— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 189 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 9. November 2011 Abarbeitung von Geldstrafen Strafrechtlich relevantes Verhalten kann mit Freiheitsstrafen oder Geldstrafen geahndet werden. Sofern Geldstrafen uneinbringlich sind, tritt anstelle der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe. Soll diese nicht angetreten werden, besteht die Möglichkeit, die Geldstrafe in einer gemeinnützigen Einrichtung abzuarbeiten, wenn die Strafvollstreckungsbehörde dies genehmigt. Wir fragen den Senat: 1. Wie hoch ist die Urteilsquote der angeklagten Verfahren im Land Bremen von 2008 bis heute (bitte absolute Zahlen und Prozentzahlen angeben)? 2. In wie vielen Fällen ist es zu Freisprüchen, in wie vielen Fällen zu Verurteilungen zu Freiheitsstrafen (mit und ohne Bewährung) und zu Geldstrafen gekommen ? 3. In wie vielen Fällen kam es seit 2008 bei rechtskräftigen Strafbefehlen zu Geldstrafen ? 4. Wie hoch waren die durchschnittliche Anzahl der Tagessätze und die Tagessatzhöhe , aufgeteilt nach Verurteilung zu Geldstrafen und Strafbefehlen? 5. In welcher Höhe insgesamt wurden Geldstrafen in den jeweiligen Jahren verhängt ? 6. In wie vielen Fällen und in welcher Höhe wurden die Geldstrafen bezahlt? 7. In wie vielen Fällen und in welcher Anzahl von Tagen kam es zum Abarbeiten von Geldstrafen? 8. Bei welchen Einrichtungen wurden die Geldstrafen abgearbeitet? Nach welchen Kriterien werden die Verurteilten den Einrichtungen zugewiesen? 9. Wie viele Verurteilte haben die Geldstrafen in den jeweiligen Einrichtungen abgearbeitet? 10. Wie viel Personal stand in den jeweiligen Einrichtungen bereit? 11. Welche konkreten Tätigkeiten haben die Verurteilten in den Einrichtungen verrichtet ? 12. Wie lange haben sie zur Abarbeitung eines Tagessatzes gearbeitet? 13. Welcher Kontrolle hat die Arbeitsleistung unterlegen? 14. In wie vielen Fällen kam es in den jeweiligen Jahren zu einer Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe? Wie lange dauerte es in den jeweiligen Jahren von der Rechtskraft des Urteils bis zur Ladung zum Strafantritt zwecks Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe? Wie viele Mahnungen werden im Schnitt an die Verurteilten geschrieben bis eine Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe erfolgt? 15. Wurde die Ersatzfreiheitsstrafe jeweils zu Ende vollstreckt oder ergab sich während des Vollzugs erneut die Möglichkeit des Abarbeitens? In wie vielen Fällen? 16. Wie lange dauerte es von der Rechtskraft des Urteils bis zum Abarbeiten der Geldstrafe (Beginn der Arbeit/Ende der Arbeit)? — 2 — 17. Worin sieht der Senat die größten Probleme bei der Abarbeitung von Geldstrafen , und wie will der Senat darauf reagieren? 18. Welche Änderungen sind bei der Geldstrafenabarbeitung geplant? Gabriela Piontkowski, Heiko Strohmann, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 10. Januar 2012 Vorbemerkung Der Senat hat ein Interesse daran, die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen soweit wie möglich zu vermeiden. Dies zum einen aus rechtspolitischen Gründen, da der Betroffene zu einer Geld- und nicht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist und die mit der Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe verbundenen Auswirkungen des Freiheitsentzuges vermieden werden können. Zum anderen entsteht bei der Staatsanwaltschaft und in der Justizvollzugsanstalt ein erheblicher Verwaltungs- und Kostenaufwand. Diese Position