— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1534 (zu Drs. 18/1515) 02. 09. 14 Mitteilung des Senats vom 2. September 2014 Gesundheitsversorgung von Eingewanderten in Bremen Die Fraktion DIE LINKE hat unter Drucksache 18/1515 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: Papierlose 1. Wie viele Patientinnen/Patienten hatten die humanitären Sprechstunden in Bremen und Bremerhaven in den vergangenen drei Jahren (bitte nach Stadt und Jahr differenzieren)? In der Stadtgemeinde Bremen wurden in 2011 insgesamt 118, in 2012 163 und in 2013 161 Patientinnen und Patienten in der humanitären Sprechstunde versorgt . In der Stadtgemeinde Bremerhaven wurde in 2011 insgesamt 114, in 2012 207 und in 2013 321 Patientinnen und Patienten versorgt. 2. Konnten die humanitären Sprechstunden den Bedarf in Bremen und Bremerhaven decken? Wenn nein, warum nicht? Aus der Sicht des Gesundheitsamtes Bremen (GAB) ist eine belastbare Aussage über den Bedarf nicht möglich, da die Größe der Zielgruppe nicht bekannt und auch kaum einschätzbar ist. Parallel zur humanitären Sprechstunde versorgen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte und Krankenhäuser ebenfalls Menschen ohne Aufenthaltsdokumente. 3. Bei wie vielen der Patientinnen/Patienten der humanitären Sprechstunden war eine Überweisung an eine Fachärztin/einen Facharzt bzw. Therapeutin/Therapeuten notwendig? In der Stadtgemeinde Bremen erfolgten 83 Überweisungen in 2013 (Daten zu den Vorjahren liegen nicht vor). In Bremerhaven waren 2011 71 Überweisungen , in 2012 189 und in 2013 328 Überweisungen notwendig. Hierbei handelt es sich teilweise um mehrere Überweisungen bei einzelnen Patientinnen und Patienten. 4. Konnten diese immer problemlos akquiriert werden? Wenn nein, Ärztinnen/Ärzte und Therapeutinnen/Therapeuten welcher Fachrichtung fehlten? In der Stadtgemeinde Bremen konnte bislang in allen Fällen die benötigte fachmedizinische Diagnose bzw. Weiterbehandlung eingeleitet werden. Auch in Bremerhaven konnten im Laufe der vergangenen Jahre zunehmend Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen gewonnen werden. In Einzelfällen kommt es jedoch immer wieder zu Engpässen, auch aufgrund der oftmals geringen Sprachkenntnisse der Patientinnen und Patienten, was eine Anbindung erschwert. 5. Wie wird sichergestellt, dass Patientinnen und Patienten der humanitären Sprechstunden notwendige Behandlungen, z. B. durch Fachärztinnen/Fachärzte, auch — 2 — erhalten können? Wie wird dabei sichergestellt, dass die erbringenden Gesundheitsdienstleisterinnen /Gesundheitsdienstleister ihre Kosten abrechnen können? Ziel der humanitären Sprechstunde ist – falls möglich – die Eingliederung in das reguläre medizinische Versorgungssystem. Die aus diesem Grund vorgeschaltete Clearingstelle unterstützt z. B. auch Hilfesuchende aus EU-Ländern bei der Erlangung einer Krankenversicherung. Ziel ist nicht die dauerhafte Schaffung von Parallelstrukturen. Im Falle einer möglichen Klärung des Aufenthaltsstatus erfolgt die Kostenübernahme der Behandlung von Papierlosen über das Sozialamt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Handelt es sich um nicht aufschiebbare Diagnostik und Behandlung wird eine Lösungsmöglichkeit gesucht, gegebenenfalls auch Kostenübernahme durch das Gesundheitsamt. 