— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 1728 (zu Drs. 18/1666) 03. 02. 15 Mitteilung des Senats vom 3. Februar 2015 Gewalt gegen Vollstreckungsbeamte und Einsatzkräfte Die Fraktion der CDU hat unter Drucksache 18/1666 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: Vorbemerkung Die Überschrift der Großen Anfrage der Fraktion der CDU lautet „Gewalt gegen Vollstreckungsbeamte und Einsatzkräfte“. Die einzelnen Fragestellungen sind jedoch teilweise allgemein gehalten. Die Auswertungen beziehen sich jedoch immer auf Gewalt gegen Vollstreckungsbeamte und Einsatzkräfte. Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) beruht auf dem Erkenntnisstand bei Abschluss der polizeilichen Ermittlungen. Straftaten werden zum Teil von der Polizei, insbesondere wegen des unterschiedlichen Ermittlungsstands, anders bewertet als von der Staatsanwaltschaft oder den Gerichten. Deswegen und auch wegen unterschiedlicher Erfassungszeiträume und -grundsätze lässt sich die PKS mit der Verurteiltenstatistik der Justiz nicht vergleichen. 1. Wie viele Straftaten, die während der Dienstausübung erfolgten, wurden von Vollstreckungsbeamten in den Jahren 2009 bis heute jeweils zur Anzeige gebracht (bitte nach Delikt, der ausgeübten Diensttätigkeit und Bremen bzw. Bremerhaven aufschlüsseln)? Wer waren die Täter? Die nachfolgende Auswertung der PKS zur Gewalt gegen Vollstreckungsbeamte beinhaltet die folgenden Delikte, soweit im Zusammenhang mit der Dienstausübung Vollzugsbeamte oder Einsatzkräfte verletzt wurden, einschließlich der Versuche. Die Deliktszusammenstellung orientiert sich am Erhebungsraster der bundesweiten Projektgruppe Gewalt gegen Polizeibeamte: • Mord, Totschlag, • Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, • Körperverletzung mit Todesfolge, gefährliche und schwere Körperverletzung gemäß § 224 Strafgesetzbuch (StGB), (vorsätzliche leichte) Körperverletzung , • Freiheitsberaubung, Nötigung, Bedrohung, • Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte, hier auch Vollstreckungsbeamte, • Gefangenenbefreiung, Gefangenenmeuterei, • Landfriedensbruch gemäß § 125 StGB, besonders schwerer Landfriedensbruch . Für die Jahre 2009 und 2010 stehen nur die Daten bezüglich Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zur Verfügung. Eine differenzierte Auswertung erlaubt die PKS erst seit dem Jahr 2011. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden nur die Körperverletzungs- und Widerstandsdelikte dargestellt. Alle weiteren Delikte sind unter Sonstiges zusammengefasst. — 2 — Polizeiliche Kriminalstatistik, Gewalt gegen Rettungsdienste, Stadt Bremen Schl.- Aufklärung Gesamtzahl von Spalte 8 Zahl Straftat erfasste von Spalte 3 der ermittelten männlich weiblich Nichtdeutsche der Tat Fälle Versuche Fälle in % Tatver- Tatverdächtige Fälle in % (AQ) dächtigen Anzahl in % 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 2011 ------ Straftaten insgesamt 11 3 27,3 11 100,0 13 11 2 5 38,5 2011 220000 Körperverletzungsdelikte 10 3 30,0 10 100,0 12 11 1 5 41,7 2011 sonstiges 1 0,0 1 100,0 1 1 0,0 2012 ------ Straftaten insgesamt 11 1 9,1 11 100,0 11 10 1 1 9,1 2012 220000 Körperverletzungsdelikte 7 1 14,3 7 6,0 1 1 0,0 2012 sonstiges 4 0,0 4 100,0 4 4 0,0 2013 ------ Straftaten insgesamt 11 3 27,3 10 90,9 8 7 1 3 37,5 2013 220000 Körperverletzungsdelikte 7 3 42,9 6 85,7 5 4 1 1 20,0 2013 sonstiges 4 0,0 4 100,0 4 4 2 50,0 2014 ------ Straftaten insgesamt 7 1 14,3 7 100,0 7 7 1 14,3 2014 220000 Körperverletzungsdelikte 6 1 16,7 6 100,0 6 6 1 16,7 2014 sonstiges 1 1 100,0 1 1 Anfang 2010 wurde vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e. V. (KFN) in Kooperation mit zehn Bundesländern (Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen -Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen) eine Online-Befragung von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten durchgeführt, in deren Fokus Gewalterfahrungen im Dienst während der vergangenen fünf Jahre (2005 bis 2009) standen. Demnach ereignete sich etwa jeder dritte Übergriff (32,4 %) bei der Kontaktaufnahme . In der gleichen Häufigkeit fanden Übergriffe mit jeweils 27,7 % bei Festnahmen bzw. Ingewahrsamnahmen sowie im Rahmen von Schlichtungsversuchen statt. Weiterhin gab etwa jeder fünfte Beamte (21,3 %) an, beim Fluchtversuch des Täters/der Täter angegriffen worden zu sein. Eine Zuordnung der ausgeübten Diensttätigkeit zu bestimmten Delikten erforderte eine Einzelfallauswertung. Dies ist mit einem vertretbaren personellen Aufwand nicht möglich. 2. Wie viele Straftaten, die während der Tätigkeitsausübung erfolgten, wurden von Einsatzkräften der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und des Rettungsdienstes in den letzten fünf Jahren im Land Bremen jeweils zur Anzeige gebracht (bitte nach Delikt, der ausgeübten Diensttätigkeit und Bremen bzw. Bremerhaven)? Wer waren die Täter? Die nachfolgende Auswertung der PKS beinhaltet die bereits in der Antwort zu Frage 1 dargestellten Delikte, soweit die Einsatzkräfte/Rettungskräfte im Zusammenhang mit der Dienstausübung verletzt wurden, einschließlich der Versuche . Die Auswertung ist erst ab dem Jahr 2011 möglich. Polizeiliche Kriminalstatistik, Gewalt gegen Vollzugsbeamte, Stadt Bremen Schl.- Aufklärung Gesamtzahl von Spalte 8 Zahl Straftat erfasste von Spalte 3 der ermittelten männlich weiblich Nichtdeutsche der Tat Fälle Versuche Fälle in % Tatver- Tatverdächtige Fälle in % (AQ) dächtigen Anzahl in % 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 2009 621020 Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte 397 397 100,0 397 352 45 122 30,7 2010 621020 Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte 340 338 99,4 336 294 42 96 28,6 2011 ------ Straftaten insgesamt 345 21 6,1 332 96,2 318 276 42 87 27,4 2011 220000 Körperverletzungsdelikte 55 17 30,9 47 85,5 52 46 6 10 19,2 2011 621020 Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte 246 0 0,0 244 99,2 241 207 34 66 27,4 2011 sonstiges 44 4 9,1 41 93,2 42 40 2 19 45,2 2012 ------ Straftaten insgesamt 423 29 6,9 406 96,0 371 328 43 134 36,1 2012 220000 Körperverletzungsdelikte 84 25 29,8 72 85,7 72 62 10 31 43,1 2012 621020 Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte 285 0,0 283 99,3 286 249 37 100 35,0 2012 sonstiges 54 4 7,4 51 94,4 51 47 4 23 45,1 2013 ------ Straftaten insgesamt 410 30 7,3 394 96,1 359 311 48 107 29,8 2013 220000 Körperverletzungsdelikte 70 29 41,4 64 91,4 65 56 9 13 20,0 2013 621020 Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte 293 0,0 289 98,6 284 244 40 89 31,3 2013 sonstiges 46 1 2,2 40 87,0 41 41 1 12 29,3 2014 ------ Straftaten insgesamt 367 20 5,4 351 95,6 320 273 47 91 28,4 2014 220000 Körperverletzungsdelikte 62 15 24,2 56 90,3 57 44 13 19 33,3 2014 621020 Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte 272 0,0 263 96,7 246 210 36 68 27,6 2014 sonstiges 33 5 15,2 32 97,0 35 34 1 11 31,4 Polizeiliche Kriminalstatistik, Gewalt gegen Vollzugsbeamte, Stadt Bremerhaven Schl.