hat der Senat zuletzt im Dezember 2010 in Beantwortung einer Kleinen Anfrage (Drs. 17/1590) zum Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen betont und seine Bemühungen zur Vermeidung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe , etwa durch Vermittlung in Ratenzahlung oder Abarbeiten, dargelegt. Dies vorausgeschickt beantwortet der Senat die Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch ist die Urteilsquote der angeklagten Verfahren im Land Bremen von 2008 bis heute (bitte absolute Zahlen und Prozentzahlen angeben)? Ausweislich der amtlichen Statistik stellt sich die Urteilsquote der angeklagten Verfahren (ohne Strafbefehle) im Land Bremen wie folgt dar: 2008 2009 2010 ab- ab- abAmtsgerichte solut % solut % solut % 1. Strafrichter 1 710 28,3 1 616 26,2 1 536 27,4 2. Jugendrichter 484 14,3 524 15,2 535 18,1 3. Schöffengericht 275 56,8 249 47,7 274 46,5 4. Erweitertes Schöffengericht 6 5 4 5. Jugendschöffengericht 201 32,7 171 33,9 176 35,3 6. Bußgeldsachen (Erwachsene) 1 183 22,3 992 19,9 939 18,4 7. Bußgeldsachen (Jugendliche) 24 16,8 48 22,3 58 29,9 Landgericht I. Instanz 104 67,5 80 64,0 89 51,1 II. Instanz – Berufungen – 131 40,8 133 42,4 114 40,6 2. In wie vielen Fällen ist es zu Freisprüchen, in wie vielen Fällen zu Verurteilungen zu Freiheitsstrafen (mit und ohne Bewährung) und zu Geldstrafen gekommen ? In der Strafverfolgungsstatistik sind Freisprüche, Verurteilungen zu Freiheitsstrafen mit und ohne Bewährung sowie Verurteilungen zu Geldstrafen wie folgt ausgewiesen: Freisprüche 2008 2009 2010 Amtsgerichte 190 226 194 Landgericht 17 5 5 Oberlandesgericht 0 0 0 — 3 — Verurteilte Heranwachsende und Erwachsene (Anzahl der Personen) 2008 2009 2010 Freiheitsstrafen insgesamt 1 107 987 995 davon zur Bewährung 863 737 758 Verurteilte nach Jugendstrafrecht (Anzahl der Personen) 2008 2009 2010 Freiheitsstrafen insgesamt 114 123 114 davon zur Bewährung 91 107 79 2008 2009 2010 Geldstrafen (Anzahl der Personen) 7 582 8 050 7 817 3. In wie vielen Fällen kam es seit 2008 bei rechtskräftigen Strafbefehlen zu Geldstrafen ? Die Fälle rechtskräftiger Strafbefehle mit Geldstrafen werden in der amtlichen Statistik nicht erhoben. Bei der Vollstreckungsbehörde wird indes die Zahl der Personen, gegen die eine Geldstrafenvollstreckung eingeleitet wurde, erfasst. 2008 2009 2010 Zahl der Personen, gegen die eine Geldstrafenvollstreckung eingeleitet wurde 7 760 8 245 7 974 Abweichungen zu den Zahlen der Geldstrafen zu Frage 2 ergeben sich u. a. aus einer unterschiedlichen Zählweise und aus der zeitlichen Abfolge, da rechtskräftig gewordene Geldstrafen in Einzelfällen erst im Folgejahr vollstreckt werden . 4. Wie hoch waren die durchschnittliche Anzahl der Tagessätze und die Tagessatzhöhe , aufgeteilt nach Verurteilung zu Geldstrafen und Strafbefehlen? Diese Daten sind in der amtlichen Statistik nicht ausgewiesen. Entnommen werden können der amtlichen Statistik jedoch Daten zu allen Personen mit verwirkter Geldstrafe. Ausweislich der vorgenommenen Differenzierung der Anzahl und der Höhe der Tagessätze wurden Personen wie folgt zu Geldstrafen verurteilt: Personen mit verwirkter Geldstrafe insgesamt 2008 2009 2010 7 582 8 050 7 817 darunter 5 bis 15 Tagessätze insgesamt 641 681 608 davon zu ‡ bis einschließlich 5 ‡ 7 8 8 5 bis einschließlich 10 ‡ 446 495 465 10 bis einschließlich 25 ‡ 145 131 108 25 bis einschließlich 50 ‡ 39 43 25 mehr als 50 ‡ 4 4 2 16 bis 30 Tagessätze insgesamt 2 690 2 886 2 891 davon zu ‡ bis einschließlich 