— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 193 Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 6. Dezember 2011 Entsorgung von Filterstäuben aus Müllverbrennungsanlagen In Müllverbrennungsanlagen wird Hausmüll verfeuert. Die Abgase werden gefiltert, die Filterstäube enthalten hochgiftige Schadstoffe, u. a. giftige Schwermetalle. Sie sind daher als gefährliche Abfälle zu betrachten und entsprechend zu entsorgen. Laut einer Studie der Deutschen Umwelthilfe hingegen werden in Sachsen-Anhalt sogenannte verfestigte und stabilisierte Abfälle aus Filterstäuben als Deponieabdichtungen verwendet. Verfestigte Abfälle sind aber als Material für die Deponiesanierung umstritten. Sie bestehen aus Filteraschen von Müllverbrennungsanlagen. Dieser Sondermüll wird mit anderen Stoffen in ein betonähnliches Gemisch verwandelt und gilt als nicht mehr gefährlich. Allerdings gibt es bisher keine Erkenntnisse darüber, wie sich diese Stoffe langfristig in der Umwelt verhalten und ob mit dieser Praxis Altlasten von morgen geschaffen werden. Nach Ansicht von Wissenschaftlern besteht die Gefahr, dass aus dem Material Giftstoffe herausgewaschen werden können . Wir fragen den Senat: 1. Welche Mengen an Filterstäuben fallen in den Müllverbrennungsanlagen im Land Bremen jährlich an? 2. Welche Schadstoffe enthalten diese Filterstäube, und in welchen Konzentrationen liegen diese vor? 3. Wie werden die Filterstäube aus den Bremer und Bremerhavener Müllverbrennungsanlagen entsorgt? 4. Wie bewertet der Senat die Methode, Filterstäube aus Müllverbrennungsanlagen oder anderen Industrieanlagen zu sogenannten verfestigten oder stabilisierenden Abfällen umzuwandeln und diese z. B. als Deponieabdichtungen zu verwenden ? 5. Kommen solche verfestigten oder stabilisierenden Abfälle auf Deponien in Bremen und Bremerhaven als Abdeckungsmaterial zum Einsatz, bzw. aus welchem Material bestehen die Abdeckungen der Deponien? Dr. Maike Schaefer, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 10. Januar 2012 1. Welche Mengen an Filterstäuben fallen in den Müllverbrennungsanlagen im Land Bremen jährlich an? Im Land Bremen werden vier Müllverbrennungsanlagen betrieben: • swb Müllheizkraftwerk Bremen (MHKW Bremen), • swb Mittelkalorik-Kraftwerk (MKK Bremen), • Heizkraftwerk Blumenthal (HKW Blumenthal), • BEG Müllheizkraftwerk Bremerhaven (MHKW Bremerhaven). — 2 — In allen Anlagen bis auf das MKK Bremen fallen Filterstäube, die unter dem AVV-Schlüssel1) „19 01 13 Filterstaub, der gefährliche Abfälle enthält“ entsorgt werden, an. Im MKK Bremen fällt der Filterstaub aufgrund der Anlagentechnik nicht als Abfall an. Die bei dem Verbrennungsprozess in dieser Anlage entstehenden Stäube werden durch ein Absorptionsverfahren in feste Reaktionsprodukte umgewandelt. Die Entsorgung dieser Abfälle erfolgt im Bergversatz. Durchschnittlich sind in den letzten drei Jahren folgende Mengen an Filterstäuben in den Müllverbrennungsanlagen angefallen: Anlage Menge/Jahr in Mg MHKW Bremen 12 200 HKW Blumenthal 2 330 MHKW Bremerhaven 4 940 2. Welche Schadstoffe enthalten diese Filterstäube und in welchen Konzentrationen liegen diese vor? Filterstäube werden aufgrund der Schwermetall- sowie der Dioxin/Furan-Belastung (PCDD/PCDF) als gefährlicher Abfall eingestuft. Aus den vorliegenden Analysen ergeben sich folgende Feststoffwerte für Schwermetalle sowie Dioxin/Furane: MHKW HKW MHKW Parameter Maßeinheit Bremen Blumenthal Bremerhaven Arsen mg/kg TS2) 74 17 56 Blei mg/kg TS 12 399 5 100 13 700 Cadmium mg/kg TS 627 280 740 Chrom mg/kg TS 309 240 nicht bestimmt Kupfer mg/kg TS 2 498 1 300 3 400 Nickel mg/kg TS 155 33 127 Quecksilber mg/kg TS 0,4 19 1,42 Zink mg/kg TS 24 773 12 000 42 700 PCDD/PCDF ng TE3)/kg 196 1 693 1 280 Diese Werte sind mit Schadstoffbelastungen anderer Müllverbrennungsanlagen vergleichbar. 3. Wie werden die Filterstäube aus den Bremer und Bremerhavener Müllverbrennungsanlagen entsorgt? Die Filterstäube aus dem MHKW Bremen werden im Untertageversatz in den Salzbergwerken Bleicherrode und Sollstedt entsorgt. Die Filterstäube aus dem Heizkraftwerk Blumenthal werden teilweise im Untertageversatz entsorgt. Ein Teil der Stäube wurde ab 2009 zu einer zugelassenen Behandlungsanlage in Rositz (Thüringen) verbracht. In der Anlage wird ein Deponieersatzbaustoff hergestellt, der anschließend auf einer Deponie Hochhalde Schopkau eingesetzt wird. Die Behandlungsanlage in Rositz ist als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert. Die Filterstäube aus dem MHKW Bremerhaven werden auf der Deponie Grauer Wall in Bremerhaven abgelagert. In 2009 ist eine geringe Menge in den Untertageversatz nach Teutschenthal bei Halle (Saale) gegangen. ––––––– 1) Abfallschlüssel der Anlage zur Abfallverzeichnis-Verordnung. 2) TS: Trockensubstanz. 3) Die Toxizität (Giftigkeit) wird durch das sogenannte Toxizitätsäquivalent (TE) in Relation zur Toxizität des hochgiftigen 2,3,7,8 TCDD gesetzt. TE geben an, welcher Menge an 2,3,7,8 TCDD das in Frage stehende Gemisch aus PCDD/PCDF in seiner toxischen Wirkung entspricht. — 3 — Druck: Anker-Druck Bremen 4. Wie bewertet der Senat die Methode, Filterstäube aus Müllverbrennungsanlagen oder anderen Industrieanlagen zu sogenannten verfestigten oder stabilisierenden Abfällen umzuwandeln und diese z. B. als Deponieabdichtungen zu verwenden? Die Rechtslage lässt die Herstellung von Deponieersatzbaustoffen aus Filterstäuben aus Müllverbrennungsanlagen oder anderen Industrieanlagen durch Verfestigung oder Stabilisierung und deren Einsatz auf Deponien unter Einhaltung bestimmter Bedingungen zu. Eine Verwendung von verfestigten oder stabilisierten Abfällen, die Filterstäube enthalten, zur Abdichtung auf oberirdischen Deponien wird aufgrund des schwierigen Nachweises der Langzeitsicherung und aufgrund der Gefahr der Mobilisierung von Schadstoffen allerdings als sehr problematisch angesehen. 5. Kommen solche verfestigten oder stabilisierenden Abfälle auf Deponien in Bremen und Bremerhaven als Abdeckungsmaterial zum Einsatz, bzw. aus welchem Material bestehen die Abdeckungen der Deponien? Verfestigte oder stabilisierte Abfälle kommen als Dichtungsschicht auf Deponien im Land Bremen nicht zum Einsatz. Die Abdeckungen der Deponien im Land Bremen bestehen aus Materialien, die den Anforderungen der Deponieverordnung genügen. Das können beispielweise mineralische Dichtungen aus Ton oder Baggergut, Kunststoffdichtungsbahnen und andere Materialien sein.