- Aufklärung Gesamtzahl von Spalte 8 Zahl Straftat erfasste von Spalte 3 der ermittelten männlich weiblich Nichtdeutsche der Tat Fälle Versuche Fälle in % Tatver- Tatverdächtige Fälle in % (AQ) dächtigen Anzahl in % 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 2009 621020 Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte 82 82 100,0 77 68 9 14 18,2 2010 621020 Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte 51 51 100,0 50 42 8 7 15,9 2011 ------ Straftaten insgesamt 85 7 8,2 85 100,0 78 68 10 18 23,1 2011 220000 Körperverletzungsdelikte 22 5 22,7 22 100,0 21 16 5 2 9,5 2011 621020 Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte 54 0,0 54 100,0 53 47 6 13 24,5 2011 sonstiges 9 2 22,2 9 100,0 9 9 5 55,6 2012 ------ Straftaten insgesamt 84 19 22,6 84 100,0 85 77 8 16 18,8 2012 220000 Körperverletzungsdelikte 26 16 61,5 26 100,0 27 24 3 2 7,4 2012 621020 Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte 51 0,0 51 100,0 55 50 5 14 25,5 2012 sonstiges 7 3 42,9 7 100,0 7 7 0,0 2013 ------ Straftaten insgesamt 98 12 12,2 97 99,0 84 75 9 17 20,2 2013 220000 Körperverletzungsdelikte 29 11 37,9 29 100,0 28 25 3 2 7,1 2013 621020 Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte 57 0,0 56 98,2 54 47 7 12 22,2 2013 sonstiges 12 1 8,3 12 100,0 11 11 6 54,5 2014 ------ Straftaten insgesamt 72 8 11,1 71 98,6 69 62 7 14 20,3 2014 220000 Körperverletzungsdelikte 20 8 40,0 20 100,0 20 18 2 5 25,0 2014 621020 Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte 42 0,0 41 97,6 41 36 5 7 17,1 2014 sonstiges 10 0 0,0 10 100,0 10 10 2 20,0 — 3 — Die Delikte erfolgten fast ausschließlich im Bereich des Rettungsdienstes. 3. Welche Erkenntnisse hat der Senat über das Dunkelfeld bei Delikten gegenüber Vollstreckungsbeamten und Angehörigen der Hilfs- und Rettungsdienste? Welche Dunkelfeldstudien gibt es, und zu welchen Ergebnissen kommen diese? Mit Verweis auf die Forschungsberichte des KFN zum Thema „Polizeibeamte als Opfer von Gewalt“ kann davon ausgegangen werden, dass das Dunkelfeld bei Widerstandshandlungen geringer ausfällt als bei anderen Delikten, da die Geschädigten dieser Handlungen Polizeibeamte sind, die beruflich verpflichtet sind, ihnen zur Kenntnis gelangte Straftaten zu verfolgen und damit auch anzuzeigen . Darüber hinaus liegen keine belastbaren Erkenntnisse zum Dunkelfeld bei Delikten gegenüber Vollstreckungsbeamten und Angehörigen der Hilfs- und Rettungsdienste vor. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass Widerstandshandlungen und Gewaltdelikte regelmäßig zur Anzeige gebracht werden. 4. In wie vielen Fällen wurden Straftaten nach § 113 und § 114 StGB registriert (bitte jeweils nach Jahren sowie Bremen und Bremerhaven aufschlüsseln)? Wie viele bezogen sich auf besonders schwere Fälle (§ 113 Abs. 2 StGB)? Die Anzahl der Fälle ergibt sich aus der Beantwortung zu Frage 1. Eine Aufschlüsselung nach einfachen und schweren Fällen ist nicht möglich. 5. Wie sind die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (aufgeteilt nach Einstellungen , Strafbefehlen, Anklagen und Verurteilungen) in den Jahren 2009 bis heute ausgegangen? Der Ausgang der bei der Staatsanwaltschaft Bremen geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist der folgenden Tabelle zu entnehmen. Bei den erfassten Vorgängen handelt es sich ausschließlich um Verfahren, die wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen § 113 StGB geführt worden sind. Nach Auswertung der staatsanwaltschaftlichen Geschäftsstatistik sind im fraglichen Zeitraum keine Verfahren wegen des Vorwurfs nach § 114 StGB geführt worden. Die nachfolgend abgedruckte Tabelle dokumentiert den Ausgang der bei den Gerichten des Landes Bremen zur Anklage gebrachten Verfahren (die Daten für 2014 liegen noch nicht vor). Polizeiliche Kriminalstatistik, Gewalt gegen Rettungsdienste, Stadt Bremerhaven Schl.