5 ‡ 40 48 44 5 bis einschließlich 10 ‡ 1903 2 119 2 222 10 bis einschließlich 25 ‡ 482 469 416 25 bis einschließlich 50 ‡ 257 231 200 mehr als 50 ‡ 8 19 9 — 4 — Personen mit verwirkter Geldstrafe insgesamt 2008 2009 2010 31 bis 90 Tagessätze insgesamt 3 576 3 884 3 739 davon zu ‡ bis einschließlich 5 ‡ 68 55 82 5 bis einschließlich 10 ‡ 2.873 3.121 3.034 10 bis einschließlich 25 ‡ 451 511 438 25 bis einschließlich 50 ‡ 176 175 159 mehr als 50 ‡ 8 22 26 91 bis 180 Tagessätze insgesamt 623 559 522 davon zu ‡ bis einschließlich 5 ‡ 16 17 20 5 bis einschließlich 10 ‡ 482 432 401 10 bis einschließlich 25 ‡ 91 74 70 25 bis einschließlich 50 ‡ 33 26 25 mehr als 50 ‡ 1 10 6 181 bis 360 Tagessätze insgesamt 51 37 53 davon zu ‡ bis einschließlich 5 ‡ 0 0 2 5 bis einschließlich 10 ‡ 35 20 41 10 bis einschließlich 25 ‡ 12 13 6 25 bis einschließlich 50 ‡ 4 2 3 mehr als 50 ‡ 0 2 1 361 Tagessätze und mehr insgesamt 1 3 4 5. In welcher Höhe insgesamt wurden Geldstrafen in den jeweiligen Jahren verhängt ? 6. In wie vielen Fällen und in welcher Höhe wurden die Geldstrafen bezahlt? Die Höhe der insgesamt verhängten Geldstrafen sowie die Fälle und Höhe der bezahlten Geldstrafen werden in der amtlichen Statistik nicht ausgewiesen. Die Beträge wären auch durch Auszählung der Einzelfälle nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand zu ermitteln. 7. In wie vielen Fällen und in welcher Anzahl von Tagen kam es zum Abarbeiten von Geldstrafen? Personen, welche die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe ganz oder teilweise durch unentgeltliche gemeinnützige Arbeit abgewendet haben 2008 2009 2010 (nach Statistik der Vollstreckungsbehörde) 526 665 667 Tage, deren Vollstreckung durch unentgeltliche gemeinnützige Arbeit abgewendet wurde 2008 2009 2010 (nach Statistik der Vollstreckungsbehörde) 21 581 26 278 25 510 8. Bei welchen Einrichtungen wurden die Geldstrafen abgearbeitet? Nach welchen Kriterien werden die Verurteilten den Einrichtungen zugewiesen? Die Aufgabe der Betreuung der Geldstrafenschuldner und der Vermittlung in gemeinnützige Arbeit hat der Senator für Justiz und Verfassung auf Grundlage des § 6 Abs. 1 der Verordnung über die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch freie Arbeit (GStrTilgVO) in Bremen der „Brücke Bremen“ des Vereins „Hoppenbank e. V.“, der „Comeback GmbH“ und in Bremerhaven der „GISBU m.b.H.“ übertragen. In Einzelfällen nehmen daneben auch Gerichtshelfer der Sozialen Dienste der Justiz im Lande Bremen diese Aufgabe wahr oder vermit- — 5 — teln in die Angebote der freien Träger. Daneben obliegt den freien Trägern auch die Gewinnung und Betreuung der sogenannten Einsatzstellen, bei denen die Geldstrafenschuldner die Arbeitsleistung erbringen. Die Einsatzstellen werden überwiegend in Einrichtungen wie Sportvereinen, Seniorenheimen, Krankenhäusern , Kirchengemeinden, Schulen, Recyclinghöfen, Begegnungsstätten, Wohnprojekten der Drogenhilfeträger, sonstigen Einrichtungen der Drogen- und Straffälligenhilfe oder auch in Tierheimen bereitgestellt. Die Zuweisung durch die Vollstreckungsbehörde erfolgt bei Wohnsitz des Verurteilten in Bremen zentral zunächst zur „Brücke Bremen“. Drogenabhängige Verurteilte, die nicht substituiert werden oder trotz Substituierung häufigen Beigebrauch haben, leitet die „Brücke Bremen“ an die „Comeback GmbH“ weiter. Dieser Träger ist auf die Arbeit mit Drogenabhängigen spezialisiert. Bei Verurteilten mit Wohnsitz in Bremerhaven erfolgt die Zuweisung zur „GISBU m.b.H.