— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Stadtbürgerschaft 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 404 S (zu Drs. 18/397 S) 29. 10. 13 Mitteilung des Senats vom 29. Oktober 2013 Umsetzung der „Joboffensive“ in Bremen Die Fraktion der CDU hat unter Drucksache 18/397 S eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: Zum besseren Verständnis der Antworten zu den einzelnen Fragen sind einige Vorbemerkungen notwendig. Im Vorspann der Großen Anfrage wird davon ausgegangen, „dass die 41 zusätzlichen Vermittler (insgesamt 77 Vermittler in den Joboffensive-Teams des Jobcenters Bremen, Anmerkung des Verfassers) bislang keinen einzigen Arbeitslosen vermittelt . . . haben.“ Das ist nicht der Fall. Die Joboffensive-Teams haben von März bis August dieses Jahres 1 655 Arbeitslose mit deutlich steigender Tendenz vermittelt. Allerdings konnten, so auch die von den Fragestellern in Bezug genommene Vorlage 18/399 S für die Sitzung des städtischen Haushalts- und Finanzausschuss am 20. September 2013, Seite 8, „. . . noch keine zusätzlichen Integrationen realisiert werden“. Dieses Missverständnis gilt es aufzuklären. Schon mit der Vorlage 18/260 S für die Sitzung des städtischen Haushalts- und Finanzausschusses am 16. November 2012, in der die haushaltsmäßigen Voraussetzungen zur Umsetzung der Joboffensive beschlossen wurden, wurden die Controlling- und Erfolgsmaßstäbe für die Joboffensive erläutert. Unterschieden wird zwischen der Anzahl der Integrationen, die ohne die zusätzlichen Ressourcen im Rahmen der Joboffensive erreicht werden sollten (Basisintegrationen) und den zusätzlichen Integrationen , die durch den zusätzlichen Ressourceneinsatz im Rahmen der Joboffensive (41 zusätzliche Arbeitsvermittler) erreicht werden sollen. Ein Erfolg der Joboffensive kann sich nach dieser Definition in Bremen ebenso wie an allen anderen Standorten der Joboffensive in Deutschland rechnerisch erst einstellen, wenn vorher mindestens das Basisziel erreicht wird. Diese Zieldefinition hat den Vorteil, dass rechnerisch klar zwischen Basiszielerreichung (ohne zusätzliche Joboffensivressourcen) und zusätzlicher Zielerreichung (mit zusätzlichen Joboffensivressourcen) unterschieden werden kann. Der Nachteil dieser Zieldefinition ist, dass sie den Erfolg der Joboffensive erst abbildet, wenn die Basisintegrationen erreicht werden. Wenn, wie gegenwärtig bundesweit der Fall, die Integrationszahlen insbesondere aufgrund einer nur noch verhalten positiven Arbeitsmarktdynamik (Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, Zugang und Bestand der als offen gemeldeten Stellen) hinter den Erwartungen zurückbleiben , wird es deutlich schwieriger, die zusätzlichen Integrationseffekte gegen den Trend zu erreichen. Dass bei der Prognose von Arbeitsmarktentwicklungen das Ist vom prognostizierten Soll abweichen kann, ist kein neues Phänomen und darf nach Auffassung des Senats durchaus als ein Argument zur Erklärung herangezogen werden . Veränderte Rahmenbedingungen sollen aber nicht – auch bei der Joboffensive nicht – die Begründung für unterjährige Zielanpassungen sein, sondern allenfalls als erklärende Variable dienen. Der Senat hält gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit an der Zielsetzung fest, mit der Joboffensive die Arbeitsmarktintegration für sogenannte marktnahe SGB-IIleistungsberechtige Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt möglichst nachhaltig zu — 2 — verbessern. Zusätzliche Arbeitsmarktintegrationen sind der wichtigste Schlüssel für eine Reduzierung der kommunal finanzierten SGB-II-Kosten für Unterkunft und Heizung . Die Ziele der Joboffensive sind nur über verbesserte Betreuungsrelationen zu erreichen. Der Senat bedauert, dass die Finanzierung zusätzlicher Personalkosten in den Jobcentern gegenwärtig nur über Umschichtungen von Eingliederungsmitteln in das Personal- und Verwaltungskostenbudget möglich ist. Initiativen der Arbeitsund Sozialministerkonferenz mit dem Ziel auskömmlicher Eingliederungs- und Verwaltungskostenbudgets haben bislang kein Gehör bei der Bundesregierung gefunden . Die Joboffensive-Teams im Jobcenter Bremen haben erfreulicherweise erheblich dazu beigetragen, die Anzahl der ausgegebenen Bildungsgutscheine an arbeitslose Leistungsberechtigte zu erhöhen. Dass dabei die verknappten Eingliederungsmittel des Bundes nicht mehr auszureichen drohen, ist kein Argument gegen die Joboffensive. 