- Aufklärung Gesamtzahl von Spalte 8 Zahl Straftat erfasste von Spalte 3 der ermittelten männlich weiblich Nichtdeutsche der Tat Fälle Versuche Fälle in % Tatver- Tatverdächtige Fälle in % (AQ) dächtigen Anzahl in % 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 2011 ------ Straftaten insgesamt 2 1 50,0 2 100,0 2 2 0,0 2011 220000 Körperverletzungsdelikte 2 1 50,0 2 100,0 2 2 0,0 2011 sonstiges 0 0,0 0 0,0 0,0 2012 ------ Straftaten insgesamt 5 2 40,0 5 100,0 5 4 1 1 20,0 2012 220000 Körperverletzungsdelikte 4 2 50,0 4 100,0 4 3 1 1 25,0 2012 sonstiges 1 0,0 1 100,0 1 1 0,0 2013 ------ Straftaten insgesamt 10 0,0 10 100,0 9 8 1 2 22,2 2013 220000 Körperverletzungsdelikte 5 0,0 5 100,0 5 4 1 1 20,0 2013 sonstiges 5 0,0 5 100,0 4 4 2 50,0 2014 ------ Straftaten insgesamt 2 0,0 2 100,0 2 2 0,0 2014 220000 Körperverletzungsdelikte 2 0,0 2 100,0 2 2 0,0 2014 sonstiges 0 0,0 0 0,0 0 0,0 Beschuldigte in Verfahren wegen §§ 113, 114 StGB 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Gesamtzahl der Beschuldigten 496 383 405 407 416 444 Anklagen 104 70 78 65 61 57 Anträge 76 JGG / 417 StPO 11 13 17 9 6 6 Strafbefehle 145 129 139 133 144 100 Einstellungen insgesamt 123 97 96 104 102 90 Sonstige Erledigungen; noch offene Verfahren 113 74 75 96 103 191 — 4 — 6. In wie vielen Fällen wurden die Einstellungen der Verfahren durch die Staatsanwaltschaft damit begründet, dass kein öffentliches Interesse vorliegt (§§ 153 ff. Strafprozessordnung [StPO])? Von den im Zeitraum von 2009 bis 2014 insgesamt vorgenommenen Einstellungen sind gegen die folgende Anzahl von Beschuldigten Erledigungen nach §§ 153, 153a Abs. 1 StPO vorgenommen worden: 7. Wie beurteilt der Senat die Praxis von Verfahrenseinstellungen durch die Staatsanwaltschaft mangels öffentlichen Interesses in Bezug auf §§113 und 114 StGB? Die §§ 153, 153a StPO werden ausnahmslos einzelfallbezogen angewendet. Dies gilt auch für die Beurteilung des öffentlichen Interesses. Die Strafanzeigen in dem Bereich des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte beinhalten eine erhebliche Bandbreite hinsichtlich der individuellen Schuld der Täter, die von einer im Einzelfall sehr geringen Schuld bis hin zu erheblicher krimineller Energie des Beschuldigten und einer damit einhergehenden erheblichen Schuld reicht. Zieht die Staatsanwaltschaft Bremen die Einstellung des Verfahrens nach den oben genannten Vorschriften in Erwägung, so hört sie in jedem Fall zunächst die betroffene Behörde (meistens die Polizei) an. Die Stellungnahme der betroffenen Behörde wird vor der abschließenden Entscheidung geprüft und berücksichtigt . Falls die Behörde der beabsichtigten Verfahrensweise widerspricht, die vorgebrachten Argumente jedoch nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Bremen nicht entgegenstehen, so wird im Regelfall die Zustimmung des Amtsgerichts zu der beabsichtigten Verfahrensweise eingeholt. Diese Praxis gewährleistet , dass im Fall einer trotz abweichender Stellungnahme der betroffenen Behörde verfügten Einstellung zwei Juristen aus dem Bereich der Strafjustiz übereinstimmend die Einstellungsvoraussetzungen geprüft und als gegeben angesehen haben. Ermittlungsverfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende wegen des Verdachts von Straftaten nach den §§ 113, 114 StGB werden nur in Ausnahmefällen nach den §§ 153, 153a Strafprozessordnung (StPO) eingestellt. Dies gilt ebenso für Einstellungen nach § 45 Jugendgerichtsgesetz (JGG). Hierbei wird die Entscheidung jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und des jeweiligen Erziehungsbedarfs getroffen. Es ist insbesondere zu beachten, dass den Ermittlungsverfahren Taten von sehr unterschiedlichem Gewicht zugrunde liegen, woraus sich auch die Notwendigkeit abgestufter Reaktionen ergibt. Auch hier werden die Belange der betroffenen Behörden durch deren Anhörung in ausreichender Weise in die Abwägung einbezogen. 