— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Stadtbürgerschaft 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 180 S Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 20. Februar 2012 Überseestadt weiter zum lebendigen Quartier entwickeln Die Entwicklung der Überseestadt ist eines der zentralen und wichtigsten Stadtentwicklungsfelder Bremens. Nach der baulichen Erschließung und zunehmenden Umnutzung in den vergangenen Jahren wird die Entwicklung eines modernen, lebendigen , sozialen Stadtteils für die kommenden Jahre zunehmend zur ressortübergreifenden Herausforderung. Wir fragen den Senat: 1. Wie wird der Senat städtebauliche und soziale Übergänge und Bezüge zwischen der Überseestadt und den Quartieren a) Walles, b) Gröpelingens und c) der Bremer City herstellen? 2. Wie ist aktuell und wie wird künftig die ressortübergreifende Zusammenarbeit des Senats an den Entwicklungen der Überseestadt gestaltet und gewährleistet ? 3. Wie werden die Planungen und Strategien des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen für die Überseestadt mit den Plänen für eine Entwicklungsagentur West verknüpft? 4. Welche Funktion hat der „Tourismus-Kompass Überseestadt“ für die weitere Entwicklung der Überseestadt? Wie ist dieses Konzept mit dem Marketingkonzept Überseestadt, mit dem Leitbild Bremen 2020 und mit dem Standortmarketing verknüpft? 5. An welchen Orten in der Überseestadt könnten oder sollen touristische Großprojekte etabliert werden? 6. Welche Funktion und welche Aktivität hat seit Sommer 2011 und in Zukunft der Beirat Überseestadt? Wie ist der Beirat aktuell zusammengesetzt? Wie und wann werden sich die Funktion und Besetzung des Beirates in Zukunft verändern? 7. Gibt es eine gezielte aktive Ansiedlungspolitik für bestimmte Wirtschaftsbereiche in der Überseestadt, und mit welchen Maßnahmen wird diese gegebenenfalls betrieben? 8. Welche Branchen haben sich in der Überseestadt in den vergangenen zehn Jahren bereits neu angesiedelt? 9. Welche Betriebe, Unternehmen, Einrichtungen und Initiativen haben die Überseestadt in den vergangenen zehn Jahren verlassen? Welche sind darunter, die sich erst in den vergangenen zehn Jahren dort angesiedelt haben? 10. Welche Rolle spielt der Tourismus aktuell und spielte er in den vergangenen zehn Jahren für die Überseestadt? An welchen Projekten, Einrichtungen oder Themen lässt sich dies festmachen? 11. Welche Wichtigkeit misst der Senat einer ausgewogenen sozialen Mischung bei der Nutzung von Wohnraum in der Überseestadt bei, und mit welchen Mitteln und Maßnahmen wird dieses Ziel verfolgt und gesichert? 12. Wie plant und sichert der Senat soziale Strukturen in der Überseestadt im Hinblick auf familienfreundliches Wohnen, Versorgung, Jugendfreizeitangebote, Bildungsangebote und Aufenthaltsqualität? — 2 — 13. Wie stellt der Senat die Zugänglichkeit und die Attraktivität öffentlicher Räume, insbesondere der Ufer und Wasserkanten in der Überseestadt sicher? 14. Welche ökologischen Kriterien spielen für die Entwicklung sowie für Image und Marketing der Überseestadt eine Rolle – a) in Bezug auf die öffentlichen Räume und die Wasserflächen, b) in Bezug auf die bauliche Substanz und Entwicklung, c) bei der Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen? 15. Welche Rolle wird der Kreativwirtschaft bei der Entwicklung der Überseestadt vom Senat beigemessen? Mit welchen Zielen und Maßnahmen wird dieses Feld entwickelt? 16. Wie wird die Ansiedlung von privaten oder öffentlichen Kultureinrichtungen in der Überseestadt geprüft, bewertet und betrieben? 17. Welche Möglichkeiten bietet die Überseestadt für die Kulturentwicklungsplanung für den Bremer Westen? Wie bewertet der Senat die Versorgung des Bremer Westens mit kulturellen Veranstaltungen? Carsten Werner, Ralph Saxe, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 5. Juni 2012 1. Wie wird der Senat städtebauliche und soziale Übergänge und Bezüge zwischen der Überseestadt und den Quartieren a) Walles, b) Gröpelingens und c) der Bremer City herstellen? Die alten Hafenreviere waren das Zentrum des innenstadtnahen Seegüterumschlags , der Lagerei und der Veredlung der Produkte. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert handelte es sich um ein Areal mit starken Bezügen zu den umgebenden Stadtteilen und mit außerordentlicher Bedeutung für die Identität der Hansestadt Bremen. Hier wurde gearbeitet und in den Wohnquartieren des Westens gelebt. Zu diesen zolltechnisch abgegrenzten und vor freiem Zugang gesicherten Arealen im Kernbereich der maritimen Ökonomie waren städtebauliche Bezüge und Übergänge sowie eine freie Zugänglichkeit der Wasserkanten hingegen kaum gegeben. Strukturbrüche in der maritimen Ökonomie (Containerisierung) und andere Gründe führten in den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts dazu, das ein großer Teil der alten Kapazitäten, etwa im Überseehafen und Europahafen überflüssig geworden waren. Die BLG stellte ihre Aktivitäten im Jahr 1998 ein. Im Jahre 2000 wurde die Freihandelszone durch Bundesgesetz aufgehoben, und durch Verlegung der Deichlinie entstand ein deichgeschütztes Gewerbegebiet. Die alten Hafenreviere sind 2001 in die Zuständigkeit des Wirtschaftsressorts übergeben worden. Mit diesem Schritt startete eine neue Entwicklung: Neue Nutzungen und soziale Bezüge zu den Stadtteilen des Bremer Westen und zur Bremer City mussten entwickelt werden und eine städtebauliche Öffnung war nun erstmals möglich geworden. Der Masterplan (2003) formulierte erste Leitlinien für eine neue stadträumliche Ordnung, städtebauliche Qualitäten und neue räumliche Verbindungen . Die neuen Entwicklungsbereiche der Überseestadt wurden durch ein neues internes Straßenraster erschlossen und über das Überseetor, das