— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1522 (zu Drs. 18/1481) 12. 08. 14 Mitteilung des Senats vom 12. August 2014 Mehr Einbürgerungen im Land Bremen Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat unter Drucksache 18/1481 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Personen haben in den letzten vier Jahren einen Antrag auf Einbürgerung gestellt, und wie hat sich diese Zahl im ersten Halbjahr 2014 entwickelt? Die Antragszahlen ergeben sich aus der folgenden Tabelle: Stadtgemeinde Jahr Land Bremen Bremen Bremerhaven 2010 1 681 1 473 200 2011 1 570 1 304 266 2012 1 724 1 485 239 2013 1 784 1 543 241 2014 (1. Halbjahr) 815 704 111 2. Wie viele Anträge wurden abgelehnt, und welche Gründe lagen dafür vor? Über die Anzahl der abgelehnten Einbürgerungsanträge aus den vergangenen Jahren in Bremen und Bremerhaven liegen statistische Angaben nicht vor. Allerdings wurden im Verhältnis zu den Einbürgerungsanträgen insgesamt nur wenige Anträge abgelehnt. Die Anzahl der Ablehnungen betrug geschätzt etwa 2 %. Im ersten Halbjahr 2014 wurden nur neun Anträge (fünf Freie Hansestadt Bremen , vier Bremerhaven) abgelehnt, dagegen wurden 761 Einbürgerungen vollzogen (651 Freie Hansestadt Bremen, 110 Bremerhaven) und 412 Einbürgerungszusicherungen erteilt (358 Freie Hansestadt Bremen, 54 Bremerhaven). Die Gründe für eine Ablehnung sind vielfältig, z. B. wegen fehlender ausreichender deutscher Sprachkenntnisse, strafrechtlicher Verurteilungen und/oder des Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 1 (extremistische Bestrebungen). 3. Wie lange dauert das Verfahren der Einbürgerung vom Zeitpunkt der Antragstellung bis zum Erhalt der deutschen Staatsangehörigkeit, und was sind gegebenenfalls die Gründe für unverhältnismäßig lange Bearbeitungszeiten? Welche Maßnahmen gedenkt der Senat zu ergreifen, um eine zügige Bearbeitung der Anträge zu gewährleisten? Einbürgerungsanträge werden chronologisch nach ihrem Eingang bearbeitet. Während in Bremerhaven die Anträge nach Eingang umgehend in Bearbeitung genommen werden, werden in Bremen gegenwärtig Anträge aus Dezember 2013 bearbeitet. Die derzeit längeren Bearbeitungszeiten in Bremen sind auf eine hohe personelle Fluktuation in den letzten Jahren und damit einhergehen- — 2 — de längere offene Vakanzen zurückzuführen. Aufgrund der inzwischen erfolgten Wiederbesetzung offener Stellen und der befristeten personellen Verstärkung des Bereichs um vier Nachwuchskräfte des gehobenen Dienstes zum 1. März bzw. 1. August 2014 wird angestrebt, die Bearbeitungszeiten bis zum 1. Oktober 2014 auf mindestens sechs Monate zurückzuführen. Die tatsächlichen Bearbeitungszeiten hängen dabei von unterschiedlichen Faktoren ab, weshalb sich eine bestimmte Bearbeitungsdauer nicht standardisieren lässt. In einfachen Fällen kann ein Einbürgerungsverfahren bereits nach ca. drei bis vier Monaten abgeschlossen werden, in schwierigen Fällen aber auch erst nach Jahren. Faktoren für eine unterschiedliche Verfahrensdauer sind z. B. erhöhter (Klärungs-)Aufwand im Zusammenhang mit Mehrstaatigkeit, wirtschaftlichen Voraussetzungen, Straffreiheit oder Sprachkenntnissen, wobei insbesondere die gesetzliche Verpflichtung, dass vor der Einbürgerung die Entlassung aus der anderen Staatsangehörigkeit herbeizuführen ist, zu Verzögerungen führt. 