6. Wäre es möglich, dass die humanitären Sprechstunden Krankenscheine ausstellen analog zur Praxis der ärztlichen Sprechstunde des Gesundheitsamtes in der ZASt? Wenn nein, warum nicht? Nein, da die Patientinnen und Patienten der humanitären Sprechstunde (ohne Unionsbürgerinnen und Unionsbürger) keinen Aufenthaltsstatus haben. 7. Wie sehen die Pläne zur Erweiterung des Angebots der humanitären Sprechstunden konkret aus bezüglich des Klientinnen-/Klientenkreises, der personellen Ausstattung, konzeptuell etc.? Bereits vor einigen Jahren wurde eine humanitäre Sprechstunde für den Personenkreis der „Papierlosen“ eingerichtet. Das Gesundheitsamt Bremen und der Verein für Innere Mission in Bremen haben hierzu eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen. Die Ärztinnen/Ärzte des Gesundheitsamtes bieten gesundheitliche Beratung, medizinische Grunddiagnostik und beschränkte medizinische Erstversorgung im Rahmen ihrer Möglichkeiten an. Die vorgeschaltete Clearingstelle wird durch eine Mitarbeiterin/einen Mitarbeiter des Vereins für Innere Mission in Bremen geleistet. Die Aufgaben der Clearingstelle liegen u. a. in der Abklärung des aufenthaltsrechtlichen Status der Patientin/des Patienten, in der Abklärung des Ausmaßes der sozialen Bedürftigkeit des Patienten und in der Beratung und gegebenenfalls Vermittlung der Patienten hinsichtlich ihres Zugangs zur regulären Gesundheitsversorgung, soweit im Einzelfall möglich. Es ist nun beabsichtigt, die Clearingstelle und die humanitäre Sprechstunde für den Personenkreis der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz zu erweitern. Die bereits existierende Kooperationsvereinbarung zwischen dem Gesundheitsamt Bremen und dem Verein für Innere Mission in Bremen soll entsprechend ergänzt werden. 8. Aus welchen Gründen ist die Erweiterung der humanitären Sprechstunden und Clearingstellen nur befristet geplant? In Erwartung einer veränderten EU-Rechtsprechung zur Krankenversicherung der Bürgerinnen und Bürger in den Mitgliedsländern könnte die Aufgabenstellung der humanitären Sprechstunde und Clearingstelle für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger in absehbarer Zeit entfallen, insofern erfolgt eine Befristung. Asylsuchende und Menschen mit Duldungsstatus 9. Wie viele Patientinnen/Patienten hatte die ärztliche Sprechstunde in der ZASt in den vergangenen drei Jahren (bitte nach Jahr aufschlüsseln)? Die ZASt hat in 2011 575, in 2012 726 und in 2013 1 296 Patientinnen und Patienten versorgt. 10. Sind die Kapazitäten der ärztlichen Sprechstunde in der ZASt bedarfsgerecht? Wenn nein, was wird dagegen unternommen? Angesichts der weiter steigenden Flüchtlingszahlen werden die Kapazitäten der ärztlichen Sprechstunde bedarfsgerecht erweitert. — 3 — 11. Welche Art von Versorgung wird dort angeboten? In Bremen wird seit 1993 der Auftrag nach § 62 Asylverfahrensgesetz durch ein Gesundheitsprogramm mit freiwilliger ärztlicher Untersuchung, Erst- und Sofortbehandlung und Weiterbetreuung in Sprechstunden in den Unterkünften umgesetzt. Es wird eine medizinische Grundversorgung nach ausführlicher Anamnese und körperlicher Untersuchung angeboten. Zum Ausschluss von Tuberkulose erfolgt eine Überweisung an einen Röntgenarzt , ausgenommen bei unter 16-Jährigen und schwangeren Frauen. Bei leichten Beschwerden und Symptomen wird eine Behandlung in der Sprechstunde angeboten. In ernsteren Fällen wird an den niedergelassenen Bereich bzw. an Krankenhäuser überwiesen. In der Regel ist die ärztliche Sprechstunde der erste Kontakt der Asylsuchenden mit dem Gesundheitssystem und vermittelt und erleichtert den Zugang zu den Angeboten der Früherkennung, Versorgung von Kindern und Schwangeren und Menschen mit besonderem Versorgungsbedarf . 