— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 426 Kleine Anfrage der Fraktion der Bündnis 90/Die Grünen vom 17. April 2012 Effizienz und Suffizienz beim Wohnen Seit der ersten Wärmeschutzverordnung von 1978 und durch die Vorgaben der folgenden Energieeinsparverordnungen (zuletzt 2009) ist der Heizenergieverbrauch bundesweit pro Quadratmeter Wohnfläche, insbesondere bei Neubauten, deutlich gesunken. Gleichzeitig ist die Zahl der Ein-Personen-Haushalte gestiegen, von deutlich unter 30 % auf inzwischen fast 40 % aller Haushalte. Auch die Wohnfläche je Einwohner/Einwohnerin steigt kontinuierlich an. Kleinere Haushalte haben zudem im Schnitt pro Person größere Wohnflächen, einen höheren Energieverbrauch und damit auch höhere Kohlendioxidemissionen als größere Haushalte. Dadurch nimmt der Verbrauch von Heizenergie in der Summe nicht so stark ab, wie es nötig wäre, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Andererseits registrieren Stadtplanung und -entwicklung aktuell eine steigende Nachfrage an Möglichkeiten des generationsübergreifenden Wohnens und an der Kombination von Wohnen und Arbeiten – und somit an Wohn-, Haus-, Hof- und Straßengemeinschaften. Neben der Förderung der Energieeffizienz von Haushalten sollte daher die Klimaschutz - und Wohnungsbaupolitik auch Angebote und Anreize entwickeln, mit denen Ansätze von Suffizienz bezogen auf den Bedarf an Wohnraum gezielt gefördert werden. Wir fragen den Senat: 1. Wie hat sich die Wohnfläche je Einwohner/Einwohnerin in den Städten Bremen und Bremerhaven (bitte differenziert nach Stadtteilen) in den letzten zehn Jahren entwickelt? Welche Entwicklungen prognostiziert der Senat bis 2020? 2. Wie haben sich die Haushaltsgrößen in Bremen und Bremerhaven in den letzten zehn Jahren entwickelt? Welche Entwicklungen prognostiziert der Senat bis 2020? 3. Welche Maßgaben der Effizienz und Suffizienz verfolgt der Senat im Rahmen seiner Wohnungs- und Wohnungsbaupolitik, und welche Möglichkeiten sieht der Senat, die anvisierten Klimaschutzziele noch stärker zu berücksichtigen? 4. Welche Möglichkeiten der Beratung und Unterstützung durch senatorische Behörden gibt es für Menschen, die eine wohnräumliche Verkleinerung anstreben ? Wie hoch schätzt der Senat den Bedarf für Unterstützung und Beratung in diesem Bereich ein? 5. Welche Wohnformen und Bauvarianten im Wohnungsbau wären zur besseren Integration von Suffizienz in die bestehenden Klimaschutzziele des Senats hilfreich und sinnvoll? 6. Welche Strategien verfolgt der Senat aktuell und zukünftig zur Information und Förderung von gemeinschaftlichen Wohnformen (z. B. Wohn- und Hausgemeinschaften ), und welche Positivbeispiele sind dem Senat bekannt? 7. Wie hoch schätzt der Senat das Potenzial leer stehender Wohnungen in Bremen (bitte differenziert nach Stadtteilen) ein, und welche Maßnahmen sind denkbar, um diese wieder einer Nutzung zuzuführen? — 2 — 8. Welche stadtentwicklungspolitischen Konzeptionen und Pläne hat der Senat zur quantitativen und qualitativen Aufwertung öffentlicher Plätze, Räume und Gebäude , die ihrem Wesen nach Gemeinschaft ermöglichen oder gemeinschaftlich nutzbar sind? Dr. Anne Schierenbeck, Carsten Werner, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 22. Mai 2012 1. Wie hat sich die Wohnfläche je Einwohner/Einwohnerin in den Städten Bremen und Bremerhaven (bitte differenziert nach Stadtteilen) in den letzten zehn Jahren entwickelt? Welche Entwicklungen prognostiziert der Senat bis 2020? In den Städten Bremen und Bremerhaven hat die Wohnfläche je Einwohner/ Einwohnerin in den letzten zehn Jahren unterschiedlich stark zugenommen (siehe Abbildung 1). Bremerhaven wies bereits 2001 