— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 180 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 15. November 2011 Stiftungen im Lande Bremen Stiftungen sind ein Gewinn für die Gesellschaft. Sie fördern Kunst und Kultur, bringen wissenschaftliche Forschung voran, unterstützen talentierte junge Menschen oder verfolgen mildtätige Zwecke. Stiftungen übernehmen viele Aufgaben, die der Staat selbst nicht oder nicht in diesem Umfang leisten kann. Sie sind damit – ähnlich wie das Ehrenamt – ein wichtiger Teil der demokratischen Bürgergesellschaft. Der Prototyp einer Stiftung ist die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts. Sie ist das klassische Instrument zur Verwirklichung eines auf Dauer angelegten Zwecks. Stiftungen haben auch und gerade in Bremen eine gute und lange Tradition, was sich in einer hohen Stiftungsdichte (Anzahl der Stiftungen bezogen auf die Einwohnerzahl ) niederschlägt. Mit Stand 31. Dezember 2010 hatten 303 Stiftungen ihren Sitz im Land Bremen. In den letzten beiden Jahren hat das Gründungsgeschehen im Land Bremen jedoch deutlich nachgelassen. Bei der Errichtungsdichte (Anzahl der Errichtungen bezogen auf die Einwohnerzahl) lag der Stadtstaat im Jahr 2010 unter dem Bundesdurchschnitt. Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung, die in Bremen oder Bremerhaven ihren Sitz haben soll, ist ein Stiftungsgeschäft sowie die Anerkennung durch den Senator für Inneres und Sport erforderlich, der als Stiftungsbehörde des Landes Bremen fungiert . Das Stiftungsrecht des Bundes und der Länder, besonders aber auch das Steuerrecht machen den Stiftern und Stiftungen eine Reihe von Vorschriften, die zum Teil für Interpretationen und Ermessensspielräume der damit befassten Behörden offen sind. Wir fragen den Senat: 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Stiftungen mit privatnützigen Zwecken im Land Bremen? 2. Wie verteilen sich die Stiftungszwecke nach Themenbereichen anteilig bezogen auf die Gesamtzahl der im Land Bremen ansässigen Stiftungen (Bitte nach geeigneten Kategorien einteilen, z. B. soziale Zwecke, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur, Wissenschaft und Forschung, Umweltschutz und andere gemeinnützige Zwecke)? 3. Wie hoch ist das durchschnittliche Stiftungskapital der im Land Bremen ansässigen Stiftungen? 4. Wie viele Stiftungsneugründungen und -löschungen gab es im Land Bremen im Zeitraum 2000 bis 2010 pro Jahr? 5. Welche Erkenntnisse hat der Senat über unterschiedliche Gründungsbedingungen im Land Bremen, verglichen mit den Ländern Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein? 6. Wie viele Stifter pro Jahr haben im Zeitraum 2000 bis 2010 zwischen Beantragung der Anerkennung als rechtsfähige Stiftung und der Anerkennungsentscheidung der Stiftungsbehörde das Stiftungsgeschäft widerrufen? 7. Wie lang war die durchschnittliche Genehmigungsdauer (Zeitraum zwischen Beantragung der Anerkennung als rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts — 2 — und der Entscheidung der Stiftungsbehörde über die Anerkennung) im Land Bremen, verglichen mit der durchschnittlichen Genehmigungsdauer in Niedersachsen , Hamburg, Schleswig-Holstein und im Bundesdurchschnitt, in den Jahren 2008, 2009 und 2010? 8. Welche (landes)rechtlichen Änderungen (einschließlich Verordnungen) bzw. organisatorische und personelle Änderungen bei der Stiftungsbehörde mit Auswirkung auf das Anerkennungsverfahren gab es im Land Bremen in den letzten drei Jahren? 