“ Für eine erfolgreiche Tilgung ist bei der Zuweisung der Einsatzstelle eine möglichst passgenaue Vermittlung erforderlich, die sowohl die Belange des Geldstrafenschuldners als auch die der Einsatzstelle und der Allgemeinheit berücksichtigt . Die Auswahl der Einsatzstelle erfolgt in einem Gespräch mit dem Geldstrafenschuldner unter mehreren Gesichtspunkten. Zunächst wird möglichst wohnortnah nach geeigneten Arbeitsplätzen gesucht. Weitere Kriterien ergeben sich durch die Vorgaben der Einsatzstelle und die Fähigkeiten und persönlichen Voraussetzungen des Klienten. Hier spielen mehrere Faktoren wie Dauer der täglichen Einsatzmöglichkeit und die abzuarbeitende Gesamtstundenzahl eine Rolle. Oftmals muss auf gesundheitliche Einschränkungen Rücksicht genommen werden. Einige Einsatzstellen scheiden aus religiösen bzw. ethischen Gründen für den Geldstrafenschuldner aus. Daneben bilden bestimmte Deliktsgruppen ein absolutes Ausschlusskriterium für bestimmte Einrichtungen. So kann der Einsatz in Schulen bzw. anderen sensiblen Bereichen erst nach Genehmigung durch die Staatsanwaltschaft erfolgen, um eine Gefährdung der Besucher oder Bewohner der jeweiligen Einrichtung auszuschließen. 9. Wie viele Verurteilte haben die Geldstrafen in den jeweiligen Einrichtungen abgearbeitet? Die Anzahl der Verurteilten, die die freien Träger in den Jahren 2008 bis 2010 zur Tilgung der Geldstrafe in gemeinnützige Arbeit vermittelt haben, haben diese wie folgt mitgeteilt: Anzahl der Verurteilten 2008 2009 2010 Brücke Bremen (Bremen) 374 469 401 Comeback (Bremen) 76 120 150 GISBU m.b.H. (Bremerhaven) 170 187 171 Soweit die Zahlen von denen aus der amtlichen Statistik in Frage 7 abweichen, so beruht dies auf verschiedenen Erfassungen. Eine Statistik über die bei den unterschiedlichen Einsatzstellen abgearbeiteten Stunden wird von den Freien Trägern nicht geführt. 10. Wie viel Personal stand in den jeweiligen Einrichtungen bereit? Der nachfolgenden Übersicht zum Personaleinsatz bei den freien Trägern ist die durchschnittliche Wochenstundenzahl zugrunde gelegt. Bei der „Brücke Bremen “ waren diese Wochenstunden auf drei bis fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einschließlich einer Verwaltungskraft für die Dateneingabe, bei der „Comeback GmbH“ auf bis zu zwei Mitarbeiterinnen und bei der „GISBU m.b.H.“ in Bremerhaven auf drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einschließlich einer Verwaltungskraft aufgeteilt. Neben der Vermittlung in gemeinnützige Arbeit vermittelten und begleiteten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch Ratenzahlungen in unterschiedlichem Umfang. — 6 — Anzahl der durchschnittlichen Wochenstunden 2008 2009 2010 Brücke Bremen (Bremen) 106 111 97,5 Comeback GmbH (Bremen) 24 27,3 24 GISBU m.b.H. (Bremen) 85,25 85,25 85,25 11. Welche konkreten Tätigkeiten haben die Verurteilten in den Einrichtungen verrichtet ? Die „Brücke Bremen“ verfügt über einen Pool von ca. 300 gemeinnützigen Beschäftigungsgebern, die jedenfalls zeitweise Einsatzstellen anbieten können. Darunter befinden sich Einrichtungen in kommunaler und kirchlicher Trägerschaft , Wohlfahrtsverbänden, Stiftungen, freie Träger und Vereine. Es stehen vor allem Einsatzstellen in Kirchengemeinden, auf Friedhöfen, in Begegnungsstätten , Moscheen, Jugendfreizeitheimen, Schulen, Hochschulen, Altenwohnund Pflegeheimen, Sportvereinen/Bezirkssportanlagen, Recyclinghöfen, im Bereich sozialer Dienstleistungen (Beratungsstellen, Betreutes Wohnen, Essensversorgung ), in Kulturvereinen, Kulturzentren, Bürgerhäusern und Krankenhäusern zur Verfügung. Die „Comeback GmbH“ kann bei ihren Vermittlungen in gemeinnützige Arbeit auf Einsatzstellen in Wohnprojekten der Drogenhilfeträger, sonstigen Einrichtungen der Drogen- und Straffälligenhilfe, Therapieeinrichtungen, auf Recyclinghöfen und im Außenbereich von Krankenhäusern zurückgreifen. Der „GISBU m.b.H.