— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 325 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 17. Januar 2012 Jugendhilfe und Fremdplatzierung – Kindeswohl stärken Die Zahl der Fremdplatzierungen und die Dauer der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in verschiedenen Betreuungsmaßnahmen außerhalb ihrer Familien nimmt seit dem Fall Kevin im Land Bremen stark zu. Suchtproblematiken, Arbeitslosigkeit , Armut, die Erkrankung oder Trennung von Eltern und Erziehungsprobleme sind nur einige Gründe, die zu diesen Maßnahmen führen können. Einen Mittelweg zwischen der Unterstützung der betroffenen Familien und der Wahrung des Kindeswohls zu finden, ist Aufgabe der Jugendhilfe. Die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen außerhalb ihrer Familien ist dabei das letzte Mittel zur Sicherung des Kindeswohls. Die Stadt Bremen nimmt allerdings im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten einen bundesweiten Spitzenplatz in der Leistungsdichte dieser Hilfen ein (2009). Daher muss regelmäßig geprüft werden (zuletzt beschäftigte sich die Bürgerschaft in der Drucksache 17/1488 mit diesem Thema), ob die Entscheidungen zur Fremdplatzierung richtig und notwendig waren, ob die bereitgestellten Hilfen sinnvoll und nachhaltig eingesetzt wurden und wie die entsprechenden Behörden im Land Bremen bei der Sicherung des Kindeswohls zusammenarbeiten. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie viele Kinder und Jugendliche waren am Stichtag 31. September 2011 in welchen bremischen bzw. auswärtigen Jugendhilfeeinrichtungen stationär untergebracht (bitte genaue Aufschlüsselung aller Einrichtungen mit der jeweiligen Anzahl), wie stellt sich dabei die Aufteilung nach Alter und Geschlecht dar, und welche Probleme lagen jeweils der Fremdplatzierung zugrunde? 2. Wie lange war 2011 die Verweildauer der Jugendlichen in diesen Einrichtungen (differenziert nach der obenstehenden Aufschlüsselung der Einrichtungen), fanden regelmäßige Überprüfungen dieser Maßnahmen statt, wenn ja, in welcher Form, und wurden regelmäßig Gespräche mit diesen Einrichtungen geführt bzw. diese regelmäßig besucht? 3. In wie vielen Fällen wurde die Hilfeplanung halbjährlich fortgeschrieben, wie häufig ist die Fortschreibung unterblieben, und warum und wie oft werden Gespräche mit den Kindern/Jugendlichen sowie den Eltern bzw. Erziehungsberechtigten geführt? 4. Bei wie vielen Kindern/Jugendlichen erfolgte eine stationäre Unterbringung nach einer vorhergehenden ambulanten Maßnahme, und bei wie vielen Kindern /Jugendlichen wurde die Fremdplatzierung durch eine ambulante Maßnahme „abgelöst“? 5. Wie hoch waren 2011 die durchschnittlichen monatlichen Kosten für eine stationäre Maßnahme, und wie stellen sich die Kosten Bremer Einrichtungen zu vergleichbaren Kosten auswärtiger Einrichtungen dar (differenzierte Darstellung nach Maßnahmenangebot)? 6. Aus welchen Gründen sind weitaus mehr Kinder und Jugendliche im bremischen Umland untergebracht, als im Land Bremen selbst, und welche Angebote fehlen dazu im Land Bremen, was unternimmt der Senat, um in diesem Bereich Anpassungen vorzunehmen? — 2 — 7. Welche Zusatzleistungen wurden neben dem festgelegten Pflegesatz geleistet, wer entschied über diese Zusatzleistungen, weshalb waren diese Zusatzleistungen nötig, wurden diese Zusatzleistungen zentral erfasst, und wie hoch war 2011 die Gesamtsumme dieser Zusatzleistungen? 