9. Wie werden Ermessensspielräume bei der Anmeldung von Stiftungen von der Stiftungsbehörde im Land Bremen genutzt? Welche Richtlinien und Dienstanweisungen existieren gegebenenfalls dafür? Susanne Grobien, Wilhelm Hinners, Heiko Strohmann, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 20. Dezember 2011 Vorbemerkung Die nachfolgenden Informationen beziehen sich – entsprechend der Fragestellung – ausschließlich auf rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts1). Dabei sind Angaben zur reinen Anzahl der existierenden und jährlich neu errichteten Stiftungen nur von begrenztem Aussagewert, insbesondere im Hinblick auf den damit verbundenen „Gewinn für die Gesellschaft“. Die einzelnen Stiftungen unterscheiden sich gerade im Hinblick auf die jeweilige Vermögensausstattung und die für die Zweckerfüllung verfügbaren Erträge sehr stark. Beispielsweise können zehn Stiftungen mit einem Vermögen von jeweils 50 000 ‡ aufgrund der insgesamt relativ geringen Erträge wesentlich weniger für die Gesellschaft bewirken, als eine einzige Stiftung mit einem Millionenvermögen. Jede Person, die ein gewisses Vermögen zur dauerhaften Erfüllung eines bestimmten (gemeinnützigen) Zwecks zur Verfügung stellen möchte, muss nach individuellen Präferenzen bewerten, ob die Errichtung einer neuen rechtsfähigen Stiftung sinnvoll erscheint. Dabei spielt auch eine Rolle, dass jede Stiftung über einen Vorstand und gewisse administrative Strukturen verfügen muss. Insbesondere ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder zu finden, ist in vielen Fällen nicht ganz einfach. Ferner schmälern die notwendigerweise entstehenden Verwaltungskosten die für die Zweckerfüllung verfügbaren Erträge. Gerade bei kleineren Vermögen kommt daher als Alternative zur Errichtung einer eigenständigen Stiftung z. B. eine Zustiftung in Betracht, d. h. eine Zuwendung in den Vermögensstock einer bereits existierenden (größeren) Stiftung, die vergleichbare Zwecke verfolgt. Dies hat den Vorteil, dass kein eigener Verwaltungsapparat aufgebaut werden muss und im Ergebnis unter Umständen mehr Geld für die eigentliche Zweckerfüllung zur Verfügung steht. Darüber hinaus hat eine größere Stiftung wesentlich mehr Fördermöglichkeiten . Insofern ist es gesellschaftlich keineswegs nachteilig, wenn Bürger /-innen in geeigneten Fällen davon absehen, „eigene“ Stiftungen zu gründen und stattdessen bestehende Stiftungen stärken, um durch Synergieeffekte einen höheren Output für das Gemeinwohl zu erzielen. Bei einer Beratung, die darauf abzielt , den individuellen Stifterwillen bestmöglich zu realisieren, darf diese Möglichkeit auch nicht verschwiegen werden, nur weil sie sich nicht in der Statistik niederschlägt . In der Freien Hansestadt Bremen existierten mit Stand vom 31. Dezember 2010 insgesamt 303 Stiftungen. Im Hinblick auf die Stiftungsdichte (Bestand an Stiftungen pro 100 000 Einwohner) lag die Freie Hansestadt Bremen im Ländervergleich auf Platz 2 hinter der Freien und Hansestadt Hamburg. Im Großstädtevergleich lag die Stadtgemeinde Bremen auf Platz 15. Bundesweit ist die Zahl der Stiftungserrichtungen von 1990 bis 2001 fast stetig angestiegen . Nach einem kleinen Rückgang in den Jahren 2002 und 2003 stieg die Zahl der Errichtungen in den Jahren 2004 bis 2007 erneut an. In den Jahren 2008 bis 2010 ––––––– 1) Über Anzahl und Erscheinungsbilder der rechtlich unselbstständigen Stiftungen (Treuhand- stiftungen), für die keine Zuständigkeit der Stiftungsbehörde besteht, liegen auch keine behördlichen Statistiken vor. — 3 — war die Zahl der Stiftungserrichtungen bundesweit jeweils rückläufig. Die Errichtungsdichte in der Freien Hansestadt Bremen lag im Jahr 2010 geringfügig unter dem Bundesdurchschnitt. Im Jahr 2009 lag sie dagegen ebenso wie 2008 deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Dabei sind die prozentualen Schwankungen in einem Zwei-Städte-Staat aufgrund der niedrigeren Grundgesamtheit naturgemäß größer als bei einer bundesweiten Betrachtung. Insoweit sind auch die Zahlen für 2010 in keiner Weise