— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1608 (zu Drs. 18/1525) 04. 11. 14 Mitteilung des Senats vom 4. November 2014 Neue Perspektiven der Verhinderung von Jugendkriminalität Die Fraktion der CDU hat unter Drucksache 18/1525 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat das Vorgehen gegen Schulversäumer in Hamburg, Bayern und Berlin? Wie bewertet der Senat die AG Schulpflicht in Berlin, bei der Schulen, Jugendamt, Polizei und Familienrichter zusammenarbeiten, und plant der Senat ein ähnliches Vorhaben? Schulabsentismus ist in seinen vielfältigen Formen ein komplexes multifaktorielles Problem. Kinder und Jugendliche, die ein vermeidendes Verhalten zeigen , sei es aktiv oder passiv, sind besonders in den Blick zu nehmen. Der Senat bewertet die Verfahren der Stadtstaaten Hamburg und Berlin als zielführend. Bremen handelt nach einem vergleichbaren Konzept. Vom Bundesland Bayern ist ein vergleichbares Konzept nicht bekannt. Als Sanktionsmöglichkeiten kommen in Bayern die Verhängung von Geldbußen gegen Erziehungsberechtigte bzw. Schülerinnen und Schülern sowie die zwangsweise Zuführung der Schulpflichtigen zum Besuch des Unterrichts in Betracht. Eine alleinige Ausrichtung auf Sanktionsmöglichkeiten und Zwangsmaßnahmen wird vom Senat nicht als zielführend angesehen. Das Verfahren ist in Hamburg in der „Handreichung zum Umgang mit Schulpflichtverletzungen “ geregelt. Die Beratungsdienste der Schulen, die Regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ) und andere Dienststellen arbeiten zusammen, um pädagogische Maßnahmen zu treffen oder die Rechtsabteilung der Behörde für Schule und Berufsbildung einzubeziehen. Diese kann Zwangsmaßnahmen und Bußgelder erlassen oder gerichtliche Schritte einleiten. Formale Absentismusmeldungen werden nach den Vorgaben der „Richtlinie Schulpflichtverletzungen “ bearbeitet. Neben den einzelfallorientierten, schulergänzenden Maßnahmen gibt es eine Reihe von vorübergehend schulersetzenden Gruppenangeboten für hartnäckige Schulverweigerer, in der Regel als Kooperationsprojekte zwischen Schulen, der Jugendhilfe und den Beratungsabteilungen der Regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ). In Berlin stehen der Schule und den betroffenen Familien die schulbezogene Sozialarbeit, die schulpsychologischen Beratungszentren und die Jugendhilfe zur Verfügung. Geregelt ist das Verfahren in der Handreichung „Schuldistanz – Eine Handreichung für Schule und Jugendhilfe“. Es existiert die Möglichkeit, eine Zuführung von Schülerinnen und Schüler durch die Polizei vornehmen zu lassen, welche jedoch selten angewandt wird. Bei hohen entschuldigten Fehlzeiten wegen Krankheit wird der Kinder- und Jugend-Gesundheitsdienst einbezogen . In Bremen ist der Umgang mit Schulabsentismus im „Handbuch Schulabsentismus “ der Senatorin für Bildung und Wissenschaft geregelt. In einer „Verantwortungskette “ von Schulaufsicht–Schulleitung–Lehrkräfte erhält das Reagieren auf Schulschwänzen gemäß den gültigen Regeln durch wirksame Kontrolle , Sanktion und Beratung einen hohen Verbindlichkeitsgrad. Schulen erhal- — 2 — ten in dem Handbuch einen theoretischen Hintergrund, eine Zusammenfassung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Regelungen, Empfehlungen für die Praxis (Präventionsempfehlungen) sowie konkrete Handlungsabläufe bei unentschuldigtem Fehlen. Die frühe angemessene Intervention und der Kontakt mit den Erziehungsberechtigten stehen im Vordergrund. Sollten die Maßnahmen, die durch die Schule ergriffen werden, nicht innerhalb von sechs Wochen eine Veränderung der Situation bewirken, sind die Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ) einzuschalten. Die Familien werden zu Gesprächen in die ReBUZ eingeladen, in denen genau analysiert wird, welche Gründe es für die Vermeidung gibt. Gemeinsam mit den Schulen werden anschließend weitere Hilfen für die Schülerinnen bzw. Schüler erarbeitet oder gegebenenfalls weitere Unterstützungseinrichtungen hinzugezogen. In sehr schwierigen Fällen wird die Jugendhilfe einbezogen. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit einer Zuführung von Schülerinnen und Schüler durch die Polizei. Diese Maßnahme wird jedoch selten angewandt. Treten hohe entschuldigte Fehlzeiten wegen Krankheit auf, wird zur Klärung der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst einbezogen . Bremen hebt sich durch die vorhandenen Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ) deutlich von anderen Bundesländern ab, da das Einschalten der ReBUZ ab einem bestimmten Zeitpunkt verbindlich vorgeschrieben ist. Die Schulen finden dort Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, wenn die Situationen mit schulinternen Mitteln nicht mehr zu klären sind. Die Erziehungsberechtigten sowie die Schülerinnen und Schüler finden im ReBUZ ebenso neutrale und vertrauliche wie pädagogische und psychologische Beratung zum Thema Schulvermeidung. Bis zum Schuljahr 2013/2014 arbeiteten (analog zur AG Schuldistanz in Berlin) die Schulvermeiderpräventionsausschüsse (SCHUPS), in denen Polizei, Schulleitungen , Ärztinnen und Ärzte des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes sowie Vertretungen des Amtes für Soziale Dienste und der Regionalen Beratungsund Unterstützungszentren stadtteilorientiert an präventiven Fragestellungen zum Thema Schulvermeidung. Im Rahmen des Konzeptes „Schulvermeidung spürbar senken“ befinden sich die Arbeitsweise der SCHUPS zurzeit in einer konzeptionellen Überarbeitung. Auch gibt es in Bremen das ressortübergreifende Handlungskonzept „Stopp der Jugendgewalt“ sowie die „Lenkungsgruppe Schule“, in der sich Vertretungen der Ressortbereiche Bildung, Jugend, Justiz und Inneres regelmäßig mit Vertretungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft, der Schulen und anderer betroffener Behörden treffen, um Themen wie Schulabsentismus zu erörtern und bei Bedarf Maßnahmen abzustimmen. 2. Wie will der Senat die datenschutzrechtlichen Hindernisse ausräumen, um präventive Ansätze gegen Schulvermeidung zum Wohle der einzelnen Schüler zu verbessern? Der Senat sieht keine Notwendigkeit zur Änderung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen bei Schulvermeidung. Im Bremischen Schuldatenschutzgesetz (BremSchulDSG) ist die Möglichkeit zur Weitergabe von Schülerdaten an andere öffentliche Stellen geregelt. Die hierfür zu erfüllenden gesetzlichen Bedingungen lassen eine Anwendung bei Fällen von Schulmeidung zu. Grundsätzlich ist die Datenübertragung zwar nur mit Einwilligung der Betroffenen erlaubt, im Schuldatenschutzgesetz sind jedoch entsprechende Ausnahmetatbestände formuliert, die bei Schulmeidung grundsätzlich einschlägig sind. Eine vergleichbare Ausnahmeregelung von der Zustimmung des Betroffenen ist auch in der „Vereinbarung zur Sicherstellung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung gemäß § 8a SGB VIII zwischen dem Amt für Soziale Dienste/Jugendamt und der Senatorin für Bildung und Wissenschaft für die Stadtgemeinde Bremen “ beschrieben. 