8. Gibt es einheitliche Richtlinien für die Gewährung von Zusatzleistungen, wer innerhalb des Amtes für Soziale Dienste überprüft gegebenenfalls deren Einhaltung , gibt es eine zentrale Steuerung dieser Zusatzleistungen, und falls nein, warum nicht? 9. Wie wird der Zugang in stationäre Maßnahmen gesteuert, und wird die entsprechende fachliche Weisung, nach der alle Maßnahmen mit dem zentralen Beratungsdienst abzuklären sind, eingehalten? 10. In welcher Form erfolgt das Controlling der Unterbringungen und der damit verbundenen Kosten, findet eine Kostenkontrolle in den Sozialzentren und zentral für ganz Bremen und Bremerhaven statt, wo laufen alle Informationen zu den Maßnahmen zusammen, und wie werden die Ergebnisse bei weiteren Fremdplatzierungen genutzt, und gibt es ein zentrales EDV-Programm, aus dem einzelne Daten zeitnah erfasst und die aktuellen Kosten dargestellt werden können ? 11. Wie zeitnah erfolgt die Auszahlung der für die Fremdplatzierung fälligen Kosten bei den Trägern, und welche Außenstände gibt es? Sandra Ahrens, Dr. Rita Mohr-Lüllmann, Heiko Strohmann, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU D a z u Antwort des Senats vom 27. März 2012 Vorbemerkung zu den angegebenen Daten Die stadtbremischen Daten beziehen sich auf den Stichtag 30. September 2011, der Datenbankbestand ist der OK.JUG-Datenbank vom 31. Dezember 2011 entnommen. Insofern können die Daten von denen abweichen, die in den offiziellen Controllingberichten der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen dargestellt sind. Die Auswertungen greifen auf einen aktuelleren Datenbestand zurück und wurden teilweise mit speziell für diese Anfrage erstellten Auswertungsroutinen erhoben. 1. Wie viele Kinder und Jugendliche waren am Stichtag 31. September 2011 in welchen bremischen bzw. auswärtigen Jugendhilfeeinrichtungen stationär untergebracht (bitte genaue Aufschlüsselung aller Einrichtungen mit der jeweiligen Anzahl), wie stellt sich dabei die Aufteilung nach Alter und Geschlecht dar, und welche Probleme lagen jeweils der Fremdplatzierung zugrunde? Am 30. September 2011 waren durch das Amt für Soziale Dienste Bremen insgesamt 1 050 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in stationären Einrichtungen untergebracht. Da sich diese Unterbringungen auf 325 Einrichtungen bei 203 Trägern verteilen, wird in den folgenden Tabellen lediglich eine Auswahl der am häufigsten frequentierten Träger innerhalb und außerhalb Bremens dargestellt. — 3 — Datenquelle: OK.JUG mit Datenbestand vom 31. Dezember 2011 Von den 1 050 untergebrachten jungen Menschen sind 599 männlich und 451 weiblich. Das entspricht einer prozentualen Verteilung von 57 % zu 43 %. Datenquelle: OK.JUG mit Datenbestand vom 31. Dezember 2011 In der Stadtgemeinde Bremen wird bei den Ursachen für die Fremdplatzierung mit 16,5 % am häufigsten das Merkmal „Eingeschränkte Erziehungskompetenz der Eltern“ genannt. Im Einzelfall können mehrere Ursachen benannt werden. — 4 — Das Amt für Jugend, Familie und Frauen Bremerhaven hatte am Stichtag insgesamt 159 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in stationären Einrichtungen untergebracht. Die Aufteilung nach Unterbringungen außerhalb und innerhalb des Bundeslandes Bremen sowie die Darstellung nach Durchschnittsalter und Geschlecht sind aus den folgenden Tabellen ersichtlich: — 5 — Von den 159 durch das Amt für Jugend, Familie und Frauen Bremerhaven untergebrachten Minderjährigen und Heranwachsenden sind 95 männlich und 64 weiblich. Das entspricht einer