— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 442 (zu Drs. 18/415) 05. 06. 12 Mitteilung des Senats vom 5. Juni 2012 Zukunft der Geburtshilfe im Land Bremen Die Fraktion der CDU hat unter Drucksache 18/415 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet. Der Senat beantwortet die vorgenannte Große Anfrage wie folgt: Vorbemerkung In der Großen Anfrage der Fraktion der CDU der Bremischen Bürgerschaft wird unterstellt , dass es bei regulären Geburten zu Versorgungsengpässen bei insgesamt steigenden Geburtenzahlen kommt. Der Senat weist unter Hinweis auf die in der Vergangenheit vorhandenen und nicht voll ausgelasteten Kapazitäten der geburtshilflichen und gynäkologischen Abteilungen zurück, dass es bei regulären Geburten zu Versorgungsengpässen im Rahmen des beschlossenen Übergangskonzeptes kommt. Es hat kein mangelndes Informationsmanagement gegeben. Auch ist die Aussage eines erheblichen Gefährdungspotenzials für Schwangere entschieden zurückzuweisen . Es handelt sich zudem nicht allgemein um steigende Geburtenzahlen , die erwartet werden, sondern um eine übergangsweise infolge der Schließung der Geburtshilfe des Klinikums Bremen-Mitte zu erwartende, andere standortbezogene Verteilung der Geburten. 1. Wie viele Kinder wurden 2011 im KBM entbunden, und wie viele Kinder wurden im ersten und zweiten Quartal 2012 (gegebenenfalls Prognosen) im Klinikum Links der Weser (LdW), im Klinikum Bremen-Nord (KBN), im St.-JosefStift , im Diako, im Klinikum Bremerhaven Reinkenheide und im St.-JosephHospital Bremerhaven entbunden (bitte aufgeschlüsselt nach Krankenhäusern und Quartalen, nach Level-1- und Level-2-Frühchen und normalen Geburten)? Im Jahr 2011 wurden im Klinikum Bremen-Mitte gGmbH 1 426 Kinder entbunden . Darunter waren 869 gesunde Neugeborene und 557 mit Behandlungsbedarf. Eine Umfrage zur Geburtenzahl 2012 hat folgende Prognose für das erste Halbjahr ergeben: 2. Quartal 2012 Prognose Kranken- 1. Quartal hochge- 1. Halbjahr Davon Davon „Normale haus 2012 rechnet 2012 Level I Level II Geburt“ LdW 520 570 1 090 26 13 1 051 KBN 330 360 690 2 8 680 St.-Joseph-Stift 500 500 1 000 1 2 997 DIAKO 107 208 315 0 0 315 KBR – Reinkenheide – 270 240 510 1 1 508 St.-JosephHospital 126 119 245 0 0 245 Gesamt 3 850 30 24 3 796 — 2 — 2. Wie stellt der Senat sicher, dass die verbliebenen Kreißsäle in Bremen und in Bremerhaven die Platz- und Personalkapazitäten vorhalten, die zur Gewährung einer sicheren und gebärfreudigen Atmosphäre bei einer Geburt nötig sind? Die Träger der Krankenhäuser mit Geburtshilfe haben durch die Übernahme des staatlichen Versorgungsauftrags eine Versorgungsverpflichtung übernommen , der sie dadurch nachkommen, dass sie in der Stadt Bremen 16 Kreißsäle (ohne KBM gGmbH) und in der Stadt Bremerhaven sieben Kreißsäle für Geburten verfügbar halten. Mit der Gründung eines trägerübergreifenden geburtshilflichen Netzwerks am 16. Mai diesen Jahres soll darüber hinaus bewirkt werden , dass für die Zeit der erforderlichen Schließung der Geburtshilfe der KBM gGmbH die ansonsten vorgehaltenen und insgesamt ausreichenden Kapazitäten der Geburtshilfe in der Stadt Bremen bedarfsgerecht eingesetzt werden. Ausweislich der Krankenhausstatistik gab es im Jahr 2011 in den geburtshilflichen Abteilungen der Krankenhäuser im Stadtgebiet Bremen im Durchschnitt eine freie Bettenkapazität von 29 Betten und in der Gynäkologie von 35 Betten. Am Klinikum Links der Weser wurden