12. Wie viele Patientinnen/Patienten benötigten einen Krankenschein, um eine Fachärztin /einen Facharzt aufsuchen zu können? Im Jahr 2013 wurden 407 Krankenscheine ausgestellt. 13. Wie lange waren der minimale und der maximale Zeitraum, der zwischen der Meldung in der Zentralen Aufnahmestelle (ZASt) und dem Termin im Sozialzentrum Süd verging (bitte monatsweise seit Mitte 2013 angeben)? Eine statistische Erfassung der Terminvergaben erfolgt nicht. Der Zeitraum nach Meldung in der Zentralen Aufnahmestelle (ZASt) und dem Termin im Sozialzentrum Süd lag zwischen einer und, in Einzelfällen, bis zu sechs Wochen. Nachdem aufgrund der hohen Zugangszahlen im Bereich der Flüchtlingsaufnahme eine personelle Aufstockung im Sozialzentrum Süd erfolgte, sind Terminvergaben jetzt zeitnah gewährleistet. 14. Wie lange waren der minimale und der maximale Zeitraum nach der Meldung bei der Krankenversicherung durch das Sozialzentrum Süd bis zur Erteilung der Krankenkassenkarte? Auch zu dieser Fragestellung liegen keine statistischen Daten vor. Im Regelfall ist von einem 14-tägigen Zeitraum bis zum Erhalt des Krankenversicherungsnachweises auszugehen. 15. Gibt es aus der Kumulation der Zeiträume aus den Fragen 13 und 14 Fälle, in denen Berechtigte nach dem Ersatzverfahren gemäß § 264 SGB V mehrere Monate auf ihre Krankenkassenkarte warten mussten? Wenn ja, um wie viele Personen handelt es sich in den letzten drei Jahren (bitte nach Jahr aufschlüsseln )? Statistische Daten liegen dazu nicht vor. 16. Sind dem Senat Fälle bekannt, in denen das Sozialzentrum Asylsuchende nicht gleich bei der AOK Bremen/Bremerhaven angemeldet hat? Wenn ja, welche Gründe gab es dafür? Solche Fälle sind dem Senat nicht bekannt. Nach Auskunft der Sozialzentren erfolgt die Anmeldung bei der AOK Bremen/Bremerhaven zeitnah. 17. Wie verhält sich die personelle Ausstattung der Sozialdienste Erwachsene der Sozialzentren (bitte nach Sozialzentrum und Stadtteil, Personalvolumina und Stellen sowie Kunden pro Mitarbeiterin/Mitarbeiter monatsweise seit Mitte 2013 aufschlüsseln)? Die personelle Ausstattung der Sozialdienste Erwachsene der Sozialzentren stellt sich wie folgt dar: — 4 — Beschäftigungs - Stadtteil volumen Gesamt Sozialzentrum 1 – Blumenthal 2,63 Nord Vegesack 2 BV 2 Burglesum 2 BV 2 6,63 Sozialzentrum 2 – Ohlenhof, In den Wischen 1 Gröpelingen/ Lindenhof, Gröpelingen, Blockland 0,65 Walle Westend, Gröpelingen, Ohlenhof, Oslebshausen 1 Utbremen, Steffensweg, Osterfeuerberg, Hohweg, 1 Überseestadt Westend, Walle 0,78 4,43 Sozialzentrum 3 – Mitte 1,67 Mitte/östliche Vor- Östliche Vorstadt 1 stadt, Findorff Findorff 1,64 4,31 Sozialzentrum 4 – Neustadt/Woltmershausen 4,09 4,09 Süd Sozialzentrum 5 – Vahr 1 Vahr/Schwach- Radio Bremen, Horn, Lehe, hausen/Horn- Lehesterdeich, Borgfeld, Lehe Oberneuland 1 Neue Vahr Südwest, Südost 1 Bürgerpark, Barkhof, Schwachhausen, Gete, Radio Bremen 0,83 Neu-Schwachhausen, Riensberg, Neue Vahr Nord, Gete 0,7 4,53 Sozialzentrum 6 – Sebaldsbrück 0,82 Hemelingen/ Hastedt, Arbergen, Mahndorf 0,79 Osterholz Hemelingen 1 Osterholz 2,5 5,11 29,1 Die Anzahl der Kundenkontakte pro Mitarbeiterin/Mitarbeiter wird nicht erhoben . 