Hansator und die Lloydstraße mit den umgebenden Ortsteilen verbunden. In 2006 erfolgte die Innenstadtanbindung einschließlich Straßenbahnanbindungen sowie die Verlängerung der Schlachte in die Überseestadt. Bereits seit 2003 besteht mit dem Waller Stieg eine attraktive Fuß- und Radwegeverbindung in die Überseestadt . Für die Waller und Gröpelinger Bürgerinnen/Bürger eröffnete sich nun erstmals der freie Zugang zu einer vormals „verbotenen“ Stadt mit reichhaltigen Wasserlagen. Diese Öffnung der Überseestadt ist noch nicht abgeschlossen, trifft aber auch auf physische, funktionale und monetäre Hindernisse. So wird sich die trennende Wirkung der Hafenrandstraße aufgrund ihrer verkehrlichen Bedeutung nicht in Gänze aufheben lassen. Gleichwohl ist beabsichtigt, Übergänge und Ein- — 3 — gangssituation konzeptionell zu überarbeiten. So etwa im Bereich des Hansators , wo ein wichtiger Eingangsbereich durch die teilweise brachliegenden bzw. untergenutzten Flächen deutliche städtebauliche Mängel aufweist wie etwa baulich nicht gefasste Straßenräume. Mit dem Bau eines Bürogebäudes der Straßenverkehrs-Genossenschaft Bremen eG erfolgt hier ein erster Schritt zur Aufwertung der Situation. Darüber hinaus wird geprüft, ob eine neue Grünwegeverbindung für Fußgänger und Radfahrer entlag des Waller Wied in Richtung Helgolander Straße/Alt-Walle hergestellt werden kann. Bereits neu geschaffene Arbeitsplätze, Dienstleistungen, freizeitkulturelle, gastronomische und touristische Destinationen, Orte für Spiel und Bewegung, vielleicht auch bald Sonnenbaden an Strandlagen oder eine Fährverbindung zur City sowie erschwinglicher Mietwohnungsbau sind Bausteine einer verbesserten sozialen Verknüpfung. Im Zuge der teilräumlichen Umsetzung des Leitbildes der Stadtentwicklung beabsichtigt der Senat das Thema „Verbindungen/Passagen“ im Rahmen einer „Herbstakademie“ erneut aufzurufen, um Gestaltungsideen und Lösungsansätze zu entwickeln. 2. Wie ist aktuell und wie wird künftig die ressortübergreifende Zusammenarbeit des Senats an den Entwicklungen der Überseestadt gestaltet und gewährleistet ? Die Entwicklung der Überseestadt erfolgt grundsätzlich in enger Abstimmung zwischen den Ressorts Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, Senator für Umwelt, Bau und Verkehr sowie der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH („WFB“). Bei Bedarf wird ergänzend Expertenwissen in die Abstimmungsprozesse einbezogen. Hierfür wurden im Wesentlichen die folgenden Arbeitsgruppen eingerichtet: • Steuerungsrunde Überseestadt Die Steuerungsrunde dient der strategischen Abstimmung von Grundsatzthemen und findet gewöhnlich jeden ersten Freitag im Monat statt. Die Steuerungsrunde ist besetzt mit dem Abteilungsleiter Wirtschaft, dem Senatsbaudirektor , dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der WFB sowie mit weiteren Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern. • Lenkungsgruppe Überseestadt Die Lenkungsgruppe dient der verwaltungsinternen Abstimmung der konkreten Maßnahmen. Sie tagt in der Regel einmal im Quartal und ist besetzt durch Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr, der WFB, des Hafenamtes , des Amtes für Straßen und Verkehr sowie der bremenports. • Jourfixe Überseestadt Jeden Freitag findet ein Jour fixe zwischen der WFB und dem Bauressort statt, um konkrete Fragestellungen in Bezug auf die Umsetzung von Projekten und Maßnahmen zu besprechen. Neben diesen übergeordneten Arbeitsgruppen bestehen themenspezifische Organisationsstrukturen. Hier sind insbesondere die nachfolgenden Arbeitsgruppen zu benennen: • Steuerungsrunde Tourismus Die Steuerungsrunde Tourismus dient der strategischen Abstimmung von Tourismusprojekten. Sie findet quartalsweise statt. Die Steuerungsrunde Tourismus ist besetzt mit dem Abteilungsleiter Wirtschaft sowie der Geschäftsführung der BTZ und der WFB. Eine ergänzende Arbeitsgruppe Tourismus , in der auch Vertreter des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr eingebunden sind, bereitet die Steuerungsrunde Tourismus vor. • Arbeitsgruppe Kunst im öffentlichen Raum/Kultur Speziell für die Fragestellung „Kunst im öffentlichen Raum“ wurde gemeinsam mit dem Wirtschafts-, Bau- und Kulturressort sowie der WFB eine Arbeitsgruppe gegründet, in der Fragestellungen der kulturellen Entwicklung der Überseestadt behandelt werden. Die Arbeitsgruppe tagt in der Regel quartalsweise. — 4 — 3. Wie werden die Planungen und Strategien des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen für die Überseestadt mit den Plänen für eine Entwicklungsagentur West verknüpft? Das Wirtschaftsressort ist Bestandteil der Arbeitsgruppe zur teilräumlichen Umsetzung des Leitbilds Bremen 2020 und wirkt damit an der ressortübergreifenden Erarbeitung eines Handlungskonzeptes für den Bremer Westen direkt mit. Insofern ist eine Verknüpfung der Strategien des Wirtschaftsressorts mit den Plänen für eine Entwicklungsagentur West sichergestellt. Gegenwärtig wird von einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe ein „Handlungskorridor “ für den Bremer Westen erarbeitet. Die Arbeitsergebnisse der Leitbild AG Bremer Westen werden bis Mitte des Jahres zu einer konzeptionellen Vorlage für den Senat verdichtet. Sie bilden die Grundlage für öffentliche Veranstaltungen, die für den Herbst 2012 geplant sind. Im Zuge dieses Prozesses werden Organisation, wesentliche Aufgaben und Inhalte einer Entwicklungsagentur West definiert. In jedem Fall wird es einen engen Austausch zwischen dieser Entwicklungsagentur West und den Projektverantwortlichen für die Überseestadt geben. 