1. Sieht sich der Senat angesichts der bislang ausbleibenden Vermittlungserfolge in dem Projekt „Joboffensive“ veranlasst, die Prognose von 2 334 zusätzlichen Vermittlungen im Zeitraum 2013 bis 2014 sowie kommunalen Einsparungen in Höhe von 3,5 Mio. ‡ bis Ende 2015 zu korrigieren? Der Senat hält aus den eingangs genannten Gründen an der Zielsetzung von 2 334 zusätzlichen Integrationen im Zeitraum 2013 bis 2014 fest. An diese zusätzlichen Integrationen sind die Erwartungen bezüglich der Minderausgaben von 3,472 Mio. ‡ für Kosten der Unterkunft und Heizung gekoppelt. Nach Abzug der zusätzlichen Kosten für den erhöhten kommunalen Finanzierungsaufwand an den Personal- und Verwaltungskosten in Höhe von 0,882 Mio. ‡ entstehen im Saldo kommunale Einsparungen in Höhe von 2,59 Mio. ‡. In der Vorlage 18/260 S für die Sitzung des städtischen Haushalts- und Finanzausschusses am 16. Dezember 2012 wurde in der dort anliegenden Senatsvorlage auf die Risiken, insbesondere in Abhängigkeit von der Arbeitsmarktentwicklung , hingewiesen. Es wird darauf hingewiesen, dass auch bei verringerten Integrationszahlen zumindest von einer Kostendeckung für die Kommune auszugehen ist. 2. Welche Kommunen beteiligen sich seit wann ebenfalls an dem Projekt „Joboffensive “? Wie viele zusätzliche Arbeitsvermittler wurden dafür in Berlin, Hannover , Bielefeld und Köln jeweils eingestellt? Mit wie vielen zusätzlichen Vermittlungen und welchen kommunalen Einspareffekten wurde in diesen vier Städten vor Projektstart gerechnet? Die nachfolgenden Informationen sind dem Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen von der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen (RD) zur Verfügung gestellt worden. An dem Projekt „Ausweitung Joboffensive auf weitere Modellregionen“ beteiligen sich folgende Jobcenter (JC): Jobcenter Beginn operativer Start Köln, Stadt 1. Oktober 2012 Dortmund, Stadt 1. November 2012 Duisburg, Stadt 2. April 2013 Städteregion Aachen 1. Juni 2013 Bochum, Stadt 11. März 2013 Herne, Stadt 15. März 2013 Rhein-Sieg Kreis 21. Mai 2013 Düsseldorf, Stadt 1. Juni 2013 Mettmann 1. August 2013 Gelsenkirchen, Stadt 1. März 2013 Krefeld 2. April 2013 — 3 — Jobcenter Beginn operativer Start Viersen 2. April 2013 Oberhausen, Stadt 1. Juli 2013 Bremen, Stadt 1. März 2013 Bremerhaven 1. März 2013 Region Hannover 1. März 2013 Zu den geplanten kommunalen Einspareffekten der genannten vier Jobcenter liegen dem Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen keine belastbaren kommunalen Daten vor, die einen Vergleich mit den Bremer Daten erlauben. Das Projekt „Berliner Joboffensive“ lief vom 1. Juni 2011 bis zum 31. Mai 2013. In den Berliner JC wurden für die Projektumsetzung 350 Integrationsfachkräfte zusätzlich eingestellt. Als Ziel wurden für die gesamte Laufzeit 20 000 zusätzliche Integrationen angestrebt. Im JC Region Hannover wurden 23 zusätzliche Kräfte eingestellt und es wurden insgesamt 1 380 zusätzliche Integrationen angestrebt. Im JC Köln wurden 25 zusätzliche Kräfte eingestellt; es wurden insgesamt 1 800 zusätzliche Integrationen angestrebt. Das JC Bielefeld beteiligt sich nicht am zentralen bundesweiten Projekt. 