8. Hat sich aus Sicht des Senats die Reform der §§ 113 und 114 StGB bewährt? Wie beurteilt der Senat die aktuellen Strafrahmen in §§ 113 und 114 StGB? Wie beurteilt der Senat eine mögliche Mindeststrafe in §§ 113 und 114 StGB? Strebt der Senat Änderungen der §§ 113 und 114 StGB an, und wenn ja, in welcher Form? § 113, 114 StGB Jahr 2009 2010 2011 2012 2013 Abgeurteilte 143 120 107 93 109 davon Freispruch 1 Einstellung 41 38 40 32 26 Verurteilte 102 82 67 61 82 Art der Verurteilung - Freiheitstrafe 3 1 1 2 - darunter Strafaussetzung 3 1 1 2 - Geldstrafe 94 76 64 60 73 - Zuchtmittel 4 5 1 5 - Erziehungsmaßregeln 1 1 1 2 Einstellungen nach §§ 153, 153a StPO 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Einstellungen insgesamt 123 97 96 104 102 90 davon nach §§ 153, 153a StPO 67 50 50 56 39 39 — 5 — Mit dem am 5. November 2011 in Kraft getretenen 24. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs – Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – hat der Gesetzgeber bereits u. a. die Höchststrafe auf drei Jahre Freiheitsstrafe angehoben (§ 113 StGB), die bei Unglücksfällen und gemeiner Gefahr Hilfeleistenden der Feuerwehr und der Rettungsdienste in den Schutzbereich einbezogen (§ 114 StGB) und die Kraftfahrzeuge der Polizei, der Bundeswehr, der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste unter strafrechtlichen Schutz gestellt (§ 305a StGB). Der Senat hält diese Reformen für sinnvoll und hat sie deshalb mit seinen Stimmen im Bundesrat mitgetragen. Für eine abschließende, mit Rechtstatsachen zu belegende Bewertung, ob sich die Reform bewährt hat, ist es noch zu früh. Der Senat strebt für Polizistinnen und Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte den bestmöglichen Schutz vor Gewalt und Übergriffen an. Er wird deshalb weitere sinnvolle Reformen, die dieses Ziel verfolgen, nach Kräften unterstützen . Der Senator für Justiz und Verfassung und der Senator für Inneres und Sport haben eine Initiative zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sowie Feuerwehrleute und Rettungskräfte angeregt. Der Senat hat darüber noch nicht abschließend beraten. 9. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, Beamte und Angehörige von Hilfs- und Rettungsdiensten in Ausübung ihres Dienstes besser zu schützen? Das richtige Verhalten beim Kontakt mit gewaltbereiten Menschen ist fester Bestandteil der rettungsdienstlichen Ausbildung („Deeskalations-Training“). Technische oder taktische Maßnahmen zur Selbstverteidigung werden nicht angestrebt , um keine Eskalation herbeizuführen. Ebenso wenig ist beabsichtigt, Selbstverteidigung zum Gegenstand der Ausbildung zu machen. Grundprinzip der Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdiensten ist vielmehr die Deeskalation , wo dies nicht (mehr) möglich ist, der Rückzug. Die Feuerwehr Bremerhaven hat entsprechend mit einem Maßnahmenkatalog, Einrichtung einer Funknotrufeinrichtung oder einem Codewort zur Nachforderung der Polizei aber auch dem Einsatz von Kameras diverse Punkte zum Schutz der Einsatzbeamten eingeführt. 10. Inwiefern gibt es Bestrebungen des Senats, Vollstreckungsbeamte oder Hilfsund Rettungskräfte besser zu schützen? Die Justizvollzugsanstalt Bremen (JVA) verfährt bereits seit 2008 nach einem Leitfaden zur Krisenintervention. Danach werden Justizvollzugsbeamtinnen und Justizvollzugsbeamte, die Opfer von Gewalt geworden sind, durch die Vorgesetzten und den psychologischen Dienst der JVA unterstützt. Die JVA bietet regelmäßig Fortbildungen zur Deeskalation an, z. B. aktuell eine Fortbildung „Selbstbehauptung im Justizvollzug“ mit entsprechenden Hinweisen zur Entstehung bzw. Vermeidung solcher Konflikte und Übergriffe und zum professionellen Umgang mit derartigen Situationen. Der allgemeine Vollzugsdienst wird regelmäßig in einem Sonderlagentraining im Umgang mit gewalttätigen Gefangenen geschult (Deeskalation, Selbstschutz, Übung in Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs). Bei Sonderlagen bildet die JVA speziell ausgebildete und ausgerüstete Teams. Schließlich haben die Teams oder