4. Welche Funktion hat der „Tourismus-Kompass Überseestadt“ für die weitere Entwicklung der Überseestadt? Wie ist dieses Konzept mit dem Marketingkonzept Überseestadt, mit dem Leitbild Bremen 2020 und mit dem Standortmarketing verknüpft? In der Überseestadt besteht seit längerem Investoreninteresse sowohl hinsichtlich touristischer Vorhaben an Einzelstandorten (z. B. die Ansiedlung des GOP Variété-Theaters, Projektierung von Hotels und Hostels) als auch an der Durchführung von zugkräftigen Veranstaltungen. Sowohl für Investorenvorhaben als auch für Angebote der Bremenbesucher fehlte bislang ein schlüssiger konzeptioneller Rahmen. Die WFB hat deshalb im Jahr 2010 die ift – Freizeit- und Tourismusberatung GmbH beauftragt, ein umsetzungsorientiertes Konzept der touristischen Entwicklung für die Überseestadt zu erarbeiten. Das den zuständigen Deputationen vorgelegte breit abgestimmte Konzept nennt vier touristische Entwicklungsbereiche in der Überseestadt mit jeweils konkreten Projektideen, die neben regionalen Besuchern auch überregionale Gäste in die Überseestadt locken sollen. Als verbindendes Element dieser vier Bereiche wird das Thema Mobilität zu Wasser und zu Land benannt. Der Tourismuskompass bildet eine Basis für Akquisitionsstrategien, die in der Steuerungsrunde Tourismus mit der Geschäftsführung der BTZ und der WFB abgestimmt werden. Gleichzeitig bieten die Projekte des Tourismuskompasses, wie z. B. die vielfältigen Veranstaltungen in der Überseestadt, Ansatzpunkte für eine flankierende touristische Vermarktung durch den im Frühjahr 2010 gegründeten Überseestadt Marketing e. V., die BTZ und das besucherbezogene Standortmarketing der WFB. Die Projektideen des Tourismuskompasses für die Überseestadt sowie entsprechende attraktive Veranstaltungen lassen sich schlüssig in die nationale und internationale Marketingstrategie der Bremer Touristik Zentrale (BTZ) einpassen, die darauf zielen, „Bremen historisch, Bremen innovativ, Bremen maritim und Bremen lebendig“ erlebbar zu machen. 5. An welchen Orten in der Überseestadt könnten oder sollen touristische Großprojekte etabliert werden? Der Tourismuskompass definiert die dargestellten Projektideen nicht in „Groß-“ und „Kleinprojekte“. Vielmehr werden vier touristische Entwicklungsbereiche in der Überseestadt mit ihren Standortpotenzialen für die Verortung der aufgezeigten Projektideen definiert. Für diese vier touristischen Entwicklungsbereiche werden beispielhaft Projektideen genannt: • Weser-Quartier mit Verbindungsmeile – u. a. Hotel, Varieté, Anleger Schifffahrt , Wesershuttle, • Erlebnisquartier Europahafen – u. a. Weser Lodges, historische Schiffe, Restaurantschiffe , Genusshafen, • Kreativquartier – u. a. Anleger Schifffahrt, Wesershuttle, • Aktivquartier am Wendebecken – u. a. Hafengolf, Finnbahn, Freiraum/ Strand. — 5 — Die Realisierung dieser Projektideen obliegt geeigneten Investoren und Betreibern und bedarf dann jeweils einer weiteren politischen Abstimmung. 6. Welche Funktion und welche Aktivität hat seit Sommer 2011 und in Zukunft der Beirat Überseestadt? Wie ist der Beirat aktuell zusammengesetzt? Wie und wann werden sich die Funktion und Besetzung des Beirates in Zukunft verändern? Mit dem Beirat wird eine Einbindung der ansässigen Unternehmen als auch der Ortspolitik u. a. der angrenzenden Stadtteile in das Projekt Überseestadt erreicht . Der Beirat berät die WFB-Geschäftsführung und den Aufsichtsrat der WFB bei der Umsetzung der Entwicklung der Überseestadt durch Stellungnahmen und Empfehlungen. In der Vergangenheit wurde der Beirat stetig um Vertreter der neuen Investoren ergänzt. Auch in Zukunft soll die Möglichkeit genutzt werden, entsprechend der Entwicklung der Überseestadt weitere Beiratsmitglieder zu benennen. Der Beirat besteht zurzeit aus 20 Mitgliedern (Stand 1. März 2012), die sich aus folgenden Bereichen rekrutieren: • die baupolitischen Sprecherinnen/Sprecher von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU, • die Ortsamtsleiter West und Mitte sowie ein Vertreter des Stadtteilbeirates Walle, • Vertreter der Bestandsunternehmen, • Vertreter der neuen Investoren, • Vertreter von Handelskammer und Architektenkammer. Nach seiner Geschäftsordnung tagt der Beirat zweimal im Jahr und wird vom Vorsitzenden einberufen. Die Geschäftsführung des Beirates obliegt der WFB. Veränderungen in der Besetzung und in der Funktion können vom Aufsichtsrat der WFB vorgenommen werden. Die Themenbereiche Kultur, Tourismus, soziale Infrastruktur und Wohnen haben seit einiger Zeit eine größere Bedeutung für die Überseestadt erlangt. Es wird geprüft, ob der Beirat durch eine entsprechende Fachkompetenz angereichert werden sollte. 7. Gibt es eine gezielte aktive Ansiedlungspolitik für bestimmte Wirtschaftsbereiche in der Überseestadt, und mit welchen Maßnahmen wird diese gegebenenfalls betrieben? In der Überseestadt existieren weiterhin große Flächenpotenziale, die zunächst branchenunabhängig vermarktet werden. Abb. 1: Darstellung der touristischen Entwicklungsbereiche — 6 — In 2011 wurde das standortbezogene Marketingkonzept für die Überseestadt 2012 bis 2015 durch die Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen beschlossen . Auf der Grundlage der Erfahrungen der bis 2011 verfolgten Strategie sieht das standortbezogene Marketingkonzept 2012 bis 2015 grundsätzlich eine weitergehende Einbindung in die Markenarchitektur der Freien Hansestadt Bremen sowie eine zielgerichtete Weiterführung der in 2007 entwickelten Marketingstrategie vor, da sie erfolgreich dazu beigetragen hat, den Bekanntheitsgrad der Überseestadt kontinuierlich zu steigern, ihr Image zu entwickeln und zu prägen sowie die Marke Überseestadt über die Grenzen Bremens hinaus zu transportieren . Die Überseestadt ist das größte städtebauliche Entwicklungsgebiet Bremens und ein bedeutendes „Schaufenster“ für den wirtschaftsstrukturellen Wandel in Bremen. Bremen hat an