prozentualen Verteilung von 60 % zu 40 %. Eine Aufstellung nach Unterbringungsgründen liegt dem Senat für die Stadtgemeinde Bremerhaven nicht vor. 2. Wie lange war 2011 die Verweildauer der Jugendlichen in diesen Einrichtungen (differenziert nach der obenstehenden Aufschlüsselung der Einrichtungen), fanden regelmäßige Überprüfungen dieser Maßnahmen statt, wenn ja, in welcher Form, und wurden regelmäßig Gespräche mit diesen Einrichtungen geführt bzw. diese regelmäßig besucht? Verweildauern können nur für bereits beendete Fälle untersucht werden. Aus dem System OK.JUG lassen sich Daten zu Verweildauern für die Stadtgemeinde Bremen nur mit erheblichem Programmieraufwand generieren. Da die Umstellung auf OK.JUG erst im Jahr 2010 für die stationären Hilfen abgeschlossen und das Beginndatum der Hilfe in den meisten Fällen mit dem Umstellungsdatum auf OK.JUG gleichgesetzt wurde, lassen sich derzeit noch keine validen Daten zu Verweildauern aus dem System erzeugen. Regelmäßige Überprüfungen der Maßnahmen erfolgen mindestens einmal jährlich , bei Bedarf auch unterjährig und werden im Rahmen der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII durchgeführt. Die Gespräche finden abhängig von den Erfordernissen des Einzelfalles in den jeweiligen Einrichtungen oder im zuständigen Sozialzentrum statt. Zur Verweildauer junger Menschen in Einrichtungen liegen dem Senat aus Bremerhaven folgende Angaben vor: Die Hilfeplanfortschreibungen beim Ambulanten Sozialdienst (ASD) Bremerhaven finden halbjährlich statt. Dabei werden die Maßnahmen überprüft. Die Gespräche finden sowohl in den Einrichtungen, als auch im Amt für Jugend, Familie und Frauen Bremerhaven statt. 3. In wie vielen Fällen wurde die Hilfeplanung halbjährlich fortgeschrieben, wie häufig ist die Fortschreibung unterblieben, und warum und wie oft werden Gespräche mit den Kindern/Jugendlichen sowie den Eltern bzw. Erziehungsberechtigten geführt? Siehe auch Antwort zu Frage 2. Für die Leistungsgewährung und Weiterbewilligung einer stationären Maßnahme gilt in Bremen die fachliche Weisung 03/2005 „Steuerung der Hilfen zur Erziehung gemäß §§ 27 ff. Achtes Sozialgesetzbuch (SGB VIII) – Kinder- und Jugendhilfe-Verfahren zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung“. Im Rah- — 6 — men der Maßnahmen zur Entlastung des Casemanagement im Ambulanten Sozialdienst Junge Menschen wurde das Verfahren zu den festgelegten Bewilligungszeiträumen dahingehend modifiziert, dass bei längerfristig angelegten Hilfebedarfen der Verlängerungszeitraum im Einzelfall auf jeweils ein Jahr festgelegt werden kann. Nähere statistische Angaben lassen sich für die Stadtgemeinde Bremen aus dem System OK.JUG nicht generieren. Gespräche mit Kindern, Jugendlichen sowie deren Eltern bzw. Leistungsberechtigten , erfolgen jedoch auch unabhängig von der förmlichen Fortschreibung des Hilfeplanes bei Bedarf. Dabei hängen die Gesprächsintervalle von der Indikation im Einzelfall und den Anliegen der Betroffenen ab. Die Fortschreibung der Hilfeplanung in Bremerhaven erfolgt halbjährlich. Eine Ausnahme muss auf Leitungsebene beantragt werden und erfolgt z. B. bei Erkrankung der Jugendlichen oder der fallführenden Fachkraft in der Regel für vier bis acht Wochen. Die Anzahl der geführten Gespräche mit den Eltern differenzieren von Fall zu Fall und hängen von der Indikation im Einzelfall ab. 4. Bei wie vielen Kindern/Jugendlichen erfolgte eine stationäre Unterbringung nach einer vorhergehenden ambulanten