4. Welche Rolle spielen Beratungsgespräche der zuständigen Dienststellen beim erfolgreichen Antragsverfahren? Die im Vorfeld der Einleitung eines Einbürgerungsverfahrens stattfindenden Beratungsgespräche sind von besonderer Wichtigkeit. Sie dienen dazu, Antragstellerinnen und Antragsteller im Hinblick auf die Erfolgsaussichten eines Einbürgerungsantrags individuell zu beraten. Sie dienen aber auch der Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren. So können die benötigten Unterlagen fallbezogen ermittelt und dann entsprechend von den Antragstellerinnen und Antragstellern eingereicht werden. 5. Wie hat sich die Einbürgerungsquote des Bundeslandes Bremen im Vergleich zu den anderen Bundesländern seit 2010 entwickelt? Die Einbürgerungsquote lag im Jahr 2011 bei 1,74 % und im Jahr 2012 bei 1,77 %. Damit stand Bremen nach Hamburg, Hessen und Schleswig-Holstein auf dem vierten Platz. Im Jahre 2013 lag die Quote bei 1,73 %. Bremen lag damit nach Hamburg, Schleswig-Holstein, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland auf dem sechsten Rang. Die gegenüber den Vorjahren schlechtere Platzierung dürfte auf die fehlenden personellen Ressourcen in der Einbürgerungsbehörde im Stadtamt und die dadurch entstandenen Rückstände zurückzuführen sein. 6. Welche Gründe sind nach Kenntnis des Senats dafür maßgebend, dass die Einbürgerung nicht beantragt wird, obgleich die Voraussetzungen vorliegen? Hier können nur Mutmaßungen angestellt werden. Ein Grund dürfte sicherlich darin liegen, dass das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht grundsätzlich bei der Einbürgerung die Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit fordert. Auch dürften die teilweise nicht unerheblichen Kosten, die im Zusammenhang mit der Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit entstehen können, ursächlich sein. Darüber hinaus können zudem fehlende Informationen über die Voraussetzungen einer Einbürgerung dazu führen, dass dieses Recht nicht wahrgenommen wird. Die vom Senat geplante Einbürgerungskampagne soll dazu beitragen, diese Informationen noch besser zur Verfügung zu stellen. 7. Wie hoch sind die Gebühren im Einbürgerungsverfahren im Regelfall, welche Möglichkeiten bestehen hinsichtlich einer Gebührenreduzierung, und in welchem Maße werden diese genutzt? Die Gebühr für die Einbürgerung beträgt 255 ‡; für miteinzubürgernde minderjährige Kinder 51 ‡. Von der Gebühr kann aus Billigkeit oder aus öffentlichen Gründen eine Gebührenermäßigung oder -befreiung erteilt werden. Die Entscheidung wird einzelfallbezogen getroffen. Bei entsprechenden Anträgen wird insbesondere berücksichtigt, ob die Betroffenen über eigenes Einkommen verfügen bzw. unverschuldet im Bezug von öffentlichen Leistungen stehen. Über die Anzahl der gewährten Ermäßigungen oder Befreiungen wird keine Statistik geführt. Der Umfang ist jedoch eher gering. 8. In wie vielen Fällen erfolgten die Einbürgerungen in den vergangenen vier Jahren und im ersten Halbjahr 2014 unter Beibehaltung der bisherigen Staatsange- — 3 — hörigkeit (bitte insgesamt und nach den jeweils beteiligten nicht deutschen Staatsangehörigkeiten aufgeschlüsselt)? a) Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit nach Einbürgerungsort Jahr Land Bremen Stadtgemeinde Bremen Bremerhaven 2010 658 (339 männlich/ 596 (308 männlich/ 62 (31 männlich/ 319 weiblich) 288 weiblich) 31 weiblich) 2011 648 (330 männlich/ 554 (281 männlich/ 94 (49 männlich/ 318 weiblich) 273 weiblich) 45 weiblich) 2012 615 (305 männlich/ 477 (230 männlich/ 