— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 314 Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 20. Februar 2012 Umweltzertifizierung der bremischen Häfen Die bremischen Häfen haben sich gemäß Umweltmanagement PERS (Port Environmental Review System) zertifizieren lassen. Ziel ist es, die Umweltbilanz der Häfen zu verbessern und das ökologische Profil der Häfen auch im internationalen Wettbewerb langfristig zu stärken. Ein erster Umweltbericht für die Häfen Bremen/Bremerhaven gibt Auskunft über Umwelteinflüsse der bremischen Häfen und zum praktizierten Umweltmanagement im Jahr 2010. Wir fragen den Senat: 1. Wie sind die Hafenbetriebe in den ständigen Umweltmanagementprozess eingebunden , und welche Ziele entwickelt bremenports zusammen mit den Hafenbetrieben für das Umweltmanagement? 2. Welche Auflagen, die dem Klima- und Umweltschutz dienen, bestehen bei Neuanschaffungen von Fahrzeugen jeglicher Art? 3. Welche Auflagen oder Handlungsoptionen, die aus dem Umweltmanagement PERS abgeleitet sind und dem Klima- und Umweltschutz dienen, gibt es für Reparaturlieger ? 4. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Lichtverschmutzung auch außerhalb des Umschlags in allen zum Hafenbereich gehörenden Arealen zu reduzieren ? 5. Welche weiteren umweltbezogenen Leistungsindikatoren sollen eingesetzt werden ? 6. Haben sich seit der Zertifizierung Arbeitsabläufe, Bewertungen, Leistungen oder andere Handlungsoptionen verändert? 7. Wie und in welchem Umfang wird die Einhaltung der EU-Schwefelrichtlinie für Schiffe in den bremischen Häfen kontrolliert? 8. Wie hoch ist die Lärmbelastung durch den Containerumschlag im Hafenbereich und den nahegelegenen Wohnbereichen, und welche Lärmschutzmaßnahmen wurden durchgeführt bzw. sind vorstellbar? Frank Willmann, Dr. Maike Schaefer, Dr. Anne Schierenbeck, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 20. März 2012 1. Wie sind die Hafenbetriebe in den ständigen Umweltmanagementprozess eingebunden , und welche Ziele entwickelt bremenports zusammen mit den Hafenbetrieben für das Umweltmanagement? Für das in den bremischen Häfen seit Jahren erfolgreich praktizierte Umweltmanagement wurde in 2011 eine Zertifizierung nach dem PERS-Standard von EcoPorts (Port Environmental Review System) beantragt. Sie erfolgte am 27. April 2011. — 2 — Im Kontext der Zertifizierung wurden ausgewählte Betriebe und Unternehmensvertreter in den Erarbeitungsprozess eingebunden. Diese zielt im Kern auf den Nachweis einer anforderungsgerechten Organisation umweltrechtlicher Verpflichtungen im eigenen Wirkungsbereich (Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen [SWAH], Hansestadt Bremisches Hafenamt [HBH], bremenports GmbH & Co. KG (bremenports) und Sondervermögen Hafen) und soweit möglich auch im nachgelagerten Bereich der Hafennutzer ab. Unabhängig von PERS fand im September 2010 auf Initiative der bremenports eine Auftaktveranstaltung zu einem greenports-Netzwerk in den bremischen Häfen statt. Das Interesse seitens der beteiligten Firmen war groß, und so wurden sie gebeten, sich auch an der Organisation zu beteiligen. Entsprechende Angebote folgten jedoch nicht; vielmehr wurde die Erwartung geäußert, dass bremenports diese Aufgabe allein übernimmt. Bremenports wird sich dieser Aufgabenstellung annehmen und in diesem Jahr zu einer Veranstaltung einladen, um weitere Aktivitäten abzustimmen. Derzeit konzentriert sich die Zusammenarbeit mit Hafenbetrieben auf Netzwerkkontakte im Via-Bremen Initiativkreis „Nachhaltigkeit & CO2-Footprint“, und zu Ansprechpartnern bei Eurogate und Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) sowie weitergehende Kooperationen im Rahmen des Forschungsvorhabens zu nordwest 2050, einem Projekt, in dessen Rahmen die drei Wirtschaftssektoren Ernährung, Energie sowie Hafen und Logistik die Verletzlichkeiten durch den Klimawandel bestimmt und sogenannte Roadmaps der Klimaanpassung für die Modellregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten erarbeitet werden. Insbesondere Eurogate und BLG haben sich in diesen Arbeitsfeldern weiter personell verstärkt und damit neue Arbeitsschwerpunkte und Ergebnisse erzeugt. 