mit 40,4 m2 Wohnfläche je Einwohner/Einwohnerin einen höheren Wert auf als die Stadt Bremen (39,4 m2). Durch einen deutlichen Zuwachs von 2,8 m2 je Einwohner/Einwohnerin bis 2010 stieg die Wohnfläche auf 43,3 m2 an. In der Stadt Bremen verlief die Entwicklung mit einem Zuwachs von 0,9 m2 je Einwohner/Einwohnerin auf 40,3 m2 moderater. Rein rechnerisch hat demnach jeder/jede Bremerhavener/Bremerhavenerin 3 m2 mehr Wohnfläche zur Verfügung als die Einwohner/Einwohnerinnen in der Stadt Bremen. Abbildung 1: Die Entwicklung der Wohnfläche Die Entwicklung der Wohnfläche je Einwohner in den Städten Bremen und Bremerhaven in den Jahren 2001 bis 2011 Quelle: Statistisches Landesamt Bremen, Magistrat der Stadt Bremerhaven, Bearbeitung: SUBV, Referat 71. Auf der Stadtteilebene zeigt sich ein differenzierteres Bild. Während in Bremerhaven alle Stadtteile einen Zuwachs an Wohnfläche je Einwohner/Einwohnerin aufweisen (siehe Tabelle 1), gibt es in der Stadt Bremen Gebiete, in denen die Wohnfläche abgenommen hat, z. B. im Stadtteil Mitte um 2,8 m2 (siehe Tabelle 2). Die zur Verfügung stehende Wohnfläche je Einwohner/Einwohnerin variiert in den Stadtteilen sehr deutlich, insbesondere in Bremen. Hier liegt die niedrigste Wohnfläche pro Kopf bei 33,7 m2 in Gröpelingen, die höchste bei 54,9 m2 in Oberneuland. In Bremerhaven liegen die Stadtteilwerte dichter beieinander (39,3 m2 in Leherheide und 49,2 m2 in Schiffdorferdamm). Die deutliche Zunahme der Wohnfläche pro Kopf in den Stadtteilen Bremerhavens ist überwiegend auf den in den letzten Jahren stattgefundenen Bevölkerungsrückgang zurückzuführen. Die Wohnfläche je Einwohner/Einwohnerin hat durch Neubautätigkeit nicht wesentlich zugenommen. Die Ausnahme ist der Stadtteil Schiffdorferdamm, wo die Bevölkerung fast konstant geblieben ist und nennenswerter Neubau stattgefunden hat. — 3 — In den Stadtteilen Bremens geht die Wohnfläche dort zurück, wo die Anzahl der Einwohner/Einwohnerinnen gestiegen ist und vergleichsweise wenig gebaut wurde wie in den Stadtteilen Mitte und Gröpelingen. Die Ausnahme ist Borgfeld mit hohem Neubauaufkommen und einer stark gewachsenen Bevölkerung . Daneben gibt es Stadtteile, wie Burglesum, die Neubautätigkeit aufweisen und deren Bevölkerung sinkt. Tabelle 1: Die Entwicklung der Wohnfläche je Einwohner/Einwohnerin in Bremerhaven Gebiet 2001 2010 Veränderung Leherheide 36,9 39,3 2,4 Lehe 42,2 45,7 3,4 Mitte 45,3 47,1 1,8 Geestemünde 38,6 40,2 1,6 Schiffdorferdamm 43,5 49,2 5,7 Surheide 40,8 45,7 4,9 Wulsdorf 38,9 42,9 4,0 Bremerhaven 40,4 43,3 2,8 Quelle: Statistisches Landesamt Bremen, Magistrat der Stadt Bremerhaven. Tabelle 2: Die Entwicklung der Wohnfläche je Einwohner/Einwohnerin in der Stadt Bremen Gebiet 2001 2010 Veränderung Mitte 41,6 38,8 - 2,8 Neustadt 39,5 39,1 - 0,4 Obervieland 36,8 38,6 1,8 Huchting 36,0 37,1 1,1 Woltmershausen 39,0 40,3 1,3 Seehausen 38,7 42,8 4,1 Östliche Vorstadt 45,3 44,7 - 0,6 Schwachhausen 53,0 52,2 - 0,8 Vahr 36,0 36,6 0,7 Horn-Lehe 40,1 40,5 0,4 Borgfeld 45,6 44,2 - 1,4 Oberneuland 53,3 54,9 1,6 Osterholz 33,2 34,7 1,5 Hemelingen 38,7 40,2 1,5 Findorff 39,1 38,9 - 0,1 Walle 38,7 39,4 0,7 Gröpelingen 34,0 33,7 - 0,3 Burglesum 38,3 41,6 3,3 Vegesack 39,0 40,8 1,8 Blumenthal 36,2 39,2 3,0 Stadt Bremen 39,4 40,3 0,9 Quelle: Statistisches Landesamt Bremen. — 4 — Eine Prognose über die Entwicklung der Wohnfläche je Einwohner/Einwohnerin bis 2020 liegt nicht vor. 2. Wie haben sich die Haushaltsgrößen in Bremen und Bremerhaven in den letzten zehn Jahren entwickelt? Welche Entwicklungen prognostiziert der Senat bis 2020? Die Frage nach den Haushaltsgrößen kann nur für die Stadt Bremen beantwortet werden, da für Bremerhaven