— 1 — B R E M I S C H E B Ü R G E R S C H A F T Landtag 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 511 Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 5. Juni 2012 Windenergiestandort Bremen Die Energiewende ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Auf dem Weg in das Zeitalter der regenerativen Energien spielt die Gewinnung von Strom aus Wind eine maßgebliche Rolle. Hier im Nordwesten Deutschlands, wo die natürlichen Bedingungen die besten Voraussetzungen bieten, damit die Energiewende gelingt, müssen daher große Anstrengungen in den Ausbau der Windenergie – sowohl Onshore als auch Offshore – gelegt werden. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie viele Windkraftanlagen werden nach der Planung des Senats in der Zeit von 2012 bis 2020 im Land Bremen errichtet? 2. Wie viele der bereits errichteten Windkraftanlagen werden nach der Planung des Senats in der Zeit von 2012 bis 2020 repowert? 3. Wie viele Windkraftanlagen werden nach der Planung des Senats in der Zeit von 2012 bis 2015 aufgrund von zu geringer Leistungsfähigkeit zurückgebaut ? 4. Wie viele Windkraftanlagen wurden in der Zeit von 2009 bis April 2012 beantragt ? a) Wie viele wurden davon genehmigt? b) Mit welchen Begründungen wurden die Übrigen abgelehnt? c) Wie lange hat die Bearbeitungszeit der Anträge im Schnitt gedauert? d) Sieht der Senat Möglichkeiten, die Bearbeitungszeit der Anträge zu verkürzen und zu vereinfachen? 5. Für wie viele Windenergieanlagen stehen im Land Bremen noch Flächen zur Verfügung? 6. Hat der Senat, wie in der Drucksache 17/1528 beschlossen, innerhalb des bestehenden Bürgschaftsrahmens des Landes bei der volkswirtschaftlichen Bewertung von Bürgschaftsanträgen Offshore-Projekten eine hohe Priorität eingeräumt? 7. Wie viele Landesbürgschaften wurden in den Jahren 2010 und 2011 für Offshore-Projekte vergeben? 8. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um Landesbürgschaften bekannter zu machen? Heiko Strohmann, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU — 2 — D a z u Antwort des Senats vom 10. Juli 2012 1. Wie viele Windkraftanlagen werden nach der Planung des Senats in der Zeit von 2012 bis 2020 im Land Bremen errichtet? 2. Wie viele der bereits errichteten Windkraftanlagen werden nach der Planung des Senats in der Zeit von 2012 bis 2020 repowert? 3. Wie viele Windkraftanlagen werden nach der Planung des Senats in der Zeit von 2012 bis 2015 aufgrund von zu geringer Leistungsfähigkeit zurückgebaut? Die Fragen eins bis drei werden wegen des engen sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die wesentlichen Rahmenbedingungen für die Errichtung von Windenergieanlagen werden durch die Bauleitplanung gesetzt. Diese liegt in der Hand der Kommunen. Die Planung des Senats zum Ausbau der Windenergienutzung für das Land Bremen hat demnach die Planung der Kommunen Bremen und Bremerhaven in diesem Bereich zu berücksichtigen. Weiterhin hat der Senat im Rahmen des Klimaschutz- und Energieprogramms (KEP) 20201) Ziele zur Reduzierung der CO2-Emissionen beschlossen und hierzu konkrete Maßnahmen zum Ausbau der Windenergienutzung im Land Bremen erarbeiten lassen. Die Maßnahmen haben insbesondere in der Stadt Bremen vor allem das Repowering vorhandener Windenergiestandorte zum Gegenstand. Beim Repowering werden ältere Windenergieanlagen, deren technische und/oder wirtschaftliche Lebensdauer erreicht ist, durch Windenergieanlagen nach dem aktuellen Stand der technischen Entwicklung ersetzt. Hierdurch lässt sich in der Regel der am Standort erzielte Stromertrag erheblich steigern und gleichzeitig die Zahl der Windenergieanlagen reduzieren.2) Der Zeitpunkt des Repowering ist maßgeblich von der Entscheidung der Betreiber der bestehenden Windenergieanlagen bestimmt. Der Senat geht für