— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 460 Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 15. Mai 2012 Rüstungsforschung an der Hochschule Bremen mit Rheinmetall Defence Electronics GmbH im Projekt „Argus“ Die Hochschule Bremen hat in den Jahren 2006/2007 mit Rheinmetall Defence Electronics GmbH an dem Projekt „Argus“ gearbeitet. Auf der Projekthomepage heißt es: „Argus ist ein Unmanned Aerial Vehicle (kurz UAV) und ist ein Projekt der Hochschule Bremen und Rheinmetall Defence Electronics. Argus soll als maritime Flugdrohne eine Vielzahl an zivilen und militärischen Aufgaben autonom erfüllen können .“ Sowohl der Senat als auch die Hochschule Bremen betonen, dass keine Rüstungsforschung betrieben werde. Das Projekt „Argus“ beweist das Gegenteil: Der militärische Charakter wird offen eingestanden. Damit ist die Aussage des Senats widerlegt, wonach keine „Rüstungsforschung im Land Bremen mit öffentlichen Mitteln betrieben wird“(Drs. 18/186). Wir fragen den Senat: 1. Wie lange bestand die Zusammenarbeit mit Rheinmetall Defence Electronics GmbH und der Hochschule an diesem Projekt? 2. Wie wurde das Projekt Argus finanziert? Sind öffentliche Gelder für dieses Projekt genutzt worden? Wenn ja, in welcher Höhe? 3. War die Mitarbeit am Projekt Argus im Studiengang Luft und Raumfahrt prüfungsrelevant , und inwiefern gab es Wahlfreiheit bei der Belegung der entsprechenden Seminare? 4. Wie wurden die Studierenden des entsprechenden Seminars über den Charakter des beteiligten Rüstungsunternehmens Rheinmetall Defence Electronics im Vorfeld informiert? 5. Wie viele Angestellte der Hochschule Bremen und wie viele Angestellte von Rheinmetall waren an dem Projekt beteiligt (bitte nach Statusgruppen aufschlüsseln )? 6. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass eine öffentliche Hochschule mit einem Rüstungsunternehmen an einer Drohne arbeitet, die explizit militärisch genutzt werden soll? 7. Inwiefern sieht der Senat einen Widerspruch zwischen dem Rüstungsprojekt Argus und seiner Haltung, wonach keine „Rüstungsforschung im Land Bremen mit öffentlichen Mitteln“ betrieben werde? 8. Inwiefern ist der Senat der Meinung, dass Projekte wie Argus „Rüstungsforschung “ im Sinne des Bürgerschaftsbeschlusses 17/1772 darstellen und durch eine zu erarbeitende, hochschulinterne Zivilklausel zu verhindern wären? 9. Inwiefern sieht der Senat die Notwendigkeit einer Ergänzung des Hochschulgesetzes durch eine wirksame Zivilklausel? Kristina Vogt und Fraktion DIE LINKE — 2 — D a z u Antwort des Senats vom 19. Juni 2012 Vorbemerkung Es handelt sich bei dem Projekt „Argus“ um ein studentisches Lehrprojekt. Das Lehrprojekt ist Bestandteil eines Moduls, das wiederum Bestandteil des Studienprogramms des Studiengangs „Luft- und Raumfahrt“ ist. In einem Modul werden Stoffgebiete zu thematisch und zeitlich abgerundeten, in sich abgeschlossenen und mit Leistungspunkten versehenen abprüfbaren Einheiten zusammengefasst. Module können sich aus verschiedenen Lehr- und Lernformen (Vorlesungen, Übungen, Praktika u. a.), wie auch Lehrprojekten, die von Studierenden durchgeführt werden, zusammensetzen. In dem Modul sollen bestimmte, definierte Lernziele erreicht und Kompetenzen erworben werden. In studentischen Lehrprojekten sollen die Studierenden auf sich selbst gestellt im Team zu bestimmten Fragestellungen Lösungen erarbeiten. Im konkreten Fall sollten sie Kenntnisse in den Bereichen Technische Mechanik, Flugeräteentwurf, Flugzeugbau, Aerodynamik , Antriebstechnik, Steuertechnik, Flugregelung und Leichtbaukonstruktion erwerben . Im Unterschied zu Forschungsprojekten, bei denen zu neuen Fragestellungen neues Wissen erarbeitet werden soll, geht es bei studentischen Lehrprojekten um die Aneignung und Anwendung von in der Wissenschaft bereits vorhandenen Kenntnissen . Dafür werden bestimmte Themenstellungen angeboten, unter denen die Studierenden wählen können. Das dann gewählte Thema wird von den Studierenden in Eigenregie und interdisziplinär bearbeitet. Die für das Modul verantwortlichen Lehrenden stehen grundsätzlich bei studentischen Lehrprojekten für Rückfragen zur Verfügung und bewerten die Lernergebnisse nach Abschluss des Projektes. Sie sind aber nicht unmittelbar an dem Projekt beteiligt, da es auf die eigenständige Bearbeitung und Problemlösung durch die Studierenden ankommt. Bei dem hier von Studierenden gewählten Thema ging es darum, einen Flugkörper zu konstruieren. Da dies bei Großflugzeugen (Passagier- und Frachtmaschinen) wegen des großen Aufgabenumfangs nicht möglich ist, wurde die Komplexität aller notwendigen Aufgaben an einem Modellflugzeug demonstriert (vom Entwurf über die Konstruktion, Fertigung bis zum Test des Flugobjekts auf dem Flugplatz). Im Akademischen Senat der Hochschule Bremen ist im Übrigen am 12. Juni 2012 eine verbindliche Zivilklausel beschlossen worden, nach der der Senat der Hochschule die Beteiligung von Wissenschaft und Forschung an Projekten mit militärischer Nutzung bzw. Zielsetzung ablehnt und die Mitglieder der Hochschule auffordert , derartige Forschungsthemen und -mittel abzulehnen. Der Senat geht davon aus, dass zukünftig auch in dieser Hinsicht kontrovers diskutierte studentische Lehrprojekte in den dafür vorgesehenen Hochschulgremien thematisiert werden. 