ungewöhnlich. Eine wahrscheinliche Ursache für den Rückgang der Errichtungszahlen in den letzten drei Jahren liegt in der Verbesserung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements im Jahr 2007. Bis zu dieser Gesetzesänderung konnte nur bei der Neuerrichtung gemeinnütziger Stiftungen ein besonderer Sonderausgabenabzug für Vermögensstockspenden geltend gemacht werden. Dies führte dazu, dass Interessenten sich tendenziell eher für die Errichtung einer neuen Stiftung entschieden haben, als Vermögen per Zustiftung in eine bestehende Stiftung zu überführen. Insbesondere haben einzelne Stifter aufgrund der steuerrechtlichen Regelung in der Vergangenheit mehrere Stiftungen errichtet, anstatt eine von ihnen bereits gegründete Stiftung mit zusätzlichem Vermögen auszustatten. Durch die Gesetzesänderung im Jahr 2007 wurde der zusätzliche Sonderausgabenabzug für Vermögensstockspenden auch auf Zustiftungen ausgedehnt, ferner wurde der Höchstbetrag von 307 000 ‡ auf 1 Mio. ‡ angehoben. Dadurch entfiel der (Fehl)Anreiz, stets neue Stiftungen zu errichten, sodass potenzielle Stifter nun ausschließlich nach sachlichen Kriterien und individuellen Präferenzen entscheiden können, ob für sie die Errichtung einer neuen Stiftung oder eine Zustiftung sinnvoller erscheint. Darüber hinaus dürfte in der Finanzkrise eine weitere Ursache für den Rückgang der Errichtungszahlen liegen. 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Stiftungen mit privatnützigen Zwecken im Land Bremen? Am 31. Dezember 2010 existierten im Land Bremen 41 Stiftungen mit privatnützigen Zwecken, d. h. Stiftungen, die nicht als gemeinnützig anerkannt sind. Darunter sind 24 Familienstiftungen, also Stiftungen, die nach dem Stiftungszweck überwiegend dem Wohle der Mitglieder einer bestimmten Familie oder mehrerer bestimmter Familien dienen. Außerdem gibt es 17 unternehmensnahe Stiftungen, in der Regel handelt es sich um Unterstützungskassen für Betriebsangehörige . 2. Wie verteilen sich die Stiftungszwecke nach Themenbereichen anteilig bezogen auf die Gesamtzahl der im Land Bremen ansässigen Stiftungen (Bitte nach geeigneten Kategorien einteilen, z. B. soziale Zwecke, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur, Wissenschaft und Forschung, Umweltschutz und andere gemeinnützige Zwecke)? Von den 303 Stiftungen im Land Bremen sind 262 als gemeinnützig anerkannt. Darunter sind 18 kirchliche Stiftungen im Sinne von § 16 des Bremischen Stiftungsgesetzes (BremStiftG). Viele Stiftungen verfolgen mehrere Zwecke, sodass eine eindeutige Zuordnung zu einer bestimmten Kategorie häufig nicht möglich ist. Ferner treffen die Stiftungsorgane immer wieder neu eine Entscheidung über die konkrete Förderpolitik und auch über die Gewichtung verschiedener Stiftungszwecke. Insoweit ist die Analyse der satzungsmäßigen Stiftungszwecke nur von begrenztem Aussagewert . Nach einer Auswertung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen inklusive Gewichtung nach einem schematischen Verfahren2) verteilen sich die ––––––– 2) Der Bundesverband Stiftungen hat das Datenmaterial überwiegend aus einer Befragung der Stiftungen entnommen. Aufgrund der Rücklaufquote konnten in der Untersuchung 242 der bremischen Stiftungen erfasst werden, sodass sich leichte Abweichungen im Verhältnis zur Gesamtzahl der hier ansässigen Stiftungen ergeben. Die Gewichtung wurde wie folgt vorgenommen : Die Einzelzwecke werden bestimmten Hauptgruppen zugeordnet. Bei Nennung mehrerer Einzelzwecke innerhalb einer Hauptgruppe wird die Hauptgruppe nur einmalig gezählt. Wenn die Stiftung in drei Hauptgruppen tätig ist, zählt jede ein Drittel. Beispiel: Wenn der Stiftungszweck die Förderung von Medizin, öffentlichem Gesundheitswesen und Völkerverständigung umfasst, werden 0,5 für