— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1550 (zu Drs. 18/1498) 16. 09. 14 Mitteilung des Senats vom 16. September 2014 Bremische Strategie zum Umgang mit Risiken der Erdölversorgung und steigenden Ölpreisen Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD haben unter Drucksache 18/1498 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: 1. Wie hat sich der Verbrauch an Erdöl im Land Bremen in den letzten fünf Jahren entwickelt? Nach Angaben des Statistischen Landesamts Bremen nahm der Endenergieverbrauch von Mineralölprodukten (Otto-, Diesel-, Flugkraftstoffe, Heizöl leicht und schwer und sonstige Mineralölprodukte) im Vergleich der letzten fünf Jahre um 3,1 % ab. 2. Wie hoch ist im Land Bremen der Anteil von Erdöl am Endenergieverbrauch? Der Anteil von Mineralölprodukten am Endenergieverbrauch im Land Bremen beträgt 21,8 %. 3. Wie teilt sich der Verbrauch auf die Bereiche Haushalte, Verkehr und Industrie und Gewerbe auf? Der Endenergieverbrauch von Mineralölprodukten verteilt sich im Jahr 2012 im Land Bremen zu 74,7 % auf den Bereich Verkehr, zu 23,2 % auf den Bereich „Haushalte, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen, übrige Verbraucher“ und zu 2,2 % auf die Betriebe des „Verarbeitenden Gewerbes“. 4. Wie beurteilt der Senat die Betroffenheit der privaten Haushalte von steigenden Erdölpreisen, z. B. im Hinblick auf steigende Heizkosten, Mobilitätskosten, Preise für Verpackungsmaterialien, Medikamente und Lebensmittel? Laut aktuellem Bericht des Statistischen Landesamts Bremen zur Entwicklung von Verbraucherpreisen ergibt sich für das Jahr 2014 ein Jahresdurchschnittsindex für Heizöl von 128 und für Kraftstoffe ein Wert von 113 (Basisindexjahr 2010 = 100). Nach einem Anstieg in den Jahren 2011 und 2012 sind die Kosten für Heizöl und Kraftstoffe im Jahr 2013 und in der ersten Jahreshälfte 2014 leicht gesunken, wenngleich nicht auf das Niveau von 2010. Die Betroffenheit der privaten Haushalte von Heizölpreisen nimmt in Bremen tendenziell ab. Bei den Baufertigstellungen im Land Bremen verwenden im Jahr 2012 bei 1 274 Wohn-/Nichtwohngebäuden sechs Einheiten Öl und 1 021 Gas als primäre Heizenergie. Zu den Auswirkungen der Erdölpreise auf die Preise für Verpackungsmaterialien , Medikamente und Lebensmittel und der daraus folgenden Betroffenheit privater Haushalte in Bremen liegen dem Senat keine Informationen vor. 5. Inwieweit ist in den letzten Jahren eine Entkopplung vom Erdölverbrauch und der wirtschaftlichen Entwicklung feststellbar? — 2 — Während sich das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich der Zeitpunkte 2008 und 2012 kaum verändert hat, ist der Endenergieverbrauch von Mineralölprodukten im selben Zeitraum um 3 % gesunken. Auf längere Sicht (von 2000 bis 2012) ist das BIP um knapp 10 % gestiegen, der Endenergieverbrauch von Mineralölprodukten ist dagegen um fast 34 % gefallen. Laut einer Untersuchung des Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (3/2011) ist in Deutschland die Ölintensität (Verhältnis der nachgefragten Ölmenge zum erwirtschafteten BIP) seit 1990 um 30 % gesunken. Die Deutsche Bank Research (2013) begründet den abnehmenden Anteil von Erdöl am Energieverbrauch mit dessen sinkender Bedeutung im Wärmesegment sowie den vielfältigen Effizienzanstrengungen im Mobilitätssektor. Demnach gibt es Hinweise auf eine gewisse Entkopplung von Erdölverbrauch und wirtschaftlicher Entwicklung. 