— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Stadtbürgerschaft 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 45 S Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 21. September 2011 Ansiedlung eines Cash-&-Carry-Marktes in der Überseestadt Die beabsichtigte Ansiedlung eines Cash-&-Carry-Marktes im Großmarkt/Überseestadt hat zu Nachfragen aus dem Bremer Westen geführt. Es wird die Besorgnis geäußert, dass erhebliche Verkehrszunahmen zu erwarten sind. Weiterhin wird befürchtet , dass es sich perspektivisch betrachtet um ein „verkapptes Einkaufszentrum “ handeln könnte, das andere Entwicklungen behindert oder z. B. dem Nahversorgungs -Zentren-Konzept des Senats zuwiderläuft. Wir fragen den Senat: 1. Auf welcher eigentumsrechtlichen und baurechtlichen Grundlage soll die Ansiedlung eines Cash-&-Carry-Marktes im Großmarktgelände/Überseestadt erfolgen ? 2. Welche Instanzen sind hiermit befasst und haben Mitsprache- und Entscheidungsrechte bei dieser und anderen Grundstücksvergaben in der Überseestadt? 3. Welche Nutzfläche ist maximal für eine derartige Einrichtung und andere den Großmarkt ergänzende Unternehmen vorgesehen? 4. Wie wird sichergestellt, dass auch auf Dauer nur Großhandelskunden zum Einkauf berechtigt sind? 5. Welche verkehrlichen Auswirkungen hätte die Ansiedlung eines Cash-&-CarryMarktes im Großmarktgelände für die Überseestadt? 6. Welche Kündigungsmöglichkeiten der Stadt existieren, sollten Nutzungskonflikte auftreten oder Nutzungsänderungen nötig werden? 7. Welche Nutzungen werden derzeit in der Überseestadt besonders nachgefragt? Können alle Anfragen gleich gut bedient werden? 8. Sieht der Senat mögliche Konflikte zwischen der Ansiedlung eines Cash-&-CarryMarktes und der aktuellen Entwicklung verschiedener Nutzungen in der Überseestadt ? 9. Sieht der Senat Möglichkeiten für eine Fortschreibung der Entwicklungsziele der Überseestadt, die auf die aktuelle Nachfragesituation des Immobilienmarktes eingehen? Carsten Werner, Ralph Saxe, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen D a z u Antwort des Senats vom 25. Oktober 2011 Der Senat hat am 10. März 1998 eine strukturpolitische Grundsatzentscheidung zur Erweiterung des Airport-Gewerbezentrums und zur Umstrukturierung der Häfen rechts der Weser einschließlich der Großmarktverlagerung getroffen. Grundlage für die Zustimmung der Großmarktverlagerung war ein sogenanntes Eckpunktepapier, — 2 — in dem die mit den Großmarktmietern senatsseitig vereinbarten Rahmenbedingungen einer Großmarktverlagerung festgehalten wurden. Ein wesentlicher Bestandteil der mit den Großmarktmietern getroffenen und in dem sogenannten Eckpunktepapier festgehaltenen Vereinbarung war die Ansiedlung eines leistungsfähigen Cash-&- Carry-Marktes. Dementsprechend wurde in den ursprünglichen Planungen ein Quartier „Frischezentrum“ vorgesehen, in dem neben dem Großmarktgelände auch Potenziale für die Ansiedlung eines Cash-&-Carry-Marktes vorgesehen waren. Im Rahmen der weiteren Entwicklung wurden die Planungen dahingehend konkretisiert, dass eine Ansiedlung eines Cash-&-Carry-Marktes integriert auf den Flächen der Großmarkt Bremen GmbH erfolgen sollte. Mit der nunmehr vorgesehenen Cash-&- Carry-Markt-Ansiedlung besteht folglich die