Maßnahme, und bei wie vielen Kindern /Jugendlichen wurde die Fremdplatzierung durch eine ambulante Maßnahme „abgelöst“? Für die Stadtgemeinde Bremen liegen nachfolgende Zahlen vor: In 55, 2 % der Neufälle in der stationären Unterbringung im Jahr 2011 wurden im Vorfeld bereits ambulante Maßnahmen durchgeführt. In 15,9 % der beendeten stationären Maßnahmen erfolgten anschließend weitere ambulante Hilfen . In über der Hälfte der Fälle mit nachfolgenden Maßnahmen war das Betreute Jugendwohnen die Folgeleistung. In der folgenden Tabelle wurden alle ambulanten Hilfen inklusive des betreuten Jugendwohnens gezählt, jedoch ohne Nachbetreuung. Bei den vorherigen Hilfen konnte technisch nicht auf einen zeitlichen Zusammenhang abgestellt, sondern nur überprüft werden, ob überhaupt schon einmal eine ambulante Hilfe zur Erziehung vor der Heimunterbringung durchgeführt wurde. Datenquelle: OK.JUG mit Datenbankbestand vom 31. Dezember 2011 Eine Beantwortung ist mithilfe des EDV-Systems in Bremerhaven nicht möglich und wäre in einer Einzelaktenauswertung zu aufwendig. 5. Wie hoch waren 2011 die durchschnittlichen monatlichen Kosten für eine stationäre Maßnahme, und wie stellen sich die Kosten Bremer Einrichtungen zu vergleichbaren Kosten auswärtiger Einrichtungen dar (differenzierte Darstellung nach Maßnahmenangebot)? Die Durchschnittskosten für eine stationäre Unterbringung betrugen in Bremen auf Grundlage von aktualisierten gewichteten (= tatsächliche Kosten dividiert durch Anzahl der Fälle) Berechnungen aus dem System OK.JUG zu tatsächlichen Fallkosten für das auswertbare erste Halbjahr 2011 4 142 ‡ monatlich. Dabei sind alle Leistungstypen (Heim, Erziehungsstelle und Intensive Sozialpädagogische Einzelfallhilfe stationär – auch jeweils nach § 35 a SGB VIII) sowie individuelle Zusatzleistungen enthalten. Für den Vergleich der Kosten innerhalb und außerhalb Bremens wird auf eine zurückliegende überschlägige Vergleichsauswertung aus dem Jahr 2010 zurückgegriffen . Die gesamten Durchschnittskosten betrugen laut damaliger Berechnung 4 020 ‡ monatlich. Die Bremer Einrichtungen lagen dabei mit 3 927 ‡ pro Monat etwas günstiger als die auswärtigen Einrichtungen mit monatlich 4 065 ‡. Eine direkte Vergleichbarkeit der Leistungen ist dabei jedoch nicht gegeben , da auswärtige Einrichtungen insbesondere auch wegen spezieller Angebote , die eher im hochpreisigen Leistungssegment der Hilfen angesiedelt sind, belegt werden. Ein Kostenvergleich nur für Einrichtungen mit vergleichbarem Betreuungsniveau sowie eine differenzierte Darstellung nach Betreuungsangebot im Jahr 2011 darunter mit vorh./nachf. amb. Hilfen in Prozent Neufälle Heim 417 230 55,2% Beendigungen Heim 371 59 15,9% — 7 — wäre nur im Rahmen einer aufwendigen Sonderuntersuchung, der auch die auswärtigen Träger zustimmen müssten, möglich und liegt für das Jahr 2011 daher im System nicht vor. Zur Konsolidierung der Ausgaben wurde mit der LandesArbeitsGemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bremen e. V. für das Jahr 2011 eine Null-Fortschreibung der Entgelte vereinbart. Dennoch kam es aus folgenden Gründen zu Kostensteigerungen gegenüber dem Vorjahr: • Entgeltanpassungen für innerbremische Einrichtungen aus dem Jahr 2010 die erst im Jahr 2011 wirksam wurden, • Entgeltsteigerungen bei auswärtigen Einrichtungen/Trägern, • fachlich notwendige Nutzung von kostenintensiven Spezialeinrichtungen und • durch fachlich notwendige Zusatzleistungen im Einzelfall. Die Durchschnittskosten aller außerfamiliären Unterbringungen durch das Amt für Jugend, Familie und Frauen Bremerhaven sind aus folgender Tabelle ersichtlich , wobei Zusatzleistungen in der Regel nicht gewährt wurden: Die niedrigeren Kosten in Bremerhaven lassen sich im Wesentlichen mit dem niedrigeren Mietniveau in Bremerhaven erklären. 