138 (75 männlich/ 310 weiblich) 247 weiblich) 63 weiblich) 2013 532 (268 männlich/ 414 (207 männlich/ 118 (61 männlich/ 264 weiblich) 207 weiblich) 57 weiblich) Die Anzahl der Einbürgerungen unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit ist abhängig von der absoluten Zahl der Einbürgerungen, wird aber auch durch andere Faktoren, z. B. durch die Herkunftsländer der Antragsteller, beeinflusst . Für das erste Halbjahr 2014 liegen statistische Angaben hierüber nicht vor. Es ist aber davon auszugehen, dass die Anzahl der Personen, die in diesem Jahr unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eingebürgert werden, weitgehend den Vorjahreswerten entsprechen wird. b) Hinnahme von Mehrstaatigkeit nach Herkunftsort*) Jahr Insgesamt Europa Afrika Amerika Asien 2010 658 258 107 23 270 (121 m./137 w.) (69 m./38 w.) (5 m./18 w.) (144 m./126 w.) EU-Länder Marokko Brasilien Iran 87 44 15 115 (30 m./57 w.) (28 m./16 w.) (3 m./12 w.) (52 m./63 w.) Türkei Nigeria Libanon 68 24 47 (40 m./28 w.) (17 m/7 w.) (26 m./21 w.) Kosovo Togo Irak 40 16 37 (24 m./16 w.) (11. m./5 w.) (27 m./10 w.) Serbien Syrien 21 32 (13 m./8 w.) (18 m./14 w.) Afghanistan 22 (13 m./9 w.) Jahr Insgesamt Europa Afrika Amerika Asien 2011 648 286 108 28 226 (136 m./150 w.) (69 m./39 w.) (4 m./24 w.) (121 m./105 w.) EU-Länder Marokko Brasilien Iran 119 32 14 106 (49 m./70 w.) (21 m./11 w.) (4 m./10 w.) (59 m./47 w.) Türkei Nigeria Syrien 46 30 41 (30 m./16 w.) (19 m./11 w.) (20 m./21 w.) *) Aufgeführt sind nur Länder mit zweistelliger Anzahl. — 4 — Jahr Insgesamt Europa Afrika Amerika Asien Kosovo Togo Irak 35 11 32 (23 m./12 w.) (5 m./6 w.) (17 m./15 w.) Serbien Tunesien Libanon 28 10 26 (13 m./15 w.) (7 m./3 w.) (16 m./10 w.) Russische Föderation 16 (5 m./11 w.) Jahr Insgesamt Europa Afrika Amerika Asien 2012 615 306 87 20 202 (138 m./168 w.) (50 m./37 w.) (6 m./14 w.) (111 m./91 w.) EU-Länder Nigeria Brasilien Iran 137 27 11 66 (50 m./87 w.) (14 m./13 w.) (2 m./9 w.) (34 m./32 w.) Türkei Marokko Irak 69 19 47 (43 m./26 w.) (14 m./5 w.) (24 m./23 w.) Russische Föderation Tunesien Syrien 26 12 29 (9 m./17 w.) (7 m./5 w.) (20 m./9 w.) Kosovo Togo Libanon 23 11 25 (14 m./9 w.) (6 m./5. w.) (15 m./10 w.) Afghanistan 13 (6 m./7 w.) Jahr Insgesamt Europa Afrika Amerika Asien 2013 532 268 69 24 171 (123 m./145 w.) (39 m./30 w.) (12 m./12 w.) (94 m./77 w.) EU-Länder Nigeria Iran 122 29 56 (47 m./75 w.) (12 m./17 w.) (29 m./27 w.) Türkei Marokko Syrien 61 15 28 (36 m./25 w.) (12 m./3 w.) (18 m./10 w.) Kosovo Irak 21 24 (11 m./10 w.) (12 m./12 w.) Russische Föderation Afghanistan 11 19 (6 m./5 w.) (9 m./10 w.) — 5 — 9. Gibt es derzeit Bemühungen des Senats, die Zahl der Einbürgerungen zu erhöhen , wenn ja, welche, und ist eine neue Einbürgerungskampagne in Planung bzw. Vorbereitung? Der Senat hat beschlossen, noch im Herbst dieses Jahres erneut eine Kampagne unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure durchzuführen und dadurch eine Steigerung der Antragszahlen zu erreichen. 10. Welche Erkenntnisse in Bezug auf den Erfolg hat der Senat aus der letzten Einbürgerungskampagne im Jahr 2010 gezogen, und inwieweit werden sie bei der Konzipierung einer neuen Kampagne berücksichtigt? Es hat sich herausgestellt, dass Vor-Ort-Beratungen einen positiven Effekt haben . Diese sollen im Rahmen einer neuen Kampagne angeboten werden. 