Beratungsangebotes für Menschen mit Behinderung. Auftrag im Rahmen der Ambulantisierung Die ambulanten und stationären Wohntrainingsmaßnahmen der Träger der Wohneinrichtungen ermöglichen ein selbstständigeres Wohnen zu erproben. Im Rahmen einer solchen Vorbereitung ist die Erhöhung der Kompetenzen in allen Lebensbereichen das Ziel. Dazu gehört im Rahmen der sonstigen Begleitung auch die Suchtprävention. Druck: Anker-Druck Bremen