die Bettenkapazitäten der Kinderintensivstation erweitert, insgesamt stehen dort inzwischen 26 Betten (plus vier Betten optional) zur Verfügung. Um durch die zusätzliche Aufnahme von Risikoschwangeren weiterhin die normale Geburtshilfe im erforderlichen Maße zu gewährleisten , werden zehn Betten aus dem angegliederten visit-Hotel für eine familienorientierte Geburtshilfe zusätzlich aufgebaut. Die notwendigen Personalkapazitäten wurden durch die Abordnung von Hebammen, Ärzten und Pflegekräften aus dem Klinikum Bremen-Mitte sichergestellt. 3. Wann und durch welche Maßnahmen hat der Senat die freigemeinnützigen Krankenhäuser in Bremen darüber informiert, dass durch die Schließung der Entbindungsstation im KBM vermehrt Personal und Ressourcen vorgehalten werden müssen, und durch welche Maßnahmen wurden die freigemeinnützigen Krankenhäuser in der Stadtgemeinde Bremen darin unterstützt, zusätzliche Kapazitäten bei der Geburtshilfe zu schaffen? Die Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit hat in der Sitzung des Planungsausschusses am 2. Mai 2012 die Verbände der Krankenkassen im Land Bremen und die Krankenhausgesellschaft der Freien Hansestadt Bremen als Vertretung der Krankenhäuser im Land Bremen u. a. über den zu diesem Zeitpunkt bekannten Stand zur vorläufigen Schließung der Geburtshilfe der KBM gGmbH informiert. Zu dieser Zeit war noch unklar, ob eine kurzfristige Wiedereröffnung möglich sein werde. Zuvor fand bereits am 20. März 2012, ca. drei Wochen nach der Schließungsentscheidung Ende Februar, ein Informationsgespräch zwischen der Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit als Planungs- und Pflegesatzgenehmigungsbehörde , der Geschäftsführung der Gesundheit Nord gGmbH und den Verbänden der Krankenkassen im Land Bremen statt. In dessen Folge wurden im April 2012 in den Budgetverhandlungen der Krankenkassenverbände mögliche Mehrleistungen in den geburtshilflichen Abteilungen auch der freigemeinnützigen Häuser in Zusammenhang mit einer längerfristigen Schließung der Geburtshilfe der KBM gGmbH angesprochen und lösungsorientierte Verhandlungsangebote seitens der Krankenkassenverbände unterbreitet. In beiden Gesprächen wurde die Sichtweise der Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit konsensual mit den beteiligten Verbänden kommuniziert , dass die in Zusammenhang mit der Schließung der Geburtshilfe der KBM gGmbH stehenden erforderlichen Mehrleistungen anderer Krankenhäuser zur Sicherstellung der geburtshilflichen Versorgung im Stadtgebiet Bremen bis zur Wiedereröffnung der Geburtshilfe der KBM gGmbH krankenhausplanerisch erforderlich sind. Es ist vorgesehen, die Feststellungsbescheide für diese Krankenhäuser bei entsprechender Antragstellung hinsichtlich der sich übergangsweise ergebenden Kapazitätsverschiebung zu ergänzen. Damit wird durch die Planungsbehörde auch im Sinne der Unterstützung des trägerübergreifenden geburtshilflichen Netzwerks der entgeltrechtliche Rahmen für genehmigungsfähige Budgetvereinbarungen zur Erzielung voller Krankenhauserlöse bei notwendigen Mehrleistungen in der Geburtshilfe geschaffen. Am 16. Mai 2012 wurde anlässlich der Gründung des trägerübergreifenden geburtshilflichen Netzwerks seitens der Leitung der Gesundheit Nord gGmbH — 3 — mitgeteilt, dass aufgrund der fehlenden personellen Ressourcen keine Option mehr zur Wiedereröffnung der Geburtshilfe der KBM gGmbH in diesem Jahr gesehen werde. Die im Jahr 2012 zu erwartenden Geburten können durch die höhere Auslastung der vorhandenen Kapazitäten aufgefangen werden, insbesondere durch die Geburtshilfen der St.