11. Welche Pläne verfolgt der Senat, Multiplikatoren wie den Bremer Rat für Integration , die Kammern, die muslimischen Verbände und andere Einrichtungen der Zivilgesellschaft im Rahmen einer neuen Kampagne einzubinden, und mit welcher konkreten Zielsetzung? Durch die Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure soll eine Multiplikationswirkung erzielt und damit eine größere Gruppe von Personen, die für eine Einbürgerung in Betracht kommt, erreicht werden. 12. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um das Thema „Einbürgerung“ im Schulunterricht zu verankern? Die Bildungspläne der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer bieten zahlreiche Anknüpfungspunkte für das Thema „Einbürgerung“. Beispielsweise beschäftigen sich Schülerinnen und Schüler der Gymnasien im Politikunterricht (9./10. Jahrgang) mit dem Themenbereich „Kernprinzipien des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland“ und können grundlegende Fragestellungen und Lösungsvorschläge zur Gestaltung einer Einwanderungsgesellschaft erläutern. In der Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe wird der Themenbereich „Staat“ (Demokratietheorien, Grundgesetz und politisches System der Bundesrepublik Deutschland) bearbeitet. In den Oberschulen wird im Jahrgang 9/10 zum Themenbereich „Politische Herrschaft, Demokratie und Menschenrechte“ gearbeitet; das Thema „Politische Partizipation“ kann im Themenbereich „Gesellschaftlicher Wandel“ bearbeitet werden (Bildungsplan für die Oberschule „Gesellschaft und Politik“). Parallel zur Bundestagswahl, der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft, zur Europawahl und zur Wahl der Beiräte und der Stadtverordneten wird den Schulen im Land Bremen flächendeckend die Juniorwahl angeboten. In diesem Kontext werden Themen wie aktives und passives Wahlrecht, Ablauf und Auszählung einer Wahl, aber auch die Frage der Wahlberechtigung mit ausländischer Staatsangehörigkeit thematisiert. Speziell zum Thema „Einbürgerung“ wurde im Jahr 2013 allen Schulen im Sekundarbereich I und II als Unterrichtsmaterial die Broschüre „Wer ist Deutscher ? Einbürgerung mit Doppelpass“ zur Verfügung gestellt. Die Broschüre wurde von einem Politikgrundkurs der Gesamtschule Bremen-Ost erarbeitet und liefert gut aufbereitete und detaillierte Informationen zu Fragestellungen im Kontext der Einbürgerung, hier insbesondere zur Optionspflicht und zur doppelten Staatsangehörigkeit. Das Projekt ist mehrfach ausgezeichnet worden (Demokratisch Handeln; Hildegard-Hamm-Brücher – Förderpreis für Demokratie lernen und erfahren). Das Material wurde von den Schulen stark nachgefragt. 13. Welche Bedeutung misst der Senat den Einbürgerungsfeiern zu? Die Einbürgerungsfeier ist ein Zeichen der Willkommenskultur und wird von vielen eingebürgerten Personen als feierlicher Abschluss ihrer Einbürgerung in die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. 14. Welche Maßnahmen sind ergriffen worden, um die Ausländerbehörden Bremens zu einem „Servicebereich Aufenthalt und Einbürgerung“ fortzuentwickeln? Der erfolgreich verlaufende Prozess der Neuorganisation des Stadtamts und der Aufbau der Abteilung für „Aufenthalt und Einbürgerung“ sind weitgehend ab- — 6 — geschlossen. Im Vordergrund der Maßnahmen standen und stehen eine Verbesserung des Kundenservice, eine verlässliche Terminvergabe und eine Reduzierung der Wartezeiten. Die Aufgabenwahrnehmung ist geprägt vom Leitbild der Willkommenskultur. Druck: Anker-Druck Bremen