— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Stadtbürgerschaft 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 363 S Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 30. Mai 2013 Politische Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund auf Beiratsebene Der Entwicklungsplan Integration und Partizipation weist auf die verschiedenen Handlungsfelder hin, damit in Bremen die Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund gelingen kann. Eine besondere Bedeutung gewinnt in diesem Zusammenhang die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund auf kommunalpolitischer Ebene. Integrations- und nachbarschaftsfördernde Maßnahmen müssen in den Stadtteil- und Wohnquartieren gestärkt und gefördert werden, denn eine gute gelebte Nachbarschaft beweist sich im Alltag. Die gleichberechtigte Beteiligung an politischen Diskussions - und Entscheidungsprozessen, in denen es um Entscheidungen über die Belange des Gemeinwesens geht, ist Grundlage unseres demokratischen Systems. Politische Gleichheit von Migrantinnen und Migranten, Einfluss auf die Gestaltung ihres Wohnumfeldes zu nehmen, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist ein wesentliches Ziel der bremischen Integrationspolitik. Damit stellt sich auch allen Beiräten und Ortsämtern diese Aufgabe, und aus diesem Grund wurde von der Senatskanzlei im Frühjahr 2012 den Beiräten Maßnahmen zur Beratung vorgestellt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Welchen Stellenwert misst der Senat dem Engagement von Migrantinnen und Migranten in Beiräten hinsichtlich der Integrationswirkung zu? 2. Wie hoch ist der Anteil von Beiratsmitgliedern und sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund in den Beiräten? 3. Fanden Informations- und Schulungsseminare für Beiratsmitglieder zum Themenbereich „Migrations- und Integrationspolitik“ statt, oder sind diese geplant? 4. Welche Informationen und Beratungsangebote für Vereine und Initiativen der Migrationsarbeit über die Aufgaben von Ortsämtern und Beiräten werden bereitgestellt bzw. sind geplant? Mit welchen Maßnahmen kann das angestrebte Ziel der Partizipation von Migrantinnen und Migranten auf Stadtteilebene weiter unterstützt werden? Valentina Tuchel, Helmut Weigelt, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD D a z u Antwort des Senats vom 9. Juli 2013 1. Welchen Stellenwert misst der Senat dem Engagement von Migrantinnen und Migranten in Beiräten hinsichtlich der Integrationswirkung zu? Der Senat ist der Auffassung, dass auch in den Bremer Beiräten und deren Ausschüssen sich die Zusammensetzung der Gesellschaft in den einzelnen Stadtund Ortsteilen widerspiegeln sollte, damit eine Interessenvertretung aller Bürgerinnen und Bürger im Stadtteil gewährleistet werden kann. Allerdings hat der Senat auf die Zusammensetzung der direkt gewählten Stadtteilvertretungen — 2 — keinen Einfluss. Die Listen zur Wahl der Beiräte werden von den im jeweiligen Stadtteil antretenden Parteien und Wählervereinigungen aufgestellt und die Wahlberechtigten können nach dem bremischen Wahlrecht durch Kumulieren und Panaschieren eine Veränderung der Reihenfolge gegenüber den Listen bewirken . Zugleich ist für die Fragen des Zusammenlebens in den Stadtteilen, also die Frage nach der Integrationswirkung, die Zusammensetzung der Gremien der Beiräte zwar ein wichtiger, aber auch nur ein Aspekt. Gerade vor dem Hintergrund , dass in bremischen Stadtteilen eine Vielzahl von zugewanderten Menschen leben, die nach dem heutigen Wahlrecht weder Beiräte wählen noch selbst gewählt werden können, weil sie eine andere als die deutsche Staatsangehörigkeit haben und auch nicht Angehörige eines EU-Landes sind, ist es wichtig, die Interessen möglichst aller Menschen im Stadtteil in politische Entscheidungsprozesse einfließen zu lassen. Es empfiehlt sich, die vielfältigen Formen der Beteiligung und des Engagements einzubeziehen bei der Frage nach der politischen Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund. In diesem Sinne ist es wünschenswert, dass die Vernetzung der Beiräte mit Migrantenorganisationen und Stadtteilinitiativen, die integrationspolitisch arbeiten , stetig verbessert wird. Über integrationspolitische Fragestellungen in Planungskonferenzen , Ausschuss- oder Beiratssitzungen können neue Gruppen und Personen für Beiratsarbeit interessiert werden und somit die Bürgernähe der Beiratsarbeit stetig weiterentwickelt werden. Einige Beiräte haben integrationspolitische Planungskonferenzen und Sitzungen initiiert, gute Resonanz erzeugt und neue Kooperationen und Zugänge aufbauen können. Diese Ansätze begrüßt der Senat sehr. 