-Joseph-Stift gGmbH sowie nach dem beschlossenen Übergangskonzept für die neonatologische Versorgung der Gesundheit Nord gGmbH die Klinikum Links der Weser gGmbH und die Klinikum Bremen-Nord gGmbH. Die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten bezieht sich deshalb im St.-Joseph-Stift aus heutiger Sicht vor allem auf die personellen Ressourcen und ihre Refinanzierung . Die Geschäftsführung der St.-Joseph-Stift gGmbH hat mit Schreiben vom 21. Mai diesen Jahres über konstruktive Budgetverhandlungen informiert und mitgeteilt, dass die massive Leistungssteigerung in der Geburtshilfe personell derzeit kurzfristig abgefangen werden könne, prospektiv jedoch eine Aufstockung der Stellen unerlässlich sei. In einem ersten Schritt würden zeitnah zwei Hebammen und zwei Kinderkrankenschwestern zusätzlich eingestellt. 4. Wann und durch welche Maßnahmen hat der Senat niedergelassene Ärzte und Hebammen in Bremen und Bremerhaven darüber informiert, dass es durch die Schließung der Entbindungsstation und der Neonatologie im KBM zu Versorgungsengpässen bei der Geburtshilfe kommt und welche Ausweichkapazitäten dafür zur Verfügung stehen? Der Landesverband Bremen des Berufsverbandes der Frauenärzte e. V. und der Berufsverband der Hebammen in Bremen wurden am 16. Mai 2012 über die Gründung des trägerübergreifenden geburtshilflichen Netzwerks und seine Zielsetzung informiert, den Ressourceneinsatz in der Geburtshilfe trägerübergreifend bei ansonsten insgesamt als hinreichend erachteten Bettenkapazitäten auf der Ebene der stationären Leistungsanbieter zu koordinieren. Zuvor wurde der Vorsitzende des Landesverbandes Bremen des Berufsverbandes der Frauenärzte e. V. am 22. und 27. März diesen Jahres von der Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit darüber informiert, dass innerhalb der Gesundheit Nord noch geprüft werde, wie mit der zurzeit geschlossenen geburtshilflichen Abteilung weiter verfahren werden solle und zudem mit der Gesundheit Nord besprochen worden sei, dass die niedergelassenen Gynäkologen , Kinderärzte und Hebammen regelmäßig über den Stand unterrichtet werden . 5. Wie erklärt der Senat, dass auch nach dem Beschluss des Ausfallkonzeptes für die neonatologische Versorgung durch LdW und KBN, offensichtlich nicht ausreichend Kapazitäten für Risikoschwangere bereitstehen, und was tut der Senat , um Abhilfe zu schaffen? Neonatologische Versorgung Stadt Bremen 2011 mit besonderer Berücksichtung der auswärtigen Versorgung Aus der Tabelle zur neonatologischen Versorgung von Frühgeborenen im Jahr 2011 wird der hohe Anteil in der Versorgung Auswärtiger deutlich. Er liegt für Level-1-Kinder durchschnittlich bei 51 % und für Level-2-Kinder bei 49 %. Der Versorgungsauftrag des Landes Bremen bezieht sich auf die im Land Bremen wohnenden Risikoschwangeren. Durch die mit dem Übergangskonzept geschaffenen Kapazitäten zur Versorgung von Risikoschwangeren und Frühchen wird dieser Versorgungsauftrag in jedem Fall sichergestellt. Ziel ist es, auch in der Übergangszeit den hohen Anteil Risikoschwangerer aus dem niedersächsischen Umland so qualifiziert zu versorgen, wie es bisher möglich war. Dennoch ist es nicht auszuschließen, dass in Einzelfällen niedersächsische Patientinnen in entsprechende neonatologische Zentren