diesem Standort die Chance, nationale und internationale Investoren und Projektentwickler für den Standort zu interessieren, um so zusätzliche Investitionen, überregionales Know-how, neue Unternehmenskontakte und zusätzliche Arbeitsplätze zu generieren. Insofern sollen zukünftig verstärkt überregional wirksame Marketinginstrumente eingesetzt werden, um diese Projektentwickler und Investoren zu erreichen. Im Einzelnen sind die im Folgenden beschriebenen Marketingmaßnahmen für die kommenden Jahre vorgesehen: • Überregionale/nationale Maßnahmen o Pressearbeit, Onlinemarketing o Internetauftritt, Imagefilm, Printprodukte o Teilnahme an der Expo Real, Außenwerbung in München o Anzeigen o Virtueller Rundgang durch die Überseestadt/Dokumentation • Standortbezogene Maßnahmen o Regionale Anzeigenschaltung o Wartung der Überseestadt-Stelen, Informationstafeln o Online-Newsletter o Veranstaltungsförderung • Sonstige Maßnahmen o Städtebauliches Modell, Fotoausstellungen o Führungen und Veranstaltungen durch die WFB • Infocenter Überseestadt • Projektbezogene Maßnahmen Branchenbezogen gibt es gezielte Aktivitäten zur Unterstützung der sich im Rahmen der Entwicklung des Überseestadt ergebenden Schwerpunktsetzungen im Bereich der allgemeinen Bürodienstleistung, der regenativen Energien und der Kreativwirtschaft (siehe hierzu Antwort zu Frage 8). In 2007/2008 ist es mit Unterstützung der WFB gelungen, das europäische Schulungszentrum der Siemens Windpower in Bremen anzusiedeln. Ende 2010 hat sich die Adler Solar Services, ein Dienstleister rund um den Themenbereich Fotovoltaikanlagen, ebenfalls im Gebiet des Weserufers angemietet und ihren Hauptsitz nach Bremen verlegt. In 2011 wurden größere Lagerflächen im Schuppen 3 an die Firma Unicon vermietet, die dort hauptsächlich Lagerlogistik für Fotovoltaikanlagen betreibt. Die herausragenden Projekte im Bereich der regenerativen Energien in 2011 stellen allerdings die Neubauentscheidungen der Unternehmen Reteec und WPD in der Überseestadt dar. Diese Ansiedlungen belegen den Erfolg dieser Strategie. Darüber hinaus wurde in Ergänzung zur Etablierung der Hochschule für Künste gezielt durch die WFB und andere Akteure der Kreativwirtschaft für die Ansiedlung von Akteuren der Kreativwirtschaft erfolgreich geworben (siehe auch Antwort zu Frage 15). — 7 — Aufgrund der Lage am Wasser und der Nähe zur Innenstadt hat die Überseestadt eine besondere Eignung als Standort für Bürodienstleistungen, die in den oben dargestellten Marketinginstrumenten hervorgehoben wird. 8. Welche Branchen haben sich in der Überseestadt in den vergangenen zehn Jahren bereits neu angesiedelt? In den vergangenen zehn Jahren hat es Ansiedlungen aus unterschiedlichsten Branchen gegeben. Der allergrößte Teil ist dabei dem Dienstleistungssektor zuzurechnen . Dazu gehören sowohl unternehmensbezogene als auch verbraucherorientierte Dienstleistungen. Erste Entwicklungen von Schwerpunktsetzungen neben Bürodienstleistungen können im Bereich der regenerativen Energien bzw. der Kreativwirtschaft festgestellt werden. Bereits in 2002 gab es im Umfeld des Holz- und Fabrikenhafens eine durch die dort ansässigen Unternehmen getragene Initiative zur Entwicklung einer „Energiemeile“. Die Überseestadt ist neben dem Technologiepark und der Airport -Stadt ein wesentlicher Standort in Bremen für Unternehmen aus dem Bereich der regenerativen Energien. Schon heute haben sich diverse Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien für einen Standort in der Überseestadt entschieden (siehe hierzu auch Antwort zu Frage 7). Das Spektrum der angesiedelten Unternehmen reicht von Ingenieur- und Consultingbüros bis zu Schlüsselunternehmen der Energiebranche. Den Schwerpunkt bilden dabei Unternehmen aus dem Bereich der Windenergie. Aber auch zu Fotovoltaik, Biogas und innovative Energiekonzepte gibt es spezialisierte Firmen in der Überseestadt. Ferner hat sich insbesondere durch die Ansiedlung der Hochschule für Künste (HfK) im Speicher XI ein Nukleus der Kreativwirtschaft gebildet (siehe hierzu Antwort zu Frage 15). 9. Welche Betriebe, Unternehmen, Einrichtungen und Initiativen haben die Überseestadt in den vergangenen zehn Jahren verlassen? Welche sind darunter, die sich erst in den vergangenen zehn Jahren dort angesiedelt haben? Für die Beantwortung dieser Frage fehlt die erforderliche Datenbasis. Wie an jedem anderen Standort, so gibt es auch in der Überseestadt eine Fluktuation von Unternehmen. 10. Welche Rolle spielt der Tourismus aktuell und spielte er in den vergangenen zehn Jahren für die Überseestadt? An welchen Projekten, Einrichtungen oder Themen lässt sich dies festmachen? Regional und überregional publikumswirksame Veranstaltungen sind wichtig für die Entwicklung eines Standortes. Sie sorgen für Medieninteresse und hohe Aufmerksamkeit. Die Medienstatistik der letzten Jahre zeigt, dass das Interesse an der Überseestadt in Verbindung mit regional und überregional erfolgreichen Veranstaltungen, besonders hoch ist. Mit fortschreitender Entwicklung und Bekanntheit der Überseestadt sind die Besucherzahlen gestiegen. Zahlreiche Veranstaltungen tragen mit zum Teil überregionaler Aufmerksamkeit dazu bei, dass die Überseestadt zunehmend als Erlebnisraum wahrgenommen wird. Im Jahr 2012 werden zahlreiche Anlässe geboten, um unterschiedliche Zielgruppen Anreiz zu bieten, die die Überseestadt kennen zu lernen. Beispielhaft seien hierfür der 100. Geburtstag des Speichers XI, ein Openprojekt der Hochschule für Künste, der City-Triathlon und Veranstaltungen des Musikfestes im BLG-Forum genannt.. Durch den sich entwickelnden Tourismus wird vor allem das Miteinander von Unternehmen, Bewohnern, Angestellten, Werktätigen, Künstlern, Händlern und Besuchern positiv gestärkt. Die