3. Wie hoch sind die Bußgelder in den 16 Ländern bei Schulvermeidung, unter welchen Kriterien und nach wie vielen Fehltagen werden sie verhängt? Wie viele Strafverfahren hat es in den Jahren 2012 bis heute wegen beharrlicher Schulvermeidung in Bremen und Bremerhaven gegeben, und in welcher Höhe wurden Strafen ausgesprochen (bitte differenzieren nach Geld- und Freiheitsstrafen mit und ohne Bewährung)? — 3 — In den befragten Bundesländern Hamburg, Berlin und Bayern gibt es diesbezüglich keine einheitliche Regelung. So werden in der Behörde für Schule und Berufsbildung in Hamburg Bußgelder bei Schulvermeidung aktuell nicht dokumentiert. Das Bußgeldverfahren wird von der Fallbearbeitung abgekoppelt und von der Rechtsabteilung durchgeführt . Beantragt wird es nach intensiver Klärung, ob ein Bußgeld die Schulverweigerung positiv „regulieren“ könnte, von den ReBBZ-Mitarbeitern oder von den Beratungsabteilungen der Stadtteilschulen. Auch in Bayern findet eine statistische Erhebung der Fehlzeiten bzw. der Fälle von Schulversäumnis durch das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMUK) nicht statt. In Berlin orientiert sich das Verhängen eines Bußgeldes wegen Schulvermeidung jeweils am Einzelfall. Es sind die jeweiligen Bezirke dafür zuständig und entscheiden mit den Schulen gemeinsam, wann ein Bußgeld verhängt werden soll. In Bremen gibt es keine festen Vorgaben, ab wann ein Bußgeldverfahren wegen unentschuldigter Fehltage eingeleitet werden soll. Im Vordergrund der Bearbeitung des Themas Schulabsentismus stehen pädagogische Erwägungen. Dies bedeutet in der Regel, dass ein Bußgeld erst dann verhängt wird, wenn die Familien die Mitarbeit und Kooperation mit der Schule und dem zuständigen Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentrum (ReBUZ) verweigern. Ein Bußgeld wegen Schulvermeidung wird vom Einzelfall abhängig gemacht. Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter des zuständigen ReBUZ entscheidet gemeinsam mit der Schule und der Senatorin für Bildung und Wissenschaft darüber, ob dies sinnvoll ist. In Bremen wird in der Regel kein Bußgeld verhängt, solange sich die Erziehungsberechtigten und Schülerinnen oder Schüler an den pädagogischen Maßnahmen beteiligen und ein Veränderungswille erkennbar ist. In Bremen wurden im Schuljahr 2011/2012 112 Bußgelder und im Schuljahr 2012/2013 122 Bußgelder festgesetzt. Die Anordnung von Arbeitsauflagen gegen Schülerinnen und Schüler erfolgt in Einzelfällen. Die Durchführung der Erzwingungshaft gegen einen Elternteil wurde in den letzten drei Jahren erst einmal angeordnet. In Bremerhaven werden gegen Erziehungsberechtigte jeweils 150 ‡ an Bußgelder festgesetzt, wenn es sich um die erste Schulvermeidung handelt. Bei Jugendlichen werden 30 ‡ festgesetzt. Konkrete Kriterien und eine bestimmte Anzahl an Fehltagen sind nicht vorgegeben. Die Schule entscheidet in eigenem Ermessen, wann die Fehlzeiten dem Schulamt zur weiteren Veranlassung gemeldet werden, weil pädagogische Maßnahmen keinen Erfolg zeigen. Es wurden folgende Bußgelder festgesetzt: 2012: 24; 2013: 37; 2014: 13 bis 31. August 2014. In dem abgefragten Zeitraum hat es in Bremen und Bremerhaven kein entsprechendes Strafverfahren gegeben. Im Handbuch Schulabsentismus werden unter Punkt 5.1 Verfahren und Zuständigkeiten bei Schulvermeidung beschrieben. Demnach liegt die Verantwortung zur Information der Erziehungsberechtigten bzw. der Klärung der Gründe für das unentschuldigte Fehlen in der Phase 1 (erstmaliges Fehlen ein bis drei Tage) bei der Klassenleitung. In der Phase 2 (unentschuldigtes Fehlen ab dem vierten Tag) wird durch die Klassenleitung zur Klärung des weiteren Vorgehens das Zentrum für unterstützende Pädagogik (ZuP) einbezogen. Bei unverändertem Verhalten leitet die Klassenleitung eine Fallkonferenz zur Erstellung eines Maßnahmenplans ein. In der Phase 3 (nach sechs Wochen) muss das ReBUZ eingeschaltet werden. Es erfolgt eine große Fallkonferenz mit ressortübergreifender Beteiligung (ReBUZ, Jugendhilfe, schulärztlicher Dienst, Kontaktpolizei , KIPSY, etc.). 4. Wie bewertet der Senat das Internat für Schulschwänzer in Berlin und deren Arbeit? Plant der Senat eine ähnliche Einrichtung im Land Bremen? In Bremen gibt es keine gesonderte Schule für Schülerinnen und Schüler, die durch Schulabsentismus aufgefallen sind. Eine entsprechende Einrichtung ist auch nicht geplant, da die vorhandenen Schulvermeiderprojekte mit ihren besonderen Angeboten als ausreichend erachtet werden. 5. Inwieweit wurde die flächendeckende einheitliche Erfassung der Gesamtheit einzelner Tage von Schulversäumnissen im Land Bremen umgesetzt? Welche Maßnahmen will der Senat ergreifen, um die Schulversäumnis zu verringern? — 4 — Die einzelnen Schulen erfassen nach Maßgabe des Handbuches Schulabsentismus die Schulversäumnisse. Die an die Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ) gemeldeten Fälle werden in einer Jahresstatistik nach Schulform und Region dokumentiert. Die Fehlzeiten sollen dauerhaft durch eine konsequente Umsetzung der Maßnahmen des bereits erwähnten Handbuches Schulabsentismus verringert werden. Ebenso soll die Überarbeitung des Konzeptes „Schulvermeidung spürbar senken“ die Maßnahmen gegen Schulabsentismus bündeln und ressortübergreifend transparent machen. In Bremen ist es gelungen, die von 2006 bis 2014 durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten Schulvermeiderprojekte „2. Chance – Strickleiter“ und das Modell „Familienklasse“ zu erhalten. Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft finanziert zusammen mit der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen sechs Schulvermeiderprojekte im Rahmen des Konzeptes „Schulvermeidung spürbar senken“. In Bremerhaven gibt es keine flächendeckende einheitliche Erfassung von Fehlzeiten . Die Einrichtung des Schulvermeiderteams hat sich zuletzt nicht als geeignet herausgestellt, eine deutliche Verringerung der Fehlzeiten erreichen zu können. 