— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 190 Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 23. November 2011 Werbung an Hochschulen transparent gestalten Mit der Änderung des Hochschulrahmengesetzes von 1996 ist Werbung an den Universitäten erlaubt. Für die Hochschulen bedeuten die Werbekunden eine zusätzliche Einnahmequelle. Unternehmen und Konzerne wiederum haben den Campus als Akquiseort für sich entdeckt, stellen doch in Studierende als die „Besserverdienenden “ von morgen eine lukrative Zielgruppe dar. So ist Werbung – ob als Plakat, Ständer, Campustüte oder Promotion-Aktion – heute an Hochschulen omnipräsent. Zugleich engagieren sich Unternehmen auch in der Karriere- und Hochschulförderung oder finanzieren Veranstaltungen. Diese Impulse von außen sind durchaus gewollt, kann doch das Lehrangebot inhaltlich gestärkt und bereichert werden. Problematisch wird dies jedoch dann, wenn die Interessen eines Unternehmens mit denen einer Hochschule kollidieren oder die Interessenverflechtung für die Studierenden ohne weiteres nicht mehr erkennbar ist. Laut Medienberichten arbeitet das Career Center der Universität Bremen mit dem überregional tätigen Finanzdienstleister MLP zusammen. Bei Seminaren, die das MLP für Bremer Studierende angeboten habe, soll es demnach zu einer Verknüpfung von Fort- und Werbeaktivitäten gekommen sein. Wir fragen den Senat: 1. Wie bewertet der Senat Medienberichte über eine Zusammenarbeit des Finanzdienstleisters MLP mit dem Career Center der Universität Bremen und Vorwürfe , dass es hier zu einer Verknüpfung von Fortbildungs- und Werbeaktivitäten gekommen sei? 2. Ist dem Senat bekannt, auf welcher vertraglichen Basis das Career Center der Universität Bremen mit MLP zusammenarbeitet, und welche vertraglichen Verpflichtungen dabei die Hochschule gegenüber MLP eingegangen ist? 3. Ist dem Senat bekannt, ob auch andere Hochschulen im Land Bremen mit diesem Finanzdienstleister kooperieren? 4. Sind dem Senat analog dazu weitere private Unternehmen oder Agenturen bekannt , die mit Hochschulen im Land Bremen in der genannten Weise zusammenarbeiten ? 5. Wie ist aus Sicht des Senats sichergestellt, dass bei entsprechenden Kooperationen die Qualitätsstandards der Hochschulen im Land Bremen eingehalten werden ? 6. Wie lässt sich aus Sicht des Senats gewährleisten, dass Kooperationen zwischen öffentlichen Bildungseinrichtungen und Privatunternehmen für Studierende klar erkennbar, transparent und öffentlich kontrollierbar sind? 7. Wie lässt sich aus Sicht des Senats sicherstellen, dass Werbeveranstaltungen für die Studierenden als solche auch erkennbar sind? Elias Tsartilidis, Sarah Ryglewski, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD — 2 — D a z u Antwort des Senats vom 10. Januar 2012 1. Wie bewertet der Senat Medienberichte über eine Zusammenarbeit des Finanzdienstleisters MLP mit dem Career Center der Universität Bremen und Vorwürfe , dass es hier zu einer Verknüpfung von Fortbildungs- und Werbeaktivitäten gekommen sei? Das Career Center ist eine Gemeinschaftseinrichtung der Universität Bremen und der Agentur für Arbeit Bremen. Career Center unterstützen Studierende und Absolventen in Fragen der Bewerbung, der Karriereplanung und des Berufseinstiegs . Sie betreuen Praktika und stellen Unternehmenskontakte her. Darüber hinaus bieten sie Weiterbildungsmaßnahmen und Trainings zu fachübergreifenden Schlüsselqualifikationen an. Für Unternehmen sind Career Center der zentrale Ansprechpartner für ihre Personalgewinnung an der Hochschule. Daher sind die Zusammenarbeit der Career Center mit Unternehmen und die Unterstützung durch die Wirtschaft als künftige Arbeitgeber gewünscht und gewollt . Der Senat bewertet diese Zusammenarbeit positiv. Er stellt allerdings eindeutig klar, dass es bei Veranstaltungen mit Referenten aus Unternehmen zu keiner Vermischung mit Werbeaktivitäten für das Unternehmen kommen darf. Dass es zu solchen Werbeaktivitäten in einer Veranstaltung des Career Center der Universität Bremen gekommen ist, ist von einem Teilnehmer eines RhetorikSeminars , das von MLP in der Universität Bremen veranstaltet worden ist, vorgetragen worden. Mit MLP war vereinbart, dass keine Werbung stattfindet. Nach Bekanntwerden der erhobenen Vorwürfe hat die Universität ihre Zusammenarbeit mit MLP eingestellt. 