keine Daten über Haushaltsgrößen vorliegen. Flächendeckende Haushaltszahlen werden erst seit 2005 erhoben, sodass nur die zurückliegenden sieben Jahre vergleichbar betrachtet werden können. In der Stadt Bremen hat die Zahl der Haushalte im Zeitraum 2005 bis 2011 zugenommen (von 296 286 Haushalte auf 303 779 Haushalte). Das entspricht einem Anstieg um 7 943 Haushalte bzw. 2,5-%-Punkten (siehe Tabelle 3). Tabelle 3: Veränderung der Haushaltsgrößen 2005 bis 2011 Fünf Ein- Zwei- Drei- Vier- und mehr Personen- Personen- Personen- Personen- PersonenHaushalte Haushalte Haushalte Haushalte Haushalte Insgesamt 2005 148 155 82 738 34 533 22 024 8 836 296 286 2011 158 524 83 399 32 797 20 457 8 602 303 779 Differenz 10 369 661 - 1 736 - 1 567 - 234 7 493 Quelle: Statistisches Landesamt Bremen, Bearbeitung SUBV, Referat 71. Diese Entwicklung wurde insbesondere durch die Zunahme von Ein-PersonenHaushalten getragen (+ 10 369 Haushalte). Mit einem Anteil von 52,2 % im Jahr 2011 stellen sie den größten Anteil an den Haushalten (siehe Abbildung 2). Die Zahl der Zwei-Personen-Haushalte stieg leicht an. Größere Haushalte ab drei Personen haben deutlich abgenommen. Den größten Verlust verzeichneten dabei die Drei-Personen-Haushalte mit einer Abnahme um 1 736 Haushalte. Tabelle 4: Angenommene Veränderung der Haushaltsgrößen 2012 bis 2020 Fünf Ein- Zwei- Drei- Vier- und mehr Personen- Personen- Personen- Personen- PersonenHaushalte Haushalte Haushalte Haushalte Haushalte Insgesamt 2012 158 462 83 380 32 683 20 305 8 564 303 393 2020 164 916 83 771 30 983 18 884 8 501 307 054 Differenz 6 454 391 - 1 700 - 1 421 - 63 3 661 Quelle: Haushaltevorausschätzung des Statistischen Landesamtes Bremen, Bearbeitung SUBV, Referat 71. Die Zahl der Haushalte wird voraussichtlich 2021 am höchsten sein. Danach beginnt sie abzunehmen. 3. Welche Maßgaben der Effizienz und Suffizienz verfolgt der Senat im Rahmen seiner Wohnungs- und Wohnungsbaupolitik, und welche Möglichkeiten sieht der Senat, die anvisierten Klimaschutzziele noch stärker zu berücksichtigen? Der Senat hat sich zum Ziel gesetzt, den CO 2 -Ausstoß im Land Bremen entspre- chend dem Klimaschutz- und Energieprogramm 2020 (KEP) bis 2020 um 40 % zu verringern. Diesem Ziel dient auch eine ökologische Stadtentwicklung. Für den Bereich des Wohnens bedeutet das, dass in der Zukunft noch stärker darauf geachtet werden soll, dass ökologisches, barrierefreies und energieeffizientes Bauen gefördert und realisiert wird. Im Zuge dieser Vorgaben hat die Bremische Bürgerschaft den Senat am 23. Februar 2012 nicht nur aufgefordert, in Weiterentwicklung der Instrumente und Erkenntnisse der Wohnungsbaukonzeption Handlungskonzepte und Strategien für sozial gemischten und bezahlbaren Wohnraum und für altersgerechtes, barrierefreies, ökologisches, energetisches, gemeinschaftliches Wohnen zu ent- — 5 — wickeln. Dazu soll der staatlichen Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung und Energie binnen sechs Monaten berichtet werden. Teil der Entwicklung dieser Handlungskonzepte und Strategien wird auch die Prüfung sein, welche Maßnahmen zur Erreichung der anvisierten Klimaschutzziele erforderlich sind. Bei der Fragestellung nach einer Suffizienz im Wohnungswesen geht es im Grundsatz um einen nachhaltigen Ansatz, durch den eine weitere Steigerung der Wohnfläche pro Kopf vermieden werden kann. Einzelne Aspekte dazu ergeben sich aus den Antworten auf die folgenden Fragen . 