— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1614 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 24. September 2014 Friedensmahnwachen und die Reichsbürgerbewegung im Land Bremen In den vergangenen Monaten kamen auf dem Bremer Marktplatz regelmäßig am Montag Menschen zu den sogenannten Friedensmahnwachen zusammen. Die Friedensmahnwachen sind keinesfalls zu verwechseln mit den Montagsdemonstrationen. Im Umfeld dieser Mahnwachen sind auch viele Menschen der Reichsbürgerbewegungen aktiv. Die sogenannten Reichsbürger sind Menschen, welche aus unterschiedlichen Beweggründen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen und das Deutsche Reich in der Form von 1937 als rechtmäßigen Staat auf deutschen Boden erachten . Indem sie sich selbst „Reichsausweise“ ausstellen, proklamieren sie oftmals Interimsselbstverwaltung, bis das Deutsche Reich wieder besteht. Recht, Gesetz und die staatliche Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland erachten sie weder als legal, noch als legitim. Viele Anhänger dieser Bewegungen machen sich einen Spaß daraus, dass sie Behördenmitarbeiter mit ihren Ansichten konfrontieren. Teilweise reagieren diese aus Überforderung oder Einschüchterung, sodass sie den Reichsbürgern Zugeständnisse machen. Jüngst kam es in Dresden zu einem Vorfall, wo sich ein Reichsbürger einer Beschlagnahmung widersetzte und einhergehend einen Polizisten 1,5 km mit seinem Pkw mitschleifte. Nachdem die Amokfahrt von anderen Polizeibeamten gestoppt wurde, verhöhnte der Reichsbürger den verletzten Beamten. Dies ist bisher nicht der einzige tätliche Angriff gewesen. So kam es 2012 schon einmal zu einem Übergriff von Reichsbürgern auf einen Gerichtsvollzieher. Die Reichsbürgerbewegung ist keinesfalls einheitlich, so gibt es viele einzeln agierende Personen, lose Zusammenschlüsse oder sonstige Netzwerke. Auffällig ist, dass viele von ihnen durch ein rechtsextremes Menschenbild getrieben werden und auch zahlreiche Aktivisten Mitglieder einer rechtsextremen Partei sind oder waren. Wir fragen den Senat: 1. Bei welchen weiteren Veranstaltungen, neben den in der Vergangenheit stattgefundenen Mahnwachen am Montag auf dem Bremer Marktplatz, ist die Friedensmahnwachbewegung im Land Bremen aufgetreten? 2. Wie viele Menschen nehmen an den sogenannten Friedensmahnwachen teil? Aus welchem Umfeld stammen sie? Wie hat sich die Anzahl seit 2009 entwickelt ? 3. Inwiefern sind dem Senat Kontakte zwischen Teilnehmern der Friedensmahnwachen und den sogenannten Reichsbürgern oder rechtsextremen Strömungen bekannt? 4. Wie viele Menschen im Land Bremen gehören zu der Reichsbürgerbewegung, und welche Strömungen sind in Bremen und Bremerhaven aktiv? 5. Welche öffentlichen und nicht öffentlichen Veranstaltungen der Reichsbürgerbewegung gab es seit 2009 in Bremen und Bremerhaven? Welche Agitationswege nutzen sie (Internet, Social Medias etc.)? — 2 — 6. Wie viele Reichsbürger haben in Bremen und Bremerhaven seit 2009 versucht, ihre Zugehörigkeit zur Bundesrepublik Deutschland zu kündigen? 7. Welche Komplikationen gab es mit welchen Behörden und den Anhängern der Reichsbürgerbewegungen seit 2009 in Bremen und Bremerhaven? Welche Auswirkungen hatten diese? 8. Inwiefern gab es in Bremen und Bremerhaven seit 2009 Kontakte zwischen Rechtsextremen und Reichsbürgern? 9. Inwiefern werden Angehörige der Reichsbürgerbewegungen durch das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet, und inwiefern hat der Staatsschutz der Polizei Bremen Ermittlungsverfahren gegen Angehörige dieser Gruppe eingeleitet ? 10. Welche Straftaten wurden von Angehörigen der Reichsbürgerbewegungen im Zusammenhang mit der Erreichung ihrer Ziele und Vorstellungen seit 2009 begangen ? Wilhelm Hinners, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 4. November 2014 1. Bei welchen weiteren Veranstaltungen, neben den in der Vergangenheit stattgefundenen Mahnwachen am Montag auf dem Bremer Marktplatz, ist die Friedensmahnwachbewegung im Land Bremen aufgetreten? Seit Mitte April werden auch in Bremen mit kurzen Unterbrechungen sogenannte Friedensmahnwachen mit wechselnden Anmeldern jeweils montags im Anschluss an die klassische Montagsdemonstration durchgeführt. Dem Senat liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass die Friedensmahnwachbewegung bei weiteren Veranstaltungen aufgetreten ist. 2. Wie viele Menschen nehmen an den sogenannten Friedensmahnwachen teil? Aus welchem Umfeld stammen sie? Wie hat sich die Anzahl seit 2009 entwickelt ? Die Zahl der Teilnehmer an den Friedensmahnwachen variiert zwischen 50 und wenigen 100 Personen. Darüber hinausgehende Erkenntnisse zum Personenkreis der Friedensmahnwachbewegung liegen dem Senat nicht vor. 3. Inwiefern sind dem Senat Kontakte zwischen Teilnehmern der Friedensmahnwachen und den sogenannten Reichsbürgern oder rechtsextremen Strömungen bekannt? Dem Senat sind keine Kontakte von Teilnehmern der Friedensmahnwachen zu „Reichsbürgern“ und Rechtsextremisten bekannt. 