— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Stadtbürgerschaft 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 316 S (zu Drs. 18/290 S) 09. 04. 13 Mitteilung des Senats vom 9. April 2013 Wem gehört der Gehweg? Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD haben unter Drucksache 18/290 S eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: 1. Nach welchen Kriterien werden Sondernutzungserlaubnisse für Gehwege erteilt ? Die Sondernutzung von Gehwegen ist in § 18 des Bremischen Landesstraßengesetzes (BremLStrG) geregelt. Der Gebrauch einer Straße über den Gemeingebrauch hinaus ist eine Sondernutzung und bedarf gemäß § 18 Abs. 1 BremLStrG der Erlaubnis. Der Begriff der Straße schließt auch Rad- und Gehwege ein (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 BremLStrG). Über die Erteilung der Erlaubnis, gegebenenfalls unter Bedingungen und mit Auflagen, entscheidet die Ortspolizeibehörde, in der Stadtgemeinde Bremen also das Stadtamt, nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei der Träger der Straßenbaulast zustimmen muss. Träger der Straßenbaulast ist in Bremen die Gemeinde , vertreten durch das Amt für Straßen und Verkehr (ASV), siehe § 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 46 Abs. 3 Nr. 1 BremLStrG. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn die Sondernutzung die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs oder straßen- oder städtebauliche oder andere öffentliche Belange beeinträchtigen würde oder ihr Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen (§ 18 Abs. 4 Satz 5 BremLStrG). Für Sondernutzungen, die zugleich einer Baugenehmigung nach der Bremischen Landesbauordnung oder einer Erlaubnis oder Ausnahmegenehmigung nach der Straßenverkehrs-Ordnung bedürfen, gilt die Sondernutzungserlaubnis mit der Baugenehmigung, Erlaubnis oder Ausnahmegenehmigung als erteilt. Nach diesen Vorgaben werden Sondernutzungserlaubnisse auf Gehwegen durch das Stadtamt insbesondere für Infotische erteilt. Die sogenannten Kundenstopper (Werbeschilder, Fahrradständer etc.) werden im 1-m-Bereich vor den Ladengeschäften geduldet, sofern damit keine Gefährdung und keine mehr als unerhebliche Behinderung einhergehen. Abweichend davon findet derzeit im Ostertorviertel/Steintor ein Versuch statt, den Bereich für die Aufstellung dieser Kundenstopper zu erweitern, wenn dies ohne Gefährdung und Behinderung möglich ist und der Gehweg eine Mindestbreite von 2 m aufweist. Das Ortsamt sowie die örtlichen Geschäftsinhaber sind eingebunden. Die Polizei Bremen ist gemäß der Verordnung vom 22. April 1997 über die Regelung von Zuständigkeiten nach der Straßenverkehrs-Ordnung (Brem.GBl. S. 147) für das Genehmigen von Baustellen und Arbeitsstellen auf Gehwegen zuständig . Die bundesweite „Richtlinie zur Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen“ (RSA) dient als Grundlage für die Sicherung und Einrichtung aller Arbeitsstellen im öffentlichen Verkehrsraum. Nach dem geänderten Erlass des Senators für Inneres und Sport vom 15. März 1994 über die Wahrnehmung verwaltungspolizeilicher Aufgaben durch die Polizei Bremen in der Fassung vom 1. März 1996 erteilt die Polizei Bremen gemäß § 18 Abs. 1 BremLStrG in Aufgabenerledigung für das Stadtamt Erlaubnisse für — 2 — das Aufstellen von Gerüsten und die Lagerung von Baustoffen auf Geh- und Radwegen. Auch hinsichtlich der Absicherung und Einrichtung solcher Maßnahmen auf öffentlichen Straßenflächen gilt derselbe Maßstab der RSA wie bei Arbeits- und Baustellen. 2. Welche Arten von Kontrollen werden durchgeführt, um zu überprüfen, ob die mit einer Sondernutzung erteilten Auflagen auch tatsächlich eingehalten werden ? Grundsätzlich überwacht die Behörde, die eine Sondernutzung erlaubt hat, auch die Auflagen. Genehmigte Sondernutzungen für das Aufstellen von Gerüsten und die Lagerung von Baustoffen auf Geh- und Radwegen, die von der Polizei Bremen erteilt werden, sind oftmals zeitlich kurze Eingriffe in den öffentlichen Verkehrsraum. Grundsätzlich werden diese Maßnahmen durch langjährig bekannte Fachfirmen durchgeführt. Die Mitarbeiter dieser Fachfirmen haben spezielle Schulungen gemäß den oben genannten RSA-Richtlinien erfahren. Die Kontrolle dieser Firmen erfolgt stichprobenartig, da die Sicherung und Ausführung der Arbeiten in den meisten Fällen korrekt erfolgt. Die Kontrollen werden von dem örtlich zuständigen Verkehrssachbearbeiter während des täglichen Dienstes durchgeführt. Handelt es sich bei dem Antragsteller um eine Privatperson, welche grundsätzlich keinerlei Erfahrung mit derartigen Maßnahmen besitzt, wird immer eine persönliche Inaugenscheinnahme durch die Genehmigungsbehörde angestrebt, da die Erfahrung hier zeigt, dass häufig unwissentlich Fehler begangen werden. 