2. Wie hoch ist der Anteil von Beiratsmitgliedern und sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund in den Beiräten? In den 22 Bremer Beiräten nehmen 327 Beiratsmitglieder ihr bei der letzten Beiratswahl erhaltenes Mandat war. Zusätzlich sind in den Ausschüssen der Beiräte ca. 220 sogenannte sachkundige Bürgerinnen und Bürger aktiv, die von den Parteien und Wählervereinigungen den Beiräten zur Entsendung in die Ausschüsse gemäß § 23 Abs. 4 des Ortsgesetzes über Beiräte und Ortsämter vom 2. Februar 2010 vorgeschlagen werden. Je nach Zusammensetzung der Ausschüsse haben die sachkundigen Bürgerinnen oder Bürger ein Stimmrecht oder sind beratend tätig. Der mögliche Migrationshintergrund ist weder bei der Aufstellung als Beiratskandidatin oder Beiratskandidat oder für die Wahl als sachkundige Bürgerin oder Bürger ein Kriterium, das angegeben oder erfasst wird. Deshalb ist dem Senat nicht bekannt, wie viele Mitglieder in Beiräten oder deren Ausschüsse über einen Migrationshintergrund verfügen. Das gleiche gilt für die Jugendbeiräte. 3. Fanden Informations- und Schulungsseminare für Beiratsmitglieder zum Themenbereich „Migrations- und Integrationspolitik“ statt, oder sind diese geplant? Der Senat plant für Ende des Jahres 2013/Anfang 2014, ein Blockseminar für alle interessierten Beiratsmitglieder und sachkundigen Bürgerinnen und Bürger anzubieten, in dem übergreifende integrationspolitische Themen behandelt werden sollen. Jenseits des konkreten Angebots von Seminaren haben sich einige Beiräte in Beirats- oder Ausschusssitzungen sowie in Planungskonferenzen mit integrationspolitischen Fragestellungen ihres Stadtteils oder den Zielsetzungen des Entwicklungsplans Partizipation und Integration auseinandergesetzt. Zudem haben im Zuge der Programmgestaltung der letztjährigen Integrationswoche viele Beiräte ihrerseits die Einladung zur Mitgestaltung der Integrationswoche aktiv aufgegriffen und das Programm durch eine Vielzahl an Programmbeiträgen bereichert . So haben beispielsweise das Ortsamt und der Beirat Borgfeld die Wanderausstellung „Geschichte und Gegenwart der Deutschen aus Russland“ mit präsentiert und der Beirat Huchting das dortige Interkulturelle Kinder- und Familienfest unterstützt. Unter dem Motto „Rein in die Zukunft: politische Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund“ hat der Beirat Vahr eine Diskussions- — 3 — veranstaltung mitgestaltet und der Beirat Mitte/Östliche Vorstadt die Ideenbörse „i3 – Identität – Integration – Ideen“ für Kinder und Jugendliche zum Thema „Beteiligung in den Stadtteilen“ veranstaltet. Weitere Beispiele sind Veranstaltungsbeteiligungen bei „Interkulturalität und Partizipation von Migrantinnen und Migranten in sogenannten benachteiligten Quartieren wie dem Schweizer Viertel “, ein Workshop in Kattenturm sowie das „Nachbarschaftsfest Obervieland“, jeweils von den örtlichen Beiräten mit initiiert bzw. unterstützt. Mit der gemeinsam mit dem Ortsamt und Beirat Schwachhausen präsentierten Veranstaltung „Die Islamische Föderation stellt sich und ihre Aktivitäten vor“ wurde ein neuerliches Signal zur Förderung des interreligiösen Dialogs gesetzt. Nicht nur diese Veranstaltungsbeispiele zeigen, dass der interkulturelle Dialog zwischen ortspolitischen Kräften sowie die Einbeziehung von Bürgerinnen/Bürgern mit Zuwanderungsbiografien in die Gestaltung von gemeinsamen Stadtteilaktivitäten auf einem guten Weg ist und insofern eine solide Basis für die Weiterentwicklung der politischen Partizipation von Migranteninnen und Migranten besteht. 4. Welche Informationen und Beratungsangebote für Vereine und Initiativen der Migrationsarbeit über die Aufgaben von Ortsämtern und Beiräten werden bereitgestellt bzw. sind geplant? Mit welchen Maßnahmen kann das angestrebte Ziel der Partizipation von Migrantinnen und Migranten auf Stadtteilebene weiter unterstützt werden? In der Zwischenzeit ist eine Internetplattform auf www.bremen.de eingerichtet worden, die das politische System der Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven erklärt und die auch Informationen für Vereine und Initiativen für Migrantinnen und Migranten enthält. Der Senat plant, im Frühjahr 2014 mit den Ortsämtern einen Fachtag zu organisieren , der sich mit der Frage nach geeigneten Maßnahmen zur Steigerung der politischen Partizipation von Migrantinnen und Migranten befasst. In diesem Rahmen soll die Chance zum stadtteilübergreifenden Erfahrungsaustausch unter den Beiräten ebenso gegeben sein wie die Erarbeitung von neuen Ideen und Herangehensweisen, die die Stadtteilakteure in ihre Stadtteilarbeit mitnehmen können. — 4 —Druck: Hans Krohn · Bremen