einzelne Beamtinnen und Beamte, die einer besonders belastenden Situation ausgesetzt waren, bei Bedarf die Möglichkeit, eine Supervision in Anspruch zu nehmen. Die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher können auf gesetzlicher Grundlage polizeiliche Unterstützung bei Vollstreckungshandlungen anfordern. Von diesen Möglichkeiten der Amtshilfe wird bei Bedarf Gebrauch gemacht. Die Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister absolvieren regelmäßig Sicherheits - und Situationstrainings, in denen auch Selbstverteidigungstechniken vermittelt und geübt werden. Mit dem Phänomen „Gewalt gegen Polizeibeamte“ ist die Direktion Zentrale Einsatzsteuerung der Polizei Bremen betraut. Von dort aus werden anlassbezogen Einsatzgeschehen in Bremen sowie Ereignisse aus anderen Bundesländern – sofern es zu besonderen Gefahrenmomenten bzw. schädigenden Ereignissen insbesondere für die Einsatzkräfte oder Unbeteiligte gekommen ist – nachbe- — 6 — reitet und eine auf das Thema zugeschnittene interne Arbeitsgruppe der Polizei aus den tangierten Direktionen aufgerufen. Ansonsten obliegt die Einsatznachbereitung gemäß Polizeidienstvorschrift 100 in Bremen und Bremerhaven dem verantwortlichen Vorgesetzten innerhalb der betroffenen Direktion bzw. betroffenen Direktionen. In einer Einsatznachbereitung mit den Verantwortlichen und Einsatzkräften der verschiedenen Bereiche werden die Aspekte der Einsatzplanung, -vorbereitung sowie -durchführung und -wirkung hinsichtlich des polizeilichen Gesamterfolgs untersucht, bewertet und die notwendigen Konsequenzen gezogen. Über eine gegebenenfalls weitere Beteiligung von Vertretern anderer Polizeien oder externer Fachkräfte, werden dann notwendige Änderungen in der Ausund Fortbildung, Ausstattung, der Ablaufprozesse sowie der Vorschriftenlage initiiert. Dabei bietet das Fortbildungsinstitut für die Polizei an der Hochschule für öffentliche Verwaltung ein breites Spektrum an Fortbildungsangeboten zum Thema „Gewalt gegen Polizeivollzugsbedienstete“ an, das sowohl auf die regelmäßige Aktualisierung einschlägiger Rechtskenntnisse und ganzheitlicher Handlungskompetenzen als auch auf die kritische Reflexion polizeilichen Handelns in aktuellen bzw. vormaligen Einsatzsituationen abhebt. Das aktuelle Fortbildungsangebot enthält ein breites Spektrum an theoretischen Seminaren und systemischen Einsatztrainings zum Problemfeld „Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte“. Gleichzeitig werden aktuelle Bestrebungen vonseiten der Polizeien zeitnah umgesetzt, die Fortbildung in noch stärkerem Maße bedarfsorientiert zu organisieren und zu steuern. Die Überprüfung und Anpassung der Schutzausstattung auf der Grundlage neuester technischer Entwicklungen oder der Auswertung des Einsatzgeschehens ist ständige Aufgabe der Verantwortlichen. Hieraus resultieren beispielsweise in der jüngeren Vergangenheit die Verbesserung des Anhaltesignals bei Verkehrskontrollen (Yelp) und künftig die Verstärkung der Scheiben bei den Einsatzfahrzeugen . Weiterhin ist der Einsatz von Spuckschutzhauben in Bremen geregelt worden. Durch den Einsatz einer Schutzhaube kann die Gefahr für die einschreitenden Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten erheblich minimiert werden , sich mit gefährlichen Krankheiten anzustecken. Der Senat beabsichtigt ferner, allen von einer Spuck-, Beiß oder Kratzattacke Betroffenen zu ermöglichen, dass zeitnah notwendige ärztliche Behandlungen eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Infektion mit übertragbaren Krankheiten besteht. Eine weitere Verbesserung des Schutzes ist durch die Einführung von sogenannten Body-Cams zu erhoffen. Mit der Drucksache 18/1631 (13. November 2014) liegt der Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit dem Ziel vor, dass der staatlichen Deputation für Inneres und Sport innerhalb von sechs Monaten ein mit der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und dem Personalrat der Polizeien unter Berücksichtigung der Erfahrungen anderer Bundesländer abgestimmtes Konzept für den Einsatz von Body-Cams in öffentlich zugänglichen Räumen vorzulegen. 