3. Gibt es Kontrollen von Baustellenabsperrungen vor Ort, wer führt sie wie oft durch? Die Kontrolle einer Arbeitsstelle, dies gilt auch für Baustellen, obliegt grundsätzlich dem verantwortlichen Bauleiter. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der RSARichtlinie . Baustellenabsperrungen sind genehmigungspflichtig und sind regelmäßig , in der Regel zweimal am Tag, vom Verkehrssicherungspflichtigen Unternehmen zu kontrollieren und schriftlich zu dokumentieren. Zusätzlich werden diese Baustellenabsperrungen von der Verkehrsbehörde stichprobenartig überprüft . Eine stichprobenartige Überprüfung wird insbesondere bei den Unternehmen durchgeführt, bei denen in der Vergangenheit eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht festgestellt wurde. 4. Wie beurteilt der Senat die gemeinsame Verkehrsführung von Fußgängerinnen und Fußgängern und Radfahrerinnen und Radfahrern in verengten Baustellenbereichen , und welche Möglichkeiten sieht der Senat, diese gemeinsame Verkehrsführung möglichst zu vermeiden? Grundsätzlich wird angestrebt, eine gemeinsame Verkehrsführung von Fußgängerinnen und Fußgängern sowie Radfahrerinnen und Radfahrern auch in beengten Baustellenbereichen zu vermeiden. Aufgrund örtlicher Gegebenheiten (dichte Bebauung, fehlende Breiten, hohes Verkehrsaufkommen) ist dies nicht immer zu gewährleisten. Sofern möglich werden Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Radfahrerinnen und Radfahrer auf Ausweichstrecken umgeleitet, auf die gegenüberliegende Straßenseite geführt oder der Radverkehr in geeigneten Baustellenbereichen (Geschwindigkeit, Fahrbahn, Verkehrsaufkommen usw.) auf die Fahrbahn geleitet. Beim Einrichten einer Arbeits- oder Baustelle, die eine Verengung der Sonderwege Geh- und Radwege erfordern, wird während des Genehmigungsverfahrens bei der Polizei Bremen darauf geachtet, dass die Einschränkungen durch die Maßnahmen vertretbar bleiben. Der zeitliche Faktor spielt ebenso eine Rolle wie auch die Maßnahme selbst. Bei kurzfristigen Arbeits- und Baustellen im Gehwegbereich, die den Fußgängerverkehr zwar einschränken aber nicht ausschließen , werden aufwendige Notwege auf Fahrbahnen regelmäßig nicht eingerichtet . Wenn rechtlich und baulich möglich, kann der Radverkehr auf die Fahrbahn geleitet werden. Bei längerfristigen Arbeits- und Baustellen auf Gehwegen, die oftmals auch größeren Ausmaßes sind, werden Notwege auf Fahrbahnen markiert und so abgesichert , dass eine Gefahr für den Fußverkehr minimiert wird. — 3 — Dazu gehört es dann auch, dass Fahrstreifen für den Fahrverkehr gesperrt und eingeengt werden, inklusive der Anordnung von Verkehrszeichen und dem Einrichten von Ableitungen und Markierungen. 5. Wer kontrolliert die Einhaltung der Genehmigungen für die Außengastronomie und wie oft? Die Genehmigungen werden durch die Bauordnungsbehörde erteilt und überprüft . Die Überprüfung findet grundsätzlich stichprobenartig vor allem in den Sommermonaten statt. Zurzeit läuft eine umfassende Überprüfung aller Außensitzflächen , die 2012 begonnen wurde und sich voraussichtlich bis in den Sommer 2014 erstrecken wird. 6. Bei welchen Stellen im Land Bremen können Einschränkungen der Nutzbarkeit von Gehwegen gemeldet werden, die durch eine vermutet unerlaubte Platzierung von Werbeaufstellern, Warenauslagen, Tischen, Stühlen und Bänken, Fahrradständern, Blumenkübeln und sonstiger Außendekoration, Baustellenabsperrungen und Ähnlichem verursacht werden? Für welche Art von Beschwerden sind die einzelnen Stellen zuständig? Wie wird üblicherweise von