1. Wie lange bestand die Zusammenarbeit mit Rheinmetall Defence Electronics GmbH und der Hochschule an diesem Projekt? Es handelt sich bei „Argus“ um ein studentisches Lehrprojekt. Eine vertraglich geregelte Zusammenarbeit mit der Firma Rheinmetall Defence Electronics GmbH (RDE) gab es innerhalb des Projektes nicht. Die Zusammenarbeit bezog sich lediglich auf einen Erfahrungs- und Informationsaustausch und auf die unentgeltliche Nutzung von Ressourcen der Firma RDE (wie Testgelände, Startkatapult ). Auf dieser Basis lief die Zusammenarbeit bis zum Jahr 2008. 2. Wie wurde das Projekt Argus finanziert? Sind öffentliche Gelder für dieses Projekt genutzt worden? Wenn ja, in welcher Höhe? Da es sich bei dem Projekt Argus um ein studentisches Lehrprojekt handelt, wurden die Hochschuleinrichtungen genutzt und es wurde professoral betreut. Weitere Hochschulmittel sind nicht eingesetzt worden. — 3 — Druck: Anker-Druck Bremen 3. War die Mitarbeit am Projekt Argus im Studiengang Luft- und Raumfahrt prüfungsrelevant , und inwiefern gab es Wahlfreiheit bei der Belegung der entsprechenden Seminare? Das Projekt war prüfungsrelevant als „Leichtbaukonstruktionsprojekt“. Neben diesem Projekt konnten aber auch andere Aufgaben gewählt werden. Es bestand daher Wahlfreiheit für alle Studierenden. 4. Wie wurden die Studierenden des entsprechenden Seminars über den Charakter des beteiligten Rüstungsunternehmens Rheinmetall Defence Electronics im Vorfeld informiert? Inwieweit die Studierenden im Einzelnen über die Geschäftsfelder von RDE informiert sind, ist nicht bekannt. 5. Wie viele Angestellte der Hochschule Bremen und wie viele Angestellte von Rheinmetall waren an dem Projekt beteiligt (bitte nach Statusgruppen aufschlüsseln )? Da es sich um ein rein studentisches Projekt handelte, waren ausnahmslos Studierende in dem Projekt tätig. Ein Hochschullehrer stand als verantwortlicher Lehrender für Fachfragen zur Verfügung und bewertete die Ergebnisse. 6. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass eine öffentliche Hochschule mit einem Rüstungsunternehmen an einer Drohne arbeitet, die explizit militärisch genutzt werden soll? Die Hochschule Bremen hat nicht mit einem Rüstungsunternehmen an einer Drohne gearbeitet. Die Darstellung auf der Internetseite wurde von Studierenden erstellt. Der Begriff „Drohne“ wurde für unbemannte Flugobjekte verwendet . Tatsächlich war aber ein Modellflugzeug Gegenstand des studentischen Projekts. In dem Projekt sollten die Studierenden des Studiengangs „Luft- und Raumfahrt“ Kenntnisse in den Bereichen Technische Mechanik, Flugeräteentwurf , Flugzeugbau, Aerodynamik, Antriebstechnik, Steuertechnik, Flugregelung und Leichtbaukonstruktion erwerben. Da dies bei Großflugzeugen (Passagier- und Frachtmaschinen) wegen des großen Aufgabenumfangs nicht möglich ist, wurde die Komplexität aller notwendigen Aufgaben an einem Modellflugzeug demonstriert (vom Entwurf über die Konstruktion, Fertigung bis zum Test des Flugobjekts auf dem Flugplatz). In diesem Zusammenhang wurde die Hilfe von RDE in Anspruch genommen. 7. Inwiefern sieht der Senat einen Widerspruch zwischen dem Rüstungsprojekt Argus und seiner Haltung, wonach keine „Rüstungsforschung im Land Bremen mit öffentlichen Mitteln“ betrieben werde? Es handelt sich bei Argus nicht um ein Forschungsprojekt der Hochschule Bremen mit der Firma RDE. In das studentische Lehrprojekt sind öffentliche Mittel, die der Firma RDE zugute gekommen wären, nicht geflossen. 8. Inwiefern ist der Senat der Meinung, dass Projekte wie Argus „Rüstungsforschung “ im Sinne des Bürgerschaftsbeschlusses 17/1772 darstellen und durch eine zu erarbeitende, hochschulinterne Zivilklausel zu verhindern wären? Siehe Antwort zu Frage 7. 9. Inwiefern sieht der Senat die Notwendigkeit einer Ergänzung des Hochschulgesetzes durch eine wirksame Zivilklausel? Der Senat sieht die Notwendigkeit, zu prüfen, ob und wie das Bremische Hochschulgesetz im Hinblick auf eine Zivilklausel mit Augenmaß zu ergänzen wäre.