Möglichkeit, die Angebotsvielfalt des Großmarktes zu erhöhen, die Auslastung bestehender Flächen der Großmarkt Bremen GmbH nahezu vollständig auszunutzen (zukünftige Auslastungsquote voraussichtlich 95 bis 98 %), die durch Bremen an die Großmarktmieter getroffene Zusage einzulösen und gleichzeitig die weiteren Entwicklungen der Überseestadt nicht mit einem separaten Cash-&-Carry-Markt außerhalb des bestehenden Großmarktgeländes negativ zu beeinflussen. Dies vorweg gestellt beantwortet der Senat die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Auf welcher eigentumsrechtlichen und baurechtlichen Grundlage soll die Ansiedlung eines Cash-&-Carry-Marktes im Großmarktgelände/Überseestadt erfolgen ? Dem Cash-&-Carry-Markt soll eine Fläche von 4 800 m2 innerhalb der Hallen des Großmarktes zur Anmietung zur Verfügung gestellt werden. Es handelt sich nicht um eine Nutzungsänderung, da die Fläche weiterhin als Großmarktfläche genutzt werden soll. Der Bebauungsplan 2196, rechtsverbindlich seit 21. Juni 2002, setzt für den Bereich Sondergebiet Großmarkt fest. Eine baurechtliche Genehmigung für die Ansiedlung eines Cash-&-Carry-Marktes ist folglich nicht erforderlich. 2. Welche Instanzen sind hiermit befasst und haben Mitsprache- und Entscheidungsrechte bei dieser und anderen Grundstücksvergaben in der Überseestadt? Da sich der Cash-&-Carry-Markt innerhalb der Großmarkthalle ansiedelt, handelt es sich nicht um eine Grundstücksvergabe. Generell gilt: Bei der Vermietung von im Eigentum der Großmarkt Bremen GmbH befindlicher Hallenfläche, wie hier an einen Cash-&-Carry-Markt-Betreiber, besteht unter bestimmten Voraussetzungen eine Zustimmungspflicht durch den Aufsichtsrat der Großmarkt Bremen GmbH. Der Aufsichtsrat war aufgrund der Bedeutung des Vorhabens für den Großmarkt von vornherein in die Entscheidung eingebunden. Ein Mitsprache- und Entscheidungsrecht weiterer Instanzen besteht nicht. Im Aufsichtsrat der Großmarkt Bremen GmbH sind neben dem Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen sowohl der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr, die Senatorin für Finanzen als auch der Senator für Inneres und Sport vertreten. Bei privaten Grundstücksvergaben in der Überseestadt, die sich auf Flächen beziehen, die sich nicht im Eigentum einer bremischen Gesellschaft befinden, bestehen keine Mitsprache- und Entscheidungsrechte Bremens. Für fiskalische Grundstücke gelten die durch den Senat am 4. November 2008 beschlossenen Richtlinien zum Verkauf bzw. zur Vermietung, Verpachtung und Zwischennutzung von Grundstücken des Landes und der Stadtgemeinde Bremen in Verbindung mit der vom 6. Juli 2011 durch die Bürgerschaft Stadt/Land beschlossenen Aufgaben des Haushalts- und Finanzausschusses und den sich hieraus ergebenden Mitsprache- und Entscheidungsinstanzen. Bei den stadtbremischen Flächen ist das Ortsgesetz über Beiräte und Ortsämter vom 2. Februar 2010 zu berücksichtigen. 