Wissenschaft und Forschung (Medizin) und 0,5 für andere gemeinnützige Zwecke (öffentliches Gesundheitswesen und Völkerverständigung) gezählt. Die tatsächlichen Ausgaben für den jeweiligen Zweck konnten dagegen nicht ausgewertet werden, da insoweit kein ausreichendes Zahlenmaterial vorlag. Tabellen und Grafiken zur bundesweiten Verteilung der Stiftungszwecke sind auf der Homepage des Bundesverbands Stiftungen abrufbar (http://www.stiftungen.org/statistik). — 4 — Stiftungszwecke der Stiftungen in der Freien Hansestadt Bremen wie folgt auf folgende Hauptgruppen: 25 % soziale Zwecke, 11 % Wissenschaft und Forschung, 19 % Bildung und Erziehung, 16 % Kunst und Kultur, 3 % Umweltschutz, 16 % andere gemeinnützige Zwecke, 10 % privatnützige Zwecke. Einzelheiten zu den vielfältigen Zwecken, die von Stiftungen im Land Bremen verfolgt werden, lassen sich dem Stiftungsverzeichnis entnehmen, das auf der Homepage des Senators für Inneres und Sport veröffentlicht ist3). 3. Wie hoch ist das durchschnittliche Stiftungskapital der im Land Bremen ansässigen Stiftungen? Bei der Gründung einer Stiftung ist das Anfangsvermögen im Stiftungsgeschäft zu nennen. Ferner ist nach der Anerkennung nachzuweisen, dass das Vermögen tatsächlich auf die Stiftung übertragen wurde. Nach der Errichtung erhöht sich das Stiftungsvermögen aber vielfach, z. B. durch Zustiftungen oder Erbschaften . Insoweit obliegen den Stiftungen keine Meldepflichten, sodass dem Senat keine Informationen über die durchschnittliche aktuelle Höhe des Vermögens bremischer Stiftungen vorliegen. Zum Zeitpunkt der Stiftungserrichtung beläuft sich das Anfangsvermögen durchschnittlich auf rd. 660 000 ‡ (Auswertung seit Beginn der statistischen Erfassung , d. h. für die Jahre 2004 bis 2010). Die Bandbreite ist allerdings sehr groß, sie bewegt sich zwischen 50 000 ‡ und 30 Mio. ‡. Nur rund 20 % der Stiftungen verfügen über ein Anfangsvermögen von mehr als 300 000 ‡. 4. Wie viele Stiftungsneugründungen und -löschungen gab es im Land Bremen im Zeitraum 2000 bis 2010 pro Jahr? Die Entwicklung der Stiftungszahlen ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle. In der Spalte „Zugänge“ sind neben neu errichteten Stiftungen auch Stiftungen erfasst, die ihren Sitz nach Bremen verlegt haben. „Abgänge“ können durch Auflösungen, Zusammenschlüsse mehrerer Stiftungen oder Sitzverlegungen entstehen. Stiftungen in der Freien Hansestadt Bremen Jahr Zugänge Abgänge Stand 1999 6 0 184 2000 15 2 197 2001 14 0 211 2002 19 4 226 2003 7 0 233 2004 17 3 247 2005 13 3 257 2006 14 2 269 2007 16 2 283 2008 13 2 294 2009 11 6 299 2010 6 2 303 3) Abrufbar unter http://www.inneres.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen52.c.2121.de. — 5 — 5. Welche Erkenntnisse hat der Senat über unterschiedliche Gründungsbedingungen im Land Bremen, verglichen mit den Ländern Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein? Die Gründungsbedingungen im Land Bremen unterscheiden sich allenfalls marginal von denen in den Ländern Niedersachsen, Hamburg und SchleswigHolstein . Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts ergeben sich aus §§ 80 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Das Landesstiftungsrecht (BremStiftG) enthält Regelungen zu den Aufgaben der Stiftungsbehörde, normiert Anforderungen an die Stiftungsverwaltung sowie Voraussetzungen für Maßnahmen wie Satzungsänderungen oder den Zusammenschluss mehrerer Stiftungen. Über das BGB hinausgehende Anforderungen an die Gründung einer Stiftung enthält das Landesstiftungsrecht dagegen nicht. Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung sind ein Stiftungsgeschäft und die Anerkennung der Stiftungsbehörde erforderlich (§ 80 Absatz 1 BGB). Das Stiftungsgeschäft besteht aus der verbindlichen Erklärung des Stifters oder der Stifterin, ein Vermögen zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks zu widmen. Durch das Stiftungsgeschäft muss die Stiftung eine Satzung erhalten mit Regelungen über Namen, Sitz, Zweck, Vermögen und Bildung des Vorstands der Stiftung (§ 81 Absatz 1 BGB). Die Stiftung ist als rechtsfähig anzuerkennen, wenn das Stiftungsgeschäft den oben genannten Anforderungen genügt, die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint und der Stiftungszweck das Gemeinwohl nicht gefährdet (§ 80 Absatz 2 BGB). Sofern die Stiftung steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, ist darüber hinaus eine Prüfung und Bescheinigung durch das Finanzamt erforderlich. Die bundesgesetzliche Regelung gewährleistet einheitliche rechtliche Gründungsbedingungen in den Ländern. In der Rechtspraxis reichen Stifterinnen und Stifter in der Regel zunächst einen Entwurf des Stiftungsgeschäfts bei der Stiftungsbehörde und – bei geplanten gemeinnützigen Stiftungen – beim Finanzamt ein. Die Stiftungsbehörde prüft, ob das Stiftungsgeschäft den Vorgaben des BGB genügt und ob die gewünschten Zwecke mit den im Einzelfall verfügbaren finanziellen Mitteln dauerhaft und nachhaltig erfüllt werden können. Anschließend wird regelmäßig ein Besprechungstermin mit der Stifterin/dem Stifter vereinbart, um offene Fragen zu klären und sie/ihn in Fragen der konkreten Ausgestaltung zu beraten. Je nach Wunsch werden in den Beratungsprozess auch externe Berater/-innen der Stifterin/des Stifters einbezogen (z. B. Angehörige der rechts- oder steuerberatenden Berufe). In der Regel werden im Rahmen der Beratung einige konkrete Ergänzungs- und Änderungsvorschläge unterbreitet. Ferner gibt die Stiftungsbehörde an geeigneten Stellen Anregungen, welche Punkte die Stifterin bzw. der Stifter noch bedenken und gegebenenfalls regeln sollte, um die Stiftung passgenau nach ihren/seinen individuellen Vorstellungen auszugestalten. Das Finanzamt prüft, ob das Stiftungsgeschäft den Voraussetzungen des dritten Abschnitts der Abgabenordnung (Steuerbegünstigte Zwecke) genügt und unterbreitet gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung einzelner Bestimmungen. In Abhängigkeit von den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls (insbesondere Komplexität des Stiftungsprojekts und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen , konkrete Zweckbestimmung und geplanter Tätigkeitsbereich der Stiftung, Kenntnisse und Erfahrungen der Stifterin/des Stifters sowie Abstimmungsbedarf mit anderen Beteiligten wie Mitstiftern, designierten Vorstandsmitgliedern etc.) folgen nach der Erstberatung gegebenenfalls weitere persönliche oder telefonische Rücksprachen bzw. werden anschließend überarbeitete Fassungen des Stiftungsgeschäfts zur nochmaligen Durchsicht eingereicht. Nur in sehr seltenen Fällen kann nach Abschluss der Beratung und Vorprüfung keine Anerkennung der Stiftung in Aussicht gestellt werden – etwa weil angesichts der jeweilige Vermögensausstattung (auch angesichts der entstehenden Kosten) nicht gesichert erscheint, dass die Stiftung die gewünschten Zwecke tatsächlich auch dauerhaft und nachhaltig erfüllen kann. In aller Regel können etwaige Bedenken hinsichtlich der Funktionsfähigkeit einer Stiftung durch Modifikation der konkreten Ausgestaltung ausgeräumt werden. Somit liegt in — 6 — fast allen Fällen nach Abschluss der Beratung ein zwischen Stiftern und Behörden abgestimmtes Stiftungsgeschäft vor, das den rechtlichen Voraussetzungen entspricht und nach formeller Antragstellung problemlos anerkannt werden kann. In anderen Ländern verläuft das Gründungsverfahren ähnlich. In Flächenländern gibt es je nach räumlicher Entfernung zur zuständigen Stiftungsbehörde tendenziell etwas weniger persönliche Beratungsgespräche. 