seine Planung von einem Repowering ab einer Betriebszeit von 15 Jahren aus. Einzelne Repoweringprojekte sind in Bremerhaven-Weddewarden und in Bremen im Klärwerk Seehausen bereits umgesetzt worden. Für die Stadt Bremen strebt der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr, soweit erforderlich, die bauleitplanerische Absicherung der nach dem KEP 2020 vorgesehenen Maßnahmen zum Ausbau der Windenergienutzung sowie darüber hinaus die Schaffung von vier zusätzlichen Standorten im Außenbereich an. Grundlage ist eine erneute Überprüfung der Möglichkeiten zum Ausbau der Windenergienutzung in der Stadt Bremen. Eine Entscheidung des Senats wird im Rahmen der durchzuführenden Bauleitplanverfahren auf der Grundlage der im Verfahren aufzubereitenden Abwägungsbelange getroffen werden. Die abschließende Entscheidung obliegt der Stadtbürgerschaft. Neben der für den Außenbereich der Windenergieausbau steuernden Bauleitplanung besteht teilweise in Industrie- und Gewerbegebieten die Möglichkeit, einzelne Windenergieanlagen im Einklang mit den bestehenden baurechtlichen Rahmenbedingungen zu errichten (z. B. im Bereich Industriehäfen in Bremen oder Speckenbüttel in Bremerhaven). Soweit dabei Flächen im privaten Eigentum genutzt werden, haben die Kommunen oder das Land keinen Einfluss auf Initiativen zur Errichtung von Windenergieanlagen. In der Planung des Senats können daher insoweit nur die derzeit bekannten Vorhaben berücksichtigt werden. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ergibt sich die in der nachfolgenden Tabelle dargestellte voraussichtliche Entwicklung der Zahl der Windenergieanlagen im Land Bremen bis zum Jahr 2020. ––––––– 1) Veröffentlicht im Internet unter dem nachfolgenden Link: http://www.umwelt.bremen.de/de/detail.php?gsid=bremen179.c.8313.de 2) Die den Ausbauzielen nach dem KEP 2020 zum Ausbau der Windenergienutzung zugrunde lie- genden Maßnahmen sind vom Senator für Umwelt, Bau und Verkehr unter dem folgenden Link veröffentlicht: http://www.umwelt.bremen.de/de/detail.php?gsid=bremen179.c.9573.de — 3 — Voraussichtliche Entwicklung der Zahl der Windenergieanlagen (WEA) im Land Bremen bis zum Jahr 2020 Bremen Bremerhaven Anzahl WEA April 2012 55 19 Errichtung WEA 2012 bis 2020 auf neuen Standorten im Außenbereich 16 2 Bekannte Planungen zur Errichtung von WEA im Innenbereich 3 2 Errichtung WEA 2012 bis 2020 im Rahmen von Repowering 22 0 Rückbau 2012 bis 2015 im Rahmen von Repowering - 8 0 Rückbau 2016 bis 2020 im Rahmen von Repowering - 21 0 Rückbau 2012 bis 2020 ohne Repowering - 5 - 3 Voraussichtliche Anzahl WEA 2020 62 20 Der Ausbau der Windenergienutzung ist ein wichtiger Bestandteil der Energiepolitik des Senats. Bei Umsetzung aller oben dargestellten Maßnahmen würde trotz der nur moderaten Steigerung der Anzahl der Windenergieanlagen ein durchschnittlicher Stromertrag aus Windenergienutzung in der Stadt Bremen in Höhe von etwa 330 Mio. kWh pro Jahr und in Bremerhaven in Höhe von etwa 185 Mio. kwh pro Jahr erreicht werden. Gegenüber dem heutigen Stand würde dies für die Stadt Bremen fast eine Verdoppelung und in Bremerhaven einen Ausbau um gut 30 % des heute schon hohen Niveaus bedeuten. 4. Wie viele Windkraftanlagen wurden in der Zeit von 2009 bis April 2012 beantragt ? a) Wie viele wurden davon genehmigt? b) Mit welchen Begründungen wurden die Übrigen abgelehnt? c) Wie lange hat die Bearbeitungszeit der Anträge im Schnitt gedauert? d) Sieht der Senat Möglichkeiten, die Bearbeitungszeit der Anträge zu verkürzen und zu vereinfachen? In der Zeit von 2009 bis April 2012 wurden bei der Gewerbeaufsicht des Landes Bremen insgesamt 22 Anträge auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung oder eines Vorbescheides für 30 Windenergieanlagen gestellt.3) Es wurde keiner der Anträge