3. Welche Nutzfläche ist maximal für eine derartige Einrichtung und andere den Großmarkt ergänzende Unternehmen vorgesehen? Gemäß dem durch die Stadtbürgerschaft am 11. Juni 2002 beschlossenen Bebauungsplan 2196 wurde für eine 162 460 m2 große, nördlich der Konsul-SmidtStraße und westlich der Markuskaje gelegene Fläche ein Sondergebiet Großmarkt festgesetzt. Demnach dient das Sondergebiet ausschließlich der Unter- — 3 — bringung von Großhandelsbetrieben und zwar vorwiegend solcher, die mit Nahrungs - und Genussmitteln handeln. Auf dieser Grundlage sind im Sondergebiet Großmarkt Großhandelsbetriebe zulässig, die ausschließlich Wiederverkäufer oder gewerbliche Verbraucher beliefern. Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handelsbetriebe, die ganz oder teilweise Endverbraucher beliefern sind ausdrücklich nicht in diesem Gebiet zulässig. Das Sondergebiet Großmarkt befindet sich vollständig im Eigentum der Großmarkt Bremen GmbH. Weitere, über das Sondergebiet Großmarkt hinausgehende Nutzflächen für Großhandelsbetriebe bzw. andere den Großmarkt ergänzende Unternehmen sind in der Überseestadt nicht vorgesehen. 4. Wie wird sichergestellt, dass auch auf Dauer nur Großhandelskunden zum Einkauf berechtigt sind? Die baurechtliche Genehmigung und der geltende Bebauungsplan lassen nur eine Großmarktnutzung zu. 5. Welche verkehrlichen Auswirkungen hätte die Ansiedlung eines Cash-&-CarryMarktes im Großmarktgelände für die Überseestadt? Bei den verkehrlichen Prognosen für die Überseestadt wird stets davon ausgegangen , dass alle mit Nutzungen belegten Flächen vollständig ausgeschöpft werden. Das im Bebauungsplan 2196 festgelegte Sondergebiet Großmarkt ist in der Verkehrsprognose entsprechend berücksichtigt. Da der Cash-&-Carry-Markt in die bestehenden, derzeit nicht vollständig vermieteten Hallen des Großmarktes integriert wird, ist mit keiner Veränderung gegenüber den bislang für die Entwicklung der Überseestadt zugrunde gelegten Verkehrsprognosen zu rechnen. Für die Gesamtstadt ist vielmehr tendenziell mit einer Verringerung der Verkehrsbewegungen in Bezug auf den Großhandel zu rechnen, da mit der Integration des Cash-&-Carry-Marktes die Angebotsvielfalt auf dem Großmarktgelände erhöht wird und sich somit weitere Anfahrten von Großhandelsangeboten für den Kunden reduzieren bzw. entfallen (one-stop-shopping). Die Zufahrt für den Cash-&-Carry-Markt sieht vor, dass die Einfahrt für den Pkw-Verkehr über die Konsul-Smidt-Straße (heutige Feuerwehrzufahrt zum Großmarkt) und der Lkw-Verkehr (insbesondere Anlieferung) sowie die Ausfahrt für den Pkw-Verkehr über die bestehende Großmarktzufahrt (Am Waller Freihafen) erfolgen sollen. Vor dem Hintergrund der Erschließung des Cash-&- Carry-Marktes für den Pkw-Verkehr über die Konsul-Smidt-Straße durch die Herstellung einer neuen Zufahrt wurde eine gutachterliche Stellungnahme (Stellungnahme zur geplanten Ansiedlung eines Cash-&-Carry-Marktes auf dem Gelände des Großmarktes in der Überseestadt Bremen, LÄRMKONTOR Hamburg, 26. Oktober 2010) in Auftrag gegeben. Diese kam zu folgendem Ergebnis: „Durch die Ansiedlung eines Cash-&-Carry-Marktes auf dem Gelände des Großmarktes in der Überseestadt Bremen ergeben sich in Bezug auf die Geräuschauswirkungen durch den Verkehr auf die umliegenden Baufelder keine wesentlichen Änderungen.“ 6. Welche Kündigungsmöglichkeiten der Stadt existieren, sollten Nutzungskonflikte auftreten oder Nutzungsänderungen nötig werden? Das Mietverhältnis besteht zwischen der Großmarkt Bremen GmbH und dem Cash-&-Carry-Markt-Betreiber. Bei Nutzungskonflikten infolge von Immissionen wäre das Gewerbeaufsichtsamt einzuschalten. Nutzungsänderungen bedürfen einer bauordnungsrechtlichen Genehmigung, sodass diese der Zustimmung des Senators für Umwelt Bau und Verkehr obliegen. 