6. Welche Bedeutung hat Erdöl und dessen Preisentwicklung für die weitere Entwicklung der bremischen Häfen sowie die damit verbundenen Verkehre? Die Preisentwicklung von Erdöl hat nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte aller Voraussicht nach keine Bedeutung für die Entwicklung der bremischen Häfen sowie die damit verbundenen Verkehre, zumindest kaum über die Einflüsse hinaus, die für die gesamte Wirtschaft zu erwarten wären. Anzunehmen ist, dass in Zukunft vermehrt alternative Antriebstechnologien und Treibstoffe, wie z. B. Flüssig-Erdgas (LNG), zum Einsatz kommen werden, die Erdöl und verwandte Produkte teilweise ersetzen. 7. Welche Prognosen für die Entwicklung des Ölpreises liegen den Prognosen für die Entwicklung der Häfen sowie der Logistikbranche zugrunde? Gibt es dazu verschiedene Szenarien? Ab welchem Preis wäre mit einem negativen Einfluss auf die Entwicklung der Häfen zu rechnen? Für die generelle Entwicklung der nationalen Logistikbranche und auch für die bremische Hafenentwicklungsplanung ist der Erdölpreis mit dessen erwarteter Entwicklung nur einer von vielen externen Einflussfaktoren. Für die erwartete Preisentwicklung bestehen vonseiten unterschiedlichster Akteure unterschiedliche Annahmen, die üblicherweise in Form von variierenden Szenarien dargestellt werden. Konkrete Preisangaben zu potenziell negativen Einflüssen auf die Entwicklung der Häfen sind nicht möglich. 8. Welche Teile von Industrie und Gewerbe im Land Bremen sind von Verteuerungen des Erdöls besonders betroffen, und welchen Stellenwert haben diese Unternehmen für die wirtschaftliche Entwicklung und den Arbeitsmarkt im Land Bremen? Der Straßen- und Luftverkehr sowie die Binnenschifffahrt benötigt über 50 % der erzeugten Ölfertigprodukte (u. a. Dieselkraftstoff, Flugbenzin und Ottokraftstoff ) in Deutschland. Daneben hat Erdöl eine hohe Bedeutung für das mineralölverarbeitende Gewerbe selber und insbesondere für die chemische Industrie, die Erdöl und Erdgas für rund 90 % ihrer Ausgangsprodukte benötigt. Zur Bedeutung des Erdölpreises für den Bereich Logistik siehe Antworten zu Frage 6 und Frage 7. Am Standort Bremen sind nach Informationen des Statistischen Landesamts acht Unternehmen mit rd. 660 Beschäftigten der Chemieindustrie zuzurechnen. Zwei Unternehmen entfallen auf das mineralölverarbeitende Gewerbe. Diese Unternehmen wären von möglichen Verteuerungen des Erdöls voraussichtlich unmittelbar erheblich betroffen. Mittelbar betrifft die Verfügbarkeit und Preisentwicklung des Rohstoffs die gesamte industrielle Wertschöpfungskette, wie auch in den Studien aus Sachsen und Thüringen ausgeführt. Insgesamt gibt es Anhaltspunkte dafür, dass der stark industriegeprägte Standort Bremen aufgrund seiner Branchenstruktur und im bundesweiten Vergleich von möglichen Verteuerungen bzw. deren direkten Auswirkungen auf Beschäftigung und Unternehmen nicht überproportional betroffen wäre. — 3 — Gleichwohl setzen sich insbesondere die Branchen Automobilbau, Luft- und Raumfahrt und die maritime Wirtschaft mit Strategien zur Ressourceneffizienz und der Entwicklung von energieeffizienten Produkten und Technologien auseinander (siehe auch Antwort zu Frage 13). 9. Welche Bedeutung hat die Entwicklung des Benzinpreises auf den Pendlerverkehr ? Wie die Beschäftigten pendeln, hängt von persönlichen Präferenzen, ökonomischen Überlegungen und regionalen Gegebenheiten ab. Dazu gehören neben der Entwicklung von Kraftstoffpreisen auch der Zeitaufwand für den täglichen Weg sowie die vorhandene Infrastruktur, die stark ausschlaggebend für das Wahlverhalten der Pendler ist (Berufspendler – Infrastruktur wichtiger als Benzinpreis ; Statistisches Bundesamt 2014). Im Rahmen der Erarbeitung des Basisszenarios für den Verkehrsentwicklungsplan (VEP) wurde auf Grundlage verschiedener Studien angenommen, dass die Preisentwicklung im Verkehr ein zentraler Einflussfaktor des zukünftigen Mobilitätsverhaltens ist. Dies wird zumindest durch die Ergebnisse der Bewertung des Testszenarios 5 untermauert, in dem – im Vergleich zum