6. Inwieweit sind die Mitarbeiter des Jugendamtes einzelnen Schulen zugewiesen , um Problemfälle schnell zu erkennen und gegensteuern zu können? Wie findet der Austausch zwischen den Mitarbeitern des Jugendamtes, der Schule, der Jugendhilfe und den Schulsozialarbeitern statt? Die Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ) sind nach den regionalen Zuständigkeiten der Sozialzentren organisiert, sodass die Fallzuständigkeit und -bearbeitung in den Stadtteilen liegt. Es finden regelmäßig Fallgespräche gemeinsam mit Schule, ReBUZ und den Sozialzentren statt. Die Zuständigkeit des Jugendamtes Bremen bestimmt sich nach dem Wohnort der Kinder und Jugendlichen. Die Kontakte zu den Schulen erfolgen anlassbezogen. Die Schule nimmt in der Regel mit dem Jugendamt Kontakt auf. Im Rahmen einer etwaigen Hilfeplanung soll das Jugendamt auf eine Mitwirkung der Lehrkräfte hinwirken. Die „Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen Schule, Jugendhilfe, Gesundheitsamt und den Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ) in der Stadtgemeinde Bremen für Schülerinnen und Schüler mit erheblichem Förderbedarf im Bereich der sozialemotionalen Entwicklung“ sieht ebenfalls eine enge Verzahnung aller Beteiligten vor. Im „Notfallordner“, der allen Bremer Schulen zur Verfügung steht, sind die Zuständigkeiten und Kontaktmöglichkeiten in Krisenfällen ausführlich dokumentiert . In Bremerhaven arbeiten Schulen und das Amt für Jugend, Familie und Frauen eng zusammen. Durch gemeinsame Projekte (Tagesschule, Zusammenarbeit in der Astrid-Lindgren-Schule) gibt es Erfahrungen in der Zusammenarbeit. Bei Auffälligkeiten (Schulmeidung, Gewalt in der Familie, Gewalt unter den Jugendlichen ) wird das ReBUZ sowie das Amt für Jugend, Familie und Frauen eingeschaltet. Schulen in besonders problematischer Lage treffen sich regelmäßig mit den Mitarbeitern des Amtes für Jugend, Familie und Frauen. Auch aus der grundsätzlichen sozialraumorientierten Arbeit des Allgemeinen Sozialdienstes (ASD) Bremerhaven ergibt sich, dass einzelne Fachkräfte nicht einer Schule zugeordnet werden können. Stattdessen ist ein dokumentiertes Verfahren implementiert , das die zwingende Mitwirkung des Jugendamtes bei mehrtägigen Schulversäumnissen vorsieht. Die Jugendhilfe versucht dann, mit ihrem Hilfeangebot die Defizite zu bearbeiten und zu beheben. Gleichzeitig bildet das Jugendamt Bremerhaven im Rahmen der Zusammenarbeit auch Schulsozialarbeiter zur zertifizierten „insoweit erfahrenen Fachkraft nach § 8a SGB VIII“ (Kinderschutzfachkräfte ) aus, die besonders sensibel und qualifiziert in der Schule bereits Probleme erkennen und bearbeiten können. 7. Nach welchen Kriterien findet eine Erfolgskontrolle bei den freien Trägern der Jugendhilfe statt, welche Kosten haben diese, und nach welchen erfolgsabhängigen Kriterien werden sie finanziert? — 5 — Die in der Stadtgemeinde Bremen stattfindenden Schulmeiderprojekte sind zuwendungsfinanziert . Um die Wirkung der Hilfen fachgerecht einschätzen zu können, findet ein geregelter Austausch zwischen den regionalen Trägern, den Schulen und dem AfSD über die Verweildauer und der Chance der Reintegration in die Regelschulen der Schülerinnen und Schüler in den Projekten statt. Nach dem Auslaufen der ESF-Förderung des Bundesmodellprogramms „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ zum 1. Juli 2014 werden die Modellprojekte „Strickleiter Süd“ (DRK) und „Familienklasse“ (WaBeQ) weitergeführt, indem die Senatorin für Bildung und Wissenschaft die notwendigen Lehrerstunden sowie die räumliche und sächliche Infrastruktur und die Senatorin für Soziales, Kinder , Jugend und Frauen die Personalkosten für Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen und alle weitere Kosten übernehmen. Auch in der Stadtgemeinde Bremerhaven werden mit den freien Trägern der Jugendhilfe Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen vertraglich geschlossen, die verbindliche Standards beinhalten. In den Hilfeplänen, die mit den Beteiligten und dem Jugendamt abgeschlossen werden, werden gemeinsam Hilfeziele formuliert, die zwingend nach sechs Monaten überprüft und – wieder gemeinsam von allen Akteuren separat – bewertet werden. In dem mehrjährigen Bundesmodellprojekt „Wirkungsorientierte Jugendhilfe“, an dem das Jugendamt Bremerhaven beteiligt war, ist eindeutig belegt worden, dass „finanzielle Boni bzw. Mali für erbrachte Jugendhilfeleistungen“ eine nicht zielführende und sinnvolle Klassifizierung darstellen. „Qualifiziert sich die Jugendhilfe in ihrer zukünftigen Entwicklung so, dass sie die Zusammenarbeit von Jugendämtern, freien Trägern und Adressatinnen/Adressaten verbessert, so beschreitet sie einen empirisch belegten Weg zur Steigerung von Prozessund Ergebnisqualität.“ 8. Welche Maßnahmen plant der Senat, um den Kontakt zwischen den Lehrern und den Familien der Schüler gegebenenfalls niedrigschwellig zu verbessern? Ist in diesem Zusammenhang eine verstärkte aufsuchende Arbeit der Lehrer angedacht ? Inwiefern könnte eine Zeugnisausgabe nur an Sorgeberechtigte diesen Kontakt herstellen bzw. verbessern? Der Kontakt zu den Erziehungsberechtigten und den Familien der Schülerinnen und Schülern gehört zu den grundsätzlichen Aufgaben der Schulen und ist wichtiger Bestandteil der Arbeit aller Lehrkräfte. Im Handbuch Schulabsentismus ist im Falle von Vermeidung verbindlich vorgeschrieben , wann Lehrkräfte die Familien aufsuchen sollen. Demnach ist bereits nach dem ersten Tag eines unentschuldigten Fehlens der Kontakt zu den Erziehungsberechtigten durch die Klassenleitung herzustellen. Ab dem dritten Tag klärt die Schulleitung, ob ein Hausbesuch (eventuell mit Unterstützung des Zentrums für Unterstützende Pädagogik [ZuP]) durchzuführen ist. Zur Unterstützung dieser Maßnahmen werden zudem die an den Schulen tätigen Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter eingesetzt. Deren Aufgabe besteht in der individuellen Begleitung von Schülerinnen und Schülern, der Vermittlung zwischen den unterschiedlichen Personengruppen und zur Sicherstellung von Kontakten zu Erziehungsberechtigten und Institutionen oder Einrichtungen . Diese Arbeit ist zumeist einzelfallbezogen und unterstützt die Schülerinnen und Schüler bei der Bewältigung des Lebensalltags. Eine Zeugnisausgabe bei Schulvermeidern an die Erziehungsberechtigten ist nach der Zeugnisordnung zwar zurzeit nicht vorgesehen, könnte jedoch ein geeignetes Mittel darstellen, eine Kontaktaufnahme zu bewirken. Dieser Weg wird jetzt erprobt, um festzustellen, ob die Zielsetzung mit dieser Maßnahme erreicht werden kann. 9. Welche pädagogischen Mittel und Maßnahmen haben Schulen präventiv, um Schulvermeidung vorzubeugen? Welche pädagogischen Mittel und Sanktionsmöglichkeiten haben Schulen, um Schulvermeidung zu ahnden und entgegenzuwirken ? Es ist bekannt, dass Schulverweigerung ein längerer Prozess ist. Schulverdrossenheit , Schul- oder Unterrichtsverweigerung ist ein Symptom multikausaler Zusammenhänge . Diese zu ergründen bedarf der genauen Wahrnehmung von Ver- — 6 — haltensmustern bei Schülerinnen und Schülern, dem Zusammentragen vieler Informationen und einer kontinuierlichen Überprüfung der Fehlzeiten. Präventive und nachgeordnete Maßnahmen werden im Bremer Handbuch Schulabsentismus unter Kapitel 4 ausführlich ausgeführt. Dazu zählen: — Verstärkung und Förderung der Anwesenheit und inneren Teilhabe am Unterricht , — schulische und unterrichtliche Einbindung der Schülerinnen und Schüler durch an den Lebenswelten der Schülerinnen und Schüler orientierten Lernund Projektangebote, — interessante und methodisch abwechslungsreiche Unterrichtsgestaltung, — wohlwollende Beziehungsgestaltung, insbesondere mit Blick auf die Beziehung zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern sowie zwischen Schülerinnen und Schülern untereinander, — Schule positiv erlebbar machen durch positiv anregendes, angst- und gewaltfreies Schul- und Klassenklima, — jeder Schülerin und jedem Schüler – unabhängig vom jeweiligen Leistungsstand – schulische Erfolge ermöglichen, — enges Kooperationsbündnis mit Eltern, basierend auf gegenseitigem Respekt und regelmäßigem Informationsaustausch (nicht nur bei negativen Vorkommnissen), — Entwicklung eines helfenden Netzwerks sowohl innerschulisch als auch durch externe Kooperationspartner, — Hausbesuche, Elterngespräche, — Helferkonferenz mit eventuell eingesetzter Jugendhilfe nach SGB VIII, Verhaltensvereinbarung , — Beratungsanforderung bei Schulversäumnissen an das zuständige ReBUZ, — Bußgelder. In Bremerhaven wird folgendes Verfahren durchgeführt, um Schulvermeidung entgegenzuwirken bzw. zu ahnden: Feststellen der Schulvermeidung — Anwesenheitskontrolle regelmäßig zu Stundenbeginn und in allen Lerngruppen , — Unterrichtsversäumnisse werden schriftlich festgehalten (Anwesenheitsbogen ), — Unterrichtsversäumnissen sofort nachgehen, — zeitnahe telefonische/schriftliche Information der Eltern. Bei wiederholtem Fehlen Phase 1: Offenlegung der Auffälligkeiten/Analyse — Gespräche mit Fachlehrerinnen/Fachlehrern, Schülerinnen/Schüler, Mitschülerinnen /Mitschülern, gesetzlichen Vertretern, — Zusammenarbeit mit Personen des Vertrauens, — Hausbesuche, — Prüfung der schulischen Gegebenheiten, — Bilanz nach einem Monat. Phase 2: Reaktionssteigerung — Absprache mit dem Zentrum für unterstützende Pädagogik (ZuP), — erzieherische Maßnahmen, — Hausbesuche, — Bilanz nach Absprache. — 7 — Phase 3: Einbeziehung außerschulischer Hilfen — Regionales Beratungs- und Unterstützungszentrum, — Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, — Erziehungsberatungsstelle, — soziale Dienste, — schulpsychologischer Dienst, — Kontaktpolizist/Jugendsachbearbeiter, — Suchtprävention, Phase 4: Einbeziehung außerschulischer Hilfe (magistratsextern) — Kinder- und Jugendpsychiatrie, — Sonstige. Die kontinuierliche Rückkopplung mit Schülerinnen/Schülern und gesetzlichen Vertretern, die Wirkungskontrolle mit der Rückmeldung an die beteiligten Stellen sowie schriftliche Vermerke der Aktionen und deren Ergebnisse sind wesentliche Bestandteile des Verfahrens. Ordnungsmaßnahmen können nach § 46 und § 47 des Bremischen Schulgesetzes (BremSchulG) durchgeführt werden. Erfordert das Verhalten einer Schülerin oder eines Schülers eine Ordnungsmaßnahme, so kommt nach § 47 Abs. 1 BremSchulG Folgendes in Betracht: — Beauftragung mit Aufgaben, die geeignet sind, die Schülerin oder den Schüler das eigene Fehlverhalten erkennen zu lassen, — Ausschluss von Klassen- oder Schulveranstaltungen, — Erteilung eines schriftlichen Verweises, — Überweisung in eine parallele Klasse oder Lerngruppe, — Überweisung in eine andere Schule. 10. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um den Gewalterfahrungen der Jugendlichen , insbesondere im familiären Umfeld als häufigen Auslöser für Jugenddelinquenz zu entgegnen? Wie will der Senat das Anzeigeverhalten bei Gewalt im familiären Umfeld erhöhen? Für das Jugendamt Bremen ist es wichtig, rechtzeitig von häuslicher Gewalt in der Familie zu erfahren, um den Schutz der Kinder aktiv begleiten zu können und gegebenenfalls zu gewährleisten. Es ist dabei nicht immer eine Strafanzeige erforderlich. Über das Kinder- und Jugendschutztelefon wird auch anonymen Hinweisen nachgegangen. Es ist davon auszugehen, dass die Kampagne „hinsehen – wenn ein Kind Hilfe braucht“, die in mehreren Sprachen durchgeführt wurde, zu einer Sensibilisierung in der Bevölkerung und bei den Fachkräften geführt hat. In der Stadtgemeinde Bremen bieten folgende Beratungsstellen niedrigschwellige Unterstützung für Kinder und Jugendliche an, die Gewalt erlebt haben: Bremer Jungenbüro, der Deutsche Kinderschutzbund, Kreisverband Bremen e. V., das Mädchenhaus e. V., Schattenriss sowie die Fachstelle für Gewaltprävention. Diese Träger bieten in unterschiedlich gewichteten Schwerpunkten nach Zielgruppe und/oder Gewaltform, Beratung und Unterstützung für Jungen und Mädchen an, die Gewalt erfahren haben. Hier können Kinder und Jugendliche einen Umgang mit ihren Erfahrungen erlernen, der ihnen andere Handlungsstrategien ermöglicht, als ihrerseits mit Gewalt zu reagieren. Dazu gehören auch Angebote zur Stärkung des Selbstwertgefühls sowie zur friedlichen Lösung von Konflikten. Alle genannten Träger kooperieren im Einzelfall mit dem Sozialdienst Junge Menschen des Amtes für Soziale Dienste, wenn ein weitergehender Erziehungshilfebedarf gesehen wird oder der Schutz eines Kindes oder einer /eines Jugendlichen durch gewichtige Anhaltspunkte infrage steht. Das Amt für Soziale Dienste pflegt auch zu anderen Partnerinnen und Partnern seine Kooperationen , um jungen Menschen mit Gewalterfahrungen den Zugang zu Hil- — 8 — fen zur Erziehung sowie zu Systemen des Kinderschutzes zu ermöglichen. Zum Beispiel besteht zwischen der Senatorin für Bildung und Wissenschaft und dem Amt für Soziale Dienste seit März 2011 eine verbindliche Vereinbarung zur Zusammenarbeit im Kinderschutz. Auch zwischen dem Amt für Soziale Dienste und den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Einrichtungen der Stadtgemeinde Bremen besteht seit April 2014 eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit in der Hilfeplanung, in der Zugangswege zwischen den Trägern festgehalten sind. Die fallführenden Fachkräfte des Sozialdienstes Junge Menschen prüfen nach Falleingang den Hilfebedarf und können den Umgang mit erlebter Gewalt und daraus