4. Welche Möglichkeiten der Beratung und Unterstützung durch senatorische Behörden gibt es für Menschen, die eine wohnräumliche Verkleinerung anstreben ? Wie hoch schätzt der Senat den Bedarf für Unterstützung und Beratung in diesem Bereich ein? Der Umfang des Verbrauchs von Wohnfläche hängt von verschiedenen Faktoren ab. Von Bedeutung sind dabei u. a. die finanziellen Möglichkeiten der Haushalte und ihre ganz individuellen Wohnwünsche. Tendenziell ist es jedoch so, dass gerade ältere Frauen wegen ihrer, gegenüber den Männern, höheren Lebenserwartung vergleichsweise viel Wohnfläche nutzen . Vielfach verbleiben sie in der Familienwohnung, wenn die Kinder ausgezogen sind und der Mann verstorben ist. Diese Tendenz zur Singularisierung im Alter ist in der Altenhilfe bekannt. Nur ca. 7 % der älteren Menschen in Bremen leben in einer altersspezifischen Sonderwohnform , d. h. in Alten- und Servicewohnungen sowie Alten- und Pflegeheimen . Im sonstigen Wohnungsbestand, wie Miet- und Eigentumswohnungen leben 93 % der älteren Bevölkerung. In Ein-Personen-Haushalten leben 43 % der Älteren, 46 % in Zwei-Personen-Haushalten. Bei den über 85-Jährigen leben über 60 % allein (Angaben aus dem Altenplan der Stadtgemeinde Bremen, Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, Bremen 2007, Seite 29 und 97). Wohnprojekte und Wohngemeinschaften nehmen bisher im Vergleich zu Alten- und Pflegeheimen und Servicewohnen quantitativ eine geringe Rolle ein. Dies hat sich auch durch das schnelle Wachstum der Zahl der Pflegewohngemeinschaften in den letzten fünf Jahren nicht grundlegend geändert . Altenhilfe hat u. a. den Auftrag, die gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen zu ermöglichen. Selbstbestimmung und Teilhabe sind in kleineren Wohneinheiten grundsätzlich einfacher zu verwirklichen als in großen. Die bremische Altenhilfe favorisiert daher kleine Heime mit bis zu 50 Bewohnern/Bewohnerinnen gegenüber großen Heimen mit z. B. 150 bis 200 Bewohnern/Bewohnerinnen . Selbstbestimmte und auch trägergesteuerte Wohngemeinschaften und Servicewohnen bieten grundsätzlich bessere Möglichkeiten zur selbstbestimmten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben als Heime. Das Wohnen in der angestammten Wohnung bietet wiederum zumeist bessere Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe im gewohnten Lebensumfeld als altenspezifische Wohnformen , kann allerdings auch zur Isolation führen. Sofern ältere Menschen Beratung zu ihrer Wohnsituation bzw. eine altengerechte Wohnung suchen, stehen ihnen die Zentrale Fachstelle Wohnen des Amtes für Soziale Dienste in Bremen, die Beratungsstelle kom.fort und die 17 Dienstleistungszentren zur Verfügung. In Bremerhaven besteht ein kommunales Beratungsangebot im Pflegestützpunkt, „Bürger 31“ durch den Abschnitt „Hilfe für Seniorinnen und Senioren“. 5. Welche Wohnformen und Bauvarianten im Wohnungsbau wären zur besseren Integration von Suffizienz in die bestehenden Klimaschutzziele des Senats hilfreich und sinnvoll? Im Interesse der Integration von Suffizienz in die bestehenden Klimaschutzziele sind kompakte Bauweisen von besonderer Bedeutung. Darüber hinaus ist es wichtig, die städtebauliche Anordnung der Gebäude nach der Himmelsrichtung zu planen. Fenster sollten vorrangig in südlichen und west- — 6 — lichen Richtungen vorgesehen sein. An der sonnenabgewandten Seite sollten die Eingänge und Versorgungsbereiche angeordnet sein. Zusätzlich sollen günstige Rahmenbedingungen zur aktiven Nutzung der Sonnenenergie geschaffen werden. Darüber hinaus haben sich gemeinschaftliche Heizanlagen als vorteilhaft erwiesen , ebenso andere gemeinschaftlich nutzbaren Einrichtungen und Räume. 