18. Erhalten Asylsuchende Unterstützungen dabei, bei Bedarf eine Versicherungsbestätigung von der AOK ausgestellt zu bekommen, so lange die Versichertenkarte noch nicht ausgestellt ist? Wenn ja, von welcher Stelle? Asylsuchende erhalten im Sozialzentrum ein Schriftstück, aus welchem die Anmeldung bei der AOK Bremen/Bremerhaven hervorgeht, und das bis zum späteren Erhalt der Versichertenkarte als Nachweis des Versicherungsschutzes dient. 19. Wie lange betragen derzeit die minimale und die maximale Dauer der Erteilung einer Duldung in den Ausländerbehörden Bremen und Bremerhaven? Die Geltungsdauer der Duldung ist im Hinblick auf ihren Zweck zu beschränken . Feste Fristen sind nicht vorgeschrieben. Die Ausländerbehörde hat die Duldung entsprechend ihrem Zweck zu erteilen und zu verlängern. In der Stadtgemeinde Bremen wird die Duldung in der Regel für einen Zeitraum von sechs Monaten erteilt, üblich ist aber auch die Erteilung für ein Jahr, wenn bei Erteilung klar ist, dass das Ausreisehindernis über diesen Zeitraum vorliegen wird. In Bremerhaven werden Duldungen in der Regel für einen Monat bis zu sechs Monaten, in Ausnahmefällen auch für kürzere Zeiten erteilt. 20. Personen, die eine Duldung bei der Ausländerbehörde beantragen und nicht in der ZASt wohnen, warten teilweise mehrere Wochen auf die Erteilung der Duldung und haben in diesem Zeitraum Anspruch auf Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Wie verfahren Sozialzentren in diesen Fällen? Unter welchen Voraussetzungen werden die Leistungsanträge bearbeitet, welche Unterlagen müssen dafür eingereicht werden? Gibt es hierzu Anweisungen aus der Sozialbehörde? Der Kreis der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ergibt sich aus § 1 AsylbLG. Anwendungshinweise für die Sozial- — 5 — zentren enthält dazu die Verwaltungsanweisung zu § 1 AsylbLG (Stand 5. Juni 2012). Um eine entsprechende rechtliche Zuordnung vornehmen zu können, bedarf es in der Regel der Vorlage eines aufenthaltsrechtlichen Dokuments oder eines entsprechenden Nachweises der Ausländerbehörde. In den Fällen, in denen noch keine Duldung erteilt wurde, aber eine Terminbestätigung der Ausländerbehörde vorliegt, erfolgt bei Bedürftigkeit grundsätzlich eine Hilfegewährung . 21. Sind die Kapazitäten von Refugio bedarfsgerecht? Wenn nein, wie gedenkt der Senat Abhilfe zu schaffen? Die Arbeit von Refugio wird langjährig im Rahmen einer institutionellen Förderung aus Mitteln des Sozialressorts unterstützt. In diesem Jahr wurde die Fördersumme mit Blick auf die stark zunehmenden Flüchtlingszahlen durch Beschluss des Senats vom 5. November 2013 um 50 % erhöht. 22. Wie lange sind die Wartezeiten auf einen Therapieplatz bei Refugio? Die Wartezeit auf einen Therapieplatz beträgt zwischen vier und sechs Monaten . 23. Die Ausländerbehörde verlangt bei einer posttraumatischen Belastungsstörung eine Diagnose zur Anerkennung von Abschiebehindernissen ein ärztliches/therapeutisches Gutachten. Wer übernimmt die Kosten dafür? Gemäß § 82 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) haben Antragsteller in aufenthaltsrechtlichen Verfahren ihre Belange und für sie günstige Umstände, soweit sie nicht offenkundig oder bekannt sind, unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise selbst beizubringen. Dies gilt auch für den Nachweis von psychischen Erkrankungen und Traumatisierungen, wofür in der Regel ärztliche Atteste erforderlich sind. Die Kosten für die Erteilung dieser Atteste sind von den Antragstellern entsprechend § 82 Absatz 1 AufenthG