Basisszenario – aufgrund der Annahme stark steigender Mobilitätskosten von einer spürbaren Verlagerung vom motorisierten Individual- und öffentlichen Verkehr hin zum Fahrrad- und Fußgängerverkehr ausgegangen wird. 10. Welche Prognosen für die Entwicklung des Benzinpreises liegen dem Verkehrsentwicklungsplan , insbesondere dem Szenario 5 („Steigende Mobilitätskosten“) zugrunde? Wie sensibel sind die Verkehrsprognosen hinsichtlich stärker steigender Preise für fossile Treibstoffe? Im Basisszenario wurde wie in den übrigen Testszenarien des VEP in etwa von einer ähnlichen Entwicklung der Mobilitätskosten wie der Wirtschaftsleistung (BIP) ausgegangen. Hierfür wurden die Annahmen zur Entwicklung gemäß der aktuellen Bundesverkehrswegeplanung (BVWP) für den Zeitraum zwischen 2010 und 2030 zugrunde gelegt. Die Ansätze der BVWP sind: BIP-Wachstum um ca. 1,14 % pro Jahr, Anstieg der realen Nutzerkosten des Pkw-Verkehrs um ca. 0,5 % pro Jahr, Anstieg der realen Nutzerkosten im öffentlichen Verkehr (ÖV) um ca. 0,5 bis 1,0 % pro Jahr (je nach Produkt: Schienenpersonennah- oder -fernverkehr, öffentlicher Straßenpersonennahverkehr). Im Szenario 5 wurde davon ausgegangen, dass die Mobilitätskosten um etwa das Doppelte gegenüber der Wirtschaftsleistung ansteigen (ca. 2 bis 2,2 % pro Jahr). Damit würden die Nutzerkosten beim Pkw und im ÖV unterschiedlich stark ansteigen, überproportional beim Pkw. Die Benzinkosten werden beim Szenario 5 nicht benannt, sondern nur die realen Nutzer- und Mobilitätskosten. Während im motorisierten Individualverkehr die Kostenentwicklung wesentlich von den Treibstoffpreisen geprägt ist, wird die Kostenentwicklung im öffentlichen Verkehr überwiegend von den Personal- und Materialkosten bestimmt. Gemäß VEP ist die Entwicklung der Treibstoffkosten eine von mehreren Einflussgrößen auf Verkehrsprognosen. Dazu gehören: — Bevölkerungsentwicklung und die Auswirkungen des demografischen Wandels , — Veränderung der Lebenssituationen und der Haushaltsstrukturen der Bevölkerung , — Veränderungen des Lebensstils und des Mobilitätsverhaltens, — Motorisierungsgrad sowie die Verfügbarkeit an Mobilitätsangeboten, — konjunkturelle Einflüsse auf den Wirtschafts- und Güterverkehr sowie — Entwicklung der Energie- und Mobilitätskosten. Daneben beeinflusst die regionale Infrastruktur und das regionale Angebot an Verkehrsträgern die Wahl des Verkehrsmittels wesentlich (siehe auch Frage 9). — 4 — 11. Unter welchen Bedingungen sind alternative Antriebe und Treibstoffe wie Erdgas , Flüssiggas und Elektromotoren hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit konkurrenzfähig ? Es gibt eine Vielzahl von Alternativen zum klassischen Verbrennungsmotor mit fossilem Benzin oder Diesel. Ein Haupthemmnis vieler alternativer Antriebe ist die vergleichsweise geringere Energiedichte und damit ein höherer Aufwand bei der Speicherung des Treibstoffs bzw. der Energie im Fahrzeug. In Wirtschaftlichkeitsberechnungen müssen deshalb die Einsatzanforderungen der Fahrzeuge (vor allem Reichweite), die Preisentwicklung von Kraftstoffen, Zusatzkosten bei der Fahrzeugbeschaffung (z. B. Nachrüstung für Flüssiggas), Infrastrukturerfordernisse (Tank- bzw. Ladeeinrichtungen), Wartungskosten und Fahrzeugrestwerte einbezogen werden. Ein aktueller ADAC-Kostenvergleich (www.adac.de) zeigt, dass verschiedene Pkw-Modelle mit Erdgas- und auch mit Autogasantrieb im Betrieb kostengünstiger als vergleichbare Diesel und Benziner sind – und damit z. B. im Einsatz für Taxis und Flottenfahrzeuge mit höheren Kilometerleistungen von großem Interesse sein können. Die Verbrauchskosten von elektrisch betriebenen Pkw betragen pro 100 km etwa 3 ‡ im Vergleich zu 8 bis 9 ‡ bei einem Benziner. Die Mehrkosten für die Beschaffung von