11. Welche Beratungs- und Betreuungsstellen gibt es im Land Bremen für die Opfer , und inwiefern werden diese auch genutzt? Von Gewalt betroffene Justizvollzugsbedienstete werden bei Bedarf an externer Hilfe an die Trauma-Ambulanzen des Landes Bremen vermittelt, bei denen sie kurzfristig Hilfe erhalten können. Bei der Feuerwehr Bremen hat sich seit mehreren Jahren ein sogenanntes AntiStress -Team (AST) etabliert, das den Angehörigen in allen Fragen persönlicher Krisen beratend und gegebenenfalls weiter vermittelnd zur Seite steht. Weiterhin gibt es Stellen, wie beispielsweise den „Weißen Ring“, an die sich die Mitarbeiter wenden können. Um den Mitarbeitern der Feuerwehr Bremerhaven die Möglichkeit zu geben, sich Beistand (auch anonym) zu holen, wurde in Bremerhaven eine Notfallseel- — 7 — sorgergruppe eingerichtet. Dieses freiwillige Angebot dient der möglichst schnellen Aufarbeitung solch traumatischer Ereignisse. Die Polizei Bremen verfügt über ein „Kollegiales Betreuungsteam“ das mit dem Ziel eingesetzt wird, belastende Erlebnisse in Gesprächen aufzuarbeiten, um so übermäßigen Belastungsreaktionen vorzubeugen. Das Team besteht aus ausgebildeten Mitarbeitern, einer diplomierten Sozialpädagogin sowie der Polizeipsychologin und wird auf Wunsch der betroffenen Beamtin/des betroffenen Beamten tätig. Diese psychosoziale Unterstützung geht bis zur Weiterleitung in eine notwendige therapeutische Behandlung. Die Ortspolizeibehörde Bremerhaven verfügt über eine sogenannte anonyme externe Fachberatung, soweit es um die persönliche Bewältigung von belastenden Einsätzen geht. Weiterhin steht der Soziale Dienst (zwei Sozialberater und eine Diplom-Sozialpädagogin) und zwei Polizeiseelsorger zur Verfügung. Darüber hinaus werden Seminare zur Stressund Konfliktbewältigung angeboten. Ferner gibt es seit Dezember 2012 bei der Ortspolizeibehörde Bremerhaven eine Dienstanweisung über die Betreuung von Bediensteten der Ortspolizeibehörde Bremerhaven nach Einsätzen mit gravierenden Folgen sowie nach Einsätzen mit Schusswaffengebrauch gegen Personen sowie eine Richtlinie über die Betreuung von Bediensteten nach Einsätzen mit gravierenden Folgen in Bremen, welche sich in der Polizei Bremen gerade in der Überarbeitung befindet. Die Angebote werden genutzt. Eine zahlenmäßige Erfassung findet nicht statt. 12. Durch welche Maßnahmen unterstützt der Senat seine Beamten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen? Wie werden Beamte in den anderen Ländern unterstützt? Werden Beamtinnen oder Beamte verletzt oder getötet, geht ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch, der diesen Personen gegen einen Dritten zusteht, insoweit auf den Dienstherrn über, als dieser nach beamtenrechtlichen Vorschriften zu Leistungen verpflichtet ist (§ 52 Bremisches Beamtengesetz [BremBG]). Werden Beamtinnen oder Beamte bei der Ausübung ihres Dienstes oder im Zusammenhang mit ihrem Dienst verletzt, erhalten sie neben der Fortzahlung der Besoldung von ihrem Dienstherrn Leistungen der Dienstunfallfürsorge nach den Vorschriften der §§ 33 ff. Bremisches Beamtenversorgungsgesetz (BremBeamtVG). Diese umfasst die Übernahme der Kosten eines Heilverfahrens , etwaige Pflegekosten sowie die Gewährung eines Unfallausgleichs. Führt die Verletzung zu einer Dienstunfähigkeit, erhält die Beamtin oder der Beamte ein Umfallruhegehalt, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ein