4. Wie viele Menschen im Land Bremen gehören zu der Reichsbürgerbewegung, und welche Strömungen sind in Bremen und Bremerhaven aktiv? Im Land Bremen gibt es Unterstützer der „Reichsbürgerbewegung“, die den Gruppierungen „Exilregierung Deutsches Reich“ (EDR), „Germanitien“ und „Republik Freies Deutschland“ (RFD) zuzuordnen sind. Die „Reichsbürgerbewegung “ umfasst im Land Bremen ein Personenpotenzial im einstelligen Bereich. Die Angehörigen der „Reichsbürgerbewegung“ sehen sich als „Angehörige“ eines „Deutschen Reiches“ in den Grenzen von 1937 bzw. noch weiter zurückliegender Jahre. Ihr Ziel ist die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie leugnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland, erkennen ihre Gesetze nicht an und verweigern u. a. auch die Zahlung von Bußgeldern , Steuern und Sozialabgaben. Während die „Republik Freies Deutschland “ (RFD) und „Germanitien“ der Gruppe der „Selbstverwalter“ angehören, die die Auffassung vertreten, man könne aus der Bundesrepublik Deutschland austreten, behauptet die „Exilregierung Deutsches Reich“ (EDR), dass das Deut- — 3 — sche Reich fortbesteht und sie bestreitet die Existenz der Bundesrepublik. Eine solche vergangenheitsfixierte, revisionistische Einstellung ist ein zentraler Bestandteil der rechtsextremistischen Ideologie. 5. Welche öffentlichen und nicht öffentlichen Veranstaltungen der Reichsbürgerbewegung gab es seit 2009 in Bremen und Bremerhaven? Welche Agitationswege nutzen sie (Internet, Social Medias etc.)? Dem Senat sind weder öffentliche noch nicht öffentliche Veranstaltungen der „Reichsbürgerbewegung“ in Bremen seit 2009 bekannt. Die genannten Gruppierungen der „Reichsbürgerbewegung“ unterhalten jeweils sowohl einen Auftritt im Internet als auch im sozialen Netzwerk Facebook. 6. Wie viele Reichsbürger haben in Bremen und Bremerhaven seit 2009 versucht, ihre Zugehörigkeit zur Bundesrepublik Deutschland zu kündigen? Dem Senat liegen keine konkreten Zahlen vor. In der jüngeren Vergangenheit sind den zuständigen Behörden nur vereinzelt Fälle bekannt geworden, in denen Personen festgestellt wissen wollten, dass sie die deutsche Reichszugehörigkeit bzw. die preußische oder die bayerische Staatsangehörigkeit besitzen. 7. Welche Komplikationen gab es mit welchen Behörden und den Anhängern der Reichsbürgerbewegungen seit 2009 in Bremen und Bremerhaven? Welche Auswirkungen hatten diese? Berührungspunkte der Steuerverwaltung mit Steuerpflichtigen, die sich als sogenannte Reichsdeutsche bezeichnen, gibt es in fast allen Bereichen der Finanzämter . Durch ihre Nichtanerkennung der staatlichen Institutionen und die damit oftmals verbundene Missachtung ihrer steuerlichen Verpflichtungen ergeben sich regelmäßig rechtliche Auseinandersetzungen, die nicht selten durch die zuständigen Gerichte geklärt werden müssen. Ähnliche Probleme ergeben sich auch in der praktischen Durchsetzung der Ansprüche seitens der Steuerverwaltung im Wege der Vollstreckung. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Umgang mit den sogenannten Reichsdeutschen in der Praxis einen zunehmenden Arbeitsanfall bedeutet, der oftmals in langwierige rechtliche Auseinandersetzungen mündet. 8. Inwiefern gab es in Bremen und Bremerhaven seit 2009 Kontakte zwischen Rechtsextremen und Reichsbürgern? In Bremen bestehen teilweise Kontakte zwischen der „Reichsbürgerbewegung“ und der rechtsextremistischen Szene. 9. Inwiefern werden Angehörige der Reichsbürgerbewegungen durch das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet, und inwiefern hat der Staatsschutz der Polizei Bremen Ermittlungsverfahren gegen Angehörige dieser Gruppe eingeleitet ? Die „Reichsbürgerbewegung“ wird vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet . Strafrechtliche Ermittlungen wurden bislang noch nicht eingeleitet. 10. Welche Straftaten wurden von Angehörigen der Reichsbürgerbewegungen im Zusammenhang mit der Erreichung ihrer Ziele und Vorstellungen seit 2009 begangen ? Straftaten durch Angehörige der Reichsbürgerbewegungen im Sinne der Anfrage wurden nicht festgestellt. Druck: Anker-Druck Bremen