6. Wie viele Stifter pro Jahr haben im Zeitraum 2000 bis 2010 zwischen Beantragung der Anerkennung als rechtsfähige Stiftung und der Anerkennungsentscheidung der Stiftungsbehörde das Stiftungsgeschäft widerrufen? Dem Senat ist kein Fall bekannt, in dem das Stiftungsgeschäfts zwischen Beantragung der Anerkennung und Entscheidung der Stiftungsbehörde widerrufen wurde. Da hierüber keine Statistik geführt wird, kann zwar nicht völlig ausgeschlossen werden, dass es einmal einen Widerruf gegeben hat. Dies wäre aber angesichts des oben (zu Frage 5) beschriebenen Verfahrens der intensiven Vorprüfung und Beratung sehr ungewöhnlich und ist daher äußerst unwahrscheinlich . 7. Wie lang war die durchschnittliche Genehmigungsdauer (Zeitraum zwischen Beantragung der Anerkennung als rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts und der Entscheidung der Stiftungsbehörde über die Anerkennung) im Land Bremen, verglichen mit der durchschnittlichen Genehmigungsdauer in Niedersachsen , Hamburg, Schleswig-Holstein und im Bundesdurchschnitt, in den Jahren 2008, 2009 und 2010? Die durchschnittliche Genehmigungsdauer (Zeitraum zwischen förmlicher Beantragung der Anerkennung mit den erforderlichen Unterlagen und Entscheidung der Stiftungsbehörde) beträgt in der Freien Hansestadt Bremen ca. ein bis zwei Wochen. Daten zur Genehmigungsdauer in anderen Ländern liegen dem Senat nicht vor. Der Zeitraum der in Frage 5 beschriebenen Beratung und Vorprüfung ist individuell sehr unterschiedlich und von diversen Faktoren abhängig (z. B. Kenntnisse und Beratungsbedarf der Stifterin/des Stifters, Qualität und Konkretisierungsgrad des eingereichten Entwurfs, persönlicher Abstimmungsbedarf der Stifterin/des Stifters mit anderen Beteiligten, Umfang der zu klärenden Fragen, Komplexität des Vorhabens, Arbeitsanfall in der Stiftungs- bzw. Finanzbehörde). In vielen Fällen lässt sich das Vorhaben innerhalb von vier bis zwölf Wochen realisieren, bei Eilbedürftigkeit ist die gesamte Abstimmung teilweise bereits innerhalb einer Woche erfolgt. 8. Welche (landes)rechtlichen Änderungen (einschließlich Verordnungen) bzw. organisatorische und personelle Änderungen bei der Stiftungsbehörde mit Auswirkung auf das Anerkennungsverfahren gab es im Land Bremen in den letzten drei Jahren? Im Stiftungsrecht gab es in den letzten drei Jahren keine (landes)rechtlichen Änderungen. Die bundesgesetzlichen Änderungen im Steuerrecht, die sich auf die Errichtungszahlen ausgewirkt haben, sind in der Vorbemerkung beschrieben . Die Leitung des Referats, das beim Senator für Inneres und Sport u. a. Stiftungsangelegenheiten bearbeitet (neben der Zuständigkeit für Wahlrecht, Kommunalrecht, Verwaltungsrecht und Grenzangelegenheiten), hat 2009 gewechselt , was aber nicht zu einer Änderung der Gründungsbedingungen geführt hat. 9. Wie werden Ermessensspielräume bei der Anmeldung von Stiftungen von der Stiftungsbehörde im Land Bremen genutzt? Welche Richtlinien und Dienstanweisungen existieren gegebenenfalls dafür? Bei der Anerkennung von Stiftungen gibt es stiftungsrechtlich keine Ermessensspielräume . Gemäß § 80 Absatz 2 BGB ist eine Stiftung als rechtsfähig anzuerkennen , wenn das Stiftungsgeschäft den gesetzlichen Anforderungen genügt, die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint und der Stiftungszweck das Gemeinwohl nicht gefährdet. Die Stifterin bzw. der Stifter hat danach einen Rechtsanspruch auf Anerkennung, wenn die gesetzli- — 7 — chen Voraussetzungen erfüllt sind. Dass diese gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann in aller Regel durch die intensive Beratung im Vorfeld der formellen Antragstellung gewährleistet werden. Richtlinien und Dienstanweisungen zum Stiftungsrecht existieren nicht. Druck: Anker-Druck Bremen