erwachsener Konsequenzen in die Hilfeplanung einbeziehen und passende Hilfen anbieten. Die Themen häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt, Gewalt zwischen Kindern und Jugendlichen und weitere angrenzende Felder sind den freien Trägern der Erziehungshilfe hinlänglich bekannt, sodass in der Ausgestaltung der Hilfe auf fundiertes Fachwissen zurückgegriffen werden kann. Zudem kooperieren die freien Träger untereinander und gestalten Fachtage, Fortbildungen sowie Projekte an Schulen gemeinsam zur Aufklärung und Qualifikation der dortigen Lehrkräfte sowie zur Stärkung der Kinder und Jugendlichen selbst. Um den Bekanntheits- und Anwendungsgrad des Handlungskonzeptes „Stopp der Jugendgewalt“ in den schulbezogenen Bereichen in Bremen zu steigern, soll an zehn Schulen in diesem Schuljahr beispielhaft das Projekt „Boxenstopp“ durchgeführt werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regionalen Beratungs - und Unterstützungszentren (ReBUZ) unterstützen die Schulen in der Intervention nach Gewaltereignissen und in der Koordination zur Aufarbeitung. In einer dritten präventiven Handlungsebene werden externe Träger schul- und themenspezifische Gewaltpräventionsangebote entwickeln. Die Projektberatung und Projektevaluation ist durch die Universität Bremen geplant. 11. Wie haben sich die Straftaten von Jugendlichen und Heranwachsenden in den Jahren 2011 bis heute entwickelt? Wie sind die Strafverfahren in den Jahren 2011 bis heute jeweils ausgegangen (getrennt nach Einstellungen, Anklagen und Verurteilungen)? Wie hoch war die Verurteilungsquote in den Jahren 2011 bis heute jeweils, und wie hoch war sie in den anderen Ländern? Wie lange war die Verfahrensdauer bei der Polizei, Staatsanwaltschaft und den Gerichten in den Jahren 2011 bis heute? Tabelle 1: Entwicklung der Straftaten in Bremen Staatsanwaltschaft 2011 2012 2013 Js-Eingänge 11.393 10.999 10.070 Erledigungen 11.183 11.375 9.854 davon durch: Anklage 1.605 1.948 1.632 Antrag nach § 417 StPO 707 649 464 Antrag nach § 76 JGG 393 308 270 Antrag auf Erlass eines Strafbefehls 109 119 155 Einstellung mit Auflage nach § 153a StPO 27 31 22 Einstellung nach § 45 JGG 2.402 2.155 1.689 davon da die Voraussetzungen des § 153 StPO vorliegen (Absatz 1) 1.909 1.720 1.338 da eine erzieherische Maßnahme durchgeführt oder eingeleitet ist (Absatz 2) 338 274 175 da eine jugendrichterliche Ermahnung, Weisung oder Auflage erteilt wurde (Absatz 3 155 161 176 Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO 223 302 314 Einstellung nach § 153 b Abs. 1 StPO 0 3 2 Einstellung nach § 154 Abs. 1 StPO 803 777 744 — 9 — Einstellung nach § 154 b Abs. 1-3 StPO 6 1 0 Einstellung nach § 154 d StPO 1 1 1 Absehen von der Erhebung der öffentlichen Klage (§ 154 e StPO) 3 8 4 Einstellung nach § 31 a Abs. 1 BtMG 3 9 17 Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 2.596 2.403 2.321 Sonstige vorläufige Einstellung 16 11 3 Verweisung auf den Weg der Privatklage 131 167 149 Abgabe an die Verwaltungsbehörde als Ordnungswidrigkeit (§ 41 Abs. 2, § 43 OWiG) 33 47 37 Abgabe an eine andere Staatsanwaltschaft 1.047 1.178 868 Verbindung mit einer anderen Sache 920 1.058 953 Sonstige Erledigungsart 158 200 240 Bestand 1.622 1.246 1.462 Verfahrensdauer bei der Staatsanwaltschaft (in Monaten ) 1,5 1,5 1,6 Dauer vom Tag der Einleitung des Ermittlungsverfahrens (bei der Einleitungsbehörde) bis zur Erledigung durch die Staatsanwaltschaft 3,2 3,2 3,4 Dauer vom Tag der Einleitung des Ermittlungsverfahrens (bei der Einleitungsbehörde) bis zum Eingang bei der Staatsanwaltschaft 1,7 3,2 1,8 Amtsgerichte 2011 2012 2013 Jugendrichter Eingänge 2760 2837 2504 Erledigungen 2685 2665 2691 darunter: Urteil 461 484 463 Einstellung nach § 153a StPO 304 174 148 Einstellung nach § 47 JGG 883 935 861 Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO 139 120 123 Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO 50 42 47 Verbindung mit einer anderen Sache 587 622 736 Erledigte Strafverfahren nach Art der Einleitung des Verfahrens darunter Antrag auf Entscheidung im vereinfachten Jugendverfahren (§ 76 JGG) 446 315 332 Bestand 562 734 547 Verfahrensdauer beim Amtsgericht (in Monaten) 3,2 2,9 3,9 Dauer der erledigten Verfahren ab Eingang bei der Staatsanwaltschaft 4,9 4,8 5,7 Jugendschöffengericht 2011 2012 2013 Eingänge 364 537 392 Erledigungen 392 502 406 darunter: Urteil 135 141 130 Einstellung nach § 153a StPO 7 2 4 — 10 — Einstellung nach § 47 JGG 18 13 12 Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO 3 4 4 Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO 10 7 11 Verbindung mit einer anderen Sache 189 297 221 Bestand 101 136 122 Verfahrensdauer beim Jugendschöffengericht (in Monaten ) 5,1 3,7 5,1 Dauer der erledigten Verfahren ab Eingang bei der Staatsanwaltschaft 8,2 6,5 7,7 Landgericht 2011 2012 2013 Jugendkammer, I. Instanz Eingänge 10 20 17 Erledigungen 7 24 17 darunter: Urteil 5 15 10 Einstellung nach § 153a StPO 0 0 0 Einstellung nach § 47 JGG 0 0 0 Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO 0 0 0 Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO 0 0 0 Eröffnung des Hauptverfahrens vor einem Gericht niedriger Ordnung 0 0 1 Bestand 14 10 10 Verfahrensdauer beim Landgericht (in Monaten) 13,9 17,2 3,9 Dauer der erledigten Verfahren ab Eingang bei der Staatsanwaltschaft 22,0 25,1 9,1 Kleine Jugendkammer, Berufungsinstanz 2011 2012 2013 Eingänge 9 12 7 Erledigungen 8 15 7 darunter: Urteil 3 2 2 Einstellung nach § 153a StPO 0 0 0 Einstellung nach § 47 JGG 0 1 0 Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO 0 0 0 Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO 0 0 0 Zurücknahme der Berufung 4 9 2 Bestand 6 3 3 Verfahrensdauer (in Monaten) 6,5 7,4 3,1 Dauer der erledigten Verfahren ab Eingang bei der Staatsanwaltschaft 18,6 17,6 16,7 Große Jugendkammer, Berufungsinstanz 2011 2012 2013 Eingänge 15 10 16 Erledigungen 18 25 12 darunter: Urteil 4 9 4 Einstellung nach § 153a StPO 1 0 0 Einstellung nach § 47 JGG 0 1 0 Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO 6 1 0 Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO 2 1 0 Zurücknahme der Berufung 1 12 8 — 11 — Bestand 20 5 9 Verfahrensdauer (in Monaten) 16,0 14,8 4,0 Dauer der erledigten Verfahren ab Eingang bei der Staatsanwaltschaft 33,6 32,5 15,3 Quelle: Erhebung von statistischen Daten in Straf- und Bußgeldsachen Zur Entwicklung im Jahr 2014 können noch keine verlässlichen Angaben gemacht werden. Tabelle 2: Verurteilungsquote im Ländervergleich 2011 Abgeurteilte Jugendliche Verurteilte Jugendliche Quote Abgeurteilte / Verurteilte