abgelehnt. Sechs Verfahren sind bisher noch nicht abgeschlossen. Die durchschnittliche Dauer der abgeschlossenen Verfahren beträgt knapp sieben Monate. Die durchschnittliche Dauer der noch nicht abgeschlossenen Verfahren betrug am 15. Juni 2012 neun Monate. Die Gründe für längere Verfahrensdauern im Einzelfall sind vielfältig. Teilweise sind es sachliche Hemmnisse die teilweise auf der Grundlage nachzureichender Gutachten der Klärung bedürfen (z. B. luftverkehrsrechtliche Bedenken oder mögliche Gefahren durch Eisabwurf). Teilweise werden von den Antragstellern einzelne Antragsunterlagen (z. B. Baulasteintragungen) spät beigebracht. In einem Fall wurde der Typ der Windenergieanlage im Verfahren geändert. Möglichkeiten zur Beschleunigung der Verfahren sieht der Senat insbesondere wegen des durch den Bund vorgegebenen Verfahrensrechts nicht. Die durchschnittliche Verfahrensdauer von sieben Monaten bei den abgeschlossenen Verfahren gibt hierzu auch keinen Anlass. Über die bei der Gewerbeaufsicht des Landes Bremen beantragten Windenergieanlagen sind an den Senator für Umwelt, Bau und Verkehr Vorschläge für ––––––– 3) Anträge auf Vorbescheide wurden nur insoweit berücksichtigt, als für das jeweilige Vorhaben noch kein Genehmigungsantrag gestellt wurde. — 4 — neue Windenergiestandorte herangetragen worden. Diese sind bei der Prüfung der Möglichkeiten zum weiteren Ausbau der Windkraftnutzung über die nach dem KEP 2020 vorgesehenen Maßnahmen hinaus berücksichtigt worden (siehe hierzu auch die Antwort zu Fragen eins bis drei). 5. Für wie viele Windenergieanlagen stehen im Land Bremen noch Flächen zur Verfügung? Der Senat ist der Auffassung, dass die in der Antwort zu den Fragen eins bis drei dargestellte voraussichtliche Entwicklung der Windenergienutzung im Land Bremen den Erfordernissen des Klimaschutzes aus heutiger Sicht angemessen ist. Die Bestimmung einer maximalen Anzahl von Windenergieanlagen für das Land Bremen ist nicht möglich. Die Identifizierung von geeigneten Flächen für die Windenergienutzung setzt, jedenfalls im Außenbereich, eine Abwägung der jeweils am Standort betroffenen öffentlichen und privaten Belange voraus. Im Innenbereich (insbesondere Industrie- und Gewerbegebiete) lassen sich Einzelstandorte aufgrund der im Detail vielfältigen möglichen Nutzungskonflikte und der Abhängigkeit der Realisierung von der Entscheidung der Grundstückseigentümer nicht für die Städte insgesamt ermitteln. Weiterhin ist die Zahl der Windenergieanlagen stark abhängig von den an den jeweiligen Standorten eingesetzten Anlagentypen. Diese sind Veränderungen aufgrund der technischen Entwicklung unterworfen. Entscheidend für eine energiepolitische Bewertung ist aus Sicht des Senats weniger die Zahl der Windenergieanlagen, als vielmehr die Entwicklung der Stromerzeugung. Es wird insoweit auf die in der Antwort zu Fragen eins bis drei dargestellten voraussichtlichen deutlichen Steigerungen verwiesen. 6. Hat der Senat, wie in der Drucksache 17/1528 beschlossen, innerhalb des bestehenden Bürgschaftsrahmens des Landes bei der volkswirtschaftlichen Bewertung von Bürgschaftsanträgen Offshore-Projekten eine hohe Priorität eingeräumt? Der Beschluss der Bürgerschaft, wonach der Ausbau der Offshore-Windenergie durch geeignete Maßnahmen flankiert werden soll, wurde sowohl in den zuständigen Ressorts, als auch in der Bremer Aufbau-Bank, die das Landesbürgschaftsgeschäft treuhänderisch bearbeitet, entsprechend der politischen Willensbildung umgesetzt. Der Beschluss und der politische Wille zur Unterstützung der Offshore-Windenergie fand unter anderem Eingang in den Neuausrichtungsprozess der Bremer Aufbau-Bank. Landesbürgschaften werden seitens des Senats als taugliches und attraktives Finanzierungsinstrument erachtet und aktiv eingesetzt, wenn ein