2. Ist dem Senat bekannt, auf welcher vertraglichen Basis das Career Center der Universität Bremen mit MLP zusammenarbeitet, und welche vertraglichen Verpflichtungen dabei die Hochschule gegenüber MLP eingegangen ist? Eine schriftliche Vereinbarung zwischen MLP und dem Career Center der Universität Bremen gibt es nicht. Die mündliche Vereinbarung sieht vor, dass MLP unter dem Dach des Career Center Veranstaltungen zur Vorbereitung des Einstiegs in den Beruf anbietet. Das oben genannte Werbeverbot wurde vereinbart. Verpflichtungen gegenüber MLP ist die Universität nicht eingegangen. 3. Ist dem Senat bekannt, ob auch andere Hochschulen im Land Bremen mit diesem Finanzdienstleister kooperieren? Die Hochschule Bremen hatte eine sporadische Kooperationsbeziehung mit MLP, die aber mittlerweile eingestellt worden ist. Die Firma MLP aber auch andere interessierte Firmen können einmal im Semester in den Räumen der Hochschule Bremen gegen Entgelt einen „Informationsstand “ durchführen. Dies geschieht meist zu Beginn des Semesters als reine Promotion-Maßnahme, ist als solche aber deutlich erkennbar. Das Career Service Center der Hochschule Bremerhaven hat in 2011 erstmalig mit MLP ein Bewerbungstraining für Studierende der Hochschule Bremerhaven durchgeführt. Die Veranstaltung dauerte ca. drei bis vier Stunden und fand in Anwesenheit einer Mitarbeiterin in den Räumen der Hochschule statt. Zwischen der HfK und MLP gibt es keine Kooperationsbeziehungen. 4. Sind dem Senat analog dazu weitere private Unternehmen oder Agenturen bekannt , die mit Hochschulen im Land Bremen in der genannten Weise zusammenarbeiten ? Neben MLP haben z. B. die Techniker-Krankenkasse, die Deutsche Ärzte Finanz Beratungs- und Vermittlungs-AG, die S & P Finanzberatung und Randstad Bewerbungs- und Vorstellungstrainings in bremischen Hochschulen durchgeführt . — 3 — 5. Wie ist aus Sicht des Senats sichergestellt, dass bei entsprechenden Kooperationen die Qualitätsstandards der Hochschulen im Land Bremen eingehalten werden ? Werden Veranstaltungen unter Beteiligung externer Referenten in das reguläre Lehrangebot der Hochschule übernommen, trägt der Veranstalter bzw. der Studiengang /Fachbereich die Verantwortung für die fachliche Qualität der Lehre. Werden bei Veranstaltungen der Career Center Referenten/-innen aus Unternehmen eingesetzt, wird mit diesen vor den Veranstaltungen Thema, Inhalte und Ablauf besprochen und vereinbart. Diese Seminare werden nicht zertifiziert oder mit Credit Points anerkannt. Die Seminare werden stichprobenartig anhand von Feedbackbögen ausgewertet. 6. Wie lässt sich aus Sicht des Senats gewährleisten, dass Kooperationen zwischen öffentlichen Bildungseinrichtungen und Privatunternehmen für Studierende klar erkennbar, transparent und öffentlich kontrollierbar sind? Wenn Veranstaltungen nicht durch einen Fachbereich im Hinblick auf die Inhalte und die wissenschaftliche Qualität überprüft und zum Bestandteil des Lehrprogramms gemacht worden sind, sondern es sich um zusätzliche Veranstaltungen des Career Centers handelt, muss transparent gemacht werden, wenn die Referenten einer Veranstaltung aus Unternehmen kommen. Es bedarf des klaren Hinweises, dass der Besuch der Veranstaltung nicht auf das Studium angerechnet wird und die Teilnahme daran freiwillig ist. Bei den Veranstaltungen des Career Centers der Universität ist dies sichergestellt: Die Seminare werden im Internet beschrieben und deutlich gemacht, von welchen Unternehmen die Referenten/-innen kommen. Die Teilnehmer/-innen müssen sich elektronisch anmelden und bekommen vor der Veranstaltung eine E-Mail-Erinnerung, in der noch einmal Name und Unternehmen der Referenten/-innen genannt werden . Die Hochschule Bremerhaven weist ebenfalls bei den Einladungen durch Namensnennungen und Einsatz von Logos auf die Durchführung durch externe Dienstleister hin. 7. Wie lässt sich aus Sicht des Senats sicherstellen, dass Werbeveranstaltungen für die Studierenden als solche auch erkennbar sind? Bei den Rhetorikseminaren, Vorstellungs- und Bewerbungstrainings handelt es sich um berufsvorbereitende Veranstaltungen in Kooperation mit dem und unter dem Dach des Career Center, nicht um Werbeveranstaltungen. Werbung außerhalb der Veranstaltungsformate, z. B. an Infoständen, ist klar gekennzeichnet und erkennbar. Bei der Hochschule Bremerhaven werden die Veranstaltungen von einer Mitarbeiterin der Hochschule begleitet, die im Bedarfsfall auch eingreifen kann. Den Veranstaltern ist erlaubt, am Ende der Veranstaltung kurz auf ihre Produkte hinzuweisen (z. B. Durchsicht von Bewerbungsmappen, Beratungsgespräche für unterschiedliche Anlässe usw.). Die Studierenden entscheiden selbst, ob sie auf das Angebot zurückgreifen wollen. Druck: Anker-Druck Bremen