BW 11.182 7.228 64,6% BY 14.819 8.923 60,2% BE 3.600 1.475 41,0% BB 2.049 852 41,6% HB 954 224 23,5% HH 1.958 917 46,8% HE 4.968 3.420 68,8% MV 1.118 631 56,4% NI 10.026 6.388 63,7% NW 19.894 13.050 65,6% RP 3.818 2.638 69,1% SL 989 686 69,4% SN 3.069 1.594 51,9% ST 2.242 1.128 50,3% SH 1.874 1.359 72,5% TH 1.445 812 56,2% Bund 84.005 51.325 61,1% 2012 Abgeurteilte Jugendliche Verurteilte Jugendliche Quote Abgeurteilte / Verurteilte BW 10.299 6.541 63,5% BY 13.440 7.691 57,2% BE 3.367 1.268 37,7% BB 1.613 670 41,5% HB 841 208 24,7% HH 1.544 718 46,5% HE 4.503 3.116 69,2% MV 951 489 51,4% NI 8.882 5.599 63,0% NW 17.277 11.309 65,5% RP 3.557 2.401 67,5% SL 857 565 65,9% SN 2.795 1.495 53,5% ST 1.907 998 52,3% SH 1.770 1.176 66,4% TH 1.398 740 52,9% Bund 75.001 44.984 60,0% Quelle: amtliche Strafverfolgungsstatistik — 12 — Zur Verurteilungsquote 2013 liegen noch keine statistischen Angaben vor. Soweit in der Tabelle 2 zwischen abgeurteilten und verurteilten Jugendlichen unterschieden wird, sind mit „Abgeurteilten“ alle Angeklagten gemeint, gegen die Strafbefehle erlassen wurden bzw. Strafverfahren nach Eröffnung des Hauptverfahrens durch Urteil oder Einstellungsbeschluss rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Ihre Zahl setzt sich zusammen aus den „Verurteilten“ und aus Personen, gegen die andere Entscheidungen (u. a. Einstellung, Freispruch) getroffen wurden. Bei der Aburteilung von Angeklagten, die in Tateinheit oder Tatmehrheit mehrere Strafvorschriften verletzt haben, ist nur der Straftatbestand statistisch erfasst , der nach dem Gesetz mit der schwersten Strafe bedroht ist. Werden mehrere Straftaten der gleichen Person in mehreren Verfahren abgeurteilt, so wird der Angeklagte für jedes Strafverfahren gesondert gezählt. Werden hingegen in einem Verfahren mehrere Jugendliche abgeurteilt, werden diese hier einzeln, d. h. auch als mehrere Jugendliche aufgeführt. In der amtlichen Strafverfolgungsstatistik in Tabelle 1 wird die Entwicklung hingegen bezogen auf die jeweiligen Strafverfahren dargestellt. Sind in diesem Zusammenhang in einem Verfahren mehrere Jugendliche angeklagt bzw. werden verurteilt, wird dies nur einmal für das gesamte Verfahren aufgeführt. „Verurteilte“ sind dagegen Angeklagte, gegen die nach allgemeinem Strafrecht Freiheitsstrafe, Strafarrest oder Geldstrafe verhängt worden ist, oder deren Straftat nach Jugendstrafrecht mit Jugendstrafe, Zuchtmitteln oder Erziehungsmaßregeln geahndet wurde. Auch in den Fällen, in denen das Jugendgericht von einer Verurteilung absieht, können – genau wie durch ein Urteil – Erziehungsmaßregeln (z. B. die Weisung, an einem sozialen Trainingskurs oder einem Täter-Opfer-Ausgleich teilzunehmen ) oder Zuchtmittel (z. B. die Auflage, Arbeitsleistungen zu erbringen) verhängt werden. Die Jugendgerichte in Bremen machen von dieser Möglichkeit sehr häufig Gebrauch. Eine relativ niedrige Verurteilungsquote bedeutet daher nicht, dass nur in wenigen Fällen eine Sanktion nach dem Jugendgerichtsgesetz angeordnet würde. 12. Wie viele Polizeibeamte sind im Land Bremen beim Jugendeinsatzdienst (JED) tätig, und wie hat sich die Anzahl der Polizeibeamten im JED seit 2011 entwickelt ? Inwiefern und mit welchem zeitlichen Umfang findet eine Fallbearbeitung durch den JED statt? Der Jugendeinsatzdienst (JED) wurde in der Polizei Bremen 2009 aufgelöst – die Aufgaben des JED wurden verteilt auf die Inspektionen der Schutzpolizei (Koordination, Prävention- und Öffentlichkeitsarbeit), die Reviere (Kontakte zu Schulen/problematischen Familien), die S 4 (Sachbearbeitung mit Jugendsachbearbeitern ) und dem Zivilen Einsatzdienst (Ermittlungsunterstützung, operative Maßnahmen und Jugendschutzkontrollen, gezielte Kontakte zu ausgewählten Schulen). Eine Fallbearbeitung findet im Zivilen Einsatzdienst nicht statt – diese liegt grundsätzlich bei der S 4. Aufgrund der dislozierten Aufgabenwahrnehmung kann eine Quantifizierung nicht oder nur mit nicht vertretbarem Aufwand vorgenommen werden. Bei der Ortspolizeibehörde Bremerhaven sind im Bereich der Jugendsachbearbeitung 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. 13. Wie viele vereinfachte Jugendverfahren nach § 76 JGG wurden in Bremen und Bremerhaven durch die Staatsanwaltschaft seit 2010 bis heute jährlich beantragt , und wie viele wurden durchgeführt? Wie lange dauerte es in den Jahren 2010 bis heute von der Begehung der Tat bis zum Antrag auf Durchführung eines vereinfachten Verfahrens? Welche Maßnahmen will der Senat ergreifen, um die Anzahl der vereinfachten Verfahren zu erhöhen und die Zeit zwischen Tat und vereinfachtem Verfahren zu verringern? Hinsichtlich der statistischen Daten wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind die erfragten Daten im Zusammenhang dargestellt worden. Die Verfahrensdauern sind zufriedenstellend. Die Entscheidung, ob im vereinfachten Verfahren vorgegangen wird, wird danach getroffen, ob sich der Verfahrensgegenstand dazu inhaltlich eignet. — 13 — 14. Wie viele vorläufige Anordnungen über die Erziehung nach § 71 JGG erfolgten in den Jahren 2010 bis heute (bitte getrennt nach den Zeiträumen vor der Hauptverhandlung und nach Beginn der Hauptverhandlung bis zur Rechtskraft), und welche konkreten Maßnahmen wurden dabei angeordnet? Wie bewertet der Senat die Möglichkeit solcher vorläufiger Anordnungen nach § 71 JGG, und welcher Zweck wird dadurch verfolgt? Eine Anordnung nach § 71 JGG ist in keinem Fall erfolgt; in Bremen existieren derzeit keine geschlossenen Jugendheime. Erziehungsbeistandsschaften gemäß § 12 JGG sind in geringen Einzelfällen angeordnet worden. 