6. Aus welchen Gründen sind weitaus mehr Kinder und Jugendliche im bremischen Umland untergebracht, als im Land Bremen selbst, und welche Angebote fehlen dazu im Land Bremen, was unternimmt der Senat, um in diesem Bereich Anpassungen vorzunehmen? Das stationäre Platzangebot Bremer Jugendhilfeeinrichtungen in beiden Stadtgemeinden entspricht quantitativ nicht mehr der Nachfrage an Plätzen durch die Sozialdienste des Amtes für soziale Dienste Bremen und des Amtes für Jugend , Familie und Frauen Bremerhaven. Demzufolge ist es unumgänglich, auch Angebote außerhalb beider Städte in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus sind nicht alle in Bremen und Bremerhaven verfügbaren Plätze für alle Fallkonstellationen geeignet. Aus diesem Grund sind bei der Suche nach der geeigneten Hilfe für den Einzelfall individuelle und geeignete Angebote auch außerhalb beider Städte zu prüfen und zu nutzen. Bereits Ende des Jahres 2010 wurde für die Stadtgemeinde Bremen in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe unter Leitung der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales ein „Rahmenvertrag 2011 zur Leistungsstruktur und Vergütungsentwicklung für Einrichtungen der Erziehungshilfe nach dem SGB VIII“ mit der LandesArbeitsGemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bremen e. V. vereinbart. Der Rahmenvertrag enthält sowohl Vereinbarungen zur strukturellen Weiterentwicklung der Angebotsstruktur als auch zur Zugangssteuerung und zur Kostenbegrenzung bei der Finanzierung von Erziehungshilfen. Die auf dieser Grundlage vorgenommenen Planungen zur Stärkung der innerbremischen Einrichtungskapazitäten haben sich nur teilweise realisieren lassen . Es sind zurzeit in Bremer Einrichtungen der Erziehungshilfe nachfolgende Plätze verfügbar: — 8 — Die im Kontext des oben genannten Rahmenvertrages vom Amt für Soziale Dienste Bremen entwickelte Bedarfsplanung wird weiter verfolgt und weiter aktualisiert . Die gemeinsame Realisierung der Planungen in beiden Stadtgemeinden ist jedoch abhängig vom Auffinden geeigneter Standorte, wirtschaftlich tragfähiger Objekte und entsprechender Trägeranträge. Vor diesem Hintergrund gestaltet sich die Umsetzung nach beidseitiger Einschätzung schwieriger und langwieriger als vorgesehen. 7. Welche Zusatzleistungen wurden neben dem festgelegten Pflegesatz geleistet, wer entschied über diese Zusatzleistungen, weshalb waren diese Zusatzleistungen nötig, wurden diese Zusatzleistungen zentral erfasst, und wie hoch war 2011 die Gesamtsumme dieser Zusatzleistungen? Als Zusatzleistungen lassen sich für die Stadtgemeinde Bremen aus dem System OK.JUG individuelle Zusatzleistungen in Form von Leistungsstunden sowie Leistungspauschalen ermitteln. In 7,47 % der Fälle wurden im Jahr 2011 Zusatzleistungen gewährt. Der Anteil an den Gesamtkosten der stationären Unterbringung betrug 1,44 %. Eine weitergehende zentrale Erfassung von Zusatzleistungen erfolgt nicht. Individuelle Zusatzleistungen beinhalten notwendige Hilfen im Einzelfall, die im Rahmen des angesprochenen Regelleistungsangebots der Einrichtung nicht erbracht werden können. Es handelt sich um spezifische erzieherische