Elektrofahrzeugen im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren haben sich reduziert: Während im Jahr 2010 Elektro-Pkw noch rd. doppelt so teuer waren wie vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, betragen die Mehrkosten bei den 2013 neu in den Markt gekommenen Fahrzeugen etwa 45 %. Die im Vergleich geringere Reichweite von batterie-elektrischen Fahrzeugen beeinträchtigt deren Einsatzmöglichkeiten aktuell erheblich. Die Gutachter, die im Rahmen des bremischen Klimaschutz- und Energieprogramms 2020 tätig waren, vertraten die Auffassung, dass Gasantriebe nicht über eine Nischenrolle hinauskommen und Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb bis 2020 quantitativ unbedeutend bleiben werden. 12. Für welche Verbrauchsbereiche und welche konkreten Anwendungen sind aus Sicht des Senats schon heute geeignete Ersatzmöglichkeiten vorhanden? Wie schnell und in welchen Mengen wären sie für die bremische Wirtschaft verfügbar ? Etwa 10 % des Treibstoffabsatzes im Straßenverkehr basieren auf biogenen Quellen – durch Beimischung von Ethanol (E10), von „Biodiesel“ bei Diesel und Biogas beim Erdgasantrieb. Der frühere Markt an reinen Biokraftstoffen – vor allem Biodiesel – ist durch die Änderung der Besteuerung durch die vorherige Bundesregierung faktisch zusammengebrochen. Im Verkehrsbereich ist Erdgas derzeit der beliebteste Alternativantrieb. Es gibt derzeit etwa 20 Modellreihen mit Erdgasantrieb und bundesweit rund 900 Erdgastankstellen , fünf davon in Bremen (Quelle: ADAC). Derzeit sind etwa 750 Erdgasfahrzeuge im Land Bremen zugelassen. Die Anwendungsbereiche konzentrieren sich auf Pkw und leichte Nutzfahrzeuge . Das Fahrzeugangebot hat sich mit Kombinationen von Aufladungen und Turbo deutlich verbessert. Hier bestehen kurzfristig deutlich weitere Potenziale. Den in der Seeverkehrswirtschaft breit diskutierten Einsatz von Flüssigerdgas (LNG) als Schiffstreibstoff unterstützt der Senat intensiv. In Bremerhaven und Bremen wird aktuell die Schaffung von Infrastruktur für die Nutzung von LNG im Schiffsbereich vorbereitet. Im Jahr 2015 sollen dort LNG-Betankungsterminals in Betrieb genommen werden. Der Einsatz von Flüssigerdgas bietet sich nicht nur für Schiffsantriebe sondern auch für Lkw an, da so höhere Reichweiten möglich werden als mit den klassischen Erdgasantrieben. Verschiedene Hersteller haben LNG-Nutzfahrzeuge angekündigt bzw. bereits im Angebot. Hier wird – ausgehend von einer über 2018 hinausgreifenden Steuerminderung für Erdgas – ein Potenzial auch im LkwVerteiler - und Mittelstreckenverkehr gesehen. — 5 — Elektrofahrzeuge sind eine Alternative vor allem für den Pkw-Bereich. Das Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge (inklusive plug-in Hybride) in Deutschland zu erreichen. Anfang 2014 gab es rund 14 700 E-Fahrzeuge, davon etwa 300 in Bremen. 1 Mio. Elektrofahrzeuge im Jahr 2020 entsprächen rund 2 % des gesamten Fahrzeugbestandes. Da dies überwiegend Pkw wären, könnten damit nur etwa 1,5 % des Kraftstoffverbrauches substituiert werden. Für Nutzfahrzeuge stellen die erforderlichen Batterien vor allem gewichtsmäßig und kostenseitig ein wesentliches Problem dar. Zudem wären Aufladeeinrichtungen für die Batterien erforderlich, die z. B. bei den Standzeiten eines Fahrzeuges (z. B. bei Be- und Entladevorgängen des Transportguts) eingesetzt werden könnten. Wasserstoff hat sich – trotz der Versuche im Pkw- und Busbereich – in Verbrennungsmotoren ebenso wie die Brennstoffzellentechnik bislang nicht am Markt durchsetzen können. Insgesamt sind die kurzfristigen Ersatzmöglichkeiten begrenzt, weshalb Strategien der Effizienzsteigerung im Gesamtverkehr und stärkere Förderung anderer Verkehrsträger (z. B. Schiene und Logistik im Güterverkehr, nicht motorisierter Verkehr und ÖV im Personenverkehr) eine hohe Bedeutung behalten. 