15. Wie viele Diversionsverfahren nach § 45 JGG wurden in den Jahren 2010 bis heute durchgeführt? Welche erzieherischen Maßnahmen wurden dabei ergriffen ? Inwieweit unterscheidet sich die Diversionsrichtlinie Bremens von denen der anderen Länder? Plant der Senat eine Überarbeitung der Diversionsrichtlinie , und wie bewertet der Senat eine Diversionsrichtlinie, die das Diversionsverfahren nur bei Ersttätern zulassen würde? Der Senat plant derzeit keine Änderung der Diversionsrichtlinie und hält die aktuelle Fassung für sachgerecht. Die geltende Richtlinie ist dem Rechtsausschuss der Bremischen Bürgerschaft mit Vorlage vom 18. August 2010 zur Kenntnis gegeben worden. Einwände sind nicht erhoben worden. Hinsichtlich der statistischen Daten wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind die erfragten Daten im Zusammenhang dargestellt worden. Einstellungen nach § 45 Abs. 1 JGG erfolgen ohne weitere erzieherische Maßnahme . Als erzieherische Maßnahme im Sinne des § 45 Abs. 2 JGG kommen insbesondere bereits ergriffene Maßnahmen der Eltern oder der Schule, ein Täter-OpferAusgleich oder eine schriftliche Ermahnung in Betracht. Einstellungen nach § 45 Abs. 3 JGG erfolgen in der Regel nach mündlicher richterlicher Ermahnung , falls erforderlich auch nach Erteilung von Weisungen oder Auflagen. Die Diversionsrichtlinien der Bundesländer weisen soweit ersichtlich große Übereinstimmungen auf. Die „Gemeinsamen Richtlinien des Senators für Justiz und Verfassung, des Senators für Inneres und Sport und der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales zur Anwendung des § 45 JGG bei jugendlichen und heranwachsenden Beschuldigten“ (Diversionsrichtlinien) sind am 1. Mai 2010 in Kraft gesetzt worden. Diese Richtlinien sind an die Stelle der seit 1989 gültigen Richtlinien getreten und haben sich in der Praxis bewährt. Ein weiterer Änderungsbedarf wird nicht gesehen. Im Übrigen erscheint eine Beschränkung des Diversionsverfahrens auf Ersttäter nicht sachgerecht. Die Richtlinien geben den Jugendstaatsanwälten einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum auch bei der Frage, ob eine wiederholte Einstellung nach § 45 JGG in Betracht kommt. Dieser Spielraum ist enger als bei einer erstmaligen Einstellung, die Diversionsrichtlinien eröffnen hierdurch aber die Möglichkeit, auch bei wiederholter Straffälligkeit die erforderlichen erzieherischen Maßnahmen zu ergreifen. Nicht in jedem Fall ist hierfür eine Anklagerhebung erforderlich. Eine gerichtliche Einstellung nach § 47 JGG erfolgt grundsätzlich nur dann, wenn die Erwartung besteht, dass der Jugendliche oder Heranwachsende die erteilte Auflage oder Weisung freiwillig erfüllt. Eine Einstellung nach § 47 JGG hat gegenüber einer Verurteilung bei gleichen Auflagen oder Weisungen den Vorteil der Beschleunigung. Der Richter kann nämlich in Zusammenarbeit mit der Jugendgerichtshilfe die Erfüllung der Auflagen oder Weisungen unmittelbar veranlassen und überwachen. Ein Urteil muss hingegen erst geschrieben werden, und der Rechtspfleger muss die Vollstreckung einleiten. Aus diesen Gründen bevorzugen die Jugendgerichte in Bremen diese Art der Sanktionierung. Die Staatsanwaltschaft stimmt einer Entscheidung nach § 47 JGG indessen nicht zu, wenn mehr als drei Taten vorliegen oder die Taten besonderes Gewicht haben . In diesen Fällen besteht sie auf Entscheidung durch Urteil. Grundsätzlich überwacht die Jugendgerichtshilfe oder der Bewährungshelfer die Erfüllung von Auflagen und Weisungen, § 38 Abs. 2 Satz 5 JGG. Es gibt aber auch Weisungen, deren Einhaltung die Jugendgerichtshilfe nicht oder nur er- — 14 — schwert überwachen kann. Hierbei kann es sich z. B. um ein Aufenthaltsverbot oder Kontaktverbot handeln. Diese können in der Regel besser durch die Polizei überwacht werden. Es ist bereits gängige Praxis in Bremen, dass die Gerichte in diesen Fällen die Polizei über die erteilten Weisungen unterrichten. Die im April 2010 durch den Senator für Justiz und Verfassung in enger Abstimmung mit der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales und dem Senator für Inneres und Sport vorgelegte aktualisierte Gemeinsame Richtlinie soll eine gleichmäßige und einheitliche Handhabung des § 45 Jugendgerichtsgesetz (JGG) sowie die volle Ausschöpfung seines Anwendungsbereichs durch Staatsanwaltschaft, Polizeivollzugsdienst und Jugendgerichtshilfe regeln. Die Jugendämter der beiden Stadtgemeinden halten Angebote zur Erfüllung von Arbeits- und Betreuungsweisungen, soziale Trainingskurse sowie Möglichkeiten für betreutes Wohnen und einen Täter-Opfer-Ausgleich in geeigneten Fällen vor. Das JGG gewährt Staatsanwälten und Richtern zum Erreichen dieser Ziele eine Vielzahl von Möglichkeiten. Eine wesentliche Vorschrift ist dabei § 45 JGG. Diese Vorschrift stellt für die Staatsanwaltschaft die Kernvorschrift im Zusammenhang mit der Diversion dar. Sie bietet im Bereich der leichten und auch der mittelschweren Kriminalität die Möglichkeit der schnellen und jugendgerechten Erledigung der Strafverfahren durch die Staatsanwaltschaft. Durch Nutzung der verschiedenen in § 45 JGG vorgesehenen Verfahrensmöglichkeiten kann auf die Vorwürfe gegen jugendliche und heranwachsende Beschuldigte differenziert reagiert werden, ohne dass es eines förmlichen Verfahrens bedarf. Die Vorschrift unterstreicht den Willen des Gesetzgebers, durch die Anwendung des Jugendstrafrechts für Jugendliche oder Heranwachsende vor allem erneuten Straftaten entgegenzuwirken. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Rechtsfolgen und unter Beachtung des elterlichen Erziehungsrechts auch das Verfahren vorrangig am Erziehungsgedanken auszurichten. Gemessen an dieser Zielsetzung hat sich die über 25-jährige Praxis der Diversion auch im engeren Sinne des § 45 JGG in Bremen bewährt. Diese Bewertung steht im Einklang mit fachlich renommierten aktuellen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen zur Wirkung von Diversionsprogrammen. So hob z. B. Prof. Dr. Klaus Boers von der westfälischen Wilhelms-Universität Münster auf dem Fachtag im Rahmen des Handlungskonzeptes am 5. Februar 2010 in Bremerhaven hervor, dass sich „staatsanwaltschaftliche Entscheidungen nach § 45 JGG zumindest nicht negativer auf einen delinquenten Karriereverlauf auswirken als formelle Sanktionierungen “, während die „formelle Sanktion die weitere Delinquenzentwicklung eigenständig und bedeutsam verstärken können“. Das Ziel muss daher sein, in jedem Einzelfall genau abzuwägen, ob und inwieweit eine informelle bzw. erzieherische Reaktion dem förmlichen Verfahren vorzuziehen ist. Die ambulanten Diversionsmaßnahmen wurden deshalb in enger Übereinstimmung mit den Akteuren der Jugendkriminalrechtspflege inhaltlich und fachpolitisch ergänzt und erweitert und im Rahmen des Handlungskonzeptes „Stopp Jugendgewalt“ mit Schwerpunktmitteln des Senats hinterlegt . Die Mitwirkung der Jugendhilfe am Verfahren beruht auf den §§ 52 SGB VIII und 38 JGG. Sie kann dem Vorrang des Erziehungsgedankens bei der Anwendung des § 45 JGG insbesondere dadurch Geltung verschaffen, dass sie über bereits im sozialen Umfeld ergriffene Erziehungsmaßnahmen informiert, auf vorhandene pädagogische Angebote entsprechend der Handlungsgrundsätze des SGB VIII hinweist und eigene erzieherische Initiativen entfaltet. Ihr bleibt es in jedem Verfahrensstadium unbenommen, bei dem Entscheidungsträger die Einstellung des Verfahrens nach Diversionsgrundsätzen anzuregen. Für die Jugendhilfe im Strafverfahren ist es in der Ausgestaltung der Hilfen unerheblich , ob das Angebot und die Durchführung auf