3. Wie viele Arbeitslose konnten im Rahmen des Projekts „Joboffensive“ bislang in der Stadtgemeinde Bremen sowie – im Vergleich dazu – in den unter Punkt 2 genannten Städten zusätzlich vermittelt werden (möglichst einheitlichen Zeitraum , z. B. neun Monate nach Projektstart, wählen)? Die „Berliner Joboffensive“ ist abgeschlossen und endete erfolgreich. Nach Auskunft der RD wurden während der Projektlaufzeit in den Berliner JC ca. 21 800 zusätzliche Integrationen erzielt. Bislang konnte in keinem der drei Jobcenter Hannover, Köln und Bremen zusätzliche Integrationen ausgewiesen werden. Berücksichtigt werden muss, dass auch in Berlin erst neun Monate nach dem operativen Beginn Projekterfolge sichtbar wurden. In Bremen hingegen ist zu erwarten, dass aufgrund der aktuellen guten Integrationsleistung positive Effekte schon früher sichtbar werden. Im JC Bremen wird für den Monat August dieses Jahres die Zielzahl für die Basisintegrationen (6 408) um nur noch - 2,4 % (155 Fälle) verfehlt, nachdem im Mai die Differenz noch - 13,2 % betrug. Da im August im überregionalen Vergleich die Zielverfehlung bei den Basisintegrationen deutlich ausgeprägter ausfielen als in Bremen (für vergleichbare Jobcenter des Typ 6 durchschnittlich - 7,8 %, für Deutschland insgesamt - 8,0 %), kann begründet vermutet werden, dass diese relativ positive Entwicklung zu einem Gutteil der Joboffensive zuzurechnen ist. Es ist deshalb für Bremen nicht ausgeschlossen , dass zumindest bis zum Jahresende die Zielzahl für die Basisintegrationen übertroffen und mehrere Hundert zusätzliche Integrationen erreicht werden. 4. Welche kommunalen Einspareffekte konnten durch das Projekt „Joboffensive“ bislang in der Stadtgemeinde Bremen sowie – im Vergleich dazu – in den unter Punkt 2 genannten Städten erzielt werden (möglichst einheitlichen Zeitraum, z. B. neun Monate nach Projektstart, wählen)? Gemessen am Erfolgsmaßstab „zusätzliche Integrationseffekte“ können – wie in der Antwort zu Frage 3 dargestellt – zurzeit weder in Bremen noch in den anderen beiden JC-Regionen Hannover und Köln Einspareffekte dargestellt werden. Gemäß Auskunft der RD konnte die „Berliner Joboffensive“ 65,7 Mio. ‡ an Einsparungen erreichen. Dem standen zusätzliche Personalkosten von 43,6 Mio. ‡ gegenüber. Die Wirtschaftlichkeit des Projekts war somit gegeben. Es wurden Nettoeinsparungen von 22,1 Mio. ‡ erzielt, wobei 4,6 Mio. ‡ davon auf den Bund und 17,4 Mio. ‡ auf die Kommune entfielen. — 4 — Folglich konnten die für das Projekt eingesetzten zusätzlichen Personalressourcen durch erwirtschaftete Einsparungen refinanziert werden. 5. Warum wurde die städtische Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen nicht ebenso wie die städtische Deputation für Soziales, Kinder und Jugend sowie der städtische Haushalts- und Finanzausschuss mit dem Sachstandsbericht vom September 2013 befasst? Die städtische Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen ist nicht befasst worden , weil es sich bei der Befassung des städtischen Haushalts- und Finanzausschusses mit Daten vom Juni, also nur vier Monate nach dem operativen Start der Joboffensive, nicht um einen Bericht zu den Ergebnissen der Joboffensive handeln konnte. Vielmehr war der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen davon ausgegangen , dass es sich um einen Zwischenstand zur Umsetzung an den städtischen Haushalts- und Finanzausschuss handelt, der erst im November 2012 die haushaltsmäßigen Voraussetzungen zur Umsetzung der Joboffensive beschlossen hatte. Die Beschlüsse des städtischen Haushalts- und Finanzausschusses betrafen dabei ausschließlich den Haushalt der Senatorin für Soziales, Kinder und Jugend. Geplant war und ist, der städtischen Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen im ersten Quartal 2014 einen Zwischenbericht über die Umsetzung der Joboffensive mit Stand Ende Dezember 2013, also nach der Hälfte der Gesamtlaufzeit von zwei Jahren vorzulegen. Nach den Beschlüssen des städtischen Haushalts- und Finanzausschusses vom 20. September 2013 kann