13. In welchen Bereichen ist auch längerfristig kein wirtschaftlicher Ersatz für Erdöl absehbar, und welche Bedeutung haben diese Bereiche für das Land Bremen? Langfristig ist davon auszugehen, dass der Güterverkehr sowie die Schiff- und Luftfahrt aufgrund fehlenden wirtschaftlichen Ersatzes weiterhin auf Treibstoff aus Erdöl angewiesen sein werden (siehe auch Antwort zu Frage 12). Insbesondere der Bereich Logistik hat dabei eine hohe regionalwirtschaftliche Bedeutung für Bremen. Die starke regionale Innovationsorientierung und -kraft sowie die engen Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft im Land Bremen können dazu beitragen, dass der Standort vergleichsweise gut aufgestellt ist im Hinblick auf eine langfristige Abkopplung vom Erdölangebot (siehe auch Antwort zu Frage 15). 14. Inwieweit und mit welchem Ergebnis fördert der Senat den Ersatz von Erdöl in den Bereichen öffentliche Gebäude, private Haushalte, Verkehr, Industrie und Gewerbe? Senat und Bürgerschaft haben mit dem Klimaschutz- und Energieprogramm 2020 beschlossen, sich an dem Leitziel zu orientieren, die Treibhausgasemissionen der Industrieländer bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 % gegenüber dem Niveau des Jahres 1990 zu senken. Die Einsparung von Energie, die Verbesserung der Energieeffizienz und der Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien sind wesentliche Ziele der Klimaschutz- und energiepolitischen Aktivitäten im Land Bremen. Dies führt im Ergebnis zu einer Reduzierung des Einsatzes von fossilen Energieträgern insgesamt und so auch zu einer Verringerung des Bedarfs an Erdöl. Insofern leisten auf den Energie- und Klimaschutz ausgerichtete Förderaktivitäten Bremens grundsätzlich einen Beitrag zum Ersatz von Erdöl. Die allgemeinen Zahlen zeigen, dass der Mineralölverbrauch und hier insbesondere der Verbrauch von leichtem Heizöl in Deutschland rückläufig ist. Über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende energetische Standards als Nebenbestimmung der Wohnraumförderung tragen ebenfalls dazu bei. Außerhalb des Verkehrsbereiches wird Öl vor allem zur Bereitstellung von Wärme und Warmwasser in Wohn- und Gewerbegebäuden im Bestand verwendet. Im Neubau werden Ölheizungen nur noch selten eingesetzt. Einige Bestimmungen enthalten konkrete Festlegungen im Hinblick auf die Energieträgerwahl. So sind z. B. beim Programm „Ersatz von Elektroheizungen “ ölbefeuerte Heizungsanlagen von der Förderung ausgeschlossen. Die „Energetische Anforderungen an den Neubau und die Sanierung von öffentlichen Gebäuden der Freien Hansestadt Bremen (Land und Stadtgemeinde)“ se- — 6 — hen vor, das Heizkessel auf Basis von Heizöl durch umweltverträglichere Wärmeerzeugungssysteme zu ersetzen sind. Und nach der REN-Richtlinie (Rationelle Energienutzung) geförderte KWK-Anlagen (Kraft-Wärme-Kopplung) sind auf der Brennstoffbasis Gas zu betreiben. Im Bereich Verkehr sind sowohl die Förderung des Rad- und Fußverkehrs als auch der Ausbau des ÖPNV wesentliche Elemente, um eine nicht fossile Mobilität zu unterstützen. Im ÖPNV werden Elektrobusse getestet, um die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von einer weiteren Elektrifizierung des ÖPNV weiter zu klären. Bremen ist seit 1998 bei der „Bremer Offensive – Das Erdgasfahrzeug“ aktiv und auch seit 2009 Modellregion Elektromobilität . 