“ stehen in Bremerhaven zur Tilgung von Geldstrafen durch gemeinnützige Arbeit ca. 50 Beschäftigungsgeber, teilweise mit mehreren Einsatzstellen , zur Verfügung. Dabei handelt es sich überwiegend um Arbeitsplätze in Seniorenheimen, Kirchengemeinden, Schulen, Sportvereinen sowie im Tierheim. Der überwiegende Teil der Tätigkeiten besteht allgemein in Hilfsarbeiten in den Bereichen Garten, Hauswirtschaft, Reinigung, Küche, Handwerk, Pflege und Büro. So werden in Kirchengemeinden, Krankenhäusern, Drogenhilfeeinrichtungen , Schulen und Hochschulen das Außengelände gesäubert, Papierkörbe entleert, Müll aufgesammelt, Laub geharkt, Grünanlagen gepflegt, Schnee geschippt, der Innenbereich gereinigt sowie handwerkliche Hilfstätigkeiten ausgeübt . Im Bereich Altenwohn- und Pflegeheime erfolgt ein Einsatz in der Küche, beim Austeilen der Mahlzeiten, bei der Freizeitbeschäftigung der Bewohner oder auch bei handwerklichen Hilfstätigkeiten. 12. Wie lange haben sie zur Abarbeitung eines Tagessatzes gearbeitet? Nach § 4 der Verordnung über die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch freie Arbeit (GStrTilgVO) sind zur Tilgung eines Tagessatzes vier Stunden freie Arbeit zu leisten. 13. Welcher Kontrolle hat die Arbeitsleistung unterlegen? Die Arbeitsleistung der Verurteilten wird durch leitende Mitarbeiter der Beschäftigungsgeber bei den Einsatzstellen kontrolliert. Zuvor sind diese Mitarbeiter von den freien Trägern über die rechtlichen Grundlagen und die den Einsatzstellen obliegenden Aufgaben und Pflichten mündlich und schriftlich belehrt worden. Sie sind verpflichtet, die Arbeitsleistungen der zugewiesenen Klientinnen und Klienten schriftlich zu dokumentieren und jederzeit auf Nachfrage gegenüber den freien Trägern den Stundenstand mitzuteilen. Bei Nichterscheinen oder Problemen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhalten werden die freien Träger unverzüglich unterrichtet und klären das weitere Vorgehen mit der Vollstreckungsbehörde ab. Bei Abschluss der Beschäftigung haben die Beschäftigungsgeber dem freien Träger einen Stundennachweis zu übersenden . 14. In wie vielen Fällen kam es in den jeweiligen Jahren zu einer Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe? Wie lange dauerte es in den jeweiligen Jahren von der Rechtskraft des Urteils bis zur Ladung zum Strafantritt zwecks Vollstreckung — 7 — der Ersatzfreiheitsstrafe? Wie viele Mahnungen werden im Schnitt an die Verurteilten geschrieben bis eine Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe erfolgt? Die Anzahl der Vollstreckungsverfahren bzw. der Personen, die in den Jahren 2008 bis 2010 eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen verbüßt haben, wird statistisch nicht gesondert erfasst. Entsprechende Zahlen müssten mittels Aktenanalyse der einzelnen Gefangenenpersonalakten erhoben werden, was mit einem unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand verbunden wäre. Es wird lediglich eine monatliche Stichtagserhebung über die zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe einsitzenden Gefangenen durchgeführt. Demnach hat sich die Zahl