und/oder pädagogisch therapeutische Leistungen, die individuell auf besondere, zeitlich begrenzte Problemlagen und Hilfebedarfe eines bestimmten Kindes oder Jugendlichen ausgerichtet sind. Art und Umfang der Zusatzleistungen werden im Rahmen des Hilfeplanverfahrens nach § 36 SGB VIII festgelegt. Entsprechend der hierzu geltenden Fachrichtlinie können individuelle Zusatzleistungen insbesondere in folgenden besonderen Bedarfssituationen gewährt werden: a) Erst- bzw. Neuaufnahmen von Kindern oder Jugendlichen (erstes Hilfeplanverfahren ) in Einrichtungen, die vorübergehend außergewöhnlich massive, zeitlich eingrenzbare Anpassungsschwierigkeiten in der Eingewöhnung haben, b) bei Kindern und Jugendlichen, die sich bereits in Einrichtungen befinden mit (im Nachhinein) • wesentlichen und nicht planbaren, zeitlich eingrenzbaren kurzfristigen Krisen in Einrichtungen, bei denen die Krisenintervention nicht zum Regelleistungsangebot gehört, • wesentlichem und nicht planbaren, zeitlich eingrenzbarem fremd- und autoaggressiven Verhalten mit Eigen- bzw. Fremdgefährdung, • wesentlichen, nicht planbaren, außerordentlichen und zeitlich eingrenzbaren Änderungen der Bedarfslage bei Kindern und Jugendlichen in ganz besonderen Lebensbereichen (Schule, Beruf). Bei allen oben genannten Anlässen liegt die Zielsetzung darin, kurzfristig aufeinander folgende bzw. häufige Wechsel von jungen Menschen zwischen verschiedenen Einrichtungen zu vermeiden. In Bremerhaven wurde annähernd durchgängig nur die Grundleistung angeboten . — 9 — 8. Gibt es einheitliche Richtlinien für die Gewährung von Zusatzleistungen, wer innerhalb des Amtes für Soziale Dienste überprüft gegebenenfalls deren Einhaltung , gibt es eine zentrale Steuerung dieser Zusatzleistungen, und falls nein, warum nicht? Siehe auch Antwort zu Frage 7. Die im Land Bremen geltenden Grundsätze und Verfahrensregelungen zur Erbringung und Vergütung individueller Zusatzleistungen sind zudem in der Anlage 4 zu § 11 des Landesrahmenvertrages SGB VIII festgehalten. Die Einhaltung obliegt in der Stadtgemeinde Bremen den jeweils zuständigen Fachkräften im Ambulanten Sozialdienst und deren Fachvorgesetzten. Eine zentrale Steuerung dieser Zusatzleistungen ist aufgrund der Besonderheit der Einzelfälle nicht sinnvoll. Die Fachkräfte werden vor einer Fremdunterbringung durch den zentralen Beratungsdienst Fremdplatzierung jedoch über die im Leistungsangebot der jeweiligen Träger enthaltenen Grundleistungen beraten. Die für den Ambulanten Sozialdienst (ASD) in Bremerhaven geltenden Richtlinien werden intern überwacht. 9. Wie wird der Zugang in stationäre Maßnahmen gesteuert, und wird die entsprechende fachliche Weisung, nach der alle Maßnahmen mit dem zentralen Beratungsdienst abzuklären sind, eingehalten? Der Zugang in eine stationäre Maßnahme wird in der Stadtgemeinde Bremen bei vorliegender Indikation erst nach Beratung durch mehrere sozialpädagogische Fachkräfte und Beratung in der Wochenkonferenz eingeleitet. Der Beratungsdienst Fremdplatzierung ist vor jeder neuen stationären Maßnahme verbindlich zu beteiligen. Vor dem Hintergrund langer Vakanzen und dadurch ausgefallenen Beratungen im Beratungsdienst Fremdplatzierung in 2011 fehlt einer Auswertung die Datengrundlage. Den kumulierten Controllingdaten zu Neuaufnahmen bei Fremdplatzierungen für das laufende Jahr 2012 in Höhe von insgesamt 66 Maßnahmen am Stichtag 29. Februar 2012 in stationären Einrichtungen, Vollzeitpflege und Betreutem Jugendwohnen standen im Januar 2012 55 Anfragen und im Februar 2012 65 Anfragen beim Beratungsdienst gegenüber. 