Niedersachsens (etwa nach Oldenburg E in - he im is ch A us w är ti e ge sa m t A us w är ti ge in % E in - he im is ch A us w är ti e ge sa m t A us w är ti ge in % E in - he im is ch A us w är ti e ge sa m t A us w är ti ge in % E in - he im is ch A us w är ti e ge sa m t A us w är ti ge in % E in - he im is ch A us w är ti e ge sa m t A us w är ti ge in % KBM 12 15 27 56 34 37 71 52 46 52 98 18 15 33 45 64 67 131 51 KBN 1 1 2 50 1 1 2 3 2 5 40 4 3 7 43 LdW 3 1 4 25 3 2 5 40 6 3 9 6 9 15 60 12 12 24 50 DIAKO 1 1 1 gesamt 15 16 31 52 39 40 78 51 54 56 109 27 26 53 49 81 82 162 51 bis 750 Gramm 750 bis 1250 Gramm 1250 bis 1500 Gramm (Level II) gesamt bis 1500 Gramm ges. bis 1250 Gr (Level 1 — 4 — oder Lüneburg) verwiesen werden. Es ist Aufgabe des gegründeten trägerübergreifenden geburtshilflichen Netzwerks, weitere Vorschläge zur Anpassung der Versorgung zeitnah zu entwickeln. Die Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit wird dies mit dem Land Niedersachsen für die Übergangszeit besprechen . Der zur Sicherstellung notwendige Kapazitätsaufbau beim Klinikum Links der Weser erforderte einen Zeitraum von rund drei Monaten, weil räumliche Veränderungen vorgenommen werden mussten und vor allem der notwendige Personalaufbau wegen des erforderlichen Screenings zum Nachweis der Keimfreiheit nur schrittweise vollzogen werden konnte. Das Übergangskonzept ist in der Gesundheitsdeputation im März diesen Jahres den Deputierten ausführlich dargestellt worden. 6. An welchen Kriterien macht der Senat die Wiedereröffnung bzw. weitere Schließung der Geburtshilfestation am KBM fest, und zu welchem Zeitpunkt plant der Senat gegebenenfalls die Geburtshilfestation wieder zu eröffnen? Entscheidend für die Frage der Wiedereröffnung ist die Einschätzung der Infektionslage und das Vorhandensein von qualifiziertem Personal. Nach derzeitiger Planung der Geschäftsführung der Gesundheit Nord gGmbH wird angestrebt, die Geburtshilfe im Jahr 2013 wieder zu eröffnen. 7. Welche Maßnahmen plant der Senat, um die freigemeinnützigen Träger in Bremen mit in die weiteren Planungen zur Zukunft der Geburtshilfe in Bremen einzubeziehen und sie frühzeitig über seine Planungen zu informieren? Die freigemeinnützigen Krankenhäuser sind Mitglied des gegründeten, trägerübergreifenden geburtshilflichen Netzwerks und erhalten dort frühzeitig die zur Sicherstellung der geburtshilflichen Versorgung erforderlichen Informationen. Darüber hinaus informiert die Krankenhausgesellschaft der Freien Hansestadt Bremen e. V. regelmäßig ihre Mitgliedskrankenhäuser über die Sitzungen des unter Leitung der Planungsbehörde, der Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit tagenden Planungsausschusses, der sich ebenfalls mit diesem Thema befasst. 8. Welche Maßnahmen plant der Senat, um eine umfassende Verbesserung der derzeitigen Situation der Geburtshilfe unter Einbeziehung der Wahl- und Wunschmöglichkeiten schwangerer Frauen im Land Bremen zu gewährleisten? Der Senat dankt allen in der stationären Geburtshilfe Bremens tätigen Schwestern , Pflegern, Hebammen, Ärztinnen und Ärzte für ihre hoch qualifizierte und verantwortungsvolle Arbeit und die trägerübergreifende Sicherstellung der Versorgung in dem geburtshilflichen Netzwerk. Parallel dazu werden seitens der Gesundheit Nord gGmbH Maßnahmen im Klinikum Bremen-Mitte eingeleitet, um eine Wiedereröffnung der Geburtshilfe zu ermöglichen. Druck: Anker-Druck Bremen