7. Welche Nutzungen werden derzeit in der Überseestadt besonders nachgefragt? Können alle Anfragen gleich gut bedient werden? In den letzten drei Jahren wurden in der Überseestadt 18,3 ha Wohnungsbauund Gewerbeflächen vermarktet (2008 – 10,4 ha; 2009 – 2,3 ha; 2010 – 5,6 ha). Bis zum 30. Juni 2011 kamen weitere 2,7 ha vermarktete Fläche hinzu. Im Wesentlichen wurden die Flächen zur Realisierung von hochwertigen Dienstleistungsflächen und Wohnungen vermarktet. Hierbei handelt es sich u. a. um folgende Projekte: — 4 —Druck: Hans Krohn · Bremen • Am Weserufer sind die ersten Bewohner Ende 2010 in den Landmark Tower eingezogen. • Eine ca. 4,2 ha große Wohnungsbau- und Gewerbefläche wurde in 2010 an die Entwicklungsgesellschaft Hafenkante veräußert. Auf dieser Fläche werden in den nächsten Jahren weitere hochwertige Dienstleistungsflächen und Wohnungen entstehen. • Am Kopf des Europahafens wurde mit dem Umbau des Schuppens 1 begonnen , der zukünftig außer Dienstleistungs- und Gewerbeflächen auch Loftwohnungen bietet. • In diesem Jahr wurde durch das Unternehmen Kellogg eine Gewerbefläche an die WPD AG zur Errichtung der Unternehmenszentrale und durch das Sondervermögen Überseestadt eine Gewerbefläche an das Unternehmen Reetec veräußert. Es bestehen weiterhin Anfragen zur Entwicklung von hochwertigen Wohn- und Dienstleitungsflächen. Zurzeit stehen in der Überseestadt erschlossen und bauleitplanerisch abgesichert noch ca. 10 ha Wohnungsbau- und Gewerbeflächen zur Verfügung. Kurzfristig soll eine weitere, westlich des Schuppens 3 gelegene Fläche für die Entwicklung von Wohnungsbau ausgeschrieben werden. Auch für die Ansiedlung von „normalem“ Gewerbe bestehen aufgrund der geringen allgemeinen Flächenverfügbarkeit im Bremer Westen ebenfalls Nachfragen für die Überseestadt. Diese können am Standort aufgrund der städtebaulichen Zielsetzungen für dieses innerstädtische Gebiet nicht bzw. nur bedingt bedient werden . 8. Sieht der Senat mögliche Konflikte zwischen der Ansiedlung eines Cash-&-CarryMarktes und der aktuellen Entwicklung verschiedener Nutzungen in der Überseestadt ? Seitens des Senats werden keine Konflikte zwischen der Ansiedlung eines Cash- &-Carry-Marktes in bestehende Hallenflächen des Großmarktes und der aktuellen Entwicklung verschiedener Nutzungen in der Überseestadt gesehen. Die aktuellen Entwicklungen verschiedener Nutzungen beruhen auf konkreten bauleitplanerischen Festlegungen. Hierbei wurde der in der Überseestadt vorhandene Bestand berücksichtigt. 9. Sieht der Senat Möglichkeiten für eine Fortschreibung der Entwicklungsziele der Überseestadt, die auf die aktuelle Nachfragesituation des Immobilienmarktes eingehen? Der Masterplan Überseestadt obliegt einer ständigen Fortschreibung in der unter anderem die Rahmenbedingungen (z. B. Bestandsschutz) und die Nachfragesituation am Immobilienmarkt berücksichtigt werden. Den sich hieraus ergebenden Zielsetzungen werden im Rahmen der auf der Grundlage des Masterplans konkretisierten Quartiersplänen Rechnung getragen.