15. Welche Chancen und komparativen Vorteile können sich für die Wirtschaftsstandorte Bremen und Bremerhaven aus der Verteuerung des Erdöls ergeben? Im vereinfachten Modell beeinflusst die Verteuerung von Erdöl die Ökonomie über Veränderungen auf der Angebotsseite (steigende Produktionskosten) und der Nachfrageseite (steigende Verbraucherpreise), was sich insgesamt dämpfend auf die Konjunktur auswirkt. Preissteigerungen bei Rohöl als Energieträger könnten derzeit nur bis zu einem gewissen Umfang durch energiesparende Maßnahmen und Substitutionseffekte abgefangen werden. Grundsätzliche Vorteile im Rahmen eines Prozess der Substitution des Energieträgers hätten wahrscheinlich Unternehmen, die energieeffiziente Produktionsverfahren eingeführt haben oder im Bereich erneuerbarer Energien tätig sind. Inwieweit sich komparative Chancen für den Standort Bremen ergeben, lässt sich aufgrund des unklaren Zeitpunkts und Umfangs möglicher Erdölpreissteigerungen sowie damit einhergehenden Effekten auf Transport, Verkehr und Konsumverhalten nicht absehen. Der Senat hat frühzeitig die regionalen energiepolitischen Herausforderungen sowohl im Rahmen des KEP 2020 (Klimaschutz- und Energieprogramm 2020) als auch im „Strukturkonzept Land Bremen 2020“ aufgegriffen. Im Strukturkonzept ist die „Mitgestaltung der Energiewende“ als strukturpolitisches Leitthema definiert. 16. Wie bewertet der Senat die oben genannten Studien der Bundeswehr bzw. für die Länder Sachsen und Thüringen im Hinblick auf die Folgen für das Land Bremen, insbesondere die bremische Wirtschaft? Die Studie für Thüringen kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Wirtschaft dort kaum mit dem Thema beschäftigt. Auch in Sachsen betrachten Unternehmen ihre Zukunftsperspektiven nur in Ausnahmefällen aus dem Blickwinkel des Verbrauchs und der Versorgung mit Erdöl. Es gibt aktuell keine Anhaltspunkte dafür , dass das in Bremen grundlegend anders wäre. Bezogen auf die Bundeswehrstudie hatte die Bundesregierung zugrunde liegende Annahmen zum Zeitpunkt des Maximums der globalen Ölförderung nicht geteilt. Aktuelle Erkenntnisse liefert die „Energiestudie“ (2013) der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), nach der bis heute die weltweite Ölproduktion zunimmt und eine grundsätzliche Trendwende bislang nicht zu erkennen ist. Das Spektrum an divergierenden Auffassungen reiche von einem Produktionsrückgang in nur wenigen Jahren bis dahin, dass Erdöl als dominierender Energieträger noch für Jahrzehnte bedarfsdeckend zur Verfügung stehen wird. Aus Sicht der BGR ist eine moderate Steigerung der weltweiten Erdölproduktion bis über das Jahr 2030 hinaus möglich. Allerdings sind Entwicklungen vorstellbar , die schon früher zu Verknappungen der Ölproduktion oder zu Versorgungsengpässen führen können (politische Krisen etc.). Die wahrscheinlichen wirtschaftlichen Auswirkungen eines sich verknappenden Erdölangebots sind in den Studien für Sachsen und Thüringen noch wenig eingegrenzt. Die Spannbreite reicht über Krisen einzelner besonders betroffe- — 7 — ner Branchen bis hin zum Gesamtzusammenbruch der Wirtschaft weil Logistik und Mobilität zu teuer werden. Zumal auch das Feedback aus der dortigen Wirtschaft weitgehend fehlt, gibt es kaum konkrete Ansatzpunkte im Hinblick auf Bremen. Grundsätzlich ist die Preisentwicklung für Ressourcen seit jeher Teil des Wirtschaftsgeschehens und des Strukturwandels, aus dem sich für wettbewerbsfähige und innovative Unternehmen Chancen ergeben. Insofern ist der Senat der Auffassung, dass die Entwicklung der Diskussion um Peak Oil verfolgt werden sollte, um zu bewerten, wann und ob eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema regionalwirtschaftlich sinnvoll sein könnte . Ein wichtiger Faktor ist die Energiepolitik der Bundesregierung. Die Senkung des Energieverbrauchs und die Erhöhung der Anteile erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch sind Ziele der Energiewende, die auch die Abhängigkeit Deutschlands von Erdölimporten verringern soll. Druck: Anker-Druck Bremen