6. Welche Strategien verfolgt der Senat aktuell und zukünftig zur Information und Förderung von gemeinschaftlichen Wohnformen (z. B. Wohn- und Hausgemeinschaften ), und welche Positivbeispiele sind dem Senat bekannt? Der Senat unterstützt gemeinschaftliche Wohnformen durch die Richtlinien über den Verkauf von Grundstücken. Danach ist hier nicht eine Ausschreibung zu einem Höchstgebot zwingend, sondern es kann zu einem Festpreis verkauft werden. Darüber hinaus kann die Vergabeentscheidung für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten hinausgeschoben werden, damit eine Baugruppe z. B. die für sie erforderlichen und im Zusammenspiel aller Beteiligten in der Regel aufwendigeren Klärungen herbeiführen kann. Bei der Erteilung der Baugenehmigung berücksichtigt der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr die besonderen Bedürfnisse von Baugruppen. Außerdem können diese im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus gefördert werden. Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr beabsichtigt, seine Angebote zur Unterstützung von gemeinschaftlichen Wohnformen der Nachfrage anzupassen. Als Positivbeispiele können für die Stadt Bremen u. a. das Haus am Fleet in Findorff-Weidedamm, die Zigarrenmanufaktur in Bremen-Burg, die alte Schule Elisabethstraße in Bremen-Walle, die Wohnanlage Seewenjestraße in BremenGröpelingen , die Villa P in Bremen-Walle, und das Wohnprojekt in der Goethestraße in Bremerhaven genannt werden. 7. Wie hoch schätzt der Senat das Potenzial leer stehender Wohnungen in Bremen (bitte differenziert nach Stadtteilen) ein, und welche Maßnahmen sind denkbar, um diese wieder einer Nutzung zuzuführen? Zum Leerstand gibt es weder für die Stadt Bremen noch für die Stadt Bremerhaven belastbares Datenmaterial. Tendenziell ist es jedoch so, dass es in der Stadt Bremen anders als in Bremerhaven keine nennenswerten Leerstände gibt, sondern eher eine Mangellage am Wohnungsmarkt. Wie das Institut Gewos in seiner Untersuchung zum stadtbremischen Wohnungsmarkt festgestellt hat, gibt es insbesondere einen Fehlbestand an kleinen und an familiengerechten Wohnungen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in die von Deputation, Senat und Bürgerschaft beschlossene Wohnungsbaukonzeption eingeflossen. Danach gibt es bis zum Jahr 2020 einen Neubaubedarf von 14 000 Wohnungen zur Deckung des Nachfragepotenzials . Zur Schaffung von neuem Wohnraum und zur Modernisierung des vorhandenen ist ein differenziertes Maßnahmenpaket vorgesehen. Dazu gehören die Innenentwicklung, Baulückenschließungen und Umnutzungen z. B. von Büroräumen ebenso wie die intensive Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung und der Wohnungswirtschaft, z. B. im Rahmen des wohnungswirtschaftlichen Dialogs. Für die Stadt Bremerhaven ist ein runder Tisch eingerichtet worden. Dort werden vom Senator für Umwelt, Bau und Verkehr, dem Magistrat der Stadt Bremerhaven und Vertretern der Wohnungswirtschaft Konzepte erarbeitet, die u. a. auch die Leerstandsproblematik betreffen. Nachdem in der Vergangenheit nicht mehr marktgängige Gebäude in Randlagen abgerissen wurden, konzentriert sich das Vorgehen inzwischen auf die Aufwertung vorhandener Bestände. Im Rahmen dieses Konzepts hat z. B. die STÄWOG in einer Schlüssellage in der Schleusenstraße ein leer stehendes vom Verfall bedrohtes Gebäude aus der Gründerzeit erworben und umfassend saniert. Die GEWOBA hat eine ebenfalls leer stehende Schrottimmobilie in der Körnerstraße erworben und abgerissen. Sie wird dort in Kürze einen Neubau errichten, der das Quartier städtebaulich aufwertet und die zunehmende Nachfrage nach kleinen barrierefreien Wohnungen erfüllt. — 7 — Es wird erwartet, dass beide Vorhaben auf das Quartier ausstrahlen und zur Verbesserung der Gesamtsituation beitragen. Aus diesem Grund hat der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr beide Vorhaben in Abstimmung mit dem Magistrat der Stadt Bremerhaven mit Wohnraumförderungsförderungsmitteln gefördert. Er beabsichtigt, entsprechende Vorhaben auch in Zukunft zu unterstützen . 