Größe und Weitläufigkeit der Überseestadt bietet für Bremen ein ganz neues Gelände für die Umsetzung von Großereignissen. Hier ist nicht nur der Raum vorhanden, sondern auch die nötige Infrastruktur, um solche Veranstaltungen erfolgreich durchzuführen. Dies lässt sich gut am Beispiel des Kirchentags 2009 mit über 100 000 Besuchern sowie am „Tag der Deutschen Einheit 2010“ mit 350 000 Besuchern festmachen. Die positive Resonanz auf solche Ereignisse bringt Nachfolgebesuche mit sich, die für Bremen insgesamt relevant sind. — 8 — 11. Welche Wichtigkeit misst der Senat einer ausgewogenen sozialen Mischung bei der Nutzung von Wohnraum in der Überseestadt bei, und mit welchen Mitteln und Maßnahmen wird dieses Ziel verfolgt und gesichert? Es ist ein wesentliches Ziel der Politik des Senats, der sozialen Polarisierung und sozialen Entmischung entgegenzuwirken. Im Wohnungsneubau in attraktiven innerstädtischen Lagen tendiert der Wohnungsmarkt zu hochpreisigen Eigentums - und Mietwohnungsformen. Solche Lagen werden auch in der Überseestadt benötigt, um u. a. dem „Zurück-in-die-Stadt“-Trend ein entsprechendes Angebot bieten zu können. Gleichwohl sind aber auch attraktive, erschwingliche Wohnlagen zu entwickeln. Dies setzt einen preiswerten Wohnungsneubau und/oder Wohnungsbauförderung voraus, um unteren und mittleren Einkommensschichten ein Wohnen in der Überseestadt ermöglichen zu können. Am Waller Wied, an der Nahtstelle zum Ortsteil Walle, werden gemeinsam mit der GEWOBA studentisches Wohnen und Wohnungen in mittleren Preiskategorien entwickelt. Darüber hinaus hat die Stadtgemeinde als Eigentümerin von Grund und Boden Einflussmöglichkeiten auf die Vermarktungsbedingungen und auf selbst formulierte Ansprüche an bauliche Qualitäten neuen Wohnraums (ökologische Standards, Barrierefreiheit ). Der Senat prüft konkret, an welchen neu zu entwickelnden Wohnlagen Anteile von preiswertem Wohnen bevorzugt realisiert werden können. Möglicherweise bieten sich in den neu geplanten Wohngebieten nördlich der KonsulSmidt -Straße sowie nördlich des Hilde-Adolf-Platzes hierzu Gelegenheiten. Darüber hinaus plant die „Blaue Karawane“ an der Hafenkante das Wohnprojekt „BlauHaus“. Dort soll gemischtes Wohnen mit Barrierefreiheit, für behinderte und nicht behinderte Menschen, für Studenten und Nichtstudenten, wohlhabendere und ärmere Menschen sowie für Alt und Jung realisiert werden. 12. Wie plant und sichert der Senat soziale Strukturen in der Überseestadt im Hinblick auf familienfreundliches Wohnen, Versorgung, Jugendfreizeitangebote, Bildungsangebote und Aufenthaltsqualität? Die Ausstattung der Stadtteilinfrastruktur für Angebote, Maßnahmen und Einrichtungen der offenen Jugendarbeit wird grundsätzlich auf der Grundlage von Stadtteilkonzepten entwickelt. Der Rahmen für die finanziellen Gestaltungsspielräume wird durch einen sozial gewichteten Verteilungsschlüssel gesetzt und durch den Jugendhilfeausschuss bestimmt. Dieser Verteilungsschlüssel wird in zwei- bis dreijährigem Rhythmus aktualisiert. Dabei werden einerseits die demografischen Veränderungen von Ortsteilen für die Zielgruppe der sechs- bis 18-jährigen jungen Menschen ermittelt und andererseits anhand der von der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen ermittelten Sozialindikatoren gewichtet. Die Überseestadt gehört als Ortsteil zum Stadtteil Walle. Bei der derzeit anstehenden Fortschreibung werden aktuelle Daten aller Ortsteile von Walle, einschließlich derjenigen der Überseestadt, zugrunde gelegt werden. Schulpflichtige Kinder und Jugendliche, die jetzt oder zukünftig ihren Wohnsitz in der Überseestadt haben, werden in den Schul- und Klassenplanungen des Stadtteils Walle berücksichtigt. Über die Angebotsstrukturen der Jugendförderung für Walle berät und entscheidet beim Amt für Soziale Dienste ein Controllingausschuss, dem je zwei Vertreterinnen/Vertreter der freien Jugendhilfe, des Stadtteilbeirates Walle und des Amtes für Soziale Dienste (als Jugendamt) angehören. Die Jahresplanung für die stadtteilbezogene Jugendförderung ist dem Beirat zur Kenntnisnahme und Zustimmung vorzulegen. Nach dem ersten Ortsgesetz über hausnahe Spielplätze vom 3. April 1973 müssen die Eigentümer von Häusern und Wohnanlagen mit vier und mehr Wohnungen einen angemessen großen und ausgestatteten hausnahen Spielplatz errichten und dauerhaft unterhalten. Öffentliche Spielplätze werden – abhängig von der zu erwartenden Anzahl der Bewohner eines Planungsgebietes – bei der Aufstellung von Bebauungsplänen angemeldet. Sie können nur gestaltet und laufend unterhalten werden, wenn die hierfür erforderlichen zusätzlichen Mittel im Haushalt bereitstehen. In den laufenden Planungen zur Freiraum- und Quartiersgestaltung in der Überseestadt werden Angebote für familienfreundliches und altengerechtes Woh- — 9 — nen, Versorgung, Jugendfreizeitangebote, Bildungsangebote und Aufenthaltsqualitäten mitgeprüft. So wurden diese Themen stets in die Freiraumgestaltung der Parkanlagen einbezogen . Für den Hilde-Adolf-Park wurden durch den Freiraumplaner Orte definiert , die bei einer Entwicklung von Wohnbauflächen nördlich des Parks für die Errichtung einer Spiel- und Aktionsfläche geeignet wären. Die Etablierung von Sport- und Freizeiteinrichtungen war einer der wesentlichen inhaltlichen Schwerpunkte der Gestaltung des Übersee-Parks. Aktuell sehen die Planungen hier neben hochwertigen Aufenthaltsräumen für die Allgemeinheit die Errichtung einer Spiel- und Aktionsfläche sowie von Freizeit- und Sportanlagen wie u. a. eine Bowl- und Skater-Anlage, einem Parcours sowie eine Bühne für Tanzaktivitäten vor. Diese Angebote richten sich insbesondere an die Kinder und Jugendliche der angrenzenden Stadtteile Walle, Gröpelingen sowie Mitte und können als