aufzubringen. Gemäß Erlass e10-04-01 vom 26. April 2010 sind bestimmte Mindestangaben im Attest erforderlich, um Berücksichtigung im Verfahren zu erlangen, dies gilt auch bei Vorliegen von posttraumatischen Belastungsstörungen. Sofern ein vom Antragsteller vorgelegtes entsprechendes privatärztliches Attest keine abschließende Beurteilung des Sachverhalts ermöglicht, ist nach dem Erlass ein Gutachten des Gesundheitsamtes einzuholen. Die Kosten für das Gutachten werden dem Antragsteller nicht in Rechnung gestellt. Unionsbürgerinnen/Unionsbürger 24. Wie viele Unionsbürgerinnen/Unionsbürger sind nach Kenntnis des Senat im Land Bremen ohne Krankenversicherungsschutz? Dem Senat ist die Anzahl der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger ohne Krankenversicherungsschutz nicht bekannt. Diesbezügliche Daten werden nicht erfasst. 25. Wie viele Versicherte in Bremen waren in den vergangenen drei Jahren mit den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung im Rückstand (bitte nach Jahr differenzieren)? Darunter wie viele Angehörige von EU-Mitgliedstaaten? Eine Feststellung der Staatsangehörigkeit ist für die Generierung der Beiträge unerheblich und erfolgt somit nicht. 26. Die Krankenkassen haben die Möglichkeit, Beitragsrückstände, die beispielsweise durch Versicherungslücken entstanden sind, bei sehr niedrigem Einkommen zu stunden oder befristet oder unbefristet niederzuschlagen oder ganz zu erlassen. Wie oft wurden diese Regelungen in den vergangenen drei Jahren angewendet (bitte nach Krankenkasse und Jahr differenzieren)? Allgemein lässt sich sagen, dass alle Kassen von der Möglichkeit der Stundung Gebrauch machen, soweit es das Gesetz vorsieht. Die Krankenkassen schöpfen bei Stundung, Niederschlagung und Erlass die vom Gesetzgeber vorgesehenen Rahmenbedingungen gegenüber den Kunden aus. — 6 — 27. In wie vielen Fällen wurde trotz hoher Nachzahlungsraten durch Nichtversicherungszeiten bei geringem Einkommen trotzdem nicht von der Niederschlagung der Schulden Gebrauch gemacht? Mit welcher Begründung erfolgte dies? Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, schlagen die Krankenkassen Forderungen regelmäßig nieder. Nach Angaben der AOK Bremen/Bremerhaven erfolgt die Niederschlagung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bei Versicherten gemäß § 9 SGB V auf der Grundlage der „Einheitlichen Grundsätze zur Erhebung von Beiträgen, zur Stundung, zur Niederschlagung und zum Erlass sowie zum Vergleich von Beitragsansprüchen“ (Beitragserhebungsgrundsätze) vom 17. Februar 2010. Sofern also die Voraussetzungen für eine Niederschlagung im Zuge des Vollstreckungsverfahrens vorliegen, hat diese zu erfolgen. Bei Versicherten gemäß § 5 Absatz 1 Nr. 13 SGB V (= Zielgruppe der Großen Anfrage) ist vor der Vollstreckung zunächst der Erlass im Zuge der „Einheitlichen Grundsätze zur Beseitigung finanzieller Überforderung bei Beitragsschulden“ und damit die Anwendung des § 256a SGB V zu prüfen. 28. Die Gesetzesgrundlage für Stundung oder Niederschlagung von Krankenkassenbeiträgen aus § 256a SGB V war bis zum 31. Dezember 2013 befristet. Welche Anschlussregelungen gibt es/sind geplant? Die Ausgestaltung des § 256a SGB V– ist entgegen der Formulierung in der Großen Anfrage – nicht bis zum 31. Dezember 2013 befristet. Die Festlegung der näheren Voraussetzungen für den Erlass von Beiträgen und Säumniszuschlägen sowie des Umfangs der Beitragsermäßigung ist vielmehr nach § 256a Absatz 4 SGB V dem GKV-Spitzenverband übertragen. Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes hat hierzu am 4. September 2013 „Einheitliche Grundsätze zur Beseitigung finanzieller Überforderung bei Beitragsschulden“ beschlossen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat den einheitlichen Grundsätzen am 16. September 2013 zugestimmt. Hiernach sollen für Versicherungspflichtige nach § 5 Absatz 1 Nr. 13 SGB V (= Zielgruppe der Großen Anfrage), die sich erst nach dem Stichtag 31. Dezember 2013 bei der Krankenkasse melden, die für den Zeitraum zwischen dem Eintritt der Versicherungspflicht und der Anzeige der Voraussetzungen der Versicherungspflicht festgestellten Beitragsansprüche ermäßigt werden („Neufallregelung “). 29. Wenn keine Anschlussregelungen geplant sind, wird sich der Senat dafür einsetzen ? Wenn ja, wie? Zu Anschlussregelungen siehe die Antwort zu Frage 28. 30. Konnte der Senat über seine Aufsichtsfunktion bei der Ortskrankenkasse AOK Bremen/Bremerhaven Einfluss auf die Anwendung von Stundung/Niederschlagung /Erlass von Beitragsrückständen nehmen? Wenn ja, hat er davon Gebrauch gemacht? Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat auf Grundlage des Regelungsauftrages zur einheitlichen Erhebung der Beiträge (§ 76 SGB IV – Erhebung der Einnahmen) nach § 217f Absatz 3 SGB V „Einheitliche Grundsätze zur Erhebung von Beiträgen, zur Stundung, zur Niederschlagung und zum Erlass sowie zum Vergleich von Beitragsansprüchen“ (Beitragserhebungsgrundsätze) beschlossen . Eine Einflussnahme des Senats im Rahmen der Aufsichtsfunktion bei der Ortskrankenkasse AOK Bremen/Bremerhaven auf die Anwendung von Stundung/ Niederschlagung/Erlass von Beitragsrückständen ist somit nicht erforderlich. 31. Die Möglichkeit von Stundung, Niederschlagung und Erlass von Beitragsrückständen konnten nur auf Antrag bewilligt werden. Wie erfolgte die Informationsvermittlung für Betroffene? Die Krankenkassen sind nach Angaben der AOK Bremen/Bremerhaven auf der Grundlage „Einheitliche Grundsätze zur Beseitigung finanzieller Überforderung — 7 — bei Beitragsschulden“ verpflichtet, die in Betracht kommenden Fälle, in denen eine laufende Mitgliedschaft nach § 5 Absatz 1 Nr. 13 SGB V besteht, sukzessive aktiv aufzugreifen und den Erlass von Beiträgen und Säumniszuschlägen einzelfallbezogen zu prüfen und umzusetzen. Stundungs- bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen über die Beiträge des Nacherhebungszeitraums waren zum 31. Juli 2013 zu beenden. Gleiches gilt für Vollstreckungsaufträge. 32. Ist dem Senat bekannt, dass Arztpraxen im Land Bremen Unionsbürgerinnen/ Unionsbürger, die eine EU-Krankenversicherungskarte haben, die Behandlung verwehrt haben, weil die Kostenübernahme der Behandlung durch das Versicherungsland nicht sichergestellt ist? Wenn ja, in wie vielen Fällen? In welcher Form wird der Senat sich dafür einsetzen, dass Ärztinnen/Ärzte ihrer Behandlungspflicht nachkommen und die ausländischen Krankenkassen ihrer Zahlungspflicht ? Der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen (KVHB) sind aus dem letzten Jahr zwei bis drei derartige Fälle bekannt. Diesbezüglich wurden die betroffenen Ärzte von der KV Bremen auf die Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Behandlung von EU-Mitbürgern mit gültiger EU-Versichertenkarte hingewiesen. Weitere Fälle sind der KV Bremen nicht bekannt. Druck: Anker-Druck Bremen