10. In welcher Form erfolgt das Controlling der Unterbringungen und der damit verbundenen Kosten, findet eine Kostenkontrolle in den Sozialzentren und zentral für ganz Bremen und Bremerhaven statt, wo laufen alle Informationen zu den Maßnahmen zusammen, und wie werden die Ergebnisse bei weiteren Fremdplatzierungen genutzt, und gibt es ein zentrales EDV-Programm, aus dem einzelne Daten zeitnah erfasst und die aktuellen Kosten dargestellt werden können ? Jede Neuunterbringung sowie auch alle Verlängerungen von bestehenden Maßnahmen werden in der Stadtgemeinde Bremen von der fallführenden Fachkraft im Sozialdienst Junge Menschen in die Wochenkonferenz eingebracht und dort fachlich inhaltlich beraten. Darüber hinaus ist der Beratungsdienst Fremdplatzierung grundsätzlich vor jeder neuen stationären Maßnahme verbindlich zu beteiligen. Nach Wiederbesetzung der für diesen Dienst ausgewiesenen Stellen zum Dezember 2011 wird es zukünftig wieder möglich sein, die Anfragen der fallführenden Kolleginnen und Kollegen sowie deren Rückmeldungen über die Einrichtungen zentral zu erfassen und auszuwerten. Das Fachcontrolling für die Hilfen zur Erziehung erstellt auf gesamtstädtischer Ebene monatliche Berichte mit Finanz- und Leistungsdaten zu den Hilfen zur Erziehung. Quartalsweise wird ein Benchmark mit Leistungsdaten auf Sozialzentrums - und Stadtteilebene erstellt. In Zielvereinbarungs- und Controllinggesprächen werden die Daten zu den Hilfen zu Erziehung mit Amtsleitung, Fachcontrolling , Fachabteilung und Sozialzentren bewertet. Hierzu werden zusätzliche Leistungsdaten (Sozialzentrumsberichte) auf Sozialzentrums- und Teamebene seitens des Fachcontrollings zu Verfügung gestellt. Die Fremdplatzierung nimmt wegen der fachlichen und finanziellen Bedeutung in den Controllinggremien einen entsprechend großen Raum ein. Dem Control- — 10 — ling steht mit OK.JUG eine Software zur Verfügung mit der auch Auswertungen zu Kosten durchgeführt werden können. Eine Auswertung für das Amt für Jugend, Familie und Frauen in Bremerhaven erfolgt monatlich über die Software. Der Controller erstellt einen vierteljährlichen Bericht, der mit den zuständigen Koordinatoren gemeinsam erörtert wird. 11. Wie zeitnah erfolgt die Auszahlung der für die Fremdplatzierung fälligen Kosten bei den Trägern, und welche Außenstände gibt es? Das System OK.JUG sieht bei vollständiger Dateneingabe eine zeitnahe Auszahlung der fälligen Kosten an die Träger vor. Aufgrund von Zahlungsverzögerungen, deren Ursache noch nicht vollständig ermittelt werden konnte, wird durch den Bereich Qualitätssicherung des Amtes für Soziale Dienste Bremen derzeit eine Datenanalyse zur Ermittlung von Bearbeitungsdauern im Sozialdienst Junge Menschen und der wirtschaftliche Jugendhilfe erstellt. Belastbare Daten liegen hierzu jedoch noch nicht vor. Den Zahlungsforderungen stehen andererseits Außenstände gegenüber, die entsprechend zu verrechnen wären. Die Höhe der Verrechnungsbedarfe kann erst nach Abschluss der oben genannten Datenanalyse beziffert werden. Darüber hinaus werden auch in Hinblick auf gegebene begrenzte personelle Ressourcen weitere Möglichkeiten der Optimierung der Zahlverfahren geprüft. Die Auszahlung der fälligen Kosten erfolgt in Bremerhaven in der Regel monatlich oder zeitnah nach Rechnungsstellung des jeweiligen Trägers innerhalb eines Monats. Druck: Anker-Druck Bremen