ein wesentliches Verbindungselement zwischen den Stadtteilen dienen . Ferner werden aktuell die technischen Voraussetzungen für die Errichtung eines Sandstrandes am Wendebecken im Zuge der Anpassung des Hochwasserschutzes geprüft. Hierdurch kann für den Bremer Westen, der nur eingeschränkt über einen direkten Zugang zur Weser verfügt, ein neuer Erlebnisraum geschaffen werden, der gerade für Familien eine hohe Attraktivität erzeugen kann. Im Rahmen der Umsetzung von Zwischennutzungen für die noch brach liegenden Flächen der Überseestadt wird auch das Projekt „Hafenschulgarten“ realisiert , das sich insbesondere an Kinder und Jugendliche der angrenzenden Stadtteile adressiert. Der Träger des Projektes, der Hafenschulgarten e. V., will mit dieser Initiative Kindern und Jugendlichen mitten in der Stadt neben der Aussaat , Pflege und Ernte von Nutzpflanzen auch Wissenswertes über den Naturhaushalt und die biologische Vielfalt nahe bringen. Aktuell wird die Ausstattung der Überseestadt mit Nahversorgungseinrichtungen als gut bewertet. Im Zuge der weiteren Entwicklung der Überseestadt ist zu prüfen, inwiefern weitere Orte der Nahversorgung erforderlich werden. Derzeit wird die Erarbeitung eines Einzelhandelskompasses geprüft, der die Innenstadt und die bestehenden Stadtteilzentren sowie die Entwicklung der Überseestadt in Bezug auf vorhandene sowie zukünftige Einwohner und Beschäftigte berücksichtigt als auch prüft, inwiefern die Überseestadt als Standort für besonderen Einzelhandel (beispielsweise Stilwerk) geeignet wäre. 13. Wie stellt der Senat die Zugänglichkeit und die Attraktivität öffentlicher Räume, insbesondere der Ufer und Wasserkanten, in der Überseestadt sicher? Die freie Zugänglichkeit und Schaffung attraktiver öffentlicher Räume sind von Anbeginn Grundqualitäten der städtebaulichen Planung der Überseestadt. Das Konzept zur Grünentwicklung wird getragen durch die Betonung der von Norden nach Süden ausgerichteten starken Grünverbindungen zur Wasserkante : Die Achsen Waller Stieg, Überseetor, Hansator und Lloydtor werden durch unterschiedliche Baumarten geprägt. Die Baumalleen schaffen Raumkanten und Orientierung. Die exponierte Lage der Kaispitzen sowie die Uferkante zur Weser stellen besondere Standorte für eine identitätsprägende Gestaltung dar. Grünzäsuren trennen und verbinden aber auch angrenzende Quartiere und Bauflächen , verbessern das Kleinklima und werten die Standorte in ihrer Lagegunst auf. An der Wasserkante dieser Parks wird der Zugang zum Ufer durch großzügige Treppenanlagen ermöglicht und der Gezeitenwechsel erlebbar gemacht. Aber auch in der Ost-West-Achse, also zwischen der Altstadt und der Hafenkante , lassen sich viele Beispiele für neue Qualitäten nennen wie die Verlängerung der Schlachte für Fußgänger und Radfahrer, der Hilde-Adolf-Park, öffentliche Promenaden an Wasserkanten, die gelungene Verbindung von Hochwasserschutz , Gestaltung und Erlebbarkeit entlang von Hafenbecken und neue kleinere öffentliche Freiräume rund um den Speicher XI und das Frischezentrum sowie Zwischennutzungsprojekte auf Freiflächen. Die Freiraumqualität wurde und wird häufig durch Wettbewerbsverfahren erzielt . So wurde beispielsweise zur Gestaltung des Hilde-Adolf-Parks ein zweiphasiger begrenzt offener Wettbewerb (2007) durchgeführt. — 10 — Mit dem Wettbewerb konnten unterschiedliche Lösungsvorschläge für die zentralen öffentlichen Freianlagen der Hafenvorstadt sowie für die Wasserkanten am Kopf des Europahafenbeckens ermittelt werden. Hierbei galt es insbesondere die historisch maritime Prägung des Ortes und die zukünftig innerstädtisch urbanen Nutzungsanforderungen zu berücksichtigen. Grundlage der Planung war der Masterplan Überseestadt sowie seine Weiterentwicklung im städtebaulichen Konzept Hafenvorstadt. Damit der Masterplan auch dauerhaft seine steuernde Rolle behält, ist es notwendig , ihn immer wieder fortzuschreiben, zu präzisieren und öffentlich zu diskutieren . So geschehen im Rahmen der Reihe „Bremer Stadtdialog“ am 26. Januar 2010 unter dem Titel „Masterplan Überseestadt – Entwürfe zur Verfeinerung eines starken Konzepts“. 14. Welche ökologischen Kriterien spielen für die Entwicklung sowie für Image und Marketing der Überseestadt eine Rolle – a) in Bezug auf die öffentlichen Räume und die Wasserflächen, b) in Bezug auf die bauliche Substanz und Entwicklung, c) bei der Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen? Die Überseestadt ist – selbst an europäischen Maßstäben gemessen – ein Großprojekt der Revitalisierung und des Recyclings von innerstädtischen Gewerbebrachen . Die hierdurch bewirkte Vermeidung von Flächenverbrauch in Randbereichen der Stadt ist eine grundlegende stadtökologische Qualität. Neu geschaffene kompakte und verdichtete Siedlungsstrukturen und die Umsetzung der Leitorientierung einer kleinteiligen Nutzungsvielfalt unterstützen den eingeschlagenen Weg einer nachhaltigen und klimaschonenden Stadtentwicklung. Die Umsetzung des Grün- und Freiraumkonzeptes sorgt für eine gestaltete Durchgrünung für in vormals überwiegend versiegelten Hafenarealen. So entstand eine durchgängige Grünachse von den Wallanlagen über den Hilde-Adolf-Park, entlang der begrünten Promenade des Europahafens bis zum Wendebecken. Begrünte Wegeachsen in Nord-Süd-Richtung – wie am Waller Stieg – ergänzen dieses Gesamtkonzept. Diese erfolgreich betriebene Revitalisierung alter innenstadtnaher Hafenbrachen ist eine bedeutender Image- und Marketingfaktor (u. a. Expo Real) für die Stadt Bremen. Darüber hinaus setzen sich Unternehmen, Investoren und auch Mieter aufgrund von stark steigenden Energiepreisen verstärkt mit dem Thema ökologisches und energiesparendes Bauen auseinander. In den neuen, im Verfahren befindlichen, Bebauungsplänen wird festgelegt, dass Gebäude so ausgestaltet werden müssen , dass die Dächer Solaranlagen aufnehmen können. Hilfreich in Bezug auf die ökologische Wärmeversorgung ist das FernwärmeAngebot in Teilbereichen der Überseestadt. Dieses Angebot wird von den Unternehmen gerne angenommen. Darüber hinaus gibt es Bauherren, die auf weitergehende innovative Energieversorgungskonzepte wie Geothermie setzen. Der Großmarkt spielt in der Überseestadt sowie in ganz Bremen mit der auf seinem Dach im Jahr 2010 installierten Solaranlage, die im Jahr rund ein Megawatt Strom produziert, eine Vorreiterrolle. 