der wegen einer Ersatzfreiheitsstrafe einsitzenden Personen an den monatlichen Stichtagen in den Jahren 2008 bis 2011 wie folgt entwickelt: Monat 2008 2009 2010 2011 Januar 67 73 59 69 Februar 72 77 78 69 März 78 77 83 64 April 79 76 80 61 Mai 65 76 62 56 Juni 70 70 62 61 Juli 68 54 64 64 August 70 67 64 63 September 61 58 64 49 Oktober 69 54 84 62 November 60 53 75 61 Dezember 44 60 75 50 Gesamt 803 795 850 729 Jahresdurchschnitt 66,92 66,25 70,8 60,75 Anteil der EFS-Gefangenen an der Gesamtbelegung 10,72 % 10,87 % 11,43 % 9,96 % Eine Statistik über die Zeitdauer zwischen Rechtskraft des Urteils und der Ladung zum Strafantritt wird nicht geführt. Ebenso wenig kann angegeben werden , wie viele Mahnungen im Schnitt an die Verurteilten ergehen, bis es zur Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe kommt. Jeder Verurteilte erhält eine automatische Mahnung aus der EDV-Anwendung zur automatisierten Geldstrafenvollstreckung , wenn es zu einer Säumnis kommt. Da sich Verurteilte danach oft melden und vielfach eine Wiederbewilligung der entfallenen Zahlungsvergünstigung erreichen, kommt es im Falle erneuter Säumnis auch wiederum zu einer Mahnung. 15. Wurde die Ersatzfreiheitsstrafe jeweils zu Ende vollstreckt, oder ergab sich während des Vollzugs erneut die Möglichkeit des Abarbeitens? In wie vielen Fällen? Auch noch während der Inhaftierung werden Möglichkeiten der Abarbeitung der Ersatzfreiheitsstrafen geprüft (sogenannte Reduzierung von Ersatzfreiheitsstrafen im Vollzug). So bemüht sich eine in der Justizvollzugsanstalt tätige Mitarbeiterin des Vereins „Hoppenbank e. V.“ im Einvernehmen mit der Vollstreckungsbehörde um eine vorzeitige Entlassung durch Tilgung der Geldstrafe , durch Vermittlung in gemeinnützige Arbeit außerhalb der Justizvollzugsanstalt oder durch eine tragfähige Vereinbarung von Ratenzahlungen. Ausweislich des Jahresberichts des freien Trägers konnten durch die Tätigkeit dieser Mitarbeiterin in der Justizvollzugsanstalt in den Jahren 2008 bis 2010 durch Abarbeiten Hafttage wie folgt getilgt werden: — 8 — Eingesparte Hafttage durch Abarbeiten außerhalb der Justizvollzugsanstalt 2008 2009 2010 2 703 1 806 2 290 Daneben besteht für die Geldstrafenschuldner die Möglichkeit, durch freie unentgeltliche Arbeit innerhalb der Justizvollzugsanstalt die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe zu verkürzen (sogenannte day by day). Auch dabei gilt durch vier Stunden unentgeltlicher Arbeit in der Justizvollzugsanstalt ein Hafttag als verbüßt. Die Vermittlung auf solche Arbeitsplätze erfolgt durch Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt. Die Geldstrafenschuldner konnten durch gemeinnützige Arbeit in der Justizvollzugsanstalt die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe wie folgt vermeiden: Eingesparte Hafttage durch Abarbeiten innerhalb der Justizvollzugsanstalt 2008 2009 2010 8 415 7 055 7 879 Eine gesonderte Erhebung der Anzahl der Fälle erfolgt nicht. 16. Wie lange dauerte es von der Rechtskraft des Urteils bis zum Abarbeiten der Geldstrafe (Beginn der Arbeit/Ende der Arbeit)? Die Dauer von der Rechtskraft des Urteils bis zum Abarbeiten der Geldstrafe wird statistisch nicht erhoben. Der Verfahrensablauf stellt sich in der Regel wie folgt dar: Drei bis sechs Wochen nach Rechtskraft des Urteils gelangen die Akten vom Gericht zur Vollstreckungsbehörde und werden dem Rechtspfleger zur Einleitung der Vollstreckung vorgelegt. Nach Freigabe eines Kontos in der EDV-Anwendung zur automatisierten