förderungsfähiges und förderwürdiges Vorhaben mangels banküblicher Sicherheiten ansonsten nicht realisiert werden könnte. Die Übernahme von Bürgschaften im Lande Bremen ist in den „Richtlinien der Freien Hansestadt Bremen für die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen“ (Amtsblatt der Freien Hansestadt Bremen Nr. 65 vom 25. Mai 2007) geregelt. Danach können Bürgschaften zur Finanzierung von volkswirtschaftlich erwünschten, im besonderen Interesse des Landes Bremen liegenden Vorhaben übernommen werden. Dies trifft vorrangig für in Bremen ansässige Firmen zu. Das besondere Interesse ist beim Ausbau der Offshore-Windenergie durch die politische Willensbildung grundsätzlich gegeben. Vor diesem Hintergrund misst der Senat der Offshore-Windenergie und der damit insbesondere in Bremerhaven verbundenen positiven Entwicklung der Unternehmen in den Bereichen Offshore-Komponenten, Logistik und Services eine sehr hohe Bedeutung zu. Dem entsprechend waren die Länder Bremen und Niedersachsen in den Jahren 2009, 2010 und 2011 intensiv in Verhandlungen mit drei projektfinanzierten Offshore-Windparks und den finanzierenden Banken eingebunden, bei denen der Einsatz von Landesbürgschaften geprüft wurde, um die Gesamtfinanzierung darstellen zu können. Angesichts der potenziell sehr hohen Bürgschaftssummen und weiterer Besonderheiten derartiger Projektfinanzierungen durch eine Vielzahl von Banken zeigten diese Verhandlungen u. a., dass eine massive Finanzierungsunterstützung durch den Bund zwingend erforderlich sein würde, um erfolgreiche Referenzprojekte realisieren zu können. Insoweit war der vom Senat und den anderen norddeutschen Lan- — 5 — desregierungen stets geforderte Einsatz des 5 Mrd. € KfW-Sonderprogramms ab Frühjahr 2011 die entscheidende Voraussetzung für die Realisierung dieser Art von Projektfinanzierungen. Damit konnte der „financial close“ von zwei der genannten Projekte letztlich ohne Landesbürgschaften umgesetzt werden, bei dem dritten Projekt war dafür der Einstieg eines international operierenden Fonds maßgeblich. Der Senat sieht hier auch zukünftig primär den Bund in der Pflicht, gleichwohl werden (gemeinsame) Landesbürgschaften in spezifischen Einzelfallkonstellationen stets in die Überlegung einbezogen. Die damit verbundenen Möglichkeiten und Grenzen sind inzwischen in allen relevanten Zusammenhängen bekannt und werden in geeigneter Weise im Rahmen der einschlägigen Veranstaltungen kommuniziert. 7. Wie viele Landesbürgschaften wurden in den Jahren 2010 und 2011 für OffshoreProjekte vergeben? Wie vorstehend zu 6. erläutert, konnten in den Jahren 2010 und 2011 die angefragten Projekte mittels anderer Finanzierungsinstrumente verwirklicht werden. Nach Kenntnis des Senats ist kein Projekt mangels einer Landesbürgschaftsdeckung nicht zur Verwirklichung gekommen. So konnten beispielsweise im Bereich der Windenergie-Zuliefererindustrie alle mit einer hinreichenden Realisierungschance versehenen Projekte bzw. Investitionen mittels alternativer Programme auch der Bremer Aufbau-Bank finanziert werden. 8. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um Landesbürgschaften bekannter zumachen ? Im Rahmen der Kommunizierung der Neuausrichtung der Bremer AufbauBank GmbH, die als Treuhänderin der Freien Hansestadt Bremen auch das Landesbürgschaftsgeschäft abwickelt, werden Landesbürgschaften als ein für bestimmte Fallkonstellationen geeignetes Finanzierungsinstrument dargestellt und die hiermit in Zusammenhang stehenden Möglichkeiten bei diversen Fachveranstaltungen und Workshops erläutert. Darüber hinaus werden Landesbürgschaften selbstverständlich auch innerhalb der Ressorts bei Projektanfragen als Finanzierungshilfe geprüft und gegebenenfalls aktiv in Finanzierungsgespräche eingebracht. Druck: Anker-Druck Bremen