15. Welche Rolle wird der Kreativwirtschaft bei der Entwicklung der Überseestadt vom Senat beigemessen? Mit welchen Zielen und Maßnahmen wird dieses Feld entwickelt? In den zurückliegenden Jahren hat sich die Überseestadt zu einem bedeutsamen Standort für die Kultur- und Kreativwirtschaft in der Region entwickelt. Der Abb. 2: 1. Preisträger: Vogt, Landschaftsarchitekten, Zürich — 11 — maßgebliche Ausgangspunkt hierfür war die Sanierung und der Umbau des Speichers XI und der Einzug der Hochschule für Künste. Die zentrale Lage des Speichers XI bildet eine Quelle des kreativen Nachwuchses direkt vor Ort. Mit dem Umbau des Speichers 1 wurden weitere attraktive Räumlichkeiten geschaffen , die insbesondere von der Kreativwirtschaft nachgefragt wurden. Für die Entwicklung der Überseestadt war neben dem Ausbau der Infrastruktur zur (besseren) Verknüpfung der Überseestadt mit den angrenzenden Stadtteilen (u. a. Innenstadtanbindung, Hansa- und Überseetor) insbesondere die Umnutzung der alten Hafengebäude der wesentliche Entwicklungsschub für das Gelände. Gerade Unternehmen aus der Kreativwirtschaft haben die Potenziale der Überseestadt als neuen, attraktiven Standort mit Hafenflair als erstes entdeckt und mit ihrer „Pionierarbeit“ zur Belebung und weiteren Qualifizierung der Überseestadt beigetragen. Sie können auch weiterhin bei der Entwicklung der Überseestadt einen wichtigen Beitrag leisten. Die Entwicklung und die damit einhergehende Etablierung der Kreativwirtschaft in der Überseestadt beruht weniger auf administrativer Planung als auf einem gelungenen Zusammenspiel von Stadtplanung, Branchentrends und soziokulturellen Entwicklungen. Ohne das hohe Engagement und die Investitionsbereitschaft der Bauträger wäre diese Entwicklung wohl kaum in dieser Form zustande gekommen. Als Alleinstellungsmerkmale und als Katalysator können zwei Standortfaktoren angesehen werden: • Attraktive Mieten in historischen Gebäuden mit Industrie-Charme in Zentrumsnähe . • Eine spannende Mischung von aktiven Hafenbetrieben und Grundstücken in Wasserlagen. Seit 2008 wird die Kreativwirtschaft intensiv vom Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen in Zusammenarbeit mit der WFB unterstützt. Dazu zählen insbesondere die Vernetzung und die Professionalisierung der Akteure und die Sichtbarmachung ihrer Kompetenzen. Die regelmäßigen Netzwerkveranstaltungen des Klub Analog (heute Klub Dialog) führten die Akteure der Kreativwirtschaft in das BLG-Forum, das sich mittlerweile als ein zentraler Treffpunkt für die Kreativwirtschaft etabliert hat. Mit der Einführung des Programms zur Professionalisierung der Akteure („Ideenlotsen“) in der Überseestadt ist ein wesentliches Beratungsangebot entstanden , das mittlerweile von jährlich etwa 200 Akteuren der Kreativwirtschaft als erste Anlaufstelle angenommen wird. Ergänzt wird diese Institution durch die unternehmerische Initiative „Freihafen 3“, die Arbeitsmöglichkeiten in einem professionell betreuten Umfeld für Gründer der Kreativwirtschaft geschaffen hat. Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Büroraum ist seitens der Kreativwirtschaft weiterhin vorhanden und kann auch gedeckt werden, da die lokalen Bauträger in der Überseestadt eine hohe Investitionsbereitschaft erkennen lassen . Ebenso besteht eine große Nachfrage nach preiswerten und kleinteiligen Arbeitsräumen für Bürogemeinschaften und „Co-Working-Spaces“. Hier sind zurzeit noch keine ausreichenden Angebote vorhanden. Die Bereitstellung von „CoWorking -Spaces“, also die flexible und kostengünstige Bereitstellung von Arbeitsplätzen und Infrastruktur (IT- und Büroinfrastruktur, Besprechungsräume), wird in der Branche ebenfalls als wichtig angesehen. Die WFB unterstützt diese Nachfrage durch Vermittlung von Kontakten zwischen den Immobilienbesitzern und den Akteuren der Kreativwirtschaft sowie durch deren inhaltliche und fachliche Begleitung und Beratung. Derzeit arbeitet die WFB an einer verstärkten Vermarktung und Sichtbarmachung der Kreativwirtschaft in der Überseestadt. Obwohl insbesondere im räumlichen Umfeld des Speichers XI, der Stauerei, der Feuerwache und des Europahafens eine Vielzahl von Unternehmen der Kreativwirtschaft angesiedelt wurde, ist dies für Externe nicht sofort erkennbar. — 12 — Ein Ansatz könnte aus dem Projekt „Alligator“ erwachsen. Im Rahmen eines Architekturwettbewerbs wurde nach einem Gebäude auf einer Fläche im unmittelbaren Umfeld des Speichers XI gesucht, das über die Flexibilität verfügt, bedarfsgerecht neue Arbeitsräume (Ateliers, Büros, Werkstätten) für die Kreativwirtschaft zur Verfügung zu stellen. Ferner kann die nachhaltige Förderung der Musikszene mit Veranstaltungs- und Proberäumen sowie Beratungsangeboten (Unternehmensgründung, Vermarktungsstrategien etc.) und die Entwicklung von Konzert-Locations am Standort Überseestadt nachhaltige Impulse auch für die Gesamtentwicklung des Quartiers geben. So hat z. B. das Autonome Architekten Atelier (AAA) mit dem Aufbau der Abfertigung ein erstes Highlight bei der Nutzung von Altimmobilien durch Kreative gesetzt. Im Zuge der darüber hinausgehenden Ideen rund um das Zollamt konnte die Musikszene Bremen einen guten Boden finden, um gemeinsam mit politischer Unterstützung die Proberaumsituation in Bremen entscheidend zu verbessern und das Netzwerk der Musiker aufzubauen. Es könnte sich eine Szene entwickeln, die von der Produktion (Studios) über den Vertrieb (Verlage etc.) und Auftrittsmöglichkeiten (Locations bis hin zu größeren Sonderveranstaltungen und Festivals) die gesamte Wertschöpfungskette des Popmusikbereichs abbildet. Das Übersee-Festival wäre in diesem Sinne ein erstes Signal. Auch hat seit dem Jahr 2011 die VHS Bremen ihr Projekt „Theaterlabor . . . in Szene setzen!