Geldstrafenvollstreckung wird erstmalig nach ca. vier Wochen gemahnt. Im Falle der Nichtzahlung erfolgt nach weiteren drei bis vier Wochen eine Aktenvorlage bei dem Rechtspfleger. Gelangt der Rechtspfleger zu der Einschätzung, dass Maßnahmen der Zwangsbeitreibung der Geldstrafe aussichtslos erscheinen und eine Unterstützung durch die Gerichtshilfe nicht angezeigt ist, veranlasst er eine Ladung zur Ersatzfreiheitsstrafe. Bei Einschaltung der freien Träger zur Haftvermeidung kann es dann nach ca. weiteren vier bis sechs Wochen zum Antritt der Abarbeitung kommen. Die Dauer der Abarbeitung differiert nach der Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe und den persönlichen Verhältnissen (Krankheit, Beschäftigung, Säumnis etc.) des Verurteilten. 17. Worin sieht der Senat die größten Probleme bei der Abarbeitung von Geldstrafen , und wie will der Senat darauf reagieren? Aus einer wissenschaftlichen Untersuchung des BRESOP e. V. (Bremer Verein zur Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Praxis und Politik im Bereich sozialer Probleme e. V.) über die Situation der Ersatzfreiheitsstrafen in Bremen aus dem Jahr 2005 ist belegt, dass sich die von einer Ersatzfreiheitsstrafe Betroffenen überwiegend in einer äußerst schwierigen sozialen Situation befinden. Überschuldung, Arbeitslosigkeit, Suchtproblematik , Obdachlosigkeit und psychische Probleme prägen den Alltag der Betroffenen . Die Vollstreckung von Haft hat für sie häufig keine abschreckende Wirkung, sondern wird im Gegenteil als eine vorübergehende Lösung vieler Probleme gesehen. An diesen im Jahr 2005 vorgelegten Ergebnissen zu den von Ersatzfreiheitsstrafe Betroffenen hat sich nach den Erfahrungen der Vollstreckungsbehörde , der freien Träger, der Sozialen Dienste der Justiz und der Justizvollzugsanstalt nichts grundlegend geändert. Der Anteil derjenigen, die aufgrund ihrer Gesundheit und sonstiger Lebensumstände zu gemeinnütziger Arbeit in der Lage sind, hat in der Vergangenheit abgenommen. Die Gewinnung von Einsatzstellen mit niedrigsten Arbeitsanforderungen für diese Verurteilten gestaltet sich schwierig. Um einen Austausch über die aktuellen Probleme im Zusammenhang mit Ersatzfreiheitsstrafen und eine Diskussion über Lösungswege zu ermöglichen, hat — 9 — der Senator für Justiz und Verfassung im September 2011 einen Fachtag zum Thema Ersatzfreiheitsstrafe durchgeführt, an dem alle Institutionen, die in Bremen mit von Ersatzfreiheitsstrafe bedrohten oder betroffenen Personen arbeiten , beteiligt wurden. Als Ergebnis der im Rahmen dieses Fachtages geführten Diskussionen haben sich als vordringliche Aufgaben u. a. die Überprüfung der Tilgungsverordnung, die Verbesserung der Gewinnung und Betreuung von Einsatzstellen vor allem für Personen mit multiplen Problemlagen sowie die Prüfung des Aufbaus bzw. Ausbaus aufsuchender Hilfen gezeigt. Die Bearbeitung dieser Aufgaben erfolgt in Projektgruppen, deren Steuerung dem Senator für Justiz und Verfassung obliegt . Von den Projektgruppen vorzulegende Vorschläge sollen sodann rechtlich und tatsächlich auf ihre Wirksamkeit und Realisierbarkeit hin überprüft werden. 18. Welche Änderungen sind bei der Geldstrafenabarbeitung geplant? Aktuell wird die Geldstrafenabarbeitung anhand der Ergebnisse des Projekttages überprüft. Die Ergebnisse der Projektgruppen (siehe Frage 17) sind abzuwarten . Die Abarbeitung der Geldstrafen ist bereits sehr wirksam, mögliche Verbesserungen werden aber noch aufgegriffen. Druck: Anker-Druck Bremen