erhöhtes Unfallruhegehalt. Dienstunfallfürsorge wird auch bei Vorliegen posttraumatischer Belastungsstörungen und vergleichbarer Störungen gewährt. Schließlich werden im Rahmen der Dienstunfallfürsorge die Kosten beschädigter Kleidungsstücke und sonstiger privater Gegenstände (z. B. Brillen oder Armbanduhren ) übernommen. Schadenersatzansprüche, die sich auf diese Kosten beziehen, macht der Dienstherr gegenüber dem Schädiger geltend. Sinn dieser Regelung ist es, gegenüber der Beamtin oder des Beamten den Ausgleich des Schadens sicherzustellen, ohne den Schädiger von seiner Schadenersatzpflicht zu entlasten. Dies ist von besonderer Bedeutung, weil die Schädiger häufig nicht zahlungsfähig oder zahlungswillig sind. Diese Regelung befreit die Beamtin oder den Beamten davon , eigene Schadenersatzansprüche gegen den Schädiger geltend zu machen. Eine Ausnahme besteht nur bei Schmerzensgeldansprüchen. Für die Gewährung von Schmerzensgeld besteht im Rahmen der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge keine Rechtsgrundlage, derartige Ansprüche sind deshalb von der Beamtin oder dem Beamten beim Schädiger selbst geltend zu machen. Bei der Durchsetzung von Schmerzensgeldansprüchen besteht für die Beamtinnen und Beamten aber die Möglichkeit, ihren Anspruch auch in einem möglichen Strafverfahren geltend zu machen (sogenanntes Adhäsionsverfahren, §§ 403 ff. StPO). — 8 — Sowohl für ein zivilrechtliches Verfahren wie auch für die Geltendmachung von Ansprüchen in einem Strafverfahren kann der geschädigten Beamtin oder dem geschädigten Beamten vom Dienstherrn Rechtsschutz nach den Regelungen der Verwaltungsvorschrift über den Rechtsschutz für Bedienstete der Freien Hansestadt Bremen gewährt werden. Die dargestellte Rechtslage ist in allen Ländern und beim Bund grundsätzlich vergleichbar. Der Senat sieht deshalb auch keinen Ansatzpunkt für eine Verbesserung der rechtlichen Regelungen. Die Problematik besteht aus Sicht der Geschädigten in diesen Fällen vor allem darin, dass die Vollstreckung auch aus titulierten Forderungen nicht selten fruchtlos bleibt. 13. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, die Angehörigen der Hilfs- und Rettungsdienste bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen zu unterstützen? Die Angehörigen der Hilfs- und Rettungsdienste sind Arbeitnehmer ihrer jeweiligen Organisationen. Bei einer Verletzung in Ausübung ihrer Tätigkeit stehen ihnen neben der Fortzahlung des Arbeitsentgelts die Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung, vor allem der gesetzlichen Unfallversicherung nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs VII (SGB) zu. Soweit die gesetzliche Unfallversicherung Leistungen erbringt, gehen die darauf bezogenen Ansprüche auf den Versicherungsträger über, der diese Ansprüche gegenüber dem Schädiger geltend macht. Soweit der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt, gehen darauf bezogene Ansprüche nach den Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes auf den Arbeitgeber über, der diese gegenüber dem Schädiger geltend macht. Schäden, die dadurch nicht abgedeckt werden, müssen die Angehörigen der Hilfs- und Rettungsdienste im eigenen Namen beim Schädiger geltend machen, dies gilt vor allem für Ansprüche auf Schmerzensgeld. Bei der Durchsetzung von Schmerzensgeldansprüchen besteht für die Geschädigten die Möglichkeit, ihren Anspruch auch in einem möglichen Strafverfahren geltend zu machen (sogenanntes Adhäsionsverfahren, §§ 403 ff. StPO). Schadensersatzansprüche aufgrund von entstandenen Schäden an gestellten Einsatzmitteln (z. B. an medizinischen Geräten oder Dienstkleidung) des Rettungsdienstes können durch die Leistungserbringer respektive den jeweiligen Träger geltend gemacht werden. Druck: Anker-Druck Bremen