welcher Stelle mit solchen Beschwerden und Hinweisen umgegangen? Gibt es eine geänderte Vorgehensweise, wenn Bordsteine in besonders gravierenden Maße betroffen sind und somit Menschen durch Hindernisse gezwungen sind, mit Kinderwagen , Rollstuhl, Rollator oder Ähnlichem auf die Fahrbahn auszuweichen und damit einer besonderen Gefährdung durch den Autoverkehr ausgesetzt werden ? Zuständig für die Überwachung von Sondernutzungserlaubnissen ist grundsätzlich das Stadtamt. Ausreichendes Personal für eine anlassunabhängige, flächendeckende Überwachung ist nicht vorhanden. Bürgerbeschwerden sind an das Stadtamt zu richten, ihnen wird regelmäßig nachgegangen. Bei Baustellenabsperrungen ist das ASV in Zusammenarbeit mit der Polizei Bremen zuständig. Konkreten Beschwerden wird regelmäßig nachgegangen. Eine Sondernutzung von Gehwegflächen für Zwecke der Außengastronomie wird durch die Bauverwaltung gebührenpflichtig erlaubt. Während der Geschäftszeit ist dies grundsätzlich an den Genehmigungsgeber zu melden. Es wird sich bei den oben genannten Sondernutzungen, außer Baustellen, in der Regel um das Stadtamt handeln. Außerhalb der Geschäftszeit können Beschwerden grundsätzlich auch bei der Polizei Bremen gemeldet werden. Inhaberinnen und Inhaber von Geschäften haben die Genehmigungen des Stadtamts auf Verlangen vorzuzeigen. Daraus sind auch bestehende Auflagen und Beschränkungen für die einschreitenden Polizeibeamten ersichtlich. Erforderliche Maßnahmen werden subsidiär von der Polizei Bremen getroffen. Alle übrigen Arten der Sondernutzung (Arbeitsstelle, Gerüst, Haltverbote, etc.) sind am zuständigen Polizeirevier und dort beim Verkehrssachbearbeiter hinterlegt . Auf die Frage nach „gravierend betroffenen Bordsteinen“ wird inhaltlich auf die Antworten zu den Fragen 1 und 4 verwiesen. Muss bei erforderlichen Arbeiten auf dem Geh- und Radweg gegebenenfalls ein gesicherter Notweg auf der Fahrbahn eingerichtet werden, werden regelmäßig auch feste Anrampungen für Kinderwagen und Rollstühle hergerichtet. 7. Wie bewertet der Senat die Idee, eine einheitliche Anlaufstelle zu schaffen, bei der alle oben beschriebenen Hinweise und Anregungen abgegeben werden können, die dann von hier aus umgehend bearbeitet oder zur Bearbeitung weitergeleitet werden? Der Senat prüft die Möglichkeit, den Kontakt zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und zu den in der Frage 6 genannten Anlaufstellen zu erleichtern. Hier wird erwogen, unter Einbeziehung der bestehenden Internetplattform der Stadt bremen.de eine solche Möglichkeit zu schaffen. 8. Wie bewertet der Senat die Idee einer Kampagne zur Sensibilisierung und zum praktischen Freiräumen von Wegen unter Beteiligung von Verwaltung, Unter- — 4 —Druck: Hans Krohn · Bremen nehmen und Bürgerinnen und Bürgern (analog etwa zu Schilderwald-Kampagnen oder „Bremen räumt auf“)? Die Idee einer Kampagne zur Sensibilisierung und zum praktischen Freiräumen von Wegen unter Beteiligung von Verwaltung, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern wird positiv bewertet. Auf diese Weise kann sich insbesondere die Sensibilität und Achtsamkeit für Menschen mit Sehbehinderung und Blindheit und für mobilitätsbeeinträchtigte Menschen erhöhen. Es bietet sich an, die Erfahrungen des Probelaufs im Ostertorviertel/Steintor einzubeziehen. 9. Werden mit der Vergabe von Nutzungsrechten im öffentlichen Raum, z. B. im Bereich der Außengastronomie, Einnahmen erzielt? Wenn nein, beabsichtigt der Senat, hier zukünftig die Erzielung von Einnahmen anzustreben? Die Gemeinde kann nach Maßgabe des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes für Sondernutzungen finanzielle Ausgleiche fordern. Die Stadtbürgerschaft hat auf der Grundlage des § 3 Bremisches Gebühren- und Beitragsgesetz die Gebührenordnung für die Sondernutzung nach dem Bremischen Landesstraßengesetz in der Stadtgemeinde Bremen vom 16. Juli 1979 (Brem.GBl. S. 279), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. April 2003 (Brem.GBl. S. 147) beschlossen . Auf dieser Grundlage werden entsprechende Einnahmen erzielt. Im Jahr 2012 wurden Sondernutzungsgebühren in Höhe von rd. 156 000 ‡ erlöst .