2. Welche Auflagen, die dem Klima- und Umweltschutz dienen, bestehen bei Neuanschaffungen von Fahrzeugen jeglicher Art? Im Rahmen der 2009 veröffentlichten Nachhaltigkeitsinitiative für die bremischen Häfen unter der Marke „greenports“ wurden in der Managementgesellschaft bremenports interne Ziele für die Fahrzeugbeschaffung vorgegeben. Sie orientieren sich an der Vorgabe: „umweltfreundlich mobil bleiben“. Danach wird die bestehende Fahrzeugflotte konsequent auf Modelle umgestellt, die deutlich weniger Kohlendioxyd ausstoßen bzw. über alternative Energien angetrieben werden. Das Unternehmen bremenports gehörte damit zu den ersten Betrieben im Land Bremen, in dem Elektrofahrzeuge eingesetzt und getestet wurden. Bremenports hat erkannt, dass viele Einzelschritte erforderlich sind, um die Umweltbilanz der Häfen zu verbessern. Aus diesem Grunde wird auch der Fuhrpark des Unternehmens permanent auf seine Umweltverträglichkeit hin begutachtet. Vor jeder Neuanschaffung von Fahrzeugen werden die CO2-Werte im jeweiligen Fahrzeugsegment intensiv verglichen (Branchenvergleich). Bei der Entscheidungsfindung , welche Fahrzeuge eingesetzt werden, steht der CO2-Wert im Vordergrund, auch wenn damit höhere Anschaffungskosten verbunden sein sollten , die gegebenenfalls durch geringere Steuern, geringeren Verbrauch bzw. Reduzierung der Flotte kompensiert werden. Aus diesem Grunde hat bremenports vor etwa zweieinhalb Jahren begonnen, die konventionellen Fahrzeuge durch CO2-arme umweltfreundliche Fahrzeuge zu ersetzen. Auch die Hafenbetriebe, wie z. B. Eurogate, sind bestrebt, ihren Fuhrpark energieeffizienter und damit auch umweltfreundlicher zu gestalten. So sorgen modernere dieselelektrische Antriebe dafür, dass die Van-Carrier weniger Kraftstoff als früher verbrauchen. 3. Welche Auflagen oder Handlungsoptionen, die aus dem Umweltmanagement PERS abgeleitet sind und dem Klima- und Umweltschutz dienen, gibt es für Reparaturlieger? Aus dem PERS leiten sich zunächst keine Auflagen ab, die über die existierenden rechtlichen Standards hinausgehen. — 3 — 4. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Lichtverschmutzung auch außerhalb des Umschlags in allen zum Hafenbereich gehörenden Arealen zu reduzieren ? Eine bedarfsgerechte und sparsame Beleuchtung ist schon im wirtschaftlichen Interesse aller Betreiber. Aus immissionsschutzrechtlicher Sicht sind in der Nachbarschaft zu den Hafenanlagen die Lichtimmissionen so zu begrenzen, dass es zu keiner schädlichen Umwelteinwirkung im Sinne von § 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz kommt. Die „Richtlinie zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen “ des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) trifft Regelungen unter welchen Bedingungen der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkung erfüllt ist. Nach dieser Richtlinie ist der Immissionsrichtwert für die mittlere Beleuchtungsstärke von 1 Lux in der Nachtzeit von 22 Uhr bis 6 Uhr für Wohngebiete einzuhalten. Im Zuge der Hafenerweiterung zum CT 4 wurde die vorgenannte Regel angewandt, im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung u. a. durch ein Fachgutachten über Lichtimmissionen betrachtet und bezüglich der benachbarten Wohnbevölkerung und des Naturschutzes (Schutz der Zugvögel und Insekten) Vorgaben für die Betreiber gemacht (z. B. waagerechte Lampenkörper mit gerichteter Beleuchtung, Vermeidung von nach oben strahlender Beleuchtung und Verwendung von Lichtblenden, Mindestabstand