dieser Bericht auch zur geforderten Information des Ausschusses im März 2013 genutzt werden, nachdem vorher auch die städtische Deputation für Soziales, Kinder und Jugend befasst worden ist. 6. Welche Einstellungsvoraussetzungen und Qualifikationsanforderungen galten für die 41 zusätzlichen Vermittler, die im Rahmen des Projekts „Joboffensive“ im Jobcenter Bremen eingestellt wurden? Hat sich die Stadtgemeinde Bremen an dem Auswahlprozess und der Erarbeitung der Einstellungskriterien beteiligt ? Welche Schulungen erhielten die Vermittler zur Vorbereitung auf die „Joboffensive “? Nach Auskunft des JC waren Einstellungsvoraussetzung ein Hochschulabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation sowie Kenntnisse und möglichst praktische Erfahrung in der Arbeitsvermittlung, Rechtsanwendung oder im Bereich Vermittlung/Betreuung/Beratung/Weiterbildung Arbeitsloser/Arbeitssuchender. Die zusätzlichen Stellen für die Joboffensive Bremen wurden durch den Träger Bundesanstalt für Arbeit (BA) befristet für zwei Jahre bereitgestellt. Da es sich hierbei um die operative Zuständigkeit der BA handelte, wurden die Besetzungsverfahren auch durch die BA bzw. durch das Jobcenter ohne Beteiligung der Kommune durchgeführt. Ebenso wurde das im weiteren erörterte Schulungskonzept – aufbauend auf den Erfahrungen mit der Berliner Joboffensive – für die 41 neuen Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter realisiert. Die neuen Vermittlungskräfte erhielten zur Vorbereitung folgende Schulungen mit einem Umfang von 41 Schulungstagen im Zeitraum vom 2. Januar 2013 bis 1. März 2013. Schulungsthemen waren: — Zentrale Aufgaben des Jobcenters Bremen, — psychologische Grundlagen und Beratungsaufgaben, — Bewerbercoaching, — Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach § 16 SGB II/§ 45 SGB III, — Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II, — bewerberorientierte Vermittlung, — Bildungs- und Berufskunde, — Förderung beruflicher Weiterbildung, — Vertriebsorientierung, — 5 — — Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach SGB II, — IT-Fachverfahren, — Arbeitsvermittlung nach dem sogenannten Vier-Phasen-Modell. Zusätzlich durchgeführte Schulungsmaßnahmen: — Sanktionen, — Gesetz zur Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen . 7. In welcher Höhe wurden bzw. werden Eingliederungsmittel des Jahres 2013 in das Verwaltungskostenbudget des Jobcenters Bremen umgeschichtet (nicht nur bezogen auf das Projekt „Joboffensive“), zu welchem Zweck geschah dies, und welchen Anteil machen die Umschichtungen gemessen am gesamten Eingliederungsbudget aus? Wann hat die Trägerversammlung mit wessen Zustimmung über die Umwidmung entschieden? Bisher sind 2,9 Mio. ‡ in das Verwaltungskostenbudget umgeschichtet worden, davon 2,1 Mio. ‡ für zusätzliche Personalkosten zur Umsetzung der Joboffensive . Der Betrag von 0,8 Mio. ‡ wird zur Deckung von Sachkosten für zusätzliches Personal sowie für den Umbau der Geschäftsstelle West benötigt. In der Trägerversammlung vom 13. Dezember 2012 wurde ein vorläufiger Wirtschaftsplan vorgelegt, der diesen Umschichtungsbedarf auswies. Der städtischen Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen wurde in der Sitzung am 11. September 2013 (Vorlage 18/423-L) mitgeteilt, dass sich ein zusätzlicher Umschichtungsbedarf abzeichnet. Dieser resultiert aus höheren Personalkosten , da das Jobcenter in 2013 geringere Personalfluktuationen und damit weniger Vakanzen und folglich höhere Kosten als in den Vorjahren hatte. Nach Vorlage des Jobcenters für die Trägerversammlung am 21. Oktober 2013 beträgt der Umschichtungsbedarf von Eingliederungsmitteln in das Verwaltungskostenbudget von rund 3,5 Mio. ‡. Bezogen auf das durch den Bund zur Verfügung gestellte Eingliederungsbudget von 42,2 Mio. ‡ beträgt der Umschichtungsanteil rund 8,29 %. — 6 — — 7 — — 8 —Druck: Hans Krohn · Bremen