— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 313 Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 15. Februar 2012 Das Phänomen „Loverboys“ – eine Form des Menschenhandels In den Niederlanden wird wiederholt über das Phänomen „Loverboys“ berichtet, aber auch in Deutschland sind bereits einige Fälle bekannt geworden. Demnach handelt es sich dabei um junge Männer zwischen 16 und 30 Jahren, die gezielt minderjährige Mädchen und junge Frauen ansprechen, um diese in die Prostitution zu zwingen. Hierzu täuschen sie zunächst Zuneigung und Liebe vor. Die Loverboys beginnen dann allmählich, Anforderungen an die „Beziehung“ zu stellen. Sie geben vor, dass es sich bei Vergewaltigung und Prostitution um „normale“ Dienste einer Beziehung handelt und stellen die Loyalität der Mädchen infrage, falls diese nicht einwilligen. In der Regel werden die Mädchen mit Drogen gefügig gemacht und gleiten so langsam in eine körperliche, emotionale und finanzielle Abhängigkeit von ihrem Zuhälter. Oftmals bemerkt das familiäre und soziale Umfeld erst spät oder gar nicht, dass die Mädchen und jungen Frauen zur Prostitution gezwungen werden. Nicht selten verschwinden sie spurlos. In den Niederlanden wird das Problem, das dort seit über zehn Jahren bekannt ist, in enger Zusammenarbeit zwischen Polizei, medialer Öffentlichkeit und spezifischen Hilfeorganisationen entsprechend bekämpft. In Deutschland ist das Phänomen Loverboys bisher weitgehend unbekannt. Verlässliche Zahlen fehlen. Fernsehberichten zufolge wird von etwa 2 500 bis 5 000 deutschen Fällen im Jahr 2010 ausgegangen. Aufklärungsarbeit sowie Hilfestellungen für Betroffene sind in Deutschland kaum vorhanden. Für die Mädchen und jungen Frauen bestehen wenige Chancen, rechtzeitig aus dem Teufelskreis aus Angst, Misshandlung, Erpressung, Prostitution und Drogen zu entkommen. Wir fragen den Senat: 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat hinsichtlich des Phänomens „Loverboys“ für das Land Bremen? 2. Gibt es im Land Bremen bereits polizeiliche Ermittlungsverfahren gegen sogenannte Loverboys? 3. Wie werden diese Fälle im Bundesland Bremen polizeilich erfasst? 4. Gibt es einen Austausch über das Phänomen zwischen dem Land Bremen und anderen Bundesländern bzw. den Niederlanden? 5. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, das Problem zu bekämpfen und Aufklärungsarbeit zu leisten? Björn Fecker, Doris Hoch, Dr. Maike Schaefer, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 20. März 2012 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat hinsichtlich des Phänomens „Loverboys“ für das Land Bremen? Seit 2009 wurden in Bremen und Bremerhaven insgesamt vier kriminalpolizeiliche Ermittlungsverfahren geführt, welche mit der „Loverboy-Methode“ im Zusam- — 2 — menhang standen. Eine bundesweit einheitliche Definition für das Phänomen „Loverboy“ existiert nicht. Einer Befragung der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) zufolge hatten das Gesundheitsamt Bremen , das Gesundheitsamt Bremerhaven sowie die Beratungsstelle für Prostituierte in Bremen (Nitribitt e. V.) bislang keine Fälle mit dem Hintergrund „Loverboy -Methode“. Die BBMeZ (Betreuung für Betroffene von Menschenhandel und Zwangsprostitution bei der Inneren Mission) gab an, dass dort vereinzelt Frauen bekannt geworden sind, bei denen ein solcher Hintergrund, vor allem im Kontext mit dem Hells Angels MC, gegeben war. Auch Nitribitt e. V. wies darauf hin, dass bekannt sei, dass sich gerade Mitglieder von Rockerklubs der „Loverboy -Methode“ bedienen würden, um Mädchen in Abhängigkeit zu bringen. 2. Gibt es im Land Bremen bereits polizeiliche Ermittlungsverfahren gegen sogenannte Loverboys? Siehe Antwort auf Frage 1. 3. Wie werden diese Fälle im Bundesland Bremen polizeilich erfasst? Da die „Loverboy-Methode“ eine Form des Menschenhandels darstellt, werden solche Fälle in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) unter dem Deliktsfeld Menschenhandel (gegebenenfalls in Verbindung mit Zuhälterei) geführt. 4. Gibt es einen Austausch über das Phänomen zwischen dem Land Bremen und anderen Bundesländern bzw. den Niederlanden? Es gibt einen polizeilichen Austausch zum Phänomen „Loverboy“ unter den Bundesländern in Deutschland. Ansprechpartner ist das Bundeskriminalamt (BKA) bei welchem entsprechende Informationen zusammenlaufen. Inwieweit das BKA regelmäßig einen Informationsaustausch mit den Niederlanden pflegt ist nicht bekannt. 5. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, das Problem zu bekämpfen und Aufklärungsarbeit zu leisten? Aufklärungsarbeit muss dort ansetzen, wo sich das Problem entwickelt. Das sind Orte, wo sich erfahrungsgemäß junge Menschen häufig aufhalten und für potenzielle Menschenhändler/Zuhälter unkompliziert ansprechbar sind. Hierzu zählen beispielsweise die Bereiche rund um Schulen sowie Gaststätten und Diskotheken . An diesen Örtlichkeiten muss schwerpunktmäßig Aufklärungsarbeit durch „Nichtregierungsorganisationen“ (NROs) und die zuständigen Behörden betrieben werden. In den Schulen kann dies insbesondere über Lehrkräfte sowie die zuständigen Kontaktpolizisten erfolgen. Das Phänomen „Loverboy“ muss dabei in den Kontext einer angemessenen Unterstützung von besonders gefährdeten Mädchen gestellt werden. Die Expertise von Fachkräften aus der Mädchenarbeit sowie der präventiven Arbeit zu sexueller Gewalt gegen Mädchen sollte dabei genutzt werden. Um diesen „vor-Ort-Ansatz“ mit den beteiligten Hilfs-, Beratungs- sowie den behördlichen Organisationen abzustimmen, wird das Phänomen „Loverboys“ beim nächsten runden Tisch Menschenhandel als Thema eingebracht. Druck: Anker-Druck Bremen