der Leuchten zur Grenze des Betriebsgeländes 85 m, Verwendung von Natriumdampf-Hochdrucklampen oder in der Wirkung vergleichbarer insektenfreundlicher Beleuchtung ). Auf der anderen Seite muss die nach Sicherheits- und Arbeitsschutzvorschriften erforderliche Beleuchtung von Betriebsflächen sowie die nutzungsgerechte Beleuchtung von Verkehrsflächen sichergestellt werden. Die technische Regel für Arbeitsstätten Beleuchtung ASR A3.4, Anhang 2, konkretisiert diese Anforderungen. Um den Energieverbrauch zu senken, den CO 2 -Fußabdruck zu reduzieren und das Licht auf den jeweils benötigten Ort zu konzentrieren, erfolgt eine sukzessive Überprüfung der vorhandenen Beleuchtung und wo möglich eine Umrüstung auf sparsamere und auf den jeweils aktuellen Bedarf ausgerichtete Leuchten durch die Betreiber. 5. Welche weiteren umweltbezogenen Leistungsindikatoren sollen eingesetzt werden ? Die Diskussion um umweltbezogene Leistungsindikatoren erfolgt auch auf internationaler Ebene, der die bremischen Häfen gerecht werden müssen. In einem Projekt der Europäischen Seehafenorganisation (European Sea Ports Organisation ESPO) zu Port Performance Indicators – Selection and Measurement (PPRISM) werden aktuell umweltbezogene Leistungsindikatoren für die europäischen Häfen entwickelt. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen, diskutiert werden u. a. der Kohlenstoff-Fußabdruck, Gesamtenergieverbrauch sowie der Gesamtwasserverbrauch; Bremen ist über den Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen an der Erarbeitung beteiligt. Parallel wird auch innerhalb der bremischen Häfen an der Entwicklung aussagefähiger Indikatoren gearbeitet. Die ersten Indikatoren wurden im Zuge der Zertifizierung nach PERS veröffentlicht. Weitere Kennzahlen finden sich in der letzten Broschüre „nachhaltig denken und handeln“ der bremenports GmbH & Co. KG. Darüber hinaus besteht die Absicht, einen Nachhaltigkeitsbericht über eine Zertifizierung nach dem GRI-Standard (Global Reporting Initiative) zu erarbeiten. Über die weitergehende fachliche Indikatorenentwicklung können zurzeit noch keine Angaben gemacht werden. 6. Haben sich seit der Zertifizierung Arbeitsabläufe, Bewertungen, Leistungen oder andere Handlungsoptionen verändert? Die Zertifizierung hat zunächst unter den beteiligten Akteuren zur öffentlich transparenten Klärung der jeweiligen Aufgaben und Schnittstellen beigetragen. Eine direkte Folge war, dass die Zusammenarbeit im Umweltbereich weiter an Effektivität gewonnen hat. Darüber hinaus wurden Handlungsfelder ermittelt, die im Rahmen verfügbarer Kapazitäten einer Überprüfung/Optimierung unterzogen werden sollen. — 4 — 7. Wie und in welchem Umfang wird die Einhaltung der EU-Schwefelrichtlinie für Schiffe in den bremischen Häfen kontrolliert? Die EU-Richtlinie 2005/33/EG, die sogenannte Schwefelrichtlinie, regelt, dass Seeschiffe an Liegeplätzen in EU-Häfen seit dem 1. Januar 2010 keine Schiffskraftstoffe verwenden dürfen, deren Schwefelgehalt 0,1 % überschreitet. Binnenschiffe dürfen aufgrund einer bundeseinheitlichen Regelung ohnehin nur Brennstoff mit maximal 0,1 % Schwefel verwenden, unabhängig davon, ob sie fahren oder sich am Liegeplatz befinden. Die EU-Richtlinie 2005/33/EG wurde auf nationaler Ebene weitgehend durch den Bund umgesetzt, erforderliche Landesregelungen dazu enthält die Bremische Hafenordnung. Die Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung dieser Regelung erfolgen in den bremischen Häfen im Wesentlichen durch die Polizei im Rahmen der ohnehin stattfindenden MARPOL-Kontrollen anhand von Schiffstagebüchern und anderen Dokumenten. MARPOL-Kontrollen erfassen rund 25 % der Schiffe. In Verdachtsfällen auf Verwendung nicht zugelassenen Kraftstoffs werden Kraftstoffproben entnommen und analysiert. Ebenso ist die bremische Hafenbehörde befugt , Dokumente und Bunkerlieferbescheinigungen zu prüfen und entnimmt über die verdachtsabhängigen Proben hinaus weitere Stichproben. Mit Einführung der Schwefelbegrenzung in den Häfen wurden die Regelungen durch die Schifffahrt umfänglich berücksichtigt, sodass sich nur wenige Verdachtsfälle und Auffälligkeiten ergaben. In den Jahren 2010 und 2011 sind 58 bzw. 43 Proben entnommen worden. Diese lagen bis auf fünf bzw. drei Proben unter 0,1 % Schwefelgehalt. Die beanstandeten Proben enthielten den drei- bis 15-fachen Schwefelgehalt über dem zulässigen Wert von 0,1 %. 