“ in der Überseestadt im Theaterraum der Stauerei, Cuxhavener Straße 7, angesiedelt. Das zuvor im Concordia-Theater in der Stadtmitte ansässige Projekt ist konzipiert für Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter aus Bühnenberufen , um sich während einer Phase nicht regulärer Beschäftigung künstlerisch und/oder technisch weiter zu entwickeln und zu qualifizieren und somit die eigenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt nachhaltig zu verbessern. Die Überseestadt hat die Chance, ein Leuchtturmprojekt der Kultur- und Kreativwirtschaft zu werden, wenn die vorhandenen guten Ansätze der Entwicklung und die begleitenden Maßnahmen der Wirtschaftsförderung Bremen gesichert und weiter entwickelt werden. Entscheidend bleibt letztendlich die Frage, wer die Gebäude und die angebotenen Strukturen und Instrumente sinnvoll und wirtschaftlich erfolgreich nutzen kann und will. Um diese kreativen Menschen und Unternehmer muss geworben werden, mit Freiräumen, Kulturund Beratungsangeboten sowie günstigen und attraktiven Mietflächen und Offenheit. 16. Wie wird die Ansiedlung von privaten oder öffentlichen Kultureinrichtungen in der Überseestadt geprüft, bewertet und betrieben? Für die erfolgreiche Entwicklung eines neuen Ortsteils Überseestadt stellt die Ansiedlung von Kultureinrichtungen einen wesentlichen Baustein dar, der Identität stiftend wirken, eine Belebung des vornehmlich gewerblich geprägten Ortsteils auch außerhalb der üblichen Arbeitszeiten bedeuten sowie einen wichtigen Beitrag zur (sozialen) Vernetzung mit den angrenzenden Stadtteilen leisten kann. Vor diesem Hintergrund ist die Ansiedlung von Kultureinrichtungen im Interesse sowohl des Wirtschaftsressorts als auch der mit der Vermarktung der Flächen beauftragten WFB. Grundsätzlich werden Ansiedlungsinteressen positiv begleitet. Dies war in der Vergangenheit bereits der Fall, wie beispielsweise beim Hafenmuseum im Speicher XI oder aktuell bei der Ansiedlung des GOPVariétés . Auch in Zukunft werden Ansiedlungsinteressen von Kultureinrichtungen durch das Wirtschaftsressort und die WFB unterstützt. Aus der Perspektive der Kulturförderung wird in der Überseestadt keine direkte Ansiedlungspolitik betrieben. Kulturschaffende und Produzenten bewerten Potenziale und Entwicklungsperspektiven der Quartiere für sich und treffen ihre Entscheidungen in Bezug auf ihre Standorte auf dieser Basis autonom. Dabei kann die Unterstützung mit Projektmitteln ebenso in Betracht gezogen werden wie das Angebot an interessanten Räumen, Produktionsstätten und Ateliers . In diesem Zusammenhang ist die Förderung der Musikszene im Alten Zollamt am Tor zur Überseestadt mit Veranstaltungs- und Probenräumen und Büros für Musikszene e. V. beispielhaft hervorzuheben. — 13 — 17. Welche Möglichkeiten bietet die Überseestadt für die Kulturentwicklungsplanung für den Bremer Westen? Wie bewertet der Senat die Versorgung des Bremer Westens mit kulturellen Veranstaltungen? Das Kulturressort beteiligt sich derzeit an der Entwicklung des in Bearbeitung befindlichen ressortübergreifenden Handlungskonzeptes für den Bremer Westen , das auch die Überseestadt als Ortsteil von Walle mitbetrachtet. Im Rahmen dieses Handlungskonzeptes werden die sich durch die Überseestadt ergebenden Möglichkeiten für den Bremer Westen mit reflektiert. Im Bremer Westen hat sich ein historisch gewachsenes Spektrum an öffentlich geförderten Einrichtungen der Stadtkultur und der kulturellen Bildung entwickelt , die ihrerseits ein breit gefächertes Angebot an kulturellen Veranstaltungen in den Stadtteilen vorhalten. Zahlreiche private Unternehmen und Initiativen ergänzen und erweitern in der Überseestadt dieses Angebot, wie etwa das Hafenmuseum, die Stauerei, und nicht zuletzt das BLG Forum, das immer wieder für Kulturveranstaltungen (Musikfest etc.) genutzt wird. Darüber hinaus werden auch immer wieder innovative temporäre Projekte wie das „Treasurelandprojekt “ durchgeführt. Folgende Standorte des öffentlich geförderten Kultursektors im Bremer Westen sind besonders hervorzuheben: Musikschul-Standorte/Unterrichtsorte Walle Zentrale der Musikschule Bremen Schleswiger Straße 4 28219 Bremen Findorff Grundschule am Weidedamm Am Weidedamm 20 28215 Bremen VHS-Standorte Gröpelingen Zweigstelle West Gröpelinger Heerstraße 226 28237 Bremen Stadtbibliotheks-Standorte Gröpelingen Stadtbibliothek West Lindenbergstraße 53 28237 Bremen Findorff Haltepunkte Bibliotheksbus Eickedorfer Straße sowie Am Weidedamm Kulturhäuser Gröpelingen Kultur Vor Ort e. V. Liegnitzstraße 63 28237 Bremen Walle Kulturwerkstatt Westend e. V. Waller Heerstraße 294 28219 Bremen Kulturhaus Walle Brodelpott e. V. Schleswiger Straße 4 28219 Bremen Bürgerhäuser Nachbarschaftshaus Ohlenhof Beim Ohlenhof 10 28239 Bremen Bürgerhaus Oslebshausen Am Nonnenberg 40 28239 Bremen Theater-Standort Walle THEATRIUM BREMEN E. V. Figurentheater im ehemaligen Volkshaus Hans-Böckler-Straße 9 28217 Bremen Musik-Standort Walle/Überseestadt Musikszene Bremen e. V. ehemaliges Zollamt Hansator 1 28217 Bremen Spartenübergreifend Walle Blaumeier Atelier Travemünder Straße 7 a 28219 Bremen — 14 —Druck: Hans Krohn · Bremen