8. Welche stadtentwicklungspolitischen Konzeptionen und Pläne hat der Senat zur quantitativen und qualitativen Aufwertung öffentlicher Plätze, Räume und Gebäude , die ihrem Wesen nach Gemeinschaft ermöglichen oder gemeinschaftlich nutzbar sind? Öffentliche Plätze, Räume und Gebäude sind zentrale Bestandteile des öffentlichen Lebens und der sozialen Gemeinschaft. Der Senat legt daher mit unterschiedlichen Strategien und Programmen einen Schwerpunkt auf die Gestaltung des öffentlichen Raums sowie der Gebäude, die Gemeinschaft ermöglichen . Die konzeptionelle Grundlage für die Gestaltung und Aufwertung bilden z. B. integrierte städtebauliche Entwicklungskonzepte, die bedarfsbezogen für einzelne Stadtgebiete oder -bereiche erarbeitet werden und die Fördervoraussetzung für den Mitteleinsatz in der Städtebauförderung darstellen. Für die Gestaltung des öffentlichen Raums und von Gemeinschaftseinrichtungen stehen im Land Bremen u. a. die Städtebauförderungsprogramme „Sanierung“, „Stadtumbau West“, „Soziale Stadt“, „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ und „Denkmalschutz West“ sowie EU-Mittel aus dem aktuellen EFRE-Programm zur Verfügung. Diese werden in Bremen z. B. in Huckelriede, Hohentor, Walle und Alte Neustadt/Buntentorsteinweg und in elf Soziale-Stadt-Gebieten sowie in Bremerhaven-Lehe, Geestemünde und der Scharnhorststraße eingesetzt. Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzepte werden unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger erstellt, formulieren die spezifischen Ziele – z. B. den Abbau bestehender städtebaulicher Funktionsmängel und Missstände – sowie die sich daraus ableitenden Projekte und Kosten. Hier sind im Sinne einer zur langfristigen Verstetigung erfolgreicher Maßnahmen und eines nachhaltigen Mitteleinsatzes insbesondere auch Aussagen über die Ermöglichung von Gemeinschaft bzw. einer gemeinschaftlichen Nutzung zu treffen. Gerade solche Maßnahmen sind Gegenstand der Programme der Städtebauförderung , die schwerpunktmäßig auch für folgende Maßnahmen eingesetzt werden: • die Verbesserung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum (Barrierefreiheit , Begrünung, Bodenbeläge u. a.), des Wohnumfeldes und der privaten Freiflächen, • die Schaffung von Begegnungsmöglichkeiten im öffentlichen Raum (Gestaltung von multifunktional nutzbaren Plätzen, Mehrgenerationenspielplätze , aber auch zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum), sowie • den Umbau und den Neubau von Quartierszentren verschiedenster Art (Familien- und Quartierszentrum Neue Vahr, Quartiersbildungszentrum Robinsbalje, Mehrgenerationenhaus „Haus der Zukunft“ in Lüssum), • die Wieder- und Zwischennutzung freigelegter Flächen. Insbesondere in Huckelriede haben die vorbereitenden Untersuchungen zur Festlegung des Stadtumbaugebietes ergeben, dass für die Erneuerung des Ortsteils das zentrale Thema „Begegnung“ ist. Die Maßnahmen (wie z. B. das Zentrum Huckelriede oder die Nachnutzung des Cambrai-Dreiecks) werden daher unter der Maßgabe geplant, den Bewohnern/Bewohnerinnen der verschiedenen Quartiere Huckelriedes Begegnungsmöglichkeiten anzubieten. Als Beispiele für die Aufwertung des öffentlichen Raums sind für die Stadt Bremerhaven Wulsdorf und Leherheide zu nennen, außerdem das Modellgebiet Lehe-Klushof, in dem derzeit die stadtweit umfangreichsten Maßnahmen zur Aufwertung des öffentlichen Wohnumfeldes vorgenommen werden. (Sportplatz am Ernst-Reuter-Platz, Stadtpark, etc.). Druck: Anker-Druck Bremen