8. Wie hoch ist die Lärmbelastung durch den Containerumschlag im Hafenbereich und den nahegelegenen Wohnbereichen, und welche Lärmschutzmaßnahmen wurden durchgeführt bzw. sind vorstellbar? Die Geräuschimmissionen des Containerumschlages im angrenzenden Wohngebiet Weddewarden werden seit vielen Jahren durch eine Lärmüberwachungsmesskette kontinuierlich aufgezeichnet und quartalsweise ausgewertet. Für das vierte Quartal 2011 ergibt sich ein Beurteilungspegel für den Nachtzeitraum von Lr = 52.3 dB(A) durch den Betrieb des Containerterminals. Dies ist zulässig, weil durch die unten genannten Lärmschutzmaßnahmen zur Erfüllung der planfestgestellten Anordnungen in den Aufenthaltsräumen der Wohnungen der Beurteilungspegel von 30 dB(A) sichergestellt wird. Die Ergebnisse der Lärmmesskette der vergangenen zehn Jahre zeigen, dass die mittlere Lärmbelastung in Weddewarden seit etwa Anfang 2008 eine leicht abnehmende Tendenz hat. Diese Entwicklung trifft auch auf den Zeitraum steigender Umschlagzahlen an der Wasserseite seit etwa Anfang 2009 zu. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens für den CT 4 wurden umfangreiche passive Lärmschutzmaßnahmen durchgeführt. Die Zuordnung der Schallschutzmaßnahmen erfolgte entsprechend der jeweiligen Immissionsbelastung, d. h. vor allem entsprechend der jeweiligen Entfernung der Wohngebäude zum Containerterminal . Für die nächstgelegenen und am stärksten betroffenen Wohngebäude wurden die Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern der Klasse III übernommen . Für weiter entfernt liegende Wohngebäude wurden die Kosten für anderweitige Schallschutzmaßnahmen zur Sicherstellung eines Beurteilungspegels von 30 dB (A) in den Aufenthaltsräumen übernommen. Im Rahmen dieser auf freiwilliger Annahme basierenden Anordnung des Planfeststellungsbeschlusses wurden bis heute an insgesamt 70 Wohnhäusern Schallschutzfenster und an insgesamt 80 Wohnhäusern Belüftungsanlagen eingebaut. Gemäß Anordnung 3.10 des Planfeststellungsbeschlusses zum CT 4 war eine gutachtliche Stellungnahme zu den Möglichkeiten zur Reduzierung der vom Containerterminal ausgehenden Lärmemissionen bzw. der auf den angrenzenden Ortsteil Weddewarden einwirkenden Lärmimmissionen zu erstellen. Zudem war der Betreiber des Containerterminals zur Umsetzung festgestellter und technisch sowie wirtschaftlich vertretbarer Möglichkeiten zur Lärmreduzierung verpflichtet worden. — 5 — Die gutachterliche Stellungnahme ist im Januar 2012 fertiggestellt worden. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die auf dem Containerterminal eingesetzten Umschlaggeräte dem Stand der Technik entsprechen oder teilweise darüber hinausgehen . Weitergehende Schallminderungspotenziale an den Umschlaggeräten lassen sich derzeit nicht erschließen. Im Weiteren wurden in der gutachterlichen Stellungnahme auch die im Planfeststellungsverfahren prognostizierten Gesamtimmissionspegel überprüft. Im Ergebnis ist festzustellen, dass sich unter Einbeziehung der Schallschutzmaßnahmen weder in der Tages- noch in der Nachtzeit durch den Vollbetrieb des CT 4 Überschreitungen der vom OVG Bremen festgesetzten bzw. als nach dem Stand der Technik als unvermeidbar eingestuften Immissionspegel ergeben werden. Druck: Anker-Druck Bremen