Grundlage der §§ 45 oder 47 JGG erfolgen. Die in der folgenden Statistik dargestellten Erfüllungsquoten in den Maßnahmen sind ein Evaluationskriterium und beziehen sich auf die Erfüllung entsprechend § 45 JGG. In der Regel kann auch von einer positiven Entwicklung ausgegangen werden. Von daher sieht die Senatorin für Soziales, Kinder , Jugend und Frauen keine Veranlassung, von dieser bewährten Praxis abzuweichen . Die Hilfen sind im Rahmen von Jugendhilfeleistung daraufhin angelegt, dass sie die Entwicklung des jungen Menschen zu eigenverantwortlichen und gemein- — 15 — schaftsfähigen Persönlichkeiten fördern (§ 1 Abs. 1 SGB VIII). Auf der Basis individueller Diagnosen werden die Hilfen im Verfahren von der Jugendhilfe eingebracht . Die Maßnahmen sind konzeptionell ausgestaltet (siehe Baustein „Konzeptionen der freien Jugendhilfeträger“ 2012, Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen) und werden qualifiziert eingesetzt. In diesem Sinne verfügen sie über ein hohes Potenzial, die Verwirklichung der Zielsetzung im Jugendstrafrecht § 2 Abs. 1 JGG zu erreichen. § 45 JGG eröffnet die Möglichkeit pädagogisch angepasster Reaktionen auf jugendspezifische Straftaten im Bereich der leichten und im Grenzbereich zur mittelschweren Kriminalität bei Ermittlungsverfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende (Diversion). Das Jugendstrafrecht verlangt, dass in jedem Einzelfall genau abgewogen wird, ob eine nicht förmliche Erledigung dem förmlichen Verfahren vorzuziehen ist. Eine restriktive Festlegung auf Ersttäter ist vom Gesetzgeber weder vorgesehen, noch fachlich vertretbar. Zur Evaluation der Erfüllungsquoten in ambulanten Diversionsmaßnahmen 2006 bis 2013 in der Stadtgemeinde Bremen (Prozentzahlen kaufmännisch gerundet) Satz 3 der Frage spricht die Landesrichtlinie zur Diversion und eine mögliche Überarbeitung an. Dazu ist anzumerken, dass Justiz, Inneres, Jugend und Schule eine Arbeitsgruppe bilden, die sich schon wegen der regelmäßigen rechtlichen Änderungen mit der Richtlinie beschäftigen. 16. Inwiefern findet eine elektronische Benachrichtigung der Polizei durch das Gericht über erteilte Auflagen und Weisungen an Jugendliche und Heranwachsende statt? Stehen datenschutzrechtliche Belange einer elektronischen Übermittlung entgegen, und wie können diese ausgeräumt werden? Es wurde mit der Polizei vereinbart, dass vom Jugendgericht erteilte Weisungen , mit denen Jugendlichen örtliche, personenbezogene oder zeitliche Beschränkungen auferlegt werden, an die Polizei mitgeteilt werden, weil ihre Einhaltung sinnvollerweise nur von der Polizei ausreichend kontrolliert werden kann. Insbesondere in Bezug auf das Schwellentäterkonzept sind diese Informationen für den Jugendsachbearbeiter/Paten von großer Wichtigkeit, da er im regelmäßigen Kontakt zu „seinem“ Schwellentäter stehen soll und eine effektive Sachbearbeitung im Sinne des Konzeptes erst möglich ist, wenn diese gerichtlichen Maßnahmen ihm bekannt sind. In dieser Hinsicht können Verstöße von Aufenthalts- und Kontaktverboten nur dann an das Jugendgericht gemeldet werden, wenn bei der Polizei Bremen Maßnahmeträger 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Soziale Trainingskurse Jugendhilfe & Soziale Arbeit gGmbH / JUS 88 % N = 48 83 % N = 65 85 % N = 79 90 % N = 72 90 % N = 83 84 % N = 75 84% N = 64 66 % N = 86 Soziale Trainingskurse BRIGG – Integrationshilfe 75 % N = 36 89 % N = 36 94 % N = 17 78 % N = 9 83 % N = 18 81 % N = 16 60 % N = 15 92 % N = 13 Soziale Trainingskurse Stadtteil-Schule e.V. 74 % N = 36 83 % N = 47 74 % N = 50 85 % N = 38 80 % N = 59 72 % N = 25 76 % N = 37 91 % N = 22 Anti-Gewalt-Kurse BRIGG - - 81% N = 16 80% N = 20 92 % N = 24 76 % N = 17 73 % N = 15 100 % N = 9 Anti-Gewalt-Kurse Stadtteil-Schule e.V. 89 % N = 83 89 % N = 90 89 % N = 86 90 % N = 88 93 % N = 57 94 % N = 49 95 % N = 58 90% N = 40 Antiaggressionstraining TAK Stadtteil-Schule e.V. - - - - - 80 % N = 10 67 % N = 12 70 % N = 10 Verkehrspädagogische Trainingskurse Stadtteil-Schule e.V. / JUS 94 % N = 65 91 % N = 75 84 % N = 73 97 % N = 42 95 % N = 44 91 % N = 45 88 % N = 33 92 % N = 40 Arbeitsweisungen BRIGG - Integrations- hilfe 77 % N = 119 73 % N = 100 86 % N =123 88 % N = 129 89 % N = 117 88 % N = 120 73 % N = 122 77 % N = 118 Arbeitsweisungen Jugendhilfe & Soziale Arbeit gGmbH /JUS 76 % N = 533 79 % N = 668 74 % N = 664 78 % N = 665 83 % N = 652 78 % N = 424 75 % N = 442 72 % N = 371 Täter-Opfer-Ausgleich 77 % N = 494 76 % N = 547 75 % N = 490 79 % N = 407 77 % N = 529 77 % N = 502 78 % N = 382 79 % N = 384 — 16 — diese Informationen generell auch vorliegen. Weiterhin entscheidet die/der jeweils zuständige Jugendrichterin/Jugendrichter über die Notwendigkeit und den Umfang der Meldung an die Polizei Bremen. Im datenschutzrechtlich abgestimmten Formular wird neben den polizeilich kontrollierbaren Auflagen und Weisungen auch eine Ablauffrist mitgeteilt bzw. kann dieses Formular zur Löschung des INPOL-Eintrages genutzt werden. In Bremerhaven findet eine elektronische Benachrichtigung der Polizei durch das Gericht über erteilte Auflagen und Weisungen derzeit nicht statt. Es besteht allerdings die Möglichkeit, gerichtliche Auflagen, Anordnungen und Weisungen im polizeilichen Auskunftssystem INPOL-Land Bremen zu speichern. 17. Inwieweit wurden in Bremen und Bremerhaven in den Jahren 2011 bis heute den Jugendrichtern gemäß § 34 JGG die Aufgaben der Familienrichters übertragen ? Welche Vorteile sieht der Senat bei einer solchen Übertragung? Inwiefern befürwortet der Senat die Einführung von sogenannten Erziehungsrichtern, die für eine gesamte Familie zuständig wären, und notfalls auch Maßnahmen gegenüber den Eltern ergreifen könnten? In Bremen und Bremerhaven ist eine Übertragung von Aufgaben des Familienrichters auf den Jugendrichter nicht erfolgt. Für eine Einführung eines Erziehungsrichters könnte die Möglichkeit sprechen, die zu Delinquenz führenden familiären Faktoren umfassend angehen zu können . Andererseits bestehen auch Vorteile darin, dass problematische familiäre Strukturen durch unterschiedliche Richter unter unterschiedlichen Blickwinkeln angegangen werden. Oftmals sind Straftaten Auslöser für familienrechtliche Maßnahmen bereits vor Anklageerhebung oder zumindest vor der Hauptverhandlung . Die Mitarbeitsbereitschaft im Familienverfahren ist dann auch Gegenstand der Einschätzung über die Notwendigkeit von Sanktionen oder erzieherischer Einwirkung durch den Strafrichter. Die Geschäftsverteilung innerhalb der Gerichte fällt in die Zuständigkeit der Gerichtspräsidien. Druck: Anker-Druck Bremen