— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1649 Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 1. Oktober 2014 Personenbezogene Hinweise in polizeilichen Datenbanken Die Polizeien von Bund und Ländern nutzen verschiedene Datenbanken, um sogenannte Personengebundene Hinweise (PHW) über Verdächtige und Beschuldigte zu speichern. Auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE hat das Bundeskriminalamt (BKA) für den eigenen Zuständigkeitsbereich mitgeteilt, dass über 1,5 Millionen personengebundene Hinweise gespeichert sind und verwertet werden können. Die PHW können bei polizeilichen Kontrollen herangezogen werden, um polizeitaktische Maßnahmen zu ergreifen. Sowohl die Anzahl der abgespeicherten PHW als auch die Kategorien als solche sind aus bürger- und datenschutzrechtlicher Sicht zu kritisieren: Das BKA stigmatisiert 8 118 Menschen in den Datenbanken als „geisteskrank “, 86 Personen werden als „Land-/Stadtstreicher“ geführt. Weitere Kategorien sind „Prostitution“ oder „Fixer“ (Antwort des Bundesinnenministeriums auf die schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hunko vom 26. September 2014). Diese Anfrage soll Informationen über die Speicherpraxis bei der Bremer Polizei liefern . Wir fragen den Senat: 1. Welche personengebundenen Hinweise (PHW) sind im polizeilichen Auskunftssystem POLAS bzw. INPOL-Land als polizeitaktische Kategorie gespeichert? 2. Verwendet die Bremer Polizei zusätzliche PHW, die über die bundeseinheitliche Regelung gemäß Beschluss der Innenministerkonferenz vom Oktober 2011 hinausgehen ? Wenn ja, welche? 3. Wie viele Personen sind mit den unter 1. und 2. genannten Kategorien jeweils in der Datenbank POLAS/INPOL-Land erfasst? 4. Wie viele und welche PHW wurden in den vergangenen fünf Jahren in den Datenbanken POLAS/INPOL-Land jeweils neu angelegt? 5. Wie viele PHW hat die Bremer Polizei in den vergangenen fünf Jahren im bundesländerübergreifenden INPOL-System angelegt (bitte aufschlüsseln nach PHW und Jahr)? Kristina Vogt und Fraktion DIE LINKE D a z u Antwort des Senats vom 25. November 2014 Vorbemerkung Personengebundene Hinweise (PHW) werden zum einen im Informationssystem Polizei (INPOL) gespeichert, die das Bundeskriminalamt (BKA) als dateiführende Stelle auf Grundlage des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG) betreut. Die Speicherung, Nutzung sowie Vergabe personengebundener Hinweise richtet sich nach den § 7 Abs. 8, § 8 Abs. 2, §§ 10, 13 und 14 des BKAG, sowie der „Verordnung über die — 2 — Daten, die nach den §§ 8 und 9 des BKAG gespeichert werden dürfen“ (Bundesgesetzblatt 2010 Teil 1 Nr. 29 vom 8. Juni 2010). Zum anderen werden im Informationssystem der Polizei des Landes Bremen (INPOLLand ) personengebundene Hinweise auf Grundlage des Bremer Polizeigesetzes (BremPolG) gespeichert. Rechtsgrundlage für die Speicherung, Veränderung und Nutzung sind die §§ 27, 28, 36a ff. BremPolG, sowie die Richtlinien über Kriminalpolizeiliche personenbezogene Sammlungen (KpS-Richtlinien). Die Speicherung eines PHW erfolgt, soweit er zum Schutz der Person oder zur Eigensicherung von Beamten erforderlich ist, oder soweit dies erforderlich ist, weil wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Betroffenen oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass Strafverfahren gegen den Beschuldigten oder Tatverdächtigen zu führen sind. PHW sind personenbezogene Daten im Sinne des Bremischen Datenschutzgesetzes. Die Verarbeitung der Daten unterliegt den §§ 36a ff. BremPolG. Personengebundene Hinweise dürfen nach § 36c BremPolG nur Polizei- und Sicherheitsbehörden übermittelt werden. Ausnahmen hiervon sind zur Abwehr von Gefahren für Leib oder Leben oder von im Gesetz genannten besonders schweren Straftaten gemäß § 36b Abs. 4 BremPolG zulässig. Die Übermittlungen an andere öffentliche oder nicht öffentliche Stellen sind in den §§ 36f und 36g BremPolG geregelt. Dritte dürfen die übermittelten Daten nur für die Zwecke nutzen, zu denen sie ihnen übermittelt worden sind. Speicherfristen, Berichtigungen, Löschung und Sperrung der Daten regelt § 36k BremPolG. Die einzelfallbezogene vorzeitige Löschung der Daten kann beim behördlichen Datenschutzbeauftragten der Polizei Bremen gemäß § 36k Abs. 5 BremPolG beantragt werden. Löschbegehren werden geprüft und abhängig vom Prüfergebnis ausgeführt. Die Landes-PHW werden in der Verfahrensbeschreibung INPOL-Land Bremen aufgeführt . Die aktuell gültige Verfahrensbeschreibung INPOL-Land Bremen wurde durch die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI) genehmigt . Die Einführung eines Bundes-PHW erfolgt über ein standardisiertes Anforderungsmanagement . Der AK II der Innenministerkonferenz beauftragt hierbei die von einem INPOL-Teilnehmer formulierte Anforderung eines neuen PHW, soweit diese von einer Expertengruppe für fachlich erforderlich gehalten wird. Die Einführung eines Landes-PHW erfolgte bisher, nachdem in einem Ermittlungsfachbereich ein Bedarf festgestellt und begründet wird. Unter Beteiligung des behördlichen Datenschutzbeauftragten werden im Anschluss durch den Ermittlungsfachbereich die Zugangskriterien für den PHW festgelegt und abgestimmt. Die Abläufe zur Einführung eines Landes-PHW werden zukünftig standardisiert. Die Abstimmung mit der LfDI wird Anfang kommenden Jahres eingeleitet. Im Anschluss werden die bestehenden Speicherungen der Landes-PHW anhand des neuen Prozesses geprüft. Alle Speicherungen, die den neuen Anforderungen nicht genügen, werden gelöscht. Die in der Antwort des Bundesinnenministeriums an den Abgeordneten Hunko noch enthaltenen Bundes-PHW „Fixer“, „Prostitution“ und „Landstreicher“ sind in der hier vorliegenden Antwort nicht enthalten. Speicherung und Abfrage dieser Kategorien sind nicht mehr möglich. Das BKA löscht die Daten. Die Innenminister und Innensenatoren der Länder werden sich auf ihrer nächsten Sitzung am 11./12. Dezember in Köln mit den Bundes-PHW „geisteskrank“ und „Ansteckungsgefahr “ befassen. Der Senator für Inneres und Sport setzt sich dafür ein, den PHW diskriminierungsfreie Titel zu geben. 1. Welche personengebundenen Hinweise (PHW) sind im polizeilichen Auskunftssystem POLAS bzw. INPOL-Land als polizeitaktische Kategorie gespeichert? Zurzeit sind im INPOL-Verbund folgende PHW zur Speicherung zulässig: BEWA bewaffnet, GEWA gewalttätig, AUSB Ausbrecher, — 3 — ANST Ansteckungsgefahr, GEKR geisteskrank, BTMK Betäubungsmittelkonsument, FREI Freitodgefahr, REMO Straftäter rechtsmotiviert, LIMO Straftäter linksmotiviert, AUMO Straftäter politisch motivierte Ausländerkriminalität, SEXT Sexualtäter, EXPL Explosivstoffgefahr, ROCK Rocker. 2. Verwendet die Bremer Polizei zusätzliche PHW, die über die bundeseinheitliche Regelung gemäß Beschluss der Innenministerkonferenz vom Oktober 2011 hinausgehen ? Wenn ja, welche? Es werden im INPOL-Land die nachfolgenden landesspezifischen Merker geführt : S-TAETER (Schwellentäter), LINKSMOTIVIERT, RECHTSMOTIVIERT, GEFÄHRDER WG. EINER PSYCHISCHEN AUFFÄLLIGKEIT, GEFÄHRDER WG. EINER BEDROHUNGSLAGE, GEFÄHRDER WG. HÄUSLICHER GEWALT, GEFÄHRDER WG. STALKING, ISTEC (Informationssammelstelle Ethnische Clans), INTENSIVTÄTER. 3. Wie viele Personen sind mit den unter 1. und 2. genannten Kategorien jeweils in der Datenbank POLAS/INPOL-Land erfasst? PHW (Personenbezogener Hinweis) PHW Bund Anzahl BEWA bewaffnet 636 GEWA gewalttätig 1 956 AUSB Ausbrecher 8 ANST Ansteckungsgefahr 102 GEKR geisteskrank 275 BTMK Betäubungsmittelkonsument 9 500 FREI Freitodgefahr 659 REMO Straftäter rechtsmotiviert 14 LIMO Straftäter linksmotiviert 57 AUMO Straftäter politisch motivierte Ausländerkriminalität 69 SEXT Sexualtäter 440 EXPL Explosivstoffgefahr 9 ROCK Rocker 2 — 4 — PHW Land Anzahl S-TAETER (Schwellentäter) 12 LINKSMOTIVIERT 1 RECHTSMOTIVIERT 10 GEFÄHRDER WG. EINER PSYCHISCHEN AUFFÄLLIGKEIT 971 GEFÄHRDER WG. EINER BEDROHUNGSLAGE 185 GEFÄHRDER WG. HÄUSLICHER GEWALT 834 GEFÄHRDER WG. STALKING 1 499 ISTEC (Informationssammel- und Koordinierungsstelle Ethnische Clans) 999 INTENSIVTÄTER 253 4. Wie viele und welche PHW wurden in den vergangenen fünf Jahren in den Datenbanken POLAS/INPOL-Land jeweils neu angelegt? In den vergangenen fünf Jahren wurden folgende Landes-PHW neu angelegt: S-TAETER (Schwellentäter) LINKSMOTIVIERT RECHTSMOTIVIERT ISTEC (Informationssammel- und Koordinierungsstelle Ethnische Clans) 5. Wie viele PHW hat die Bremer Polizei in den vergangenen fünf Jahren im bundesländerübergreifenden INPOL-System angelegt (bitte aufschlüsseln nach PHW und Jahr)? Wie viele Personen einzelnen PHW innerhalb des genannten